Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.10.1995, Az.: VIII 528/93
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 23.10.1995
- Aktenzeichen
- VIII 528/93
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 34214
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:1023.VIII528.93.0A
Tenor:
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Der Streitwert wird auf 2.406,00 DM festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Aufwendungen des Klägers für eine beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
Der Kläger ist Techniker in der Hauptverwaltung der Versicherungs-AG in H.. Zu seinen Aufgaben gehört die Betreuung der haustechnischen Anlagen (z.B. Klimaanlage, Elektroanlage, Heizungs- und Sanitäranlagen). Aufgrund seines Arbeitsvertrages ist der Kläger verpflichtet, einmal im Monat eine Woche lang den Bereitschaftsdienst in der Hauptverwaltung zu übernehmen. Der Kläger übt in diesem Zusammenhang die Funktion eines Hausmeisters aus. Bei technischen Störungen und Unglücksfällen, wie z.B. Feuer, Einbruch und Rohrbruch, ist er verpflichtet, während der Bereitschaftszeit schnell in das Gebäude der Hauptverwaltung zu kommen und die erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen.
In einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 23.11.1981 heißt es:
"Die Anwesenheitszeit während des Bereitschaftsdienstes umfaßt an Werktagen den Zeitraum von 5.30 bis 18.00 Uhr. Während der übrigen Zeit besteht Rufbereitschaft. In dieser Zeit müssen Sie in Ihrer Wohnung anwesend und telefonisch erreichbar sein. Sie dürfen in Ausnahmefällen das Haus verlassen, wenn Sie weiterhin telefonisch erreichbar sind und kurzfristig in der Hauptverwaltung wieder zur Verfügung stehen können.""
Seinen Hauptwohnsitz hatte der Kläger bis zum 31.12.1980 in M. Dieser Ort befindet sich am südlichen Stadtrand von H. in der Nähe von S. M. ist ca. 15 bis 17 km von der Hauptverwaltung der Versicherungs-AG entfernt. Ab 01.01.1981 verlegte der Kläger seinen Hauptwohnsitz von M. nach Hi.. Die ursprüngliche Wohnung in M. behielt er bei. Am 15.07.1986 gab der Kläger seinen Zweitwohnsitz in M. auf und bezog eine Zweitwohnung in H. in der R. Straße. Diese Zweitwohnung ist ca. 1 km von der Hauptverwaltung der Versicherungs-AG entfernt.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger den Abzug von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Diese Aufwendungen wurden vom Beklagten (Finanzamt -FA-) nicht berücksichtigt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger gegen diese Entscheidung Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, daß das FA die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Die Verlegung seines Hauptwohnsitzes von M. nach Hi. zum 01.01.1981 sei aus privaten Gründen erfolgt. Die Wohnung in M. habe er von 1981 bis 1986 beibehalten, um während der ... Bereitschaftszeit schnell die Hauptverwaltung seines Arbeitgebers in H. erreichen zu können. Nachdem jedoch der Arbeitgeber M. als Aufenthaltsort während der Bereitschaftszeit nicht mehr akzeptiert habe, sei er arbeitsvertraglich gezwungen gewesen, in H. in der Nähe der Hauptverwaltung einen Zweitwohnsitz zu begründen, um in der Bereitschaftswoche schnell zur Hauptverwaltung gelangen zu können. Er sei deshalb zum 15.07.1986 in die R. Straße in H. gezogen. Daneben habe er seinen Hauptwohnsitz in Hi. beibehalten. In seinem Fall lägen die Voraussetzungen für einen Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung insgesamt vor, da er diese doppelte Haushaltsführung begründet habe, indem er in H. aufgrund beruflicher Notwendigkeit eine Zweitwohnung bezogen habe und weil er sowohl an seinem Hauptwohnsitz in Hi. als auch in H. in der R. Straße einen eigenen Hausstand unterhalte. Die Begründung einer doppelten Haushaltsführung sei aus beruflichem Anlaß erfolgt, weil er gezwungen gewesen sei, eine Wohnung in der Nähe der Hauptverwaltung des Arbeitgebers zu beziehen, um nicht seinen Arbeitsplatz in Gefahr zu bringen.
Der Kläger beziffert die Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung wie folgt:
Fahrtkosten für Heimfahrten(46 Fahrten × 110 km × 0,58 DM) | 2.934,80 DM |
---|---|
Mehraufwendungen für Verpflegung(220 Tage × 16,00 DM) | 3.520,00 DM |
Miete, Strom, Telefon(12 Monate × 235,00 DM) | 2.820,00 DM |
9.274,80 DM |
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1991 vom 23.03.1993 und Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 30.09.1993 weitere Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 9.275,00 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, daß die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten, weil kein beruflich begründeter doppelter Haushalt vorliege. Ein doppelter Haushalt sei weder 1981 noch 1986 oder 1989 begründet worden, 1981 liege eine privat veranlaßte doppelte Haushaltsführung vor, weil der Kläger aus privaten Gründen - wie er selber vorbringe - seinen Familienwohnsitz verlegt habe. Auch 1986 komme eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht, denn der Umzug von M. nach H. in die R. straße stelle keine Neubegründung eines doppelten Haushalts im Sinne der Rechtsprechung dar. Auch ab 1989 könne nicht von einer aus beruflichem Anlaß begründeten Haushaltsführung ausgegangen werden. Zwar habe der Kläger 1989 nach seiner Scheidung im Jahre 1988 wieder geheiratet. Dieses private Ereignis der Eheschließung könne jedoch nicht dazu führen, daß nachträglich die steuerlichen Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung geschaffen würden.
Ein Abzug der Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten müsse demnach bereits dem Grunde nach abgelehnt werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
Das FA hat zutreffend die geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung des Klägers nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG gehören zu den Werbungskosten die notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
Der Kläger ist im Jahre 1981 mit seiner Familie von M. nach Hi. verzogen. Wie er selbst vorbringt, erfolgte diese Verlagerung des Hauptwohnsitzes aus privaten Gründen. Der Kläger hat demgemäß dadurch, daß er 1981 die Wohnung in M. beibehielt zwar einen doppelten Haushalt begründet, diese doppelte Haushaltsführung ab 1981 war jedoch nicht beruflich veranlaßt.
Auch die Verlegung des Zweitwohnsitzes am 15.07.1986 von M. nach H. in die R. Straße (H.) stellt keine Neubegründung eines doppelten Haushaltes im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG dar. Zutreffend weist das FA insofern darauf hin, daß im Zeitpunkt der Verlagerung des Zweitwohnsitzes von M. nach H. bereits seit mehreren Jahren eine Aufsplitterung in zwei Haushalte bestanden habe. Diese Aufsplitterung wurde beibehalten. Es handelt sich demgemäß nicht um eine Neubegründungeines doppelten Haushaltes.
Eine - wie im Streitfall - ursprünglich privat veranlaßte doppelte Haushaltsführung kann jedoch enden und in eine neue beruflich begründete doppelte Haushaltsführung übergehen, wenn der Arbeitnehmer unter Beibehaltung seines Familienwohnsitzes an einem anderen Ort als dem bisherigen Beschäftigungsort eine neue Beschäftigung (beim alten oder einem neuen Arbeitgeber) aufnimmt und seine zweite Wohnung dorthin verlegt. Nimmt ... nämlich der Arbeitnehmer an einem neuen Beschäftigungsort eine Tätigkeit auf und verlegt er aus diesem Anlaß seine Wohnung dorthin, so führt er eine wegen des alten Beschäftigungsortes bestehende Aufsplitterung des früher einheitlichen Haushaltes nicht einfach fort, sondern begründet eine neue Aufsplitterung des einheitlichen Haushaltes, so daß auch die Motive für die Begründung der doppelten Haushaltsführung neu zu prüfen sind (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26.08.1988 VI R 111/85, BStBl II 1989, 89). Für diesen Fall ist anerkannt, daß die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung abzugsfähig sind.
Eine derartige Konstellation ist jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Hier hat der Kläger seinen bisherigen Beschäftigungsort in H. beibehalten, so daß die ursprünglich privat veranlaßte doppelte Haushaltsführung nicht in eine beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung "hineinwachsen" konnte.
Daran ändert auch der ergänzte Arbeitsvertrag vom 23.11.1981 nichts. Denn aus diesem Ergänzungsvertrag ergibt sich unmittelbar nicht, daß der Kläger verpflichtet war, von M. nach H. in die unmittelbare Umgebung der Hauptverwaltung der ... Versicherungs-AG umzuziehen. Das Gericht kann demgemäß dahinstehen lassen, ob sich eine berufliche Veranlassung der doppelten Haushaltsführung dann ergeben würde, wenn der Steuerpflichtige arbeitsvertraglich zum Umzug verpflichtet ist. Soweit der Kläger vorgetragen hat, sein Arbeitgeber habe darauf bestanden, daß er seine Wohnung in die Nähe der Hauptverwaltung der ... Versicherungs-AG verlege, ist dies vom Kläger im übrigen lediglich behauptet, jedoch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Der Kläger trägt jedoch für von ihm begehrte Steuerermäßigungen die Feststellungslast (objektive Beweislast).
Nach alldem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.