Amtsgericht Westerstede
Urt. v. 30.09.2009, Az.: 21 C 52/09 (V)

Bibliographie

Gericht
AG Westerstede
Datum
30.09.2009
Aktenzeichen
21 C 52/09 (V)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 50580
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erstattung außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Anspruch.

2

Der Kläger hat sich der Bekämpfung unerwünschter Werbung verschrieben. Er unterhält eine Webseite unter der Domain http://www.antispam.de.

3

Die Beklagte bietet unter der Domain weihnachtsgewinne.de jedes Jahr als Weihnachtsspecial ein Gewinnspiel in der Form eines virtuellen Adventskalenders an.

4

Am 29.10.2008 gegen 11.04 Uhr ging über ein auf www.antispam.de befindliches Kontaktformular des Klägers auf dem E-Mail-Anschluss mit der E-Mail-Adresse forum@antispam-ev.de des Klägers eine E-Mail-Sendung der Beklagten ein, in der für die Buchung von kostenpflichtigen Werbeanzeigen auf weihnachtsgewinne.de geworben wurde.

5

Der Kläger ließ durch Schreiben seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigen vom 29.10.2008 den Beklagten abmahnen und unter Fristsetzung bis zum 12.11.2008 zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auffordern (Bl. 20-24 d.A.). In diesem Schreiben ließ der Kläger die Beklagte auch zur Erstattung der Kosten für die außergerichtliche Rechtsanwaltsverfolgung auffordern und ließ diese auf der Grundlage eines Wertes von 7.500,00 € mit 672,47 € berechnen. Mit Schreiben vom 12.11.2008 ließ die Beklagte durch ihre nunmehrigen Prozessbevollmächtigten Unterlassung erklären (Bl. 83-87 d.A.). Sie weigerte sich jedoch, dem Kläger Kosten zu erstatten.

6

Der Kläger behauptet, Kern seines Kommunikationssystems sei ein sogenanntes Nachrichtenverteilsystem/Ticketsystem, das Anfragen (Tickets) in das Ticketsystem einspeise und Vereinsmitgliedern zuleite. Die E-Mail-Sendung der Beklagten vom 29.10.2008 sei automatisch in das Ticketsystem des Klägers eingegangen. Dieses habe sofort automatisch Benachrichtungs-E-Mails mit der Wiedergabe des Inhalt der Werbe-E-Mail an insgesamt 19 zugangsberechtigte Personen ausgelöst, u.a. auch an ….

7

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 672,47 € gem. Vorschussliquidation Nr. 121/08 seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2008 (Bl. 94 d.A.).

8

Die Beklagte rügt die fehlende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Westerstede.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 672,47 € nebst Zinsen in Höhe von für das Jahr 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2009 zu zahlen.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.08.2009 von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen, das gerichtliche Protokoll vom 19.08.2009 (Bl. 91, 92 d.A.) und den nachgelassenen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 09.09.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist unzulässig.

15

Das Amtsgericht Westerstede ist örtlich unzuständig.

16

Das Amtsgericht Westerstede ist nicht unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gerichtsstandes der Beklagten für die vorliegende Klage gegen die Beklagte zuständig.

17

Gem. § 17 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand der Beklagten durch ihren Sitz bestimmt. Dieser liegt nicht im Bezirk des Amtsgerichts Westerstede.

18

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist, § 32 ZPO. Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist das Amtsgericht Westerstede für die vorliegende Klage gegen die Beklagte nicht örtlich zuständig.

19

Ansprüche aus gesetzlichen Ausgleichsverhältnissen, z.B. Ansprüche auf Ersatz außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683, 670 BGB, fallen nicht unter § 32 ZPO (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 32 Rdnr. 12).

20

Der Kläger macht den streitgegenständlichen Anspruch auch als Schadensersatz-anspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geltend. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das Amtsgericht Westerstede nicht gem. § 32 ZPO örtlich zuständig.

21

Anknüpfungsort im Rahmen des § 32 ZPO ist der Ort, an dem die unerlaubte Handlung begangen ist. Tatort ist jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden ist. Das ist bei Begehungsdelikten sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat, als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde.

22

Der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut des Klägers eingegriffen wurde (Erfolgsort), ist dort, wo der Kläger sein allgemeines Persönlichkeitsrecht hat, und wird durch seinen Sitz bestimmt. Es kann dahinstehen, ob ggf. auf den Server (des Klägers) abzustellen ist, auf dem die E-Mail der Beklagten einging; es nicht dargetan, dass dieser Server im Bezirk des Amtsgerichts Westerstede stand. Erfolgsort i.S.d. § 32 ZPO ist indes nicht der zufällige Wohnsitz des Zeugen …. Es kommt nicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zeugen, sondern das des Klägers an. Die Beklagte nutzte das Kontaktformular des Klägers, um mit dem Kläger zu kommunizieren. Es begründet keinen weiteren besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO, wenn der Kläger eingehende E-Mails im Rahmen eines Nachrichtenverteilsystems an seine Vereinsmitglieder weiterleitet. Einen solchen weiteren besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung i.S.d. § 32 ZPO kann der Kläger auch nicht dadurch schaffen, dass er den Zeugen … als Moderator bezeichnet. Die Bezeichnung als Moderator ist nichtssagend, die Weiterleitung der E-Mail der Beklagten an den Zeugen … eine interne Angelegenheit des Klägers.

23

Auch Verletzungen von Marken-, Firmen- und Namensrechten im Internet sind nicht schon überall dort begangen, wo das Medium bestimmungsgemäß abrufbar ist. Hinzu kommen muss noch die bestimmungsgemäße Auswirkung des Verstoßes im Gerichtsbezirk (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, aaO, § 32 Rdnr. 17 „Internet“ m.w.N.). Die E-Mail der Beklagten vom 29.10.2008 sollte sich indes nicht bestimmungsgemäß im Bezirk des Amtsgerichts Westerstede auswirken. Entsprechend genügt bei Internetwerbung der Abrufort als solcher nicht, um einen besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung i.S.d. § 32 ZPO annehmen zu können. Hinzu kommen muss noch ein gewisser Ortsbezug (Zöller/Vollkommer, aaO, § 32 Rdnr. 17 „Internet-Werbung“). Dieser Ortsbezug fehlt, weil die E-Mail der Beklagten vom 29.10.2008 nicht der Bestimmung der Beklagten gemäß nach … gelangt ist.

24

Dem vom Kläger zitierten Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 05.01.2009 (1 W 57/08) lässt sich nichts für eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Westerstede im vorliegenden Rechtsstreit entnehmen. Der Beschluss beschäftigt sich mit Streitwertfragen und Fragen der sachlichen Zuständigkeit, wie sich auch aus den Zitaten des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergibt. Für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts Westerstede lässt sich dem Beschluss indes nichts entnehmen.

25

Mangels örtlicher Zuständigkeit des Amtsgerichts Westerstede war die Klage als unzulässig abzuweisen.

26

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.