Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 09.02.2011, Az.: 5 A 1435/09
Ermittlung der Risikotragung für die Sortierung und die Entsorgung sowie die Verwertung betreffenden Abfallkonzepte im Falle von den Konzepten des Abfallbesitzers entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften; Anforderungen an die Auslegung einer mehrgliedrigen abfallrechtlichen Anordnung zum Umgang mit asbesthaltigem Bauschutt; Definition von Abfall im objektiven Sinn im Falle von durch die Verunreinigungen mit Asbest zum gefährlichen Abfall gewordenen umsortiertem Bauschutt aus dem Abriss von Kasernen
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 09.02.2011
- Aktenzeichen
- 5 A 1435/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 20753
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2011:0209.5A1435.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG
- § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG
- § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG
Fundstelle
- BauR 2011, 1053
Amtlicher Leitsatz
- 1)
Zur Auslegung einer mehrgliedrigen abfallrechtlichen Anordnung zum Umgang mit asbesthaltigem Bauschutt.
- 2)
Umsortierter Bauschutt aus dem Umbau bzw. Abriss von Kasernen ist Abfall im objektiven Sinn, der durchdie Verunreinigungen mit Asbest zum gefährlichen Abfall wird.
- 3)
Zu den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung bzw. die Ermessensausübung.
- 4)
Es fällt in den Verantwortungsbereich des Abfallbesitzers, wenn sich wegen gesetzlich vorgeschriebenerVerfahrensschritte bestimmte von ihm bevorzugte Abfallsortierungs-, Entsorgungs- und Verwertungs-konzepte nicht in der behördlich angeordneten Frist verwirklichen lassen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Teile einer abfallrechtlichen Verfügung des Beklagten, mit der ihr u.a. das Zerkleinern von mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigtem Bauschutt mit einer Steinbrechanlage nebst Verwenden für den Wegebau, das Aussortieren der asbesthaltigen Abfälle und das weitere Ablagern solchen Bauschutts untersagt, das gutachterlich begleitete ordnungsgemäße Entsorgen des Bauschutts nebst Dokumentation sowie vorübergehende Schutzmaßnahmen gegen Staubemissionen auferlegt werden.
Die Klägerin, ein niederländisches Unternehmen, erwarb mehrere ehemals von der Bundeswehr genutzte Grundstücke im Bereich der Gemeinde W., um dort verschiedene Vorhaben zu realisieren. Die Flächen einer stillgelegten Bundeswehr-kaserne in W., J., baute sie ab Anfang 2006 zur Freizeitanlage "Dorf W./N. W." mit Hotels, Gastronomiebetrieben und diversen Freizeitangeboten um. Der beim Umbau angefallene Bauschutt wurde unsortiert auf den nordöstlichen Teil der ebenfalls erworbenen ehemaligen Flugabwehrraketen-Stellung in W.-M. (Flurstück ...der Flur .. der Gemarkung H.) verbracht. Die letztgenannte Fläche liegt im Außenbereich der Gemeinde W. und unterliegt einem besonderen Vogelschutz. Sie ist eingezäunt und mit einem Erdwall zum Schutz vor Staubemissionen umgeben. Im Süden des Flurstücks befinden sich mehrere hallenartige Gebäude. In unmittelbarer Nähe zu dem nordöstlich abgelagerten Bauschutt aus dem Umbau der Freizeitanlage "Dorf W." lagert weiterer unsortierter Bauschutt, der nach Angaben der Klägerin in Abstimmung mit der Gemeinde W. aus der Demontage eines alten Bauhofs und einer alten Kläranlage dorthin verbracht wurde. Im nordwestlichen Bereich des Flurstücks befindet sich Bauschutt aus dem Abbruch eines ehemaligen Bunkers. In einer südöstlich gelegenen Halle lagert die Klägerin ausrangierte Eisenbahnschwellen. Bestimmte Flächen und Gebäude im mittleren Teil des Flurstücks hat sie an die Z. Handel- und Transportbetrieb e. K. verpachtet, die dort Materialien zwischenlagert. Die Klägerin beabsichtigt, ihre in Hohenkirchen vorhandene Freizeitanlage künftig auf dem Flurstück in M. durch den Bau weiterer Attraktionen wie einer Kartbahn zu erweitern und hierfür lagernden Bauschutt zur Verbesserung der Bodenverhältnisse einzusetzen. Entsprechende Genehmigungsanträge wurden bislang nicht gestellt; allerdings hat die Klägerin unter dem 23. November 2010 beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt O. eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Sortierung des streitigen Bauschutts vor Ort gestellt.
Anlässlich einer polizeilichen Durchsuchung am 22. Juli 2008 stellten Mitarbeiter des Beklagten u.a. fest, dass auf dem Flurstück W. im nordöstlichen Teil ca. 5.000 m3 (= ca. 10.000 Tonnen - t) Bauschutt und Betonreste aus Bau-, Umbau- und Abbruchmaßnahmen lagern und etwa die Hälfte (5.000 t) mit Asbestabfällen in Form von Bruchstücken unterschiedlicher Größe sowie mit asbesthaltigen Baustoffen (Lüftungsschächte, -rohre, Eternitplatten und Fensterbänke aus der ehemaligen Kaserne W.) verunreinigt ist. Der Anteil an Asbestzement beträgt etwa 2 t. Ferner fanden sie im Bauschutt Teerpappe sowie Mauerabbrüche mit Teer- und Farbanstrichen. Auf dem angrenzenden Erdwall aus Mutterboden im nordöstlichen Grundstücksteil entdeckten sie Kunststoffabfälle, Holzabfälle, Metall, Beton- und Mauerreste. Der Erdwall wurde an einigen Stellen mit einem Bagger geöffnet, um den möglichen Umfang von Fremdanteilen und asbesthaltigen Materialien zu ermitteln. In einer Halle im südöstlichen Grundstücksteil fanden sie 100 mit Teerölen behandelte Bahnschwellen. Die Ergebnisse der Ortsbegehung sind in einem Vermerk vom 24. Juli 2008 und dem Bildbericht vom 25. Juli 2008 festgehalten. Feststoffproben aus dem gelagerten Bauschutt und dem Erdwall wiesen Asbestfasern auf (Voruntersuchungsbericht des Polizeikommissariats V. vom 23. Juli 2008, vermutlich Lüftungsschacht, Fensterbank und Rohrstück aus Bauschutt sowie Well-/Zementplatte aus Erdwall; Untersuchungsbericht der Ö. GmbH vom 2. August 2008, 2 Proben, vermutlich ehemaliger Lüftungs- bzw. Abwasserschacht aus Zement). Daraufhin erließ der Beklagte in Bestätigung der vorab mündlich getroffenen Verfügungen durch Bescheid vom 1. August 2008 folgende abfallrechtliche Anordnungen:
"1. Das Zerkleinern des auf dem v.g. Grundstück lagernden mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigten Bauschutts mit einer Steinbrechanlage wird untersagt. Eine Verwendung für den Wegebau wird ebenfalls untersagt.
2. Die auf dem Grundstück lagernden Bahnschwellen sind ordnungsgemäß zu entsorgen.
3. Die Abfälle, die oberflächlich im Erdwall entsorgt wurden, sind abzusammeln und ordnungsgemäß zu entsorgen.
4. Die Vornahme weiterer Ablagerungen von Abfällen aus Bau- und Umbaumaßnahmen, sowie aus Abbrucharbeiten auf dem Grundstück wird untersagt.
5. Der mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigte Bauschutt ist innerhalb von drei Monaten nach Zugang dieses Bescheides ordnungsgemäß zu entsorgen.
6. Das Aussortieren von asbesthaltigen Abfällen aus dem Bauschutt wird untersagt.
7. Bis zur endgültigen Entsorgung des mit Asbestabfällen verunreinigten Bauschutts sind technische Geräte zur Befeuchtung des Bauschutts mit Wasser vorzuhalten. Wenn bei trockener Witterung die Gefahr einer Staubentwicklung besteht, ist der Bauschutt zu befeuchten, damit keine Asbestfasern in die Umgebungsluft gelangen können.
8. Innerhalb von vier Wochen nach Zugang dieses Bescheides ist mir ein schlüssiges Entsorgungskonzept zur Entsorgung des mit Asbestabfällen verunreinigten Bauschutts vorzulegen.
9. Sie haben mir gutachterlich nachzuweisen, dass
a) die Entsorgungsarbeiten auf dem o.g. Grundstück ordnungsgemäß durchgeführt worden sind und
b) dass das Grundstück asbestfrei ist.
10. Ein von Ihnen zu bestellender Gutachter ist dem Landkreis F. vorab zu benennen. Er muss über eine Anerkennung nach § 44 Nds. Abfallgesetz und DIN ISO 17025 verfügen.
11. Die Entsorgungsarbeiten sind vor der Durchführung mit dem Landkreis F. abzustimmen und dem Gewerbeaufsichtsamt O. 14 Tage vor Beginn anzuzeigen.
12. Die ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle ist durch Entsorgungsnachweise zu belegen."
Für jede Nichtbefolgung der Anordnungen zu den Nrn. 1, 4, 5 bis 8 drohte der Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000,-- Euro und für jede Nichtbefolgung der Anordnungen mit den Nrn. 2, 3, 8 bis 12 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- Euro an. Mit nachfolgendem Bescheid vom 4. August 2008 setzte er Verwaltungskosten in Höhe von 441,32 Euro fest.
Am 27. August 2008 legte die Klägerin Widerspruch gegen die abfallrechtliche Anordnung und den Kostenfestsetzungsbescheid ein. Gleichzeitig unterbreitete sie einen Handlungsvorschlag mit dem Ziel, durch Aussortieren asbesthaltiger Abfälle die Entsorgungskosten zu senken. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, sie habe keine Kenntnis darüber gehabt, dass auch asbesthaltige Abfälle auf ihr Grundstück verbracht worden seien. Teile der Anordnungen seien unverhältnismäßig bzw. ermessensfehlerhaft. Dies gelte etwa für die Anordnung des ordnungsgemäßen Entsorgens des mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigten Bauschutts. Das Verbot des Aussortierens von asbesthaltigen Abfällen aus dem Bauschutt beruhe auf einer fehlerhaften Normanwendung, zumal in Einklang mit abfall- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zuvor aussortiert werden könne, um die anderenfalls anfallenden Deponiekosten i.H.v. bis zu 1. Mio. Euro zu begrenzen. § 27 Abs. 2 des KrW-/AbfG biete eine Grundlage zur Genehmigung der erstrebten Abfallsortierung. Das Sortierverbot stehe im Übrigen im Widerspruch zur angeordneten Entsorgung der Bahnschwellen und der oberflächlich im Erdwall entsorgten Abfälle. Auch das Verbot des Zerkleinerns des verunreinigten Bauschutts mit einer Steinbrechanlage sei vor dem Hintergrund abfallrechtlicher und arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften zu weit gefasst. Die Anforderung eines gutachterlichen Nachweises, dass das Grundstück asbestfrei sei, entbehre einer Rechtsgrundlage und verletze das Übermaßverbot. Schließlich sei die Störerauswahl zu beanstanden, da wesentliche Teile des Bauschutts auf Veranlassung der Gemeinde W. aus deren Abbruchmaßnahmen veranlasst seien. Da wesentliche Teile der abfallrechtlichen Anordnungen rechtswidrig seien, sei auch der Kostenfestsetzungsbescheid fehlerhaft.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch am 3. April 2009 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 31. März 2009 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die auf § 21 Abs. 1 KrW-/AbfG gestützte abfallrechtliche Anordnung sei rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei. Bei dem mit Asbestabfällen verunreinigten Bauschutt handele es sich um Abfall zur Beseitigung. Auf Unkenntnis hinsichtlich asbesthaltiger Baumaterialien aus den Gebäuden der ehemaligen Kaserne W. könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Laut der polizeilichen Ermittlungen sei der Hinweisgeber auf die unerlaubte Abfallentsorgung Arbeitnehmer der Klägerin und selbst mit den Umbaumaßnahmen beschäftigt gewesen. Seine Kenntnis vom Vorhandensein asbesthaltiger Materialien sei der Klägerin zuzurechnen. Im Übrigen entbinde selbst Unwissenheit über die Abfallqualität des Bauschutts nicht von den abfallrechtlichen Verpflichtungen. Die Klägerin habe die unkontrollierte Lagerung des mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigten Bauschutts als Grundstückseigentümerin zu verantworten. Die Anordnung des ordnungsgemäßen Entsorgens des mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigten Bauschutts sei rechtsfehlerfrei. Die Möglichkeit einer Einzelgenehmigung nach § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG hindere diese und weitere beanstandete Anordnungen nicht. Weder lägen die Voraussetzungen für eine solche Einzelfallgenehmigung vor noch sei sein Ermessen dahingehend reduziert, dass allein das gewünschte mehrstufige Sortieren des Bauschutts mit anschließendem Deponieren asbesthaltigen Materials und das Belassen des "reinen" Bauschutts als Recyclingmaterial auf dem Grundstück ermessensfehlerfrei seien. § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG diene nicht zur nachträglichen Legalisierung rechtswidriger Abfallablagerungen, die ohne Abstimmung mit der Abfallbehörde in derart großen Mengen von einer anderen Stelle verbracht worden seien. Außerdem handele es sich bei dem mit Asbest verunreinigten Bauschutt um Abfall zur Beseitigung. Deswegen fehle auch eine Voraussetzung für eine Einzelgenehmigung nach § 27 Abs. 2 KrW-/AbfG, wonach eine ausnahmsweise Sonderbehandlung, Lagerung oder Ablagerung von Abfall nur ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit erfolgen darf. Angesichts der großen Abfallmengen würden ferner speziellere Rechtsvorschriften, etwa zum Deponieren von Bauschutt (§ 31 KrW-/AbfG) umgangen. Die eingewandte Höhe der Entsorgungskosten von 1 Millionen Euro sei lediglich behauptet, aber ebenso wenig belegt wie eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz. In diesem Zusammenhang sei ferner zu berücksichtigen, dass die Klägerin den unrechtmäßigen Zustand selbst verursacht bzw. als Grundstückseigentümerin zu verantworten habe. Durch getrennten Ausbau von asbesthaltigen Teilen und sonstigen Bauschutt am Entstehungsort hätte sie erhebliche Kosten sparen können. Das von ihr zu verantwortende unkontrollierte Ablagern habe maßgeblich zum Gefährdungspotential des Abfalls beigetragen. Als Grundstückseigentümerin sei sie Abfallbesitzerin nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und richtige Adressatin der Anordnung. Der größte Teil der abgelagerten Abfälle und insbesondere die asbesthaltigen Materialien stammten aus dem Umbau der Gebäude der Freizeitanlage "N.". Ob und in welchem Umfang auch Dritte Bauschutt abgelagert hätten, sei hier unbeachtlich und nachträglich kaum mehr aufzuklären. Derartige Ablagerungen seien im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt und nicht von ihr unterbunden worden. Das verfügte Verbot des Aussortierens von asbesthaltigem Abfall sei vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass bislang kein schlüssiges Entsorgungskonzept und keine entsprechenden Genehmigung präsentiert werden konnten. Sowohl die ursprüngliche mündliche Absichtserklärung als auch die im Widerspruchsverfahren präsentierten Konzepte seien unzureichend, zumal von asbesthaltigen Abfällen besondere Gefahren ausgingen. Damit werde ein Aussortieren von asbesthaltigen Abfällen - wie die in Nr. 8 der Anordnung geforderte Vorlage eines schlüssigen Entsorgungskonzeptes zeige - nicht grundsätzlich untersagt, sondern nur als Teil eines umfassenden ordnungsgemäßen Entsorgungskonzepts zugelassen. Allerdings müsse ein schlüssiges Entsorgungskonzept berücksichtigen, dass die Sortierung angesichts der geschätzten Sortiermenge von 10.000 t gefährlicher Abfälle bereits einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfe und neben der gebotenen Deponierung asbesthaltigen Bauschutts im engeren Sinne auch der vorübergehende oder dauerhafte Verbleib des sortierten Bauschutts - der weiterhin als Abfall zu behandeln sei - geklärt sein müsse. Derzeit gäbe es nur die Absichtserklärung der Klägerin, sortierten Bauschutt als Untergrundbefestigung für eine geplante Kartbahn auf den im Außenbereich gelegenen Grundstück zu verwenden, aber weder gesicherte Nachweise noch Genehmigungen. Das geplante Aussortieren von asbesthaltigen Materialien sei derart zeit- und kostenintensiv, dass der Kostenvorteil gegenüber anderen Möglichkeiten einer ordnungsgemäßen Entsorgung der gesamten Bauschuttmenge fragwürdig sei. Ohne konkrete legale Verwertungsvorhaben sei bereits die Ablagerung von "reinem Bauschutt" unzulässig. Der Bauschutt sei Zwangsabfall im Sinne von § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG und werde durch die Verunreinigung mit asbesthaltigen Baustoffen zum gefährlichen Abfall (§ 3 Abs. 8 KrW-/AbfG) und Sonderabfall im Sinne von § 13 NAbfG. Dieser könne grundsätzlich nur durch ein ordnungsgemäßes Entsorgen in einer dafür zugelassenen Anlage im Sinne des § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG ohne Gefährdung für die in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter behandelt, gelagert oder abgelagert werden. Das Sortierungsverbot in Nr. 6 stehe auch nicht im Widerspruch zu den Anordnungen in Nr. 2 und 3, weil weder die auf dem Erdwall beanstandeten Abfälle noch die Bahnschwellen asbesthaltige Materialien enthielten. Außerdem schließe die abfallrechtliche Anordnung ein ordnungsgemäßes Entsorgen von offensichtlich nicht asbesthaltigen Abfällen nicht aus. Das Verbot des Zerkleinerns von Bauschutt (Nr. 1) sei ebenfalls gerechtfertigt. Es stehe nicht im Widerspruch zur arbeitsschutzrechtlichen Vorschrift TRGS 519. Die Klägerin verkenne, dass es (bislang) keine Legitimation für das Lagern oder Einarbeiten von sortiertem Bauschutt gebe.
Der geforderte gutachterliche Nachweis der "Asbestfreiheit des Grundstücks" (Nr. 9 b) stehe im Zusammenhang mit dem ebenfalls geforderten Nachweis ordnungsgemäßer Entsorgungsarbeiten (Nr. 9 a) und der Gesamtanordnung. Hierdurch solle sichergestellt werden, dass bei der durchzuführenden Entsorgung keine Asbestabfälle auf dem Grundstück verbleiben, alle unrechtmäßig abgelagerten asbesthaltigen Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden und das Grundstück in den Zustand vor der unerlaubten Abfallablagerung versetzt wird, um schädliche Auswirkungen durch asbesthaltige Abfälle zu vermeiden. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien auch die übrigen Anordnungen und der Kostenfestsetzungsbescheid nicht zu beanstanden.
Die Klägerin hat am 4. Mai 2009 Klage erhoben, mit der sie sich weiter gegen Teile der Anordnungen (Nr. 1, 5, 6, 9 b) wendet. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die abfallrechtliche Anordnung sei im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung rechtswidrig, soweit sie die teuere Entsorgung sämtlichen Bauschutts fordere und ihr das angestrebte Aussortieren, Trennen und Deponieren der verhältnismäßig geringen Menge asbesthaltiger Abfälle (2 t) verbiete. Schon die Voraussetzungen für sog. Zwangsabfall lägen hier nicht vor. Insbesondere die Anordnungen in Nr. 5 und Nr. 1 verböten eine erhebliche kostengünstigere Sanierung des Grundstücks. Die Anordnungen seien maßgeblich an dem Tenor des Ausgangsbescheides auszulegen. Die Klage sei zur Verhinderung der Bestandskraft der abfallrechtlichen Anordnung und drohender Vollstreckungsmaßnahmen geboten, zumal sich die Klägerin zwischenzeitlich mit Nachdruck und hohem Kosteneinsatz um die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das erstrebte Aussortieren asbesthaltiger Materialien aus dem Bauschutt auf dem Grundstück bemühe. Ihr zwischenzeitlich gestellter Antrag sei aussichtsreich, zumal auch ihr Pächter auf Teilen des Grundstücks eine vergleichbare Genehmigung erhalten habe. Insofern seien die angefochtenen Teile der Anordnung unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft, sofern sie nicht schon teilweise einer Rechtsgrundlage entbehrten. Insbesondere die 3-Monats-Frist der Anordnung Nr. 5 sei angesichts des zu entfaltenden Aufwandes unangemessen kurz und unterbinde faktisch jegliche andere Entsorgung als den teueren Transport des Bauschutts zur Deponie in W.; allein dies führe zur Nichtigkeit dieser Anordnung. Die naturschutzrechtlichen Besonderheiten, die die Genehmigungsverfahren erschwerten, dürften ihr nicht angelastet werden, zumal sie sich zügig um die jeweiligen Mitwirkungshandlungen bemüht habe. Ein am 22. Oktober 2010 vergebenes Vogelschutz-Gutachten belege dies. Die Planungen zum Bau einer Kartbahn seien über ein Architektenbüro weit gereift, ruhten aber wegen des ungewissen Ausgangs dieses Verfahrens. Die Anforderung eines gutachterlichen Nachweises, dass das Grundstück asbestfrei sei (Nr. 9 b), entbehre einer Rechtsgrundlage und verletze das Übermaßverbot.
Die Klägerin beantragt,
- 1)
den Bescheid des Beklagten vom 1. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 insoweit aufzuheben, als
- a)
das Zerkleinern des auf dem Grundstück der Klägerin (Flurstück ... der Flur .. der Gemarkung H.) in W. lagernden Bauschutts mit einer Steinbrechanlage und die Verwendung des zerkleinerten Bauschutts für den Wegebau untersagt wird (Nr. 1),
- b)
die Entsorgung des dort lagernden Bauschutts innerhalb von 3 Monaten angeordnet wird (Nr. 5),
- c)
das Aussortieren von asbesthaltigen Abfällen aus dem Bauschutt untersagt wird (Nr. 6), und
- d)
auferlegt wird, gutachterlich nachzuweisen, dass das Grundstück nach Entsorgung des Bauschutts asbestfrei ist (Nr. 9 b).
- 2)
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertieft und ergänzt seine Begründung aus den angefochtenen Bescheiden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die hier angefochtenen Untersagungen bzw. Anordnungen in Nr. 1, 5, 6 und 9 b der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 1. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 2009 erweisen sich im hier für die Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt Erlass des Widerspruchsbescheides als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch im Hinblick auf danach eingetretene tatsächliche Entwicklungen (Beauftragung eines Gutachters mit Erstellung eines Entsorgungskonzepts, entsprechende Vorarbeiten, Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Bauschuttsortierens vor Ort) besteht kein Anlass, die Rechtmäßigkeit in Frage zu stellen.
Der darlegungspflichtige Beklagte hat ausreichend nachgewiesen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die angefochtenen abfallrechtlichen Anordnungen vorliegen, insbesondere der betreffende Bauschutt den Abfallbegriff erfüllt, er im öffentlichen Interesse dort weder unbehandelt noch als Untergrundbefestigung verbleiben kann, sondern vielmehr ordnungsgemäß entsorgt werden muss und die Klägerin als unmittelbare Abfallbesitzerin und Verhaltensverantwortliche mit entsprechender Verfügungsmacht zutreffend herangezogen werden konnte, ohne dass eine Unverhältnismäßigkeit und Ermessensfehler gegeben sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Rechtsgrundlage für die unter Nr. 1, 5, 6 und 9 b der Ordnungsverfügung getroffenen Anordnungen ist § 21 Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), wonach die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen erlassen kann, wenn dies zur Durchführung des KrW-/AbfG selbst geboten ist. Eine unzulässige Abfallablagerung und -entsorgung berührt aber stets die Vorschriften der §§ 27 Abs. 1, 11 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 3 Abs. 1 - 7 KrW-/AbfG.
Die im Vordergrund stehende Entsorgungsanordnung (Nr. 5) und die sie flankierenden Anordnungen in Nr. 1, 6 und 9 b der Verfügung sind nicht isoliert nach dem jeweiligen Wortlaut des Tenors des Ausgangsbescheides auszulegen, sondern im Zusammenhang mit weiteren (hier nicht angefochtenen) Anordnungen (insbesondere Nr. 8) sowie den Begründungen des Ausgangs- und Widerspruchsbescheides, also insbesondere vor den den Beteiligten bekannten Hintergründen der Ordnungsverfügung und den Entwicklungen im Laufe des Widerspruchsverfahrens. Hiervon ausgehend betreffen die Entsorgungsanordnung und die flankierenden Anordnungen in Nr. 1 und 6 der Verfügung Bauschutt, der im nordöstlichen Teil des Flurstücks ... der Flur .. der Gemarkung H. lagert und aus dem Umbau der von der Kläger betriebenen Freizeitanlage J. Straße ... in W. stammt. Dabei handelt es sich um etwa 5000 t unsortierten Bauschutts, unter dem sich asbesthaltige Materialien in einer Größenordnung von mindestens 2 t (alte Lüftungsschächte, -rohre, Eternitplatten und Fensterbänke aus der ehemaligen W.-Kaserne H. bzw. deren Bruchstücke) befinden (in der Kartierung des Umweltgutachter W. vom 20. Januar 2009 als Fraktion 1 bezeichnet). Die Entsorgungsanordnung bezieht sich hingegen nicht auf unmittelbar angrenzend abgelagerte Bauschuttmengen, die in Abstimmung mit der Gemeinde W. aus der Demontage eines alten Bauhofs und einer alten Kläranlage stammen (in der Kartierung des Gutachters W. vom 20. Januar 2009 als Fraktion 2 bezeichnet), sofern diese nicht ebenfalls mit asbesthaltigen Abfällen aus dem vorgenannten Umbau der Freizeitanlage W. verunreinigt sind. Ebenso wenig ist weiterer Bauschutt aus dem Abbruch eines ehemaligen Bunkers, der im nordwestlichen Bereich des Flurstücks lagert, betroffen. Auch vorhandener Bauschutt auf verpachteten Flächen des Flurstücks ist nicht berührt.
Dieser unsortierte Bauschutt unterfällt dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Abfälle im Sinne dieser Norm sind alle beweglichen Sachen, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Bei dem Bauschutt handelt es sich um bewegliche Sachen, die den im Anhang I zum KrW-/AbfG aufgeführten Gruppen (Q 14 oder jedenfalls Q 16) zuzurechnen sind. Besitzer von Abfällen ist in diesem Zusammenhang nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG jede natürliche oder juristische Person, die - wie hier die Klägerin - tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Wann eine solche Entledigung gegeben ist, ergibt sich aus den Begriffsbestimmungen der Absätze 2 - 4 des § 3 KrW-/AbfG. Nach § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG muss sich der Besitzer beweglicher Sachen entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden - vgl. § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG - und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden kann (sogenannter Zwangsabfall oder Abfall im objektiven Sinn). Bei unsortiertem Bauschutt, der - wie hier - beim Abriss oder Umbau von Gebäuden anfällt, handelt es sich regelmäßig um Abfall im objektiven Sinn, weil typischerweise neben unbedenklichem mineralischen Material zahlreiche, potenziell schadstoffhaltige Bestandteile enthalten sind, die Gewässer und Boden gefährden können, also eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls bei unsortierter Lagerung oder Verwendung auslösen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1993 - 7 C 11.92 - [...] Rn. 19; VG Ansbach, Urteil vom 22. Juni 2006 - AN 11 K 05.01428 - [...] Rn. 22 m.w.N.). Besondere Umstände, hiervon im Fall des streitigen Bauschutts abzuweichen, bestehen nach Auffassung der Kammer nicht. Dahinstehen mag insofern auch, ob gleichzeitig nach der (als Korrektiv wirkenden) Verkehrsanschauung auch der subjektive Abfallbegriff nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG erfüllt ist, weil der behauptete neue Verwendungszweck des Bauschutts als Baumaterial für eine Kartbahn oder eine andere Erweiterung der Freizeitanlage weder unmittelbar noch im Einklang mit den Grundpflichten aus § 5 Abs. 3 Satz 1 KrW-/AbfG (ordnungsgemäße und schadlose Verwertung) realisiert wird, zumal die Klägerin weder eine Genehmigung für die erforderliche Abfallbehandlung und -verwertung noch für die angedachte Erweiterung der Freizeitanlage vorweisen oder nach dem Verfahrensstand als in Aussicht stehend präsentieren kann. Schon nach dem objektiven Abfallbegriff handelt es sich bei dem unsortierten Bauschutt der oben genannten Herkunft - selbst ohne die Durchsetzung mit asbesthaltigem Material - um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG.
Zutreffend hat der Beklagte auch auf die Besonderheiten wegen der Asbestverunreinigungen abgestellt. Bei den Umbauarbeiten in der ehemaligen W. wurden in den Gebäuden vorhandene Asbestteile (etwa Lüftungsschächte, -rohre, Eternitplatten und Fensterbänke) nicht aussortiert, sondern gemeinsam mit dem übrigen Bauschutt im nordöstlichen Teil des Geländes W. abgelagert. Diese asbesthaltigen Gebäudebestandteile wurden während der Abbruchvorgänge, dem Aufladen, ggf. Umladen, Transportieren, Abladen und dem Aufschichten zu Haufwerken, weiter in unterschiedliche Korngrößen zerkleinert und verteilt. Unabhängig von der relativ geringen Ursprungsmenge asbesthaltiger Gebäudebestandteile (mindestens 2 t) ist dadurch der gesamte Bauschutt, der von der Abbruchmaßnahme der asbesthaltigen Gebäude stammt oder beim Aufschichten vor Ort mit ihm vermischt wurde, als mit Asbest kontaminiert anzusehen. Durch diese Verunreinigung wird er zum gefährlichen Abfall (§ 3 Abs. 8 KrW-/AbfG i.V.m. Abfallschlüsselnummer 170605 im Sinne der Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV -BGBl. I 2001, S. 3379) und Sonderabfall im Sinne von § 13 des Niedersächsischen Abfallgesetzes - NAbfG. Dieser darf - wie der Beklagte richtig angenommen hat - grundsätzlich nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Entsorgung in einer dafür zugelassenen Anlage im Sinne des § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG ohne Gefährdung für die in § 10 Abs. 4 KrW-/AbfG genannten Schutzgüter behandelt, gelagert oder abgelagert werden. Dies betrifft das gesamte antransportierte Material, welches mit Asbest vermischt ist.
Hiervon ausgehend sind auch die angefochtenen Anordnungen und Untersagungen auszulegen. Dabei sind diese nicht isoliert, sondern als Teile eines mehrgliedrigen Regelungskonzeptes zu betrachten, die im Gesamtzusammenhang der abfallrechtlichen Ordnungsverfügung gesehen werden müssen. Im Vordergrund steht etwa die unter Nr. 5 verfügte Anordnung, den mit asbesthaltigen Abfällen verunreinigten Bauschutt binnen 3 Monaten nach Zugang des Bescheides ordnungsgemäß zu entsorgen. Diese ist aber unter anderem im Zusammenhang mit der unter Nr. 8 verfügten Anordnung zu sehen, binnen 4 Wochen ein Konzept zur Entsorgung des asbestkontaminierten Bauschutts vorzulegen. Abfallentsorgung umfasst gemäß der Legaldefinition in § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG die Verwertung und Beseitigung von Abfällen. Dementsprechend überlässt es die Entsorgungsanordnung in Nr. 5 der Klägerin, den Bauschutt entweder zu beseitigen oder zu verwerten oder eine Kombination von beiden Entsorgungsmöglichkeiten zu wählen. Der Beklagte eröffnet ihr einen Auswahl- und Handlungsspielraum, das für sie geeignetste und kostengünstigste Verfahren bei der Entsorgung mit zu bestimmen. Allerdings begrenzt er diesen im Hinblick auf abfallrechtliche Bestimmungen durch Mindestanforderungen (etwa Nr. 8 und 10: schlüssiges Entsorgungskonzept eines anerkannten Gutachters; Nr. 9: gutachterlicher Nachweis einer erfolgreichen Entsorgung) und untersagt bestimmte angedachte, aber als unzureichend angesehene Vorgehensweisen (Nr. 1: Zerkleinern des verunreinigten Bauschutts mit einer Steinbrechanlage und Verwendung für den Wegebau; Nr. 6: Aussortieren asbesthaltiger Abfälle vor Ort aus dem Bauschutt). Außerdem verfügt der Beklagte vorläufige Sicherungsmaßnahmen (Nr. 7: Schutzmaßnahmen gegen Ausbreitung asbestfaserhaltigen Staubes) und untersagte weitere Ablagerungen von Abfällen aus Bau- und Umbaumaßnahmen (Nr. 4); diese Anordnungen sind hier jedoch nicht streitgegenständlich.
Vor dem Hintergrund des vorstehend beschriebenen Regelungskonzepts ist insbesondere die Entsorgungsanordnung in Nr. 5 der Verfügung rechtlich nicht zu beanstanden. Bei verständiger Würdigung im oben erläuterten Sinne wird der Klägerin nicht zwingend die kurzfristige Deponierung des gesamten asbestkontaminierten Bauschutts auf einer für gefährliche Abfälle geeigneten Deponie oder eine vergleichbar teuere Abfallbeseitigung auferlegt. Vielmehr wird ein Ziel festgelegt, das die Klägerin auf verschiedenen Wegen erreichen kann. Gemäß § 3 Abs. 7 KrW-/AbfG umfasst die Abfallentsorgung - wie bereits erwähnt - die Verwertung und die Beseitigung von Abfällen. Mit dem Begriff Entsorgung ("zu entsorgen") verbietet der Beklagte der Klägerin folglich weder ein Sortieren des Bauschutts (Behandeln) noch ein ordnungsgemäßes Verwerten bestimmter Abfallfraktionen. Ein solches absolutes Verbot findet sich bei verständiger Auslegung auch nicht an anderer Stelle der abfallrechtlichen Verfügung, sondern unter Nr. 1 und 6 werden lediglich bestimmte unzulängliche Vorgehensweisen untersagt. Gerade im Zusammenhang mit der geforderten Vorlage eines Entsorgungskonzepts (Nr. 8) durch einen anerkannten Gutachter (Nr. 10) wird deutlich, dass der Klägerin Möglichkeiten zur Wahl einer geeigneten und kostengünstigen Kombination von Verwertung- und Beseitigungsmaßnahmen eröffnet werden. Mithin ist die Klägerin jedenfalls gehalten, die im engeren Sinn asbesthaltigen Bestandteile (wohl mindestens 2 t) auf einer hierfür geeigneten Deponie ablagern zu lassen. Hingegen ist sie nicht generell gehindert, asbestfreien und auch sonst "reinen" Bauschutt auszusortieren und zum Wegebau oder zur Grundstücksbefestigung im Einklang mit abfall- und bodenrechtlichen Vorgaben zu verwerten, also einbauen zu lassen. Die hierfür erforderliche Sortierung in einem umwelt- und arbeitsschutzrechtlich einwandfreien Verfahren könnte sie etwa anderenorts in einer genehmigten Abfallsortierungsanlage durchführen lassen. Nach gutachterlicher Bewertung asbestfreie und auch sonst schadstofffreie Haufwerke könnte sie ohne Weiteres anderenorts einbauen lassen.
Entgegen ihrer Auffassung schließt die abfallrechtliche Verfügung selbst eine Sortierung auf dem Flurstück ....der Flur .. der Gemarkung H. nicht grundsätzlich aus, sondern regelt hierfür verfahrensmäßige und inhaltliche Mindestanforderungen. Diese ergeben sich aus dem zu beachtenden Abfallrecht oder sonstigen Vorschriften, etwa dem für Abfallbehandlungsanlagen einer bestimmten Größe geltenden Immissionsschutzrecht. So erfordert hier ein ordnungsgemäßes Sortieren von asbesthaltigen Baumaterialien (im engeren Sinn), sonstigen gewässer- oder bodengefährdenden Schadstoffen und "reinem" Bauschutt vor Ort - wegen der betroffenen Mengen - nach nicht zu beanstandener Einschätzung der Fachbehörden eine Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Daneben bedarf es noch einer Genehmigung für das (vorübergehende) Ablagern des Bauschutts auf dem streitigen Flurstück. Schließlich bedarf es zur Verwirklichung des Plans der Klägerin, auf dem Grundstück mit sortiertem "reinen" Bauschutt den Untergrund zu befestigen und die Freizeitanlage W. - etwa durch eine Kartbahn - zu erweitern, noch einer weiteren Genehmigung eben dieses Vorhabens.
Trotz dieser Erfordernisse und erkennbarer Schwierigkeiten hält die Klägerin bislang an ihrem Sortierungs- und Verwertungskonzept vor Ort fest. Allerdings kann sie hierfür - weder im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch später - eine Ablagerungsgenehmigung oder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Abfallbehandlung vor Ort noch gar eine Genehmigung für den späteren Einbau "reinen" Bauschutts präsentieren. Zwar hat sie mit der Ingenieursgesellschaft U., Prof. B., S., K., in B. einen mittlerweile auch vom Beklagten akzeptierten Fachgutachter mit der Erstellung eines entsprechenden Entsorgungskonzeptes beauftragt. Auch wurden ihm Rahmen der Antragskonferenz vom 14. April 2010 mit der zuständigen Fachbehörde (Staatliches Gewerbeaufsichtsamt O.) die weiteren Verfahrensschritte besprochen. Ferner hat die Klägerin ein fachbehördlich gefordertes Gutachten zur Beurteilung naturschutzrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit dem betroffenen Vogelschutzgebiet vergeben. Schließlich hat sie unter dem 23. November 2010 eine immissionsschutzrechliche Genehmigung für die angestrebte Abfallsortierung vor Ort beantragt. Gleichwohl fehlt bislang eine solche Genehmigung, und auch die zusätzlich erforderliche (bau- oder immissionsschutzrechliche) Genehmigung der Freizeitanlage unter Einbau des "reinen" Bauschutts ist weder beantragt noch erteilt. Die Erteilung entsprechender Genehmigungen ist ebenso wenig unmittelbar absehbar. Auch der behauptete Umstand, der Pächter der Klägerin habe auf einer unmittelbar angrenzenden Fläche eine immissionsschutzrechliche Genehmigung für eine vergleichbare Bauschuttsortierungsanlage erhalten, zwingt nicht zu einer abweichenden Einschätzung.
Die Entsorgungsanordnung in Nr. 5 der Verfügung erweist sich weder als unverhältnismäßig noch als ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat die Belange der Klägerin vollständig gesehen, zutreffend gewürdigt und mit dem öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Abfallwirtschaft abgewogen. Zu Lasten der Klägerin durfte allgemein berücksichtigt werden, dass der Sanierungsaufwand in ihren Verantwortungsbereich fällt. Denn sie hat es versäumt, bereits bei den Umbauarbeiten asbesthaltige Baumaterialien auszusortieren und fachgemäß entsorgen zu lassen. Daneben fällt es in ihren Verantwortungsbereich als Bauherrin der Freizeitanlage und Grundstückseigentümerin der Ablagerungsfläche, ohne entsprechende Genehmigung den unsortierten Bauschutt auf das streitige Flurstück verbringen zu lassen. Bei der Bewertung der finanziellen Belastung durch die beanstandete Entsorgungsanordnung durften folglich die seinerzeit entstandenen Ersparnisse im Vergleich zu einem ordnungsgemäßen Vorgehen mitberücksichtigt werden. Solche bewusst oder zumindest fahrlässig eingegangenen Risiken einer späteren teuren Sanierung gehen nach dem Verursacherprinzip grundsätzlich zu Lasten der Klägerin. Auch ohne weitere Aufklärung durfte der Beklagte den behaupteten Sanierungsaufwand in Höhe von 1 Mio. EUR als unrealistisch ansehen. Eine kurzfristige Deponierung des gesamten asbestkontaminierten Bauschutts auf einer für gefährliche Abfälle geeigneten Deponie oder eine vergleichbar teuere Abfallbeseitigung hat er nicht gefordert; selbst bei einem solchen Vorgehen erscheint der behauptete Sanierungsaufwand im Übrigen zweifelhaft. Schon durch die Möglichkeit, anderenorts eine ordnungsgemäße und schadlose Sortierung nebst Teildeponierung bzw. Teilverwertung zu realisieren, stand und steht der Klägerin eine Handlungsalternative offen, welche die behauptete wirtschaftliche Existenzbedrohung ausschließt. Daneben eröffnete der Beklagte die weitere Möglichkeit, mit einem schlüssigen Entsorgungskonzept eines anerkannten Gutachters auf dem streitigen Grundstück eine ordnungsgemäße und schadlose Sortierung nebst Teildeponierung bzw. Teilverwertung zu organisieren. Dabei fällt es allerdings in den Verantwortungsbereich der Klägerin, wenn sich wegen gesetzlich vorgeschriebener Verfahrensschritte - wie hier - bestimmte bevorzugte Abfallsortierungs-, Entsorgungs- und Verwertungskonzepte nicht zeitnah in dem vom Beklagten gesetzten zeitlichen Rahmen verwirklichen lassen. Sie hatte es in der Hand, durch Auswahl eines Gutachters und zügige Veranlassung weiterer Schritte und Genehmigungsanträge in Abstimmung mit den Behörden mögliche Vorteile einer Abfallbehandlung vor Ort zu verwirklichen. Verzögerungen durch die Dauer vorgeschriebener Genehmigungsverfahren oder zusätzlicher Prüfaufwand wegen der Lage des streitigen Grundstücks im Außenbereich und in einem für den Vogelschutz bedeutsamen Gebiet waren keinesfalls unvorhersehbar und gehen daher zu ihren Lasten.
Insoweit mag dahinstehen, ob die ursprünglich gesetzte Frist von 3 Monaten nach Zugang des Ausgangsbescheides zu knapp bemessen war. Soweit diese Frist nicht ohnehin mit Widerspruchserhebung suspendiert war oder ohne Weiteres im Zuge erster Grundzüge eines Entsorgungskonzepts eines anerkannten Gutachters hätte verlängert werden können, hätte die Klägerin jedenfalls faktisch während des Widerspruchsverfahrens - und nunmehr auch während des Klageverfahrens - hinreichend Gelegenheit gehabt, die notwendigen Verfahrensschritte einzuleiten. Ein (noch) weiteres Zuwarten des Beklagten erscheint nicht geboten.
Als Grundstückseigentümerin ist die Klägerin ferner Abfallbesitzerin nach § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und richtige Adressatin der Anordnung. Die hier gemeinten abgelagerten Abfälle und insbesondere die asbesthaltigen Materialien stammen im Übrigen aus dem Umbau der Gebäude der Freizeitanlage "N.", so dass sie auch verantwortliche Abfallerzeugerin ist. Ermessensfehler bei ihrer Auswahl als Verantwortliche liegen nicht vor.
Die (flankierende) Untersagung in Nr. 1 der Verfügung, auf dem streitigen Grundstück asbesthaltigen Bauschutt mit einer Steinbrechanlage zu zerkleinern und für den Wegebau zu verwenden, erweist sich ebenfalls als rechtmäßig. Bei verständiger Würdigung bezieht sich dieses Verbot - wie oben ausgeführt - auf etwa 5000 t unsortierten Bauschutts, unter dem sich asbesthaltige Materialien der Größenordnung von mindestens 2 t aus dem Umbau der ehemaligen W. befinden, und ggf. auf unmittelbar angrenzend abgelagerte Bauschuttmengen aus der Demontage eines alten Bauhofs und einer alten Kläranlage, soweit sich auch dort Verunreinigungen mit asbesthaltigen Abfällen aus dem vorgenannten Umbau befinden sollten (was sich abschließend erst durch gutachterliche Untersuchungen im Rahmen des geforderten Entsorgungskonzepts nach Nr. 8, 9 und 10 der Verfügung klären lässt). Das Verbot des Zerkleinerns asbestverunreinigten Bauschutts und des Verwendens für den Wegebau ist ferner vor dem Hintergrund der seinerzeit bestehenden Sanierungsabsichten und im Zusammenhang mit zusätzlich eröffneten Handlungsoptionen im Rahmen des geforderten Entsorgungskonzepts (Nr. 8 der Verfügung) zu verstehen. Nach überzeugender Darstellung des Beklagten (etwa Vermerk vom 24. Juli 2008 und spätere Bekräftigung seines Inhalts) hatten Mitarbeiter der Klägerin vor Erlass des Ausgangsbescheides seinen Mitarbeitern gegenüber geäußert, den Bauschutt vor Ort mit einer Steinbrechanlage brechen und zur Untergrundverfestigung einbauen zu wollen. Ferner gaben sie an, asbesthaltige Bruchstücke aussortieren zu wollen. Plausibel erscheint dies vor dem Hintergrund, dass jedenfalls die Zielrichtung bis heute weiter verfolgt wird und erst parallel zum gerichtlichen Verfahren mit größerem Aufwand an einem aufwendigeren Entsorgungskonzept gearbeitet wird. Bei verständiger Würdigung bezieht sich das Verbot in Nr. 1 (und ähnlich Nr. 6, dazu Näheres unten) konkret auf eben diese ursprünglich gewollte Vorgehensweise zur Abfallbehandlung und bedeutet gleichzeitig, dass diese nicht ohne Weiteres Teil eines zu akzeptierenden Entsorgungskonzepts sein kann. Es erstreckt sich ferner auf die im Laufe des Widerspruchverfahrens geplanten Modifikationen durch Vorschläge des zwischenzeitlich von der Klägerin beauftragten Umweltgutachters W. vom 20. Januar 2009. Dies erschließt sich durch aus der Bezugnahme des Ausgangsbescheides auf die vorausgegangenen mündlichen Anordnungen und aus den Begründungen von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid. Auch die Eröffnung weiterer Abfallbehandlungsoptionen durch das in Nr. 8 geforderte Entsorgungskonzept bestätigt diese Auslegung.
Das so verstandene Verbot findet seine Rechtsgrundlage in § 21 Kr W-/AbfG und erweist sich weder als unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft. Zutreffend stellt der Beklagte darauf ab, dass asbesthaltige Abfälle als gefährliche Abfälle eingestuft sind. Durch Abrieb des Materials bei Aufnahme, Transport und Zerkleinerung entstehen lungengängige Asbestfasern. Eingeamtete Asbestfasern können Asbestose verursachen und/oder kanzerogene Wirkungen entfalten. Aufgrund seiner kanzerogenen Wirkung ist Asbest nach derGefahrstoffverordnung als besonders gefährlicher krebserzeugender Gefahrstoff eingestuft. Gesundheitliche Gefährdungen bestehen insbesondere bei Aufnahme der Asbestfasern aus der Luft durch Einatmen. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer besonderen Fach- und Sachkunde für Arbeiten mit asbesthaltigen Abfällen. In nicht zu beanstandender Weise ist der Beklagte daher davon ausgegangen, dass die Mitarbeiter der Klägerin seinerzeit (insbesondere bei mündlich erläuteter Sanierungsweise vor Bescheiderlass) nicht über eine solche Fach- und Sachkunde verfügten und der gebotene Arbeitsschutz daher in Frage stand. Einen überzeugenden gegenteiligen Nachweis hat die Klägerin bis heute nicht erbracht, auch wenn es sein mag, dass sie einzelnen Mitarbeitern später entsprechende Fachfortbildungen finanziert hat. Nach glaubhaftem Bekunden hat der Beklagte das Verbot auch zum Schutz der Gesundheit dieser Mitarbeiter ausgesprochen, und um die Klägerin so vor Rechtsverstößen und möglichen Sanktionen zu bewahren. Daneben bezweckte er eine ordnungsgemäße und schadlose Beseitigung der gefährlichen Asbestbestandteile. Insbesondere durch das Zerkleinern des Bauschutts mit einer Steinbrechanlage wären die als gefährliche Abfälle eingestuften Asbestbestandteile nicht in geeigneter Weise deponiert worden, sondern ihr Schadpotenzial wäre durch vielfach freigesetzte Asbestfasern und die damit verbundenen Gefahren gesteigert worden. Auch der feiner gemahlene und mit Asbest vermischte Bauschutt bliebe insgesamt gefährlicher Abfall. Selbst bei vorherigem Aussortieren der augenscheinlich asbesthaltigen Abfälle (größere Bruchstücke) bestünde die Gefahr, dass - unbeabsichtigt oder aufgrund der geringen Korngröße der Asbestbruchstücke - weiterhin asbesthaltige Bestandteile im restlichen Bauschutt verblieben und dessen ordnungsgemäße und schadlose Verwertung in Frage stellten. Nach nicht zu beanstandender Einschätzung war das von den Mitarbeitern der Klägerin vorgeschlagene Behandeln des asbestverunreinigten Bauschutts seinerzeit unzureichend. Auch das Gewerbeaufsichtsamt O. kam in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2009 - trotz Würdigung der gegenteiliger Darstellung des Umweltgutachters W. vom 20. Januar 2009 - zu dem Ergebnis, dass ein manuelles Aussortieren asbesthaltiger Bruchstücke so aus Gründen des Immissions- und Arbeitsschutzes nicht in Frage kommt. Der Beklagte durfte die Klägerin im öffentlichen Interesse auf andere Abfallbehandlungsoptionen im Rahmen des geforderten Entsorgungskonzepts (Nr. 8) verweisen, auch wenn hiermit tendenziell höhere Kosten verbunden sein mögen. Hinsichtlich der Auswahl eines von mehreren Abfallsortierungs-, Entsorgungs- und Verwertungskonzepten und der Verantwortlichkeit der Klägerin für deren zeitnahe Realisierbarkeit geltend die vorstehenden Erwägungen zur Entsorgungsanordnung entsprechend.
Auch die (flankierende) Untersagung in Nr. 6 der Verfügung, auf dem streitigen Grundstück asbesthaltige Abfälle aus dem Bauschutt auszusortieren, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Hier gelten die vorstehenden Ausführungen zur Auslegung des Verbots und zur Verhältnismäßigkeit bzw. zum Ermessen entsprechend. Keineswegs erweist sich das Verbot im Hinblick auf andere Anordnungen der Verfügung als widersprüchlich. Es steht auch nicht im Widerspruch zu den Anordnungen in Nr. 2 und 3, weil weder die auf dem Erdwall beanstandeten Abfälle noch die Bahnschwellen asbesthaltige Materialien enthalten. Ebenso wenig ist es widersprüchlich, wenn der Beklagte grundsätzlich doch ein Sortieren von Bauschutt und asbesthaltigen Bestandteilen auf dem streitigen Grundstück für möglich hält, dies aber unter den Vorbehalt eines schlüssigen Entsorgungskonzepts nach Nr. 8 und 10 und seiner absehbaren verfahrensmäßigen Realisierbarkeit - die von der Klägerin zu verantworten ist - stellt.
Schließlich erweist sich die Anordnung in Nr. 9 b, gutachterlich nachzuweisen, dass das Grundstück nach Entsorgung des Bauschutts asbestfrei ist, frei von rechtlichen Bedenken. Sie ist vor dem Hintergrund der Gesamtverfügung, der Nachweisforderung Nr. 9 a, dem mehrgliedrigen Regelungssystem und den Begründungen in den angefochtenen Bescheiden dahingehend auszulegen, dass sie sich zwar auf das gesamte Flurstück .... der Flur .. der Gemarkung H. bezieht, aber entgegen der Befürchtung der Klägerin nicht den Nachweis der Asbestfreiheit jedweder dort befindlicher Haufwerke, Materialien, Böden oder Baulichkeiten fordert. Vielmehr bezieht sie sich abschließend auf Freiflächen und diejenigen asbesthaltige Materialien, die Anlass des behördlichen Tätigwerdens im Sommer 2008 im nordöstlichen Grundstücksteil waren. Daher wird der gutachterliche Nachweis nur im Zusammenhang mit dem Verbleib des dort bislang lagernden Bauschutt gefordert, also sowohl für die Fläche, auf der 5000 t asbestverunreinigten Bauschutts aus dem Umbau der ehemaligen W. lagern, als auch für den unmittelbar angrenzenden Bereich, auf dem 5000 t unsortierten Bauschutts aus der Demontage eines alten Bauhofs und einer alten Kläranlage liegen (in der Kartierung des Umweltgutachters W. vom 20. Januar 2009 als Fraktionen 1 und 2 bezeichnet). Denn die abfallrechtliche Verfügung betrifft insgesamt im Wesentlichen den erstgenannten asbestverunreinigten Bauschutt, bezieht aber zumindest im Überschneidungsbereich den südlich und östlich hiervon abgelagerten Bauschutt anderer Herkunft mit ein, von dem sich (noch) nicht mit Sicherheit eine Asbestfreiheit feststellen lässt. Soweit in den angefochtenen Bescheiden mit Asbestgefährdung argumentiert wird, bezieht sich dies nur auf die vorgenannten Bauschuttbereiche. Die Anordnung Nr. 9 legt der Klägerin auf, einen gutachterlichen Nachweis vorzulegen, dass die angeordneten Entsorgungsarbeiten ordnungsgemäß und den bestimmten Mindestanforderungen entsprechend durchgeführt wurden (lit. a), und dass das Grundstück hinsichtlich Materials aus diesem Bereich insbesondere asbestfrei (lit. b) ist. So soll etwa verhindert werden, dass asbesthaltiges Material von dort unsachgemäß auf andere Teile des Grundstücks verbracht wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte auch nicht zwischenzeitlich von dem Nachweis der Asbestfreiheit in Nr. 9 b Abstand genommen. Dabei mag dahinstehen, welche Erklärungen im Rahmen einer Besprechung der Beteiligten am 24. April 2009 diesbezüglich abgegeben wurden. Denn formell wurde dieser Anordnungsteil nicht aufgehoben und auch im gerichtlichen Verfahren hält der Beklagte uneingeschränkt an ihm fest.
Die so verstandene Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 21 KrW-/AbfG und erweist sich weder als unverhältnismäßig noch ermessensfehlerhaft. Hinsichtlich der oben bezeichneten Bauschutthaufwerke bestehen hinreichende Verdachtsmomente für Asbestverunreinigungen, deren genaue Reichweite im Wege der Gefahrerforschung aufzuklären ist. Hinsichtlich des Bauschutts aus dem Umbau der ehemaligen Kaserne steht die gegenwärtige Asbestverunreinigung bereits hinreichend durch Voruntersuchungen fest. Insoweit schließt der gutachterliche Nachweis ordnungsgemäßer Entsorgungsarbeiten die Bestätigung ein, dass in diesem Bereich keine Asbestrückstände verblieben sind und asbesthaltiges Material nicht an eine andere Stelle des Grundstücks verbracht worden ist. Hinsichtlich des unmittelbar südlich bzw. östlich abgelagerten Bauschutts anderer Herkunft besteht ein hinreichender Gefahrverdacht. Die Klägerin hat es versäumt, bei der Ablagerung dieses Bauschutts im nordöstlichen Grundstücksteil die unterschiedliche Herkunft zu dokumentieren. Eine auf Beprobung gestützte Untersuchung und Abgrenzung im Hinblick auf Asbestreste und damit eine Unterscheidung in asbestfreie und asbesthaltige Haufwerke durch einen in Erkennen von Asbestprodukten erfahrenen Sachverständigen wurde bislang noch nicht vorgenommen. Die Lokalisierung der als Abfallfraktion 1 und 2 bezeichneten Haufwerke durch den Umweltgutachter W. beruht im Wesentlichen auf Mitarbeiterbefragungen, nicht aber auf Beprobungen und erweist sich (bislang) als nicht hinreichend belastbar. Insbesondere lässt sich nicht ausschließen, dass durch das Ablagern in unmittelbarer Nähe und ggf. das Umlagern auch Bauschutt anderen Ursprungs mittlerweile mit asbesthaltigen Bauteilen aus der ehemaligen Kaserne verunreinigt worden ist. Allerdings ist der Klägerin zuzugestehen, bei der Beprobung des Bauschutts der Fraktion 2 ein um so gröberes Raster anzulegen, je weiter das Material räumlich von dem Bauschutt der Fraktion 1 entfernt lagert, bei dem die Verunreinigung mit Asbest belastbar festgestellt wurde. Lediglich dann, wenn auch in weit entfernt gelegenen Abschnitten der Fraktion 2 asbesthaltiges Material gefunden würde, müsste der geforderte Nachweis nach 9 b auch für diesen Bereich engmaschiger ausfallen.
Auch bei dem geforderten Gutachternachweis in Nr. 9 b hat der Beklagte die Belange der Klägerin vollständig gesehen, zutreffend gewürdigt und mit den öffentlichen Interessen an einer ordnungsgemäßen Abfallwirtschaft abgewogen. Insbesondere durfte er die Klägerin so heranziehen, weil sie als Grundstückseigentümerin die Art und Weise sowie die fehlende Dokumentation des Ablagerns des Bauschutts zu verantworten hat. Es geht zu ihren Lasten, versäumt zu haben, Bauschutt unterschiedlicher Herkunftsbereiche räumlich separat abzulagern, oder zumindest durch Dokumentation eine belastbare Unterscheidbarkeit zu gewährleisten. Die besondere Gefährlichkeit asbesthaltiger Abfälle spricht für das hohe Gewicht der öffentlichen Interessen. Demgegenüber haben wirtschaftliche Interessen der Klägerin an einer Begrenzung des Nachweisaufwandes zurückzutreten. Das abgestufte Vorgehen im Sektor der Abfallfraktion 2 ermöglicht eine Begrenzung des Nachweisaufwandes in Abhängigkeit von der Gefahrenlage.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.