Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 14.05.2007, Az.: 6 B 259/06
Verstoß einer zwingenden Ausweisung eines Ausländers gegen die Rechte auf Achtung des Privatlebens und Familienlebens; Befristungsmöglichkeit einer Ausweisungsverfügung auch bei nicht vorliegendem Antrag ; Ausweisung eines inzwischen volljährigen Ausländers wegen schwerwiegender Straftaten als Jugendlicher; Örtliche Zuständigkeit einer Ausländerbehörde des früheren Aufenthaltsortes für eine Ausweisung eines in Strafhaft befindlichen Ausländers ; Androhung einer Abschiebung unter Fristsetzung bei einem sich in Haft befindlichen Ausländer ; Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 14.05.2007
- Aktenzeichen
- 6 B 259/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 47993
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2007:0514.6B259.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 53 Nr. 1 AufenthG
- Art. 8 Abs. 2 EMRK
- § 51 Abs. 1 AuslG
- § 55 AufenthG
- § 80 Abs. 5 VwGO
- § 1 Abs. 1 S. 5 AufenthG
- Art. 8 Abs. 1 EMRK
Fundstelle
- NJW 2007, XIV Heft 27 (amtl. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Sogenannte zwingende Ausweisung eines Straftäters
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine sog. zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist nur dann rechtmäßig, wenn sie nicht gegen die Rechte des Ausländers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK verstößt.
- 2.
Für die Beurteilung des Gerichts, ob eine Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK rechtmäßig ist, kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an.
- 3.
Im Hinblick auf die Regelung in Art. 8 Abs. 2 EMRK kann es notwendig sein, die Ausweisung auch dann zu befristen, wenn der Ausländer einen Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkungen nicht gestellt hat; die Regelung verlangt aber nicht, die Ausweisung stets zu befristen.
- 4.
Einzelfall einer dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Ausweisung eines inzwischen volljährigen Ausländers wegen schwerwiegender Straftaten als Jugendlicher, fortbestehender Wiederholungsgefahr und fehlenden Aufenthaltsrechts der in Deutschland lebenden Mutter.
- 5.
Der Tatbestand der sog. zwingenden Ausweisung nach § 53 Nr. 1 AufenthG ist auch erfüllt, wenn der Ausländer zu einer Einheitsjugendstrafe von mindestens 3 Jahren verurteilt wurde.
- 6.
Auch die Ausländerbehörde des früheren Aufenthaltsortes kann für die Ausweisung eines in Strafhaft befindlichen Ausländers örtlich zuständig sein (im Anschluss an Nds. OVG, Urt. vom 24.08.1995, NdsVBl. 1996, 40).
- 7.
Auch einem in Haft befindlichen Ausländer ist die Abschiebung regelmäßig unter Fristsetzung anzudrohen.
Gründe
I.
Der am 31. Oktober 1987 geborene Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit und stammt nach eigenen Angaben aus dem Kosovo. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Ausweisung.
Der Antragsteller reiste im August 1993 zusammen mit seiner Mutter, seinem inzwischen verstorbenen Vater und seinen Schwestern B. (geboren im Juni 1986) und C. (geboren im November 1990) in die Bundesrepublik Deutschland ein. Auf ihren nach der Einreise gestellten Asylantrag hin wurde dem Antragsteller und seinen Angehörigen Abschiebungsschutz wegen drohender politischer Verfolgung nach § 51 Abs. 1 AuslG gewährt.
Der Antragsteller war auf dieser Grundlage bis zum 7. September 2004 im Besitz von Aufenthaltsbefugnissen, die der Antragsgegner ihm erteilt und jeweils befristet verlängert hatte. Im Dezember 2004 entschied das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), dass ein Anspruch des Antragsstellers und seiner Familienangehörigen auf Abschiebungsschutz nicht mehr bestehe. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht Braunschweig mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 25. Oktober 2005 (6 A 1/05) zurück. Die Mutter des Antragstellers und seine Schwester C. sind gegenwärtig wie die im Juli 1994 in Deutschland geborene Schwester D. nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts. Seine Schwester B. hat die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis beantragt.
Der Antragsteller beging bereits als Strafunmündiger in fünf Fällen Straftaten. Nachdem er strafmündig geworden war, wurde er wie folgt rechtskräftig strafrechtlich verurteilt:
Datum der Entscheidung | Gericht | Tatbezeichnung | Sanktion | |
---|---|---|---|---|
1. | 21.08.2002 | AG Peine | Diebstahl in 7 Fällen, Körperverletzung | eine Woche Jugendarrest |
2. | 18.12.2002 | AG Peine | gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung, gemeinschaftlicher Diebstahl in 5 Fällen | richterliche Weisung und 70 Stunden gemeinnützige Arbeit |
3. | 17.07.2003 | AG Peine | Diebstahl in 2 Fällen, gemeinschaftliche räuberische Erpressung | ein Jahr und 3 Monate Jugendstrafe |
4. | 30.10.2003 | AG Peine | gemeinschaftlicher Raub | 3 Jahre Jugendstrafe unter Einbeziehung der unter Nr. 3 angeführten Strafe |
5. | 29.06.2005 | LG Hildesheim | Bandendiebstahl in 5 Fällen, versuchter Bandendiebstahl, gemeinschaftlicher Diebstahl | 4 Jahre Jugendstrafe unter Einbeziehung der 3 vorhergegangenen Verurteilungen |
Aufgrund seiner Straftaten befand sich der Antragsteller seit Juli 2003 zunächst in Untersuchungshaft, seit August 2003 war er vorübergehend bis zur Hauptverhandlung am 30. Oktober 2003 in einem Heim im Harz untergebracht. Danach befand er sich zunächst im offenen Vollzug in der JVA Rosdorf. Nachdem er sich unerlaubt vom Anstaltsgelände entfernt hatte, wurde er im Jahre 2004 in den geschlossenen Vollzug in der Jugendanstalt Hameln verlegt. Dort ist er auch gegenwärtig noch untergebracht.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2006 verfügte der Antragsgegner die Ausweisung des Antragstellers und ordnete die sofortige Vollziehung an. Außerdem kündigte er dem Antragsteller ohne Fristsetzung die Abschiebung nach Serbien an; für den Fall, dass er zwischenzeitlich aus der Haft entlassen werde, forderte er den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung dazu auf, das Bundesgebiet innerhalb von zwei Wochen nach Haftentlassung zu verlassen. Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen Folgendes aus: Der Antragsteller sei aufgrund der begangenen Straftaten zwingend auszuweisen. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens gemäß § 55 AufenthG sei zwar eine Interessenabwägung durchzuführen, die insbesondere wegen der erheblichen Straftaten jedoch zu Lasten des Antragstellers ausgehe.
Der Antragsteller hat am 11. August 2006 Klage erhoben und außerdem einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Ausweisung verletze ihn in seinen Rechten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz, weil er bereits als kleiner Junge in die Bundesrepublik eingereist sei, seine Familienangehörigen in Deutschland lebten und er im Kosovo keine Verwandten mehr habe. Eine Gefahr gehe von ihm nicht mehr aus. Die Ausweisung verstoße darüber hinaus gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Doppelbestrafung.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2006 verfügte Ausweisung wiederherzustellen
sowie
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die mit diesem Bescheid verfügte Abschiebungsandrohung und Ausreiseaufforderung anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und tritt den Ausführungen des Antragstellers unter Vertiefung seiner Darlegungen in dem angegriffenen Bescheid entgegen.
Mit Bescheid vom 8. September 2006 hat der Antragsgegner einen Antrag des Antragstellers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Über die hiergegen gerichtete Klage hat das Gericht noch nicht entschieden (6 A 371/06).
Das Gericht hat von der Jugendanstalt Hameln die aktuellen Fortschreibungen des Erziehungs- und Behandlungsplanes angefordert. Wegen des Inhalts der daraufhin vorgelegten Berichte und der Stellungnahme der Jugendanstalt wird auf die Unterlagen verwiesen (Bl. 50 ff. der Gerichtsakte).
Der Berichterstatter der Kammer hat den Antragsteller im Erörterungstermin vom 2. Mai 2007 angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen wird.
Wege der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
1.
Soweit der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2006 verfügte Ausweisung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen, ist zumindest zweifelhaft, ob das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht. Der Antragsteller ist nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels, hat einen Antrag auf "Verlängerung" des Aufenthaltstitels erst geraume Zeit nach Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltsbefugnis gestellt und dürfte daher unabhängig von der Ausweisung zur Ausreise verpflichtet sein (vgl. zu den sich insoweit stellenden Rechtsfragen und zum Meinungsstand Discher in: GK-AufenthG, Stand: Februar 2007, Vor §§ 53 ff. Rn. 1595 ff.; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Stand: Februar 2007, § 81 Rn. 43 ff.). Das Gericht kann diese Frage jedoch offenlassen, weil der Antrag jedenfalls nicht begründet ist. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Ausweisungsverfügung rechtmäßig angeordnet.
Der Antragsgegner hat in noch ausreichender Weise schriftlich begründet, warum das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet wird (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Er hat noch hineichend deutlich gemacht, dass die begründete Besorgnis besteht, die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung neuer Straftaten werde - für den Fall einer Entlassung aus der Strafhaft - vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens eintreten (vgl. Nds. OVG, Beschl. vom 23.01.1996, NdsVBl. 1996, 137 f.).
Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid erhobenen Klage wiederherzustellen.
Die Anordnung sofortiger Vollziehung ist rechtmäßig, wenn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Maßnahme die privaten Interessen des von der Vollziehungsanordnung Betroffenen überwiegt. Das ist der Fall, wenn schon bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage die Rechtmäßigkeit der Verfügung eindeutig zu erkennen ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die hier allein mögliche summarische Prüfung der Sachlage ergibt, dass der Antragsgegner den Antragsteller zu Recht ausgewiesen hat.
Die Ausweisungsverfügung leidet nicht unter formellen Mängeln, die zur Aufhebung des angegriffenen Bescheides führen. Die Kammer kann offenlassen, ob der Antragsgegner im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung die für die Ausweisung örtlich zuständige Behörde gewesen ist, obwohl der Antragsteller seinerzeit bereits in der JVA Hameln untergebracht war. Auch die Ausländerbehörde des früheren Aufenthaltsortes kann für die Ausweisung eines in Strafhaft befindlichen Ausländers neben der Behörde des Haftortes nach den insoweit grundsätzlich maßgeblichen Regelungen in § 100 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nds. SOG örtlich zuständig sein (vgl. dazu Nds. OVG, Urt. vom 24.08.1995, NdsVBl. 1996, 40 f. - zu den entsprechenden früheren Vorschriften des SOG -; Beschl. vom 01.03.2006 - 11 ME 48/06 -; Beschl. vom 17.02.2000 - 11 L 234/00 -). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Ausländer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft und einem Verbleib im Bundesgebiet in den Zuständigkeitsbereich der Behörde seines früheren Aufenthalts zurückkehrt und von ihm ausgehende Gefahren sich daher (auch) dort zu verwirklichen drohen. Danach könnte sich die örtliche Zuständigkeit des Antragsgegners hier aus der Tatsache ergeben haben, dass der Antragsteller nach seinen Angaben im Erörterungstermin für den Fall der Entlassung beabsichtigt, wie vor seiner Inhaftierung wieder bei seiner Mutter in Peine zu wohnen. Selbst wenn der Antragsgegner örtlich unzuständig gewesen ist, würde dies jedoch nicht dazu führen, dass die Ausweisung aufzuheben wäre. Die Aufhebung eines Bescheides kommt bei einem derartigen Mangel nicht in Betracht, wenn auch die andere Behörde keine andere Entscheidung in der Sache hätte treffen können (vgl. § 46 VwVfG i.V.m. § 1 Nds. VwVfG). Dies ist hier der Fall. Gegen den Antragsteller ist eine zwingende Ausweisung nach § 53 Nr. 1 AufenthG verfügt worden, der auch die Regelung in Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) nicht entgegensteht (s. unten); die Vorschriften räumen den Behörden keinen Ermessenspielraum ein.
Rechtsgrundlage für die angegriffene Ausweisung ist die Regelung in § 53 Nr. 1 AufenthG. Danach wird ein Ausländer u.a. dann ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Dies ist hier der Fall: Der Antragsteller ist vom Landgericht Hildesheim wegen vorsätzlichen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls und versuchten Bandendiebstahls unter Einbeziehung von Verurteilungen u.a. wegen vorsätzlichen gemeinschaftlichen Raubes, Diebstahls und gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Nach dem klaren Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes genügt es, dass es sich bei der Jugendstrafe um eine unter Einbeziehung früherer Urteile nach § 31 Abs. 2 JGG gebildete Einheitsjugendstrafe handelt (vgl. Discher in: GK-AufenthG, Stand: Februar 2007, § 53 Rn. 137).
Ist der Tatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG gegeben, so ist der Ausländer grundsätzlich zwingend auszuweisen. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG, der diese Rechtsfolge ändern würde, genießt der Antragsteller nicht. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung im Juli 2006 (vgl. Discher, a.a.O.., m.w.N.). Seinerzeit war der Antragsteller bereits volljährig und schon nicht mehr im Besitz eines Aufenthaltstitels: Seine Aufenthaltsbefugnis war befristet bis zum 7. September 2004; einen neuen Titel hatte die Ausländerbehörde ihm auch nach dem im November 2005 rechtskräftig gewordenen Urteil des erkennenden Gerichts, wonach dem Antragsteller kein Anspruch auf Abschiebungsschutz mehr zustand, nicht erteilt. Für die Anwendung der Vorschriften über die Ermessensausweisung in § 55 AufenthG, auf die der Antragsgegner in seinem Bescheid ergänzend abgestellt hat, gab es daher keine rechtliche Grundlage.
Die Ausweisung des Antragstellers verstößt auch nicht gegen die Regelungen über den Schutz des Familien- und Privatlebens in Art. 8 EMRK.
Eine sog. zwingende Ausweisung nach § 53 AufenthG ist nur dann rechtmäßig, wenn sie auch nach Art. 8 EMRK rechtlich zulässig ist. Dies ist im Aufenthaltsgesetz zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus dem Vorrang der Europäischen Menschenrechtskonvention vor dem Aufenthaltsgesetz, von dem nach den allgemeinen Regelungen auszugehen ist: Bei der Europäischen Menschenrechtskonvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der in der Bundesrepublik im Rang eines Gesetzes gilt und gemäß § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG, wonach die Regelungen in anderen Gesetzen unberührt bleiben, auch bei der Anwendung der Ausweisungsvorschriften zu beachten ist (im Ergebnis ebenso BVerwG, Beschl. vom 11.07.2003 - 1 B 252/02 -, [...] = Buchholz 140 Art. 8 EMRK Nr. 14 - zur entsprechenden Regelung im Ausländergesetz - ; s. a. OVG Bremen, Urt. vom 25.05.2004, InfAuslR 2004, 328, 330[OVG Bremen 25.05.2004 - 1 A 303/03] und Discher, a.a.O.., Vor §§ 53 ff. Rn. 890 ff., 728 f., jew. m.w.N. zum Streitstand). Allerdings sind die Ausweisungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes mit ihren abgestuften Regelungen und wegen der Möglichkeit, verbleibende Härten durch die Befristung der Ausweisung zu mildern, regelmäßig mit Art. 8 EMRK vereinbar. Sind die Voraussetzungen einer sog. zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG erfüllt, so wird die Ausweisung daher nur in seltenen, außergewöhnlichen Einzelfällen dem in Art. 8 EMRK geregelten Prinzip der Verhältnismäßigkeit widersprechen (vgl. BVerwG, a.a.O..).
Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in diese Rechte ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthat, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhinderung von strafbaren Handlungen oder wegen anderer in der Regelung genannter legitimer Ziele in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Die Ausweisung muss danach im Hinblick auf das mit ihr verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Ausweisung einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen herstellt. Geboten ist danach eine die besonderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Abwägung der Interessen des Ausländers und des öffentlichen Interesses, aus der sich ergibt, dass die Aufenthaltsbeendigung angemessen ist (vgl. EGMR, Urt. vom 22.04.2004, InfAuslR 2004, 374 f.[EGMR 22.04.2004 - GK - 42703/98]; Discher, a.a.O.., Vor §§ 53 ff. Rn. 799). Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwere der Straftaten, das Alter des Betroffenen bei der Begehung der Taten, die familiäre Situation, der Bezug des Ausländers zum Staat seiner Staatsangehörigkeit und die Frage, ob der Ausländer die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaates erwerben wollte (Nds. OVG, Beschl. vom 27.11.2006 - 10 ME 217/06 - m.w.N.). Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kommt es für die Beurteilung, ob eine Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 EMRK rechtmäßig ist, nicht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung an, sondern auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 27.01.2004, InfAuslR 2004, 189, 193[VGH Baden-Württemberg 27.01.2004 - 10 S 1610/03]; OVG Bremen, Urt. vom 25.05.2004, InfAuslR 2004, 328, 331[OVG Bremen 25.05.2004 - 1 A 303/03], jew. m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist die Ausweisung des Antragstellers jedenfalls als verhältnismäßig anzusehen und daher mit Art. 8 EMRK vereinbar. Die Kammer kann daher offenlassen, ob die Beziehungen des inzwischen volljährigen Antragstellers zu seiner Mutter sowie seinen im Bundesgebiet lebenden Schwestern überhaupt dem Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK unterliegen (vgl. dazu Discher, a.a.O.., Rn. 786).
Der Antragsteller hat eine Reihe erheblicher Straftaten begangen. Die zuletzt mit den Urteilen des Amtsgerichts Peine vom 30. Oktober 2003 und des Landgerichts Hildesheim vom 29. Juni 2005 geahndeten Taten sind dabei als - wie bereits die ausgesprochene Einheitsjugendstrafe von vier Jahren zeigt - besonders schwerwiegend anzusehen. In diesen Taten ist eine hohe kriminelle Energie des Antragstellers zum Ausdruck gekommen. So hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsteller zusammen mit einem Mittäter bei dem an zwei aufeinander folgenden Tagen anlässlich eines Volksfestes begangenen Handtaschenraub mit "erheblicher Brutalität" gegen "wehrlose Opfer" - u.a. gegen eine alte Frau - vorgegangen ist. Zuvor hatte er mit seinem Komplizen geplant, gezielt ältere Menschen und Betrunkene anzugreifen, um ihnen auf diese Weise Geld zu entwenden. Zur Begehung der Straftaten, derentwegen das Landgericht Hildesheim ihn verurteilt hat, hatte er sich mit zehn anderen jungen Männern zu einer Bande zusammengeschlossen. In diesem Rahmen hat er gemeinsam mit seinen Komplizen über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Diebstählen - vorwiegend in Elektromärkten - mit erheblichem Schaden begangen. In seinem Urteil spricht das Landgericht von "schweren und dreisten Straftaten". Bereits vorher hatte das Amtsgericht Peine den Antragsteller unter anderem wegen gemeinschaftlich begangener gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil er zusammen mit den anderen Tätern ohne jeglichen Grund einen Mann angegriffen und den schließlich am Boden Liegenden wechselseitig derart getreten und geschlagen hatte, dass der Geschädigte u.a. einen Kieferbruch erlitt und über einen längeren Zeitraum nur flüssige Nahrung zu sich nehmen konnte.
Nach gegenwärtigem Sachstand gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass eine Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Wiederholungsgefahr in den Fällen mittlerer oder schwerer Kriminalität, denen auch die dargestellten Straftaten des Antragstellers zuzuordnen sind, grundsätzlich zu bejahen (s. BVerwG, Urt. vom 05.05.1998, BVerwGE 106, 351, 357[BVerwG 05.05.1998 - 1 C 17/97] = NVwZ 1999, 425). Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für den vorliegenden Fall eine abweichende Bewertung rechtfertigen. Eine Wiederholungsgefahr ist erst dann nicht mehr anzunehmen, wenn von dem Betreffenden nach Würdigung aller wesentlichen Umstände des Falles kein höheres Risiko erheblicher Straftaten ausgeht als dasjenige, das bei jedem Menschen mehr oder weniger besteht. Eine konkrete Gefahr ist nicht erforderlich. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit neuer Straftaten sind umso geringer, je schwerer die drohenden Beeinträchtigungen wiegen (zum Ganzen: Discher, a.a.O.., Vor §§ 53 ff. Rn. 1151 ff. m.w.N.). Danach ist zugunsten des Antragstellers zwar zu berücksichtigen, dass er die letzte Straftat im Jahre 2003 begangen hat und seinerzeit 15 Jahre alt gewesen ist. Es handelte sich jedoch nach Tatbegehung und Höhe der verhängten Strafen um schwerwiegende Straftaten, derentwegen sich der Antragsteller seit 2003 in Haft befindet. Mit seinen Angaben im Erörterungstermin vom 2. Mai 2007 hat er nicht glaubhaft machen können, dass er sich von seinen Straftaten deutlich distanziert hat. Die Frage, ob er etwas zu den Straftaten zu sagen habe, hat er mit knappen Worten beantwortet, die ehrlich empfundene Reue und Einsicht in das begangene Unrecht sowie einen tragfähigen Entschluss zu einem veränderten Leben nicht erkennen lassen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben im Falle der Entlassung aus der Haft und seines Verbleibs im Bundesgebiet wieder bei seiner Mutter wohnen möchte. Er würde damit in das im Wesentlichen unverändert gebliebene familiäre Umfeld zurückkehren, in dem er nach den Feststellungen des Landgerichts Hildesheim im Urteil vom 29. Juni 2005 keinen Rückhalt gefunden hatte.
Dem steht nicht entgegen, dass sich der Antragsteller nach den Angaben der Jugendanstalt im Vollzug stabil und gut geführt hat. Die einwandfreie Führung im Strafvollzug reicht - ebenso wie die vollständige oder nahezu vollständige Verbüßung der Freiheitsstrafe - allein nicht aus, um die Wiederholungsgefahr zu verneinen. Darüber hinausgehende Aussagen, aus denen z.B. auf eine das Risiko erneuter Straftaten deutlich reduzierende glaubhafte Distanzierung von den Taten und einen glaubhaften Gesinnungswandel zu schließen ist, liegen nicht vor (vgl. dazu Discher, a.a.O.., Vor §§ 53 ff. Rn. 1196 f.).
Der Antragsteller ist zwar bereits im Alter von fünf Jahren in die Bundesrepublik eingereist. Von einer gefestigten Integration in die hiesige Gesellschaft kann aber nicht ausgegangen werden. Der Antragsteller hat hier die Schule besucht, einen Sonderschul- und einen Hauptschulabschluss aber erst in der Haft erworben. Über eine Berufsausbildung verfügt er nicht. Gegen eine Integration spricht insbesondere, dass er über einen längeren Zeitraum mit zunehmender Intensität straffällig geworden ist. Der Antragsteller ist inzwischen 19 Jahre alt, ledig und hat keine Kinder. Seit geraumer Zeit ist er zur Ausreise verpflichtet. Soweit er zuvor zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt war, ist zu berücksichtigen, dass diese Aufenthaltsrechte an Zwecke gebunden waren, die inzwischen entfallen sind: Während des mit seinem Asylantrag eingeleiteten Asylverfahrens war sein Aufenthalt zur Durchführung dieses Verfahrens gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestattet; die anschließend jeweils befristet erteilten und verlängerten Aufenthaltsbefugnisse beruhten darauf, dass dem Antragsteller im Asylverfahren zunächst Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung gemäß § 51 Abs. 1 AuslG gewährt worden war (vgl. § 70 AsylVfG); seit November 2005 ist rechtskräftig entschieden, dass ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nicht mehr besteht. Auf dieser Grundlage konnte ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet nicht entstehen.
Auch die gegenwärtig noch im Bundesgebiet lebende Mutter des Antragstellers ist nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts. Der Antragsgegner hat im Erörterungstermin erklärt, es sei beabsichtigt, auch für sie demnächst die Aufenthaltsbeendigung einzuleiten. Im Übrigen ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, dass die Mutter oder seine im Bundesgebiet lebenden Schwestern auf die Lebenshilfe des Antragstellers angewiesen sind oder aus anderen Gründen ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht, das über die in einer Familie üblichen gefühlsmäßigen Bindungen hinausgeht und daher in besonderem Maße schutzbedürftig ist (vgl. dazu EGMR, Urt. vom 17.904.2003, NJW 2004, 2147, 2148 [BVerwG 13.05.2004 - BVerwG 3 C 45/03]) [EGMR 17.04.2003 - III - 52853/99]. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller aufgrund seiner Straftaten seit 2003 nicht mehr zu Hause lebt, sondern sich seither - unterbrochen nur von einem Heimaufenthalt - in Haft befindet. Währenddessen haben seine Mutter und seine beiden älteren Schwestern ihn nach eigenen Angaben einmal im Jahr besucht.
Die Chancen des volljährigen Antragstellers zur Integration in die im Kosovo herrschenden Lebensverhältnisse sind nicht notwendigerweise ungünstiger als die einer Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik (vgl. EGMR, Entsch. vom 04.10.2001, NJW 2003, 2595, 2596). Er spricht zwar Deutsch, hat aber im Erörterungstermin angegeben, sich zu Hause mit Mutter und Geschwistern auch auf Albanisch unterhalten zu haben. Darüber hinaus ist im Hinblick auf die aufenthaltsrechtliche Situation seiner noch in Deutschland lebenden Verwandten nach gegenwärtigem Sachstand nicht ersichtlich, dass er im Kosovo dauerhaft ohne familiäre Anbindung leben müsste. Das Gericht kann daher offen lassen, ob es tatsächlich zutrifft, dass im Kosovo - wie der Antragsteller behauptet - keine anderen Verwandten leben und insbesondere seine Großmutter nach der inzwischen erfolgten Abschiebung ihren Wohnsitz in Mazedonien begründet hat. Dass der Antragsteller sich bemüht hat, aus der serbischen Staatsangehörigkeit entlassen zu werden und die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, ist nicht ersichtlich.
Die Ausweisung ist auch nicht etwa deswegen unverhältnismäßig, weil der Antragsgegner davon abgesehen hat, ihre Wirkungen zu befristen. Zwar kann es im Hinblick auf das in Art. 8 Abs. 2 EMRK zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsgebot erforderlich sein, eine Ausweisung auch dann zu befristen, wenn der Ausländer einen Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkungen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gar nicht gestellt hat (vgl. EGMR, Urt. vom 17.04.2003, NJW 2004, 2147, 2149 [BVerwG 13.05.2004 - BVerwG 3 C 45/03]) [EGMR 17.04.2003 - III - 52853/99]. Dies setzt aber voraus, dass sich eine unbefristete Ausweisung nach den konkreten Umständen des Einzelfalles als unverhältnismäßiger Eingriff in das geschützte Familien- oder Privatleben des Ausländers darstellen würde. Art. 8 Abs. 2 EMRK verlangt nicht, die Ausweisung stets zu befristen (ebenso VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 10.01.2007, NVwZ 2007, 609, 610). Danach ist die Entscheidung des Antragsgegners rechtlich nicht zu beanstanden. Aus den dargelegten Gründen ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass ein besonders schutzwürdiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Antragsteller und seinen derzeit noch in Deutschland lebenden Angehörigen besteht oder sonstige enge Bindungen vorliegen, die eine Ausweisung trotz der begangenen schweren Straftaten als unangemessen erscheinen ließen.
Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Ausweisung des Antragstellers. Das Grundrecht zum Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) entfaltet für den Antragsteller keine weitergehenden als die durch Art. 8 EMRK vermittelten Schutzwirkungen. Dass der Antragsteller nach seiner strafgerichtlichen Verurteilung ausgewiesen werden soll, verstößt auch nicht gegen das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG, weil die Ausweisung keinen Sanktionscharakter hat, sondern allein der Gefahrenabwehr dient (s. zum Ganzen Discher, a.a.O.., Vor §§ 53 ff. Rn. 848 f., 398 ff.).
2.
Soweit sich der auf § 80 Abs. 5 VwGO gestützte Eilantrag gegen die mit Bescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2006 verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung richtet, ist er als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft, weil diese Verfügung kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO, § 70 Abs. 1 NVwVG, § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG). Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügungen.
Im konkreten Fall gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner rechtswidrig gehandelt hat, indem er dem Antragsteller für den Fall der Abschiebung aus der Strafhaft keine Ausreisefrist gesetzt hat. Zwar ist auch einem in Haft befindlichen Ausländer die Abschiebung regelmäßig unter Fristsetzung anzudrohen; die dafür maßgebliche Vorschrift des § 59 AufenthG enthält keine dem früheren § 50 Abs. 5 AuslG entsprechende Regelung, die eine Fristbestimmung ausdrücklich für entbehrlich erklärt (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Stand: Februar 2007, § 59 Rn. 98; ebenso Vorläufige Nds. Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, Nr. 59.1.2.3; a. A. Wenger in: Storr / Wenger / Eberle / Albrecht / Zimmermann-Kreher, Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, § 59 AufenthG Rn. 3). Hier dürfte aber ein Fall gegeben sein, in dem die Ausländerbehörde ausnahmsweise von einer Fristbestimmung absehen durfte. Der Antragsteller hatte nach den besonderen Umständen des konkreten Falles ausreichend Gelegenheit, seine Angelegenheiten vor der Abschiebung zu regeln. Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses lag noch kein Beschluss nach § 456a StPO über das Absehen von der Vollstreckung vor; ohne eine solche Entscheidung ist eine Abschiebung aus der Strafhaft vor Ablauf der Freiheitsstrafe jedoch nicht möglich. Der schließlich unter dem 3. August 2006 ergangene Beschluss des Amtsgerichts Hameln ordnete das Absehen von der Vollstreckung erst nach Ablauf einer Übergangsfrist ("frühestens mit Wirkung ab dem 10. August 2006") an. Unabhängig davon ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller umfangreiche Vorbereitungen treffen wollte. Dies ergibt sich auch daraus, dass er den Verzicht auf eine Fristbestimmung nicht gerügt hat. Die Funktion der Abschiebungsandrohung ist durch die in dem Bescheid erfolgte Ankündigung der Abschiebung und durch die für den Fall einer zwischenzeitlichen Haftentlassung verfügte Abschiebungsandrohung hinreichend erfüllt.
Die für den Fall der Haftentlassung bestimmte Ausreisefrist durfte der Antragsgegner im Hinblick auf die von dem Antragsteller weiterhin ausgehenden Gefahren (s. oben) kurz bemessen. Ob die Behörde auch insoweit auf eine Fristbestimmung hätte verzichten dürfen, braucht die Kammer nicht zu entscheiden. Andere ernsthafte Zweifel gegen die Abschiebungsandrohung bestehen nicht.
3.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht hat den danach für ein Klageverfahren zu Grunde zu legenden Auffangwert im Hinblick auf das vorliegende Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes halbiert (vgl. den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327, Nr. II 8.2 und 1.5).