Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 15.10.2010, Az.: 1 B 35/10

Bericht; Klagebefugnis; Schulinspektion; Schulleiter

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
15.10.2010
Aktenzeichen
1 B 35/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 48004
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Landesschulinspektion nimmt Aufgaben der Schulaufsicht wahr.
2. Dem Leiter einer inspizierten Schule steht als Person keine schulrechtlich begründete Antrags- oder Klagebefugnis zu.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagen lassen, den Endbericht der Schulinspektion betreffend die Grundschule D. zu veröffentlichen.

Der Antragsteller ist Leiter der Grundschule D. in E.. Diese wurde von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Aufgaben inspiziert. Einen Entwurf des Berichts der Inspektion leitete die Antragsgegnerin der Schule und - auszugsweise - dem Schulträger mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu. Im Rahmen seiner Äußerung als Schulleiter trat der Antragsteller einzelnen Punkten des Berichts entgegen; diesen bewertete die Antragsgegnerin als Bestandteil der Stellungnahme der Schule, sah allerdings nur in einzelnen Punkten Änderungen für den Abschlussbericht gegenüber dem Berichtsentwurf vor.

Mit seinem zunächst am 15.09.2010 beim Verwaltungsgericht Lüneburg angebrachten Antrag, der von dort nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 28.09.2010 an das Verwaltungsgericht Osnabrück verwiesen und hier um den zwischenzeitlich abgetrennten Teil gegen das Niedersächsische Kultusministerium erweitert wurde, beantragte der Antragsteller,

der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Endbericht der Inspektion der Grundschule D. zu veröffentlichen, bevor über das Änderungsbegehren des Antragstellers rechtskräftig entschieden worden ist.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, der Bericht enthalte zahlreiche gegen ihn gerichtete Vorwürfe und negative Bewertungen und verletze ihn deshalb in seinem Persönlichkeitsrecht. Aufgrund einer Zwischennachricht gehe er davon aus, dass die Erstellung des Endberichts zunächst zurückgestellt worden sei, um seine Einwendungen zu prüfen. Nach Einarbeitung der Änderungen sei jedoch beabsichtigt, den Bericht unmittelbar abzuschließen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie meint, für das Begehren stehe dem Antragsteller kein Anordnungsanspruch zu. Hinsichtlich der schulrechtlichen Grundlagen verweist sie auf Sinn und Zweck der Schulinspektion, die dem Ziel diene, Maßnahmen der Qualitätsverbesserung aufzuzeigen. Die im zugrundeliegenden Runderlass vorgesehenen Regelungen über die Berichterstattung würden eingehalten. Insbesondere sei eine Veröffentlichung des Inspektionsberichts und die Weitergabe an Dritte nicht vorgesehen. Soweit die Information von Schule, Schulbehörde, Schulträger oder Elternschaft vorgesehen sei, handele es sich nicht um Dritte. Ein Eingriff in geschützte Positionen des Antragstellers sei daher nicht zu erkennen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen (2 Bände). Sie sind in ihren wesentlichen Bestandteilen Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

II.

Der Antrag ist unzulässig. Der Antragsteller ist bereits nicht antragsbefugt.

Gemäß § 123 a NSchG ermittelt die Schulinspektion als nachgeordnete Behörde der obersten Schulbehörde die Qualität der einzelnen Schulen des Landes und darüber hinaus die Qualität des Schulsystems für Maßnahmen der Qualitätsverbesserung. Nach § 123 a Abs. 3 Satz 2 NSchG findet eine Bewertung einzelner Lehrkräfte nicht statt.

§ 123 a Abs. 4 NSchG sieht die Übermittlung der Ergebnisse an die Schule, den Schulträger und die nachgeordnete Schulbehörde vor. Einzelheiten des weiteren Verfahrens sind im Runderlass des MK vom 07.04.2005 (Schulinspektion in Niedersachsen, Voris 22410) geregelt. Die Einführung der Nds. Schulinspektion war zunächst ohne eine Änderung des Nds. Schulgesetzes aufgrund eines Entschließungsantrages (LT-Drs. 151131) des Landtages zur Überprüfung der Qualitätsentwicklung der Schulen in Niedersachsen konzipiert. In der dadurch veranlassten Unterrichtung des Landtagspräsidenten (LT-Drs. 15/2072) wird betont, dass es sich bei der auf niederländischen Erfahrungen beruhenden Einführung einer Schulinspektion um eine eigenständige nachgeordnete Landesbehörde des Kultusministeriums handeln solle. Ihr Auftrag stelle einen konkreten Teilaspekt der Schulaufsicht des Landes dar. Aufgabe der Schulinspektion sei es, an allen Schulen durch Inspektion die schulische Qualität festzustellen. Nachdem zunächst für die Einrichtung der Schulinspektion ein Kabinettsbeschluss für ausreichend erachtet wurde (Kabinettsbeschluss vom 19.04.2005, vgl. Brockmann, NSchG, § 123 a Anm. 1), wurde von den Mitgliedern der Mehrheitsfraktionen des Landtages in der Beratung des Kultusausschusses eine gesetzliche Regelung in der Form - lediglich unter Streichung eines Zusatzes in § 123 a Abs. 4 - vorgelegt, die eine gesetzliche Grundlage für die Maßnahmen der Planung und Durchführung von Qualitätsverbesserungen nach § 32 Abs. 3 NSchG schuf (LT-Drs. 15345, S. 14 f.). Die Antragsgegnerin ist damit - wenn auch nur im weiteren Sinne - Teil der Schulaufsicht des Landes, indem sie Evaluationsaufgaben, wenn auch organisatorisch und personell unabhängig von der Landesschulbehörde, wahrnimmt (vgl. Reißmann, Schulinspektion in Niedersachen, SVBl. 2006, S. 183).

Die Weitergabe der Inspektionsberichte an Dritte oder eine Veröffentlichung, wie sie der Antragsteller besorgt, ist weder in den gesetzlichen Regelungen noch in den ergänzenden Bestimmungen des Runderlasses des MK vom 07.04.2006 vorgesehen. Die Beteiligung der weiteren Schulorgane, also Schulelternrat, Schülerrat und Schulpersonalrat soll dazu dienen, die Schulgemeinschaft in den Prozess der Auswertung sowie der Planung und Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen einzubinden (Reißmann, aaO., S. 187). Bei dieser Zweckrichtung und konkreten Ausgestaltung der Berichtspflicht der Antragsgegnerin und dem Umfang der Information an andere am Verfahren der Qualitätssicherung der Schule Beteiligten ist keine den öffentlichen Ansehensanspruch des Antragstellers jenseits seiner dienstlichen Verpflichtungen betreffende Wertung oder Würdigung seiner dienstlichen Aufgabenwahrnehmung zu erkennen. Selbst wenn festgestellte Mängel im Rahmen der Inspektion zu fachaufsichtlichen Weisungen gegenüber der Schule oder Schulleitung führen könnten, resultiert daraus keine Antrags- bzw. Klagebefugnis. Gegen Maßnahmen der Schulverwaltung im Rahmen der Schulaufsicht steht eine Klagebefugnis nämlich regelmäßig nur der Schule bzw. ihrem zuständigen Organ als ganzem zu, nicht aber den einzelnen Mitgliedern (OVG Lüneburg, U. v. 17.07.1996, 13 L 848/96, Nds. VBl. 1997, 64 m.w.N.). Zwar können die Befugnisse der Schulaufsicht nach Maßgabe der konkreten landesrechtlichen Ausgestaltung des Beamtenrechts begrenzt sein (OVG Lüneburg, aaO.), dies ist jedoch Streitgegenstand des abgetrennten und gegen das Kultusministerium als Adressat der beamtenrechtlichen Fürsorgeverpflichtung gerichteten früheren Teils des Verfahrens.

Da es bereits an einer Zulässigkeitsvoraussetzung für den vorliegenden Eilrechtsantrag fehlt, braucht die Kammer nicht im Einzelnen darauf einzugehen, ob ein subjektiv öffentliches Recht auf vollständiger Berücksichtigung der Einwendungen im Rahmen der Stellungnahme der Schule - nicht des Schulleiters - nach Ziff. 3.3 (1) des Runderlasses des MK vom 07.04.2006 besteht. Hervorzuheben ist lediglich, dass neben einer Ergebnisveröffentlichung nach Ziff. 3.3 (4) an die Organe der Schule und auszugsweise an den Schulträger nach Ziff. 3.3 (3) 2. Halbsatz, eine Veröffentlichung nicht vorgesehen ist und durch 3.3 (Ziff. 5) Satz 1 des Runderlasses grundsätzlich ausgeschlossen ist. Satz 2 erlaubt lediglich, für eine Metaevaluation und für Weiterentwicklung des Inspektionsverfahrens die Nutzung von Inspektionsberichten. Eine generelle Veröffentlichung und damit auch nicht die in einer bestimmten Fassung, wie sie der Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens erstrebt, ist mithin überhaupt nicht vorgesehen.