Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 21.09.2022, Az.: 1 A 1240/19
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 21.09.2022
- Aktenzeichen
- 1 A 1240/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 68007
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2022:0921.1A1240.19.00
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.
Er erwarb von dem Beigeladenen zu 1. mit notariellem Kaufvertrag vom 12. Juli 2018 das Flurstück K., L. der Gemarkung M. mit einer Fläche von 22.932 m2 zu einem Kaufpreis von 65.000 Euro sowie das Flurstück N., L. der Gemarkung M. mit einer Fläche von 107.068 m2 zu einem Kaufpreis von 310.000 Euro. Das erstgenannte Flurstück K. liegt im Geltungsbereich der Verordnung über das Naturschutzgebiet O. in der Gemeinde P. und der Samtgemeinde Q. im R. vom 10. Juli 2014 (nachfolgend: NSG-VO) sowie im FFH-Gebiet S..
Mit Schreiben vom 18. Juli 2018 beantragte der den Kaufvertrag beurkundende Notar die Genehmigung nach § 2 Grundstücksverkehrsgesetz, welche der Grundstücksverkehrsausschuss mit Genehmigungsbescheid vom 24. Juli 2018 erteilte. Am 10. Oktober 2018 wurde der Kläger als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Nachdem der Beklagte durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am 11. Februar 2019 Kenntnis von einem bestehenden Kaufvertrag über das Flurstück K. erhielt, bat er - der Beklagte - am 13. Februar 2019 nach Erhalt des Kaufvertrages, den NLWKN um eine fachliche Stellungnahme zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts für das Grundstück. Der NLWKN teilte dem Beklagten am 19. März 2019 unter Beifügung einer fachlichen Stellungnahme mit, dass aus seiner Sicht das Vorkaufsrecht ausgeübt werden solle. Am 8. April 2019 teilte der Beigeladene zu 2. dem Beklagten mit, dass der Ausübung des Vorkaufsrechts für das Grundstück zugestimmt werde.
Mit Schreiben jeweils vom 16. März 2019 hörte der Beklagte sowohl den Kläger als auch den Beigeladenen zu 1. vor dem Hintergrund der beabsichtigten Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für das Flurstück K. an.
Der Kläger nahm mit Schreiben vom 5. April 2019 Stellung und führte aus, er sei buchstäblich aus heiterem Himmel gefallen, da er nie zuvor von einem bestehenden Vorkaufsrecht gehört habe. Er sei als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, ohne dass aus diesem irgendeine Last auf dem Grundstück ersichtlich sei, wobei für seine Rechtsposition der öffentliche Glaube des Grundbuches (§ 892 BGB) streite. Er habe keine Kenntnis von dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht gehabt bzw. haben können, da der Notar lediglich auf ein Vorkaufsrecht nach dem BauGB hingewiesen habe, sodass die Annahme, andere Vorkaufsrechte bestünden nicht, gerechtfertigt gewesen sei. Folge der Ausübung des Vorkaufsrechts sei das Zustandekommen eines schuldrechtlichen Kaufvertrages zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen zu 1., welcher das betreffende Flurstück jedenfalls nicht mehr übereignen könne, weil nunmehr er - der Kläger - eingetragener Eigentümer sei. Er bewirtschafte einen Milchviehbetrieb mit 120 Milchkühen zzgl. des üblichen Rinderbestandes. Es sei eine Aufstockung des Bestandes auf 160 Milchkühe veranlasst, weshalb der Flächenzukauf erfolgt sei. Er sei wirtschaftlich auf jeden Hektar Land in Anbetracht öffentlich-rechtlicher Vorschriften, insbesondere Düngevorschriften, angewiesen. Daher habe er bereits erhebliche Investitionen im Hinblick auf das betriebliche Wachstum auf dem Flurstück veranlasst; hierzu zählten u.a. Kalkung, Drainage, Bodenproben und weitere Aufwendungen wie Betriebsplanungen für die Aufstockung von Inventar, Sachanlagen und Gebäuden. Außerdem seien ihm, in guten Glauben auf seine unbelastete Buchposition, Maklerkosten in Höhe von 3% des Kaufpreises zzgl. Umsatzsteuer, Kosten des Notars, weitere Nebenkosten des Vertragsschlusses sowie die Bearbeitungsgebühr der T. für das erforderliche Darlehen entstanden. Der Begriff der Erforderlichkeit i.S.d. § 66 Abs. 2 BNatSchG werde durch die NSG-VO konkretisiert, wobei gemäß § 5 Abs. 6 Ziff. 1 lit. a) NSG- VO (gemeint ist wohl § 4 Abs. 6 Ziff. 1 Lit. a) NSG-VO) die Ackernutzung auf dem Flurstück K. ausdrücklich von den Verboten der Verordnung freigestellt sei und Ackerflächen überdies vom Schutzweck des § 2 Abs. 1 NSG-VO umfasst seien. Eine ausdrücklich freigestellte Ackernutzung könne folglich das Vorkaufsrecht nicht rechtfertigen. Aufgrund des weitgehenden Eingriffs in sein Eigentumsgrundrecht, könne sich eine Erforderlichkeit auch nicht aus einer Arrondierung einer Gebietskulisse ergeben. Soweit die Ackernutzung aufgegeben werden solle, um einen weiteren Nährstoffeintrag in angrenzende Flächen zu verringern, sei dies nicht erforderlich, da bereits Abstandsvorschriften in § 5 Abs. 6 Ziff. 1 lit. c) und d) NSG-VO (gemeint ist wohl § 4 Abs. 6 Ziff. 1 lit. c) und d) NSG-VO) vorgegeben seien. Soweit beabsichtigt sei, den Wasserstand auf angrenzenden Flächen anzuheben, sei hierfür jedenfalls ein Planfeststellungsverfahren (§ 68 WHG) erforderlich, insoweit erfolge eine Entwässerung der rückwärtigen Grundstücke durch die Drainagen des Flurstücks K..
Mit Bescheid vom 11. April 2019, dem Beigeladenen zu 1. zugestellt am 12. April 2019, übte der Beklagte das Vorkaufsrecht gegenüber dem Beigeladenen zu 1. als Verkäufer des Grundstücks aus. Zur Begründung führte er u.a. aus:
Die Ausschlussfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 66 Abs. 3 BNatSchG i.V.m. § 469 Abs. 1 BGB sei nicht von dem Notar in Gang gesetzt worden, insbesondere sei das Vorkaufsrecht auch nicht durch die Grundstücksverkehrsgenehmigung ersetzt. Die Frist habe fiktiv mit der Übersendung des Kaufvertrages an den NLWKN am 13. Februar 2019 begonnen und am 13. April 2019 geendet. Rechtsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei § 66 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 40 Abs. 3 NAGBNatSchG. Es bestehe ein Vorkaufrecht an dem Flurstück K., weil sich dieses innerhalb des Geltungsbereichs der NSG-VO befinde. Die Erforderlichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ergebe sich aus der Stellungnahme des NLWKN als Fachbehörde. Es sei beabsichtigt, die Ackernutzung aufzugeben und nicht mehr benötigte Drainagen und Gräben zu verschließen. Der Erwerb sei zur plangemäßen Anhebung der Grundwasserstände auf den benachbarten Flächen erforderlich, was zu einer erheblichen Reduzierung der Freisetzung von Klimagasen führen werde. Auch würden die im Landeseigentum stehenden Flächen durch die Ausübung des Vorkaufsrechts arrondiert, was Vorrausetzung für die Anhebung des Wasserstandes sei. Die Freistellung der rechtmäßigen Ackernutzung in der NSG-VO bezwecke lediglich die Vermeidung von Entschädigungsfällen. Selbstverständlich sei die tatsächliche Nutzung für die langfristige Entwicklung des Naturschutzgebietes in erheblichem Maße störend. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch nachträglich erforderlich, weil er - der Beigeladene zu 1. - vor dem Verkauf nicht auf die Lage innerhalb des Naturschutzgebiets hingewiesen habe, wobei die NSG-VO gegenüber jedermann gelte.
Auf dem Flurstück solle ein Wald mit standortheimischen Laubgehölzen entwickelt werden, um den Nährstoffeintrag in das Naturschutzgebiet von der angrenzenden Ackerfläche zu vermindern und die Fläche naturschutzfachlich aufzuwerten. Die vorgesehenen Maßnahmen könnten auf privateignen Flächen ausschließlich unter Leistung dauerhafter Entschädigungszahlungen erfolgen. Zudem sei eine dauerhafte Entwicklung der Fläche in Abhängigkeit von Privateigentümern nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Die zu verwirklichenden Ziele des Naturschutzes könnten besser und zuverlässiger durch die öffentliche Hand, als durch Privatpersonen verwirklicht werden.
Die angestellten Ermessenserwägungen wahrten den gesetzlichen Rahmen, insbesondere sei die Ausübung angemessen, weil der dem Beigeladenen zu 1. entstehende Nachteil nicht außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehe, da das Interesse der Allgemeinheit an der Verwirklichung von naturschutzfachlichen Maßnahmen und deren dauerhafter Sicherung höher zu bewerten sei, als das Interesse an der freien Veräußerung des Grundstücks an Dritte.
Mit Schreiben ebenfalls vom 11. April 2019, dem Kläger zugestellt am 12. April 2019, erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger, er habe das Vorkaufsrecht gegenüber dem Verkäufer mit Bescheid vom 11. April 20219 ausgeübt und übersandte eine Zweitschrift dieses Bescheides. In einem weiteren Schreiben selben Tages führte der Beklagte im Übrigen aus:
Es habe gemäß § 1099 BGB die Möglichkeit bestanden, den Vertrag vor der Aufnahme der Bewirtschaftung zur Prüfung des Vorkaufsrechts vorzulegen. Weiterhin habe der Kläger durch die benannten Investitionsmaßnahmen auf dem Flurstück K. gegen § 3 Abs. 1 Nr. 17 der NSG-VO verstoßen, weil gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 NSG-VO lediglich die Unterhaltung und Instandsetzung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits bestehender Drainagen von dem Verbot freigestellt gewesen sei. Von der Freistellung der landwirtschaftlichen Bodennutzung gemäß § 4 Abs. 6 NSG-VO sei lediglich die tägliche Wirtschaftsweise umfasst, zu der die Neuanlage von Drainagen nicht zähle. Es werde seit längerem die Flurstücksgrenze zum Flurstück U. nicht eingehalten, sodass eine Landesfläche mitbewirtschaftet werde.
Am 13. Mai 2019 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er unter Bezugnahme auf seine Stellungnahme vom 5. April 2019 aus, dem Schreiben vom 11. April 2019 sei nicht zu entnehmen, ob es sich lediglich um eine Kenntnisgabe der Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Beigeladenen zu 1. handele oder aber eine Ausübung des Vorkaufsrechts auch ihm gegenüber. Zudem sei das Vorkaufsrecht verspätet, außerhalb der dafür bestimmten Frist, geltend gemacht worden, da der Beklagte bereits am 11. Februar 2019 Kenntnis vom Kaufvertrag gehabt habe, die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch erst am 12. April 2019 zugegangen sei. Unklar sei überdies, ob das Vorkaufsrecht lediglich im Hinblick auf das Flurstück K. ausgeübt werden solle; dies reiße den Kaufvertrag wegen des ebenfalls veräußerten V. auseinander.
Den Widerspruch wies der Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2019, zugestellt am 9. August 2019, zurück und führte zur Begründung unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides vom 11. April 2019 aus, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nicht verfristet, weil die hierzu erforderliche Mitteilung weder durch den Beigeladenen zu 1. noch durch den Kläger erfolgt sei. Auch werde die Mitteilung weder durch die Information des NLWKN vom 11. Februar 2019 noch durch die Anforderung des Kaufvertrages ersetzt, weil zur Ausübung des Vorkaufsrechts der abgeschlossene Kaufvertrag vorliegen müsse. Auch die Grundstücksverkehrsgenehmigung bzw. der entsprechende Antrag ersetze diese Mitteilung nicht, weil dort nicht auf das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht hinwiesen worden sei. Daher habe die Frist mit der Übersendung des Kaufvertrages an den NLWKN durch ihn - den Beklagten - vom 13. Februar 2019 begonnen und am 13. April 2019 geendet.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei aus Gründen des Naturschutzes erforderlich. Das Flurstück werde als Acker genutzt, wobei diese Nutzung nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 a) NSG-VO freigestellt sei. Diese Freistellung diene der Abwendung von dauerhaften Entschädigungsansprüchen durch eine Einschränkung der Nutzung. Eine aus naturschutzfachlicher Sicht wünschenswerte Einschränkung der Ackernutzung werde bei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung rechtmäßig genutzten Ackerflächen als über die Sozialbindung des Eigentums hinausgehend betrachtet. Die Freistellung sei nicht dahingehend zu interpretieren, dass sie dem Schutzzweck dem Grunde nach entspreche, sondern stelle das Ergebnis einer Abwägung widerstrebender Nutzungsinteressen dar. Die im Schutzzweck formulierten Ziele seien auf der betreffenden Fläche durch die bloße Einhaltung der Ge- und Verbote der NSG-VO nicht erreichbar. Für die Erforderlichkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 BNatSchG sei ausreichend, wenn der mit der Ausübung verfolgte Zweck positive Effekte auf die dort genannten Belange erwarten lasse, wobei diese unter Berücksichtigung des Schutzzweckes sowie der beabsichtigten Folgenutzung ohne weiteres erkennbar seien.
Die uneingeschränkte Ackernutzung wirke sich auf die umliegenden Flächen in der Niederung aus, in die das Flurstück hineinrage. Bei diesen Flächen handele es sich um Flächen der Naturschutzverwaltung des Landes Niedersachsen in der Zuständigkeit des NLWKN. Die Entwicklung dieser Flächen im Naturschutz- und FFH-Gebiet, insbesondere im Sinne der FFH-Richtlinie und im Sinne der Niedersächsischen Strategie zum Arten- und Biotopschutz, sei somit bisher eingeschränkt. Zu benennen sei insbesondere die Verdriftung von ausgebrachten Stoffen aller Art (Dünger/Gülle/Pflanzenschutzmittel). Wasserrechtlich sei der Unterlieger verpflichtet, das Wasser der Oberlieger abzunehmen, in diesem Falle also auch eutrophiertes Wasser von der Ackerfläche. Zudem sei die Vorbei- oder Durchleitung über Gräben, Drainagen etc. zu ermöglichen. Aufgrund der Reliefverhältnisse vom Talrand zur W. hin, sei auch die reale Gefahr des Abschwemmens von Ackerboden auf die umliegenden Flächen gegeben. Darüber hinaus sei eine optimale Anhebung des Grundwasserspiegels auf den Naturschutzflächen nicht möglich, ohne die hineinragende Ackerfläche zu beeinträchtigen.
Die auf das Flurstück K. beschränkte Ausübung des Vorkaufsrechts entspreche dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, weil gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 BNatSchG den Ländern ein Vorkaufsrecht an den Flächen zustehe, die u.a. in einem Naturschutzgebiet gelegen seien. Für die weitere, in einem Kaufvertrag zusammengefassten Flächen gelte dies nicht, sodass die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts für das Flurstück N. nicht vorlägen. Das Vorkaufrecht werde nicht ins Grundbuch, sondern lediglich ins Kataster eingetragen, wobei der Notar nicht verpflichtet sei, den Katasterauszug anzusehen und auf etwaige Folgen hinzuweisen. Der Beigeladene zu 1. habe ein Expose vorgelegt aus dem sich ergebe, dass das Grundstück in einem Naturschutzgebiet gelegen sei. Wegen dieses Exposes und der öffentlich-bekanntgemachten NSG-VO könne sich der Kläger nicht auf eine fehlende Kenntnis des Vorkaufsrechts berufen. Unschädlich sei zudem, dass der Kläger ins Grundbuch eingetragen sei, was die §§ 1098 ff. BGB ausdrücklich regelten. Auch habe der Kläger, mit Ausnahme der Kosten aus dem Kreditvertrag, einen Anspruch auf Erstattung aller mit der ersten Beurkundung einhergehender Kosten.
Ermessensfehler seien nicht feststellbar. Die Ausübung sei geeignet, erforderlich und angemessen. Dass der Kläger aus allen Wolken gefallen sei, sei unter Berücksichtigung des Exposes nicht nachvollziehbar. Es handele sich bei Gesamtbetrachtung aller Umstände auch nicht um einen atypischen Fall, sodass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht geboten wäre. Vielmehr seien allgemein auf eine Vielzahl von Fällen zutreffende Gründe vorgebracht worden.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 7. August 2019, zugestellt am 9. August 2019, setzte der Beklagte einen Gesamtbetrag in Höhe von 227,50 Euro fest.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 9. September, beim Beklagten am selben Tag eingegangen, Widerspruch ein.
Am 9. September 2019 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend geltend macht, der Bescheid sei völlig unbestimmt. Ungewiss sei, ob das Flurstück K. ganz oder nur zum Teil beansprucht werde. Dem Bescheid fehle überdies eine Regelung zum Umfang der Vollzugskosten des Kaufvertrages, da das Vorkaufsrecht nicht das - ebenfalls vom Kaufvertrag umfasste Flurstück N. - betreffe. Zudem seien die Anforderungen an die Erforderlichkeit durch die Freistellung der Ackernutzung durch die NSG-VO erhöht, sodass in einer durchzuführenden Abwägung das Interesse an einer Fortführung der landwirtschaftlichen Nutzung die Belange des Naturschutzes überwiege, weil der Beklagte lediglich auf die allgemeine Förderlichkeit seiner Maßnahmen Bezug genommen habe. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch wegen seiner betrieblich notwendigen Zukunftssicherung und der bereits getätigten Investitionen unverhältnismäßig und damit ermessensfehlerhaft.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. August 2019 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt der Klage unter Verweis auf sein bisheriges Vorbringen entgegen und führt ergänzend aus, der Bescheid sei hinreichend bestimmt, da das Vorkaufsrecht nur für Flächen bestehe, die innerhalb eines nach § 66 Abs. 1 BNatSchG oder eines nach § 40 NAGBNatSchG ausgewiesenen Bereichs lägen. Weil keine Einschränkungen auf einen Teilbereich des Flurstücks K. enthalten seien, sei eindeutig, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts auf das gesamte Flurstück gerichtet sei.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beigeladene zu 1. hat sich in der Sache nicht geäußert; der Beigeladene zu 2. schließt sich den Ausführungen des Beklagten in seinem Bescheid sowie in der Klageerwiderung an.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) entscheiden kann, bleibt ohne Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist auch der Kläger zur Anfechtung der als Verwaltungsakt zu qualifizierenden Ausübung des Vorkaufsrechts dem Beigeladenen zu 1. gegenüber berechtigt (BVerwG, Beschl. v. 17.10.2001 - 4 B 68/01 -, juris Rn. 6; BayVGH, Urt. v. 11.05.1994 - 9 B 93.1514). Dagegen stellt das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 11. April 2019 bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) keinen eigenständigen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) i.V.m. § 1 Abs. 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) dar. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weil das an den Kläger gerichtete Schreiben ausdrücklich nur einen Hinweis auf das gegenüber dem Beigeladenen zu 1. ausgeübte Vorkaufsrecht darstellt und gerade - anders als der Kläger meint - keine selbstständige Entscheidung des Beklagten, mit welcher er das Vorkaufsrecht (auch) dem Kläger gegenüber ausübte. Gegenüber dem Kläger hätte im Übrigen ein Vorkaufsrecht auch nicht ausgeübt werden können, da dieser als Käufer des Grundstücks nicht Verpflichteter im Sinne des § 464 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 11. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 66 Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG - i.V.m. §§ 31, 32 und 40 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz - NAGBNatSchG. Anwendung findet das BNatSchG vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), geändert am 13. Mai 2019 durch das Gesetz zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus (BGBl. I 2019, 706) sowie das NAGBNatSchG vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. 2010,104), geändert am 20. Mai 2019 durch Art. 3 § 21 zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze (Nds. GVBl. S. 88).
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG steht den Ländern ein Vorkaufsrecht unter anderem an Grundstücken zu, die in Naturschutzgebieten liegen. Der Landkreis als untere Naturschutzbehörde (§§ 31 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 1 Satz 1 NAGBNatSchG) übt das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt aus (§ 40 Abs. 3 Satz 1 NAGBNatSchG). Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn dies aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der Erholungsvorsorge erforderlich ist (§ 66 Abs. 2 BNatSchG). Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts finden die §§ 463 bis 469, 471, 1098 Abs. 2 und die 1099 bis 1102 BGB Anwendung (§ 66 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG). Nach § 464 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Verpflichteter ist derjenige, der den Gegenstand veräußert.
Der Bescheid vom 11. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2019 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Bescheid im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt, weil sich bereits aus dem Betreff des Bescheides unzweifelhaft ergibt, dass das Vorkaufsrecht (nur) für das (gesamte) Flurstück K. ausgeübt wurde. Der Bescheid enthält - entgegen der Auffassung des Klägers - keine zweideutigen Bestimmungen dahingehend, das Vorkaufsrecht solle nur für einen Teil des Flurstücks K. oder gar auch für das Flurstück N. ausgeübt werden. Dass die Voraussetzungen zur Ausübung des Vorkaufsrechts jedenfalls auch nicht im Hinblick auf das Flurstück N. vorliegen, weil sich dieses Flurstück außerhalb der NSG-VO befindet, hat der Beklagte zudem in seinem Widerspruchsbescheid vom 6. August 2019 (nochmals) klargestellt (S. 4 des Widerspruchsbescheides). Unschädlich ist auch der Umstand, dass der Beklagte keine Angaben zu den Vollzugskosten des notariell beurkundeten Vertrages vom 12. Juli 2018 gemacht hat. Denn Inhalt des Verwaltungsakts, welcher hinreichend bestimmt sein muss, ist lediglich die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst. Die Folgen der Ausübung, namentlich das Zustandekommen eines (zivil)rechtlich selbständigen Kaufvertrages mit dem Inhalt des Erstvertrages über das jeweilige Grundstück (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 97. EL Dezember 2021, BNatSchG § 66 Rn. 23) und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen im Hinblick auf den Erstvertrag, sind indes nicht Gegenstand des Verwaltungsaktes. Insoweit ist auch festzuhalten, dass in dem Grundstückskaufvertrag die jeweiligen Kaufpreise der Flurstücke getrennt vereinbart wurden (vgl. § 5 des Grundstückskaufvertrages vom 12. Juli 2018). Für das Flurstück K. wurde dabei ein Kaufpreis in Höhe von 65.000 Euro, für das Flurstück N. ein Kaufpreis in Höhe von 310.000 Euro vereinbart, sodass auch die hierauf entfallenden Vollzugskosten anteilig berechnet werden können.
Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts sind gegeben.
Dem Beigeladenen zu 2. stand an dem Flurstück K. der L. der Gemarkung M. ein Vorkaufsrecht zu, da das betreffende Flurstück im Naturschutzgebiet O. liegt. Dies wird von dem Kläger auch nicht in Frage gestellt.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, er habe keine Kenntnis von dem bestehenden naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht gehabt, weil der Kaufvertrag lediglich auf ein baurechtliches Vorkaufsrecht hinweise und das Vorkaufsrecht auch nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sei. Denn das Vorkaufsrecht besteht unmittelbar kraft Gesetzes, einer Eintragung in das Grundbuch bedarf es nach § 66 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG nicht. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Belastung, deren Bestand von einer Eintragung im Grundbuch unabhängig ist. Da es vom öffentlichen Glauben des Grundbuchs i.S.d. § 891 BGB nicht erfasst wird, kommt ein gutgläubiger Erwerb nicht in Betracht (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 97. EL Dezember 2021, BNatSchG § 66 Rn. 4; BayObLG, Beschl. v. 01.08.2000 - 2Z BR 57/00).
Weiterhin ist mit Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 12. Juli 2018 zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. über das Flurstück nach erfolgter Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz - GrdstVG - am 24. Juli 2018 gemäß § 66 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG i.V.m. § 463 BGB der Vorkaufsfall eingetreten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14.01.2013 - 4 LA 173/12).
Der Beklagte hat das Vorkaufsrecht auch fristgerecht ausgeübt. Nach § 66 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG i.V.m. § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB kann das Vorkaufsrecht bei Grundstücken nur bis zum Ablauf von zwei Monaten nach dem Empfang der Mitteilung über den Inhalt des geschlossenen Vertrages durch den Verpflichteten oder einen Dritten ausgeübt werden. Hierbei stellt die Ausübung des Vorkaufsrechts eine verwaltungsverfahrensrechtliche Maßnahme dar, sodass sich die Frist nach § 31 VwVfG als Ereignisfrist gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB berechnet (vgl. LKMMS/Konrad, 3. Aufl. 2013, BNatSchG § 66 Rn. 22). Bedarf der schuldrechtliche Vertrag - wie der vorliegende Kaufvertrag nach §§ 1 und 2 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG - einer Genehmigung, ist ein Vorkaufsfall aber bis zu der Erteilung der Genehmigung noch nicht eingetreten, weil bis dahin ein für die Ausübung des Vorkaufsrechts notwendiger wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten noch nicht vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92, NJW 1994, 315; OVG Nds, Beschl. v. 14.1.2013 - 4 LA 173/12). Solange der Vertrag nicht genehmigt und diese Tatsache dem Vorkaufsberechtigten mitgeteilt worden ist, wird die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht in Lauf gesetzt. Die Ausschlussfrist von zwei Monaten wird erst in Lauf gesetzt, wenn dem Vorkaufsberechtigen der richtige und vollständige Inhalt des das Vorkaufsrecht auslösenden Kaufvertrages mitgeteilt worden ist (BGH, Urt. v. 29.10 1993 - a.a.O.; Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 97. EL Dezember 2021, BNatSchG § 66 Rn. 17). Die Mitteilungspflicht des § 469 Abs. 2 BGB entsteht mit Eintritt des Vorkaufsfalls - hier mit Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung -. Auch wenn der Vorkaufsberechtigte bereits auf andere Weise Kenntnis von dem Erstkaufvertrag erlangt hat, ändert dies nicht am Bestehen der Mitteilungspflicht (BeckOGK/Daum, 1.7.2022, BGB § 469 Rn. 7), denn zufällige Kenntniserlangung seitens der zuständigen Behörde löst den Lauf der Frist nicht aus (vgl. BeckOK UmweltR/Teßmer, 62. Ed. 1.1.2022, BNatSchG § 66 Rn. 9 m.w.N.). Das Gleiche gilt für die Vorlage des Vertrages an eine zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht befugte Dienststelle zum Zwecke anderweitiger Bearbeitung. Eine Vorlage des Vertrages, um eine Grundstücksverkehrsgenehmigung zu erhalten, löst jedenfalls den Fristenlauf nicht aus, wenn diese Dienststelle auf das Vorkaufsrecht und den weiteren Zweck der Vorlage nicht hingewiesen wird (Nds. OVG, Beschl. v. 31.10.2002 - 8 LA 136/02; BGH, Urt. v. 26.01.1973 - V ZR 2/71 - BGHZ 60, 275). So liegt hier der Fall, denn der Notar, der hier den Kaufvertrag beurkundet hat, hat mit Schreiben vom 18. Juli 2018 die Genehmigung nach dem GrdstVG beantragt, ohne auf das Vorkaufsrecht hinzuweisen. Mit Bescheid vom 24. Juli 2018 wurde die Genehmigung sodann erteilt.
Der Beklagte wurde über den Kaufvertrag weder von dem Kläger, noch von dem Beigeladenen zu 1. im Sinne des § 469 Abs. 1 BGB unterrichtet. Vielmehr erlangte der Beklagte hiervon durch die E-Mail des NLWKN vom 11. Februar 2019 Kenntnis, wodurch die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht in Gang gesetzt wurde.
Im Übrigen ergibt sich auch aus der E-Mail des Beklagten vom 13. Februar 2019, dass er erst zu diesem Zeitpunkt von der Genehmigung durch den Grundstücksverkehrsausschuss erfahren hat, von wo aus er auch den Kaufvertrag erhalten hat.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts war überdies aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege einschließlich der Erholungsvorsorge erforderlich (§ 66 Abs. 2 BNatSchG). Durch diese Vorschrift kommt zum Ausdruck, dass es nicht ausreicht, dass ein Grundstück die in § 66 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und § 40 Abs. 1 NAGBNatSchG genannten Merkmale erfüllt, sondern, dass es eines darüber hinaus gehenden Grundes bedarf, der die Überführung eines Grundstücks in das Eigentum der öffentlichen Hand rechtfertigt. Da das Vorkaufsrecht keine Enteignung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz - GG - darstellt, ist die Ausübung allerdings nicht davon abhängig, dass das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.02.1990 - 4 B 245/89). Stattdessen genügt es, wenn der Erwerb des Grundstücks durch den Vorkaufsberechtigten vorteilhafte Auswirkungen auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege hat. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist schon dann aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich, wenn die Ziele des Naturschutzes durch die öffentliche Hand besser oder zuverlässiger als durch Privatpersonen verwirklicht werden können (Nds. OVG, Beschl. v. 14.01.2013 - 4 LA 173/12). Bei den bereits unter Schutz gestellten Flächen im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr.2 BNatSchG beantwortet sich die Frage nach den dort verfolgten Zielen anhand der Schutzzweckbestimmung, die von der jeweiligen Schutzerklärung umfasst ist. Ist hiervon die Verbesserung des ökologischen Zustandes oder eine natürliche Entwicklung umfasst, rechtfertigt dies regelmäßig die Ausübung des Vorkaufsrechts (Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 97. EL Dezember 2021, BNatSchG § 66 Rn.19).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die Ausübung des Vorkaufsrechts aus Gründen des Naturschutzes erforderlich. Dies hat der NLWKN in seiner Stellungnahme vom 19. März 2019 überzeugend dargelegt. Hier heißt es auszugsweise:
"Bezugnehmend auf den Schutzweck und die Erhebungsziele ist die Aufhebung der Ackernutzung geplant, sowie die Aufhebung bzw. der Verschluss nicht mehr benötigter Drainagen und Gräben auf den bereits im Eigentum stehenden Naturschutzflächen. Auf der Fläche ist die Entwicklung von Wald mit standortheimischen Laubgehölzen vorgesehen.
Über dieses Flurstück wird die Anhebung des Grundwasserstandes auf den benachbarten Naturschutzflächen möglich, die z.T. tiefgründige Niedermoorböden aufweisen. Die weitere Anhebung des Grundwasserstandes führt hier zu einer erheblichen Reduzierung der Freisetzung von Klimagasen (Kohlendioxid, Methan, Lachgas).
Die Fläche ist auch als Puffer zur intensiven benachbarten Ackernutzung hervorragend geeignet. Die Waldentwicklung würde dieses Ziel unterstützen. Die im Schutzzweck formulierten Ziele sind auf der in Frage stehenden Fläche durch die NSG-VO nicht erreichbar.
Die Fläche arrondiert in idealer Weise die bereits vorhandenen Landesflächen. Mit dieser Arrondierung wird insbesondere die Steuerung des Wasserhaushalts und die weitere Entwicklung der Niederungsflächen möglich.
Aus fachlicher Sicht sollte das Vorkaufsrecht auf jeden Fall wahrgenommen werden. Nur auf diese Weise ist die Unterbindung dauerhafter Fehlentwicklungen und die langfristige Sicherung und notwendige Entwicklung möglich. Die benannten Maßnahmen sind nur auf Flächen durchführbar, die angekauft wurden. Auf privateigenen Flächen wären dauerhafte Entschädigungszahlungen erforderlich."
Der Beklagte hat die Ausübung des Vorkaufsrechts auf diese plausiblen Gründe gestützt und darüber hinaus für das Gericht überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die vorgesehenen Maßnahmen insgesamt zu einer erheblichen Verbesserung des ökologischen Zustandes führen und dass eine dauerhafte naturnahe Entwicklung der Flächen in Abhängigkeit von Privateigentümern nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist und die zu verwirklichenden Ziele des Naturschutzes besser und zuverlässiger durch die öffentliche Hand, als durch Privatpersonen verwirklicht werden können.
Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die Anhebung des Wasserstandes auf den angrenzenden Flächen bedürfe eines Planfeststellungsverfahrens nach § 68 WHG, denn ein solches könnte bei Bedarf durchgeführt werden. Die Darlegung des Beklagten, dass es durch die geplanten Maßnahmen insgesamt zu einer ökologischen Verbesserung der streitgegenständlichen Fläche kommt und positive Effekte auf die in § 66 Abs. 2 BNatSchG genannten Belange zu erwarten sind, werden hierdurch nicht in Frage gestellt.
Die Erforderlichkeit entfällt auch nicht - anders als der Kläger der Sache nach wohl meint - durch die bereits vorhandenen Abstandsvorschriften in § 4 Abs. 6 Ziff. 1 lit. c) und d) NSG-VO, welche dazu führten, dass ein Nährstoffeintrag in angrenzende Flächen verringert werde. Insoweit ist das Gericht nach den Ausführungen der Fachbehörde überzeugt, dass sich die uneingeschränkte Ackernutzung selbst bei Einhaltung von Abstandsvorschriften auf die umliegenden Flächen auswirkt und eine ökologische Verbesserung durch eine Entwicklung eines Waldes mit standortheimischen Laubgehölzen zu einer bedeutenden Verminderung des Nährstoffeintrages und zu einer naturschutzfachlichen Aufwertung der Fläche führt.
Die von dem Beklagten dargelegten Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts stehen im Einklang mit den Schutzzwecken der NSG-VO. Dies zeigt bereits der allgemeine Schutzzweck. Hierzu heißt es in § 2 Abs. 2 NSG-VO:
"(2) Allgemeiner Schutzzweck für das NSG ist die Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung der W. und ihrer angrenzenden Niederungsbereiche als Lebensstätte und Biotop bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften. Als Bestandteil des Biotopverbundes gemäß § 21 BNatSchG dient es zudem der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen. Wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart und hervorragende Schönheit soll die X. in ihrer Ruhe und Ungestörtheit erhalten und gefördert werden.
(3) Die Erklärung zum NSG bezweckt insbesondere
1. die Erhaltung und Entwicklung der W. und des Y. als naturnahe Fließgewässer mit flutender Wasservegetation, Röhrichten, Seggenriedern, Uferhochstaudenfluren und gewässerbegleitenden Gehölzbeständen sowie ihrer Auenbereiche mit Bedeutung als Lebensraum für Fischotter, Teichfledermaus, Meer-, Fluss- und Bachneunauge, Steinbeißer, Lachs, Groppe, Meerforelle, Elritze, Grüne Flussjungfer sowie Grüne Mosaikjungfer,
2. die Erhaltung und Neuanlage von Gewässerrandstreifen zur Verminderung von belastenden Stoff- und Sedimenteinträgen sowie als Jagdrevier der Grünen Flussjungfer und Wanderkorridor des Fischotters,
3. die Erhaltung und Verbesserung der Gewässerstruktur der W.,
4. die Reduzierung der Mobilisierung von Bodenpartikeln innerhalb von Gewässern und weitgehende Unterbindung des Eintrags dieser Sedimente in die naturnahen Gewässer,
5. die Erhaltung und Entwicklung artenreicher Grünlandbestände,
6. die Umwandlung von Acker in Grünland oder Wald,
7. die Erhaltung und Entwicklung naturnaher Waldkomplexe der Niederungen und Geestbereiche mit Erlen-Eschenwäldern und Erlenbruchwäldern sowie bodensauren Eichenmischwäldern mit einem hohen Alt- und Totholzanteil,
8. die langfristige Umwandlung nicht standortheimischer Waldbestände in die auf dem jeweiligen Standort natürlich vorkommende Waldgesellschaft,
9. (...)."
Für den Einwand des Klägers, nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 lit. a) der NSG-VO sei die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung des Flurstücks K. von den Verboten der Verordnung freigestellt und könnte daher ein Vorkaufsrecht nicht rechtfertigen, bietet das Gesetz keine Grundlage. Im Gegenteil zeigt die Regelung gerade, dass eine Ackernutzung als mit dem Schutzzweck nicht vereinbar angesehen wird. Ohne die Regelung des § 4 Abs. 6 Nr. 1 lit. a) der NSG-VO wäre hierfür eine naturschutzrechtliche Befreiung erforderlich.
Nach allem liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor. Auch im Übrigen ist die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Die Entscheidung darüber, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, ist von der hierfür zuständigen Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (vgl. Bay VGH, Urt. v. 12.10.2009 - 14 B 07.1760 -, juris Rn. 15). Dabei hat der Berechtigte neben den Interessen des Naturschutzes auch die berechtigten Belange des vorkaufsverpflichteten Eigentümers sowie des Erwerbers zu berücksichtigen (vgl. OVG Saarlouis, Urt. v. 29.04.2010 - 2 A 403/09; Landmann/Rohmer UmweltR/Gellermann, 97. EL Dezember 2021, BNatSchG § 66 Rn. 22). Dies hat der Beklagte in ausreichendem Umfang getan. Die Kammer teilt die Einschätzung des Beklagten, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Blick auf die von dem Kläger genannten betriebsbedingten Notwendigkeiten und der von ihm genannten bereits getätigten Investitionen nicht als unverhältnismäßig anzusehen ist.
Zuletzt verhilft der Klage nicht zum Erfolg, wenn der Kläger vorbringt, der Beigeladene zu 1. könne dem Beklagten kein Eigentum an dem streitgegenständlichen Flurstück verschaffen, weil er - der Kläger - als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen sei. Denn nach § 833 Abs. 2 BGB ist die Eigentumsübertragung auf den Kläger dem Beklagten gegenüber unwirksam. Gemäß § 66 Abs. 3 Satz 4 BNatSchG i.V.m. § 1098 Abs. 2 BGB hat das ausgeübte Vorkaufsrecht gegenüber Dritten die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung des Rechts entstehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums (LKMMS/Konrad, 3. Aufl. 2013, BNatSchG § 66 Rn. 33). So liegt es hier. Im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten - dem Beklagten - ist die Eigentumsübertragung auf den Kläger gemäß § 883 Abs. 2 BGB insoweit unwirksam, als sie nach der Eintragung der hier fingierten Vormerkung erfolgt und den Anspruch des Vorkaufsberechtigten vereiteln oder beeinträchtigen würde. Dabei wirkt der dingliche Schutz, den § 1098 Abs. 2 BGB dem Vorkaufsberechtigten gegen Übertragung des Eigentums an einen Dritten auf Grund Kaufs verleiht, schon mit der Entstehung des Vorkaufsrechts, wie gesehen nach Genehmigung durch den Grundstücksverkehrsausschuss, und nicht erst mit dessen Ausübung (BGH, Urt. v. 16. 1. 1973 - V ZR 2/71).
Andere Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der Vorkaufsrechtsausübung sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt haben, entsprach es nicht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, ihre Kosten für erstattungsfähig zu erklären.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.