Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 13.09.2013, Az.: 5 A 4988/12

Auskunftsanspruch; Bewertung; Dialog; Erziehungsberechtigte; Informationspflicht; Unterrichtung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.09.2013
Aktenzeichen
5 A 4988/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64377
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Inhalt und zu den Grenzen der in § 55 Abs. 2 und 3 NSchG geregelten Verpflichtung der Schule zum Dialog mit den Erziehungsberechtigten und zur Unterrichtung über wesentliche, deren Kinder betreffende Vorgänge.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger trägen die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung von Antworten zu näher bezeichneten Fragen betreffend die Benotung ihrer beiden Kinder.

Die Kläger sind die Erziehungsberechtigten der Kinder N. und R. G.. Das Kind N. besucht derzeit die 4. Klasse der H.-Schule in O. mit der Klassenlehrerin Frau B.. Im vergangenen Schuljahr war die Klassenlehrerin der 3. Klasse Frau W.. Das Kind R. hat bis zum Ende des Schuljahres 2012/2013 die 4. Klasse der H.-Schule besucht. Seit Beginn des Schuljahres 2013/2014 besucht das Kind die 5. Klasse der C. in O..

Am 5. Juni 2012 fand im Fach Sachunterricht durch den Lehrer M. eine Lernzielkontrolle statt, bei der das Kind R. die Benotung „2+“ erreichte. Gegen diese Benotung wandte sich der Kläger zu 1.) mit verschiedenen Schriftsätzen, in denen er im Wesentlichen ausführte, dass bei der Aufgabe 9, die eine Entfernungsmessung zwischen zwei Orten anhand eines vorgegeben Maßstabes forderte, die Grundvoraussetzungen der Objektivität, Reliabilität und Validität nicht erfüllt seien. Die Aufgabenstellung sei unklar und führe zu ungenauen Ergebnissen, aufgrund derer die Schüler etwas Falsches lernten. Die von R. ermittelten Werte seien zudem nah an den Werten, die sich bei einer Routenberechnung mittels „Google maps“ ergäben. Am 4. Juli 2012 beschloss die Fachkonferenz Sachunterricht der Beklagten mit der gewählten Elternvertretung nach vorangegangener Prüfung der Lernzielkontrolle auf Machbarkeit, Messtoleranzen und Punkteverteilung, dass die Bepunktung bei dem Kind R. ebenso wie die Benotung Bestand habe.

Nachdem ein zunächst vorgesehenes persönliches Gespräch von der Beklagten abgesagt worden war, übersandte der Kläger zu 1.) mit Schreiben vom 15. September 2012 zu der durchgeführten Lernzielkontrolle einen mit den Punkten 1. bis 6. untergliederten Katalog mit rund 20 Einzelfragen, welche im Wesentlichen die wissenschaftlichen Kriterien der Lernzielkontrolle, die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit der konkreten Aufgabenstellungen und das damit verfolgte Lernziel und die Angemessenheit der Aufgabenstellung hinterfragten und insoweit „ausführliche Begründungen - keine pauschalen Erklärungen“ verlangten.

Daraufhin übersandte die Beklagte dem Kläger zu 1.) mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 eine Stellungnahme des Lehrers M., in der dieser die Leistungen des Kindes R. in den beiden im zweiten Halbjahr durchgeführten Lernzielkontrollen („sehr gut“ und „gut“), die Bewertung der Mappenführung („sehr gut“), den daraus resultierenden Durchschnittswert der schriftlichen Leistungen (1,45 bei einer Gewichtung der vorgenannten Bewertungen mit 90 % zu 10 %), die mündlichen Leistungen (zwischen „sehr gut“ und „ausreichend“ schwankend), den daraus resultierenden Durchschnittswert der mündlichen Leistungen (2,5) und den sich aus mündlichen und schriftlichen Leistungen ergebenden Durchschnittswert (1,975 bei einer Gewichtung mit jeweils 50 % entsprechend dem Beschluss der Fachkonferenz) darlegte. Da die Leistungen von R. im ersten Halbjahr mit 2,3 benotet worden seien und es sich bei der - streitigen - Zeugnisnote im zweiten Halbjahr um eine Ganzjahresnote handele, ergebe sich hiernach nach Rundung die Zeugnisnote 2. Weder eine Änderung der Note der zweiten Lernzielkontrolle noch eine Änderung der Gewichtung der Mappenführung würde eine Änderung der Zeugnisnote zur Folge haben. Mit zwei an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 4. Oktober 2012 teilte der Kläger zu 1.) mit, die Stellungnahme des Herrn M. wolle er nicht kommentieren, da sie befürchten lasse, Herr M. leide unter massivem Realitätsverlust. Alle konkreten Fragen zur Lernzielkontrolle seien unbeantwortet geblieben. Zudem habe seine Ehefrau - die Klägerin zu 2.) - mit einigen Freundinnen von R. über die mündliche Mitarbeit von R. im Sachunterricht gesprochen. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Benotung von Herrn M. nicht zutreffen könne. Herr M. habe die mündliche Benotung so verbogen, dass er auch im Falle einer Korrektur der Lernzielkontrolle seine Benotung im Zeugnis nicht korrigieren müsse.

Nachdem den Klägern im Vorfeld der Zeugniskonferenz bekannt geworden ist, dass die damalige Klassenlehrerin Frau W. das Sozialverhalten des Kindes N. mit der Note „C“ bewertet, wandte sich die Klägerin zu 2.) nach einem vorangegangenen Telefonat am 5. Juli 2012 per E-Mail an Frau W. und erläuterte ihr, wie aus ihrer Sicht die Benotung in Sozialverhalten nachzuweisen und aus welchen Kriterien die Gesamtnote zu bilden sei. Mit E-Mail vom 6. Juli 2012 forderte der Kläger zu 1.) die Beklagte zur Übersendung „detaillierter Aufzeichnungen der vergangenen Schuljahre zum Arbeits- und Sozialverhalten von N. und R.“ auf. Mit E-Mail vom 12. September 2012 übersandte die Beklagte Aufzeichnungen über das Arbeits- und Sozialverhalten des Kindes N. (Bl. 103 der Gerichtsakte). In seinem daraufhin an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 4. Oktober 2012 verwies der Kläger zu 1.) auf eine von ihm und seiner Ehefrau abgegebene „eidesstattliche Erklärung“ über den Inhalt eines von der Klägerin zu 2.) mit Frau W. über das Sozialverhalten des Kindes N. geführten Telefonates, das er - der Kläger zu 1.) - über Lautsprecher mitgehört habe (Bl. 73 GA). Zum Zeitpunkt dieses Telefonats sei Frau W. eine solche Bewertungsliste nicht bekannt gewesen. Obwohl besondere Leistungen auch in Zeugnissen Eingang finden müssten, ergebe sich aus dem Zeugnis von N. kein Hinweis darauf, dass sie beim „Brunnenlauf“ den ersten Platz erreicht habe.

Bereits am 20. Juli 2012 erhielten die Kinder N. und R. jeweils für das Schuljahr 2011/2012 ein Versetzungszeugnis in die Klasse 3 bzw. 4. Die vom Kläger zu 1.) mit Schreiben vom 20. Juli 2012 eingelegten Widersprüche gegen die Benotung des Kindes R. im Fach Sachunterricht und gegen die Benotung des Arbeits- und Sozialverhalten des Kindes N. in den jeweiligen Zeugnissen wies die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. Dezember 2012 als unzulässig zurück.

Am 19. November 2012 haben die Kläger Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, um die von ihnen verlangten Auskünfte zu erhalten. Mit Beschluss vom 5. Dezember 2012 (- 5 B 4989/12 -) hat die Kammer den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 8. Januar 2013 zurückgewiesen (- 2 ME 451/12 -, DVBl 2013, 263 = NordÖR 2013, 220 = NdsVBl 2013, 170). Die unter anderem gegen diese Entscheidung gerichtete und in Verbindung mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Nichtannahmebeschluss vom 4. März 2013 - 1 BvR 428/13 -).

Zur Begründung ihrer Klage führen die Kläger im Wesentlichen aus, dass die gestellten Fragen zur Lernzielkontrolle mit der Stellungnahme des Herrn M. nicht beantwortet worden seien. Auch die Feststellungen der Fachkonferenz Sachkundeunterricht seien nicht aussagekräftig. Die von der Beklagten erfolgten Auskünfte seien nach der von ihnen zitierten Rechtsprechung nicht ausreichend. R. befinde sich im Übergang zu den weiterführenden Schulen, für die von den Lehrern zum Ende des ersten Schulhalbjahres 2012/13 die erste Empfehlung gegeben werde. Besonders in dieser Phase bestehe nach § 55 Abs. 3 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) ein Anspruch der Eltern auf Unterrichtung. § 6 Abs. 5 Satz 2 NSchG betone das Führen des Dialogs insbesondere im 4. Schuljahrgang, damit die Eltern eine am Kindeswohl orientierte Schulformentscheidung treffen könnten. Die Verpflichtungen aus dem Nds. Schulgesetz seien durch den Erlass „Die Arbeit in der Grundschule“ vom 1. August 2012 näher konkretisiert worden. Diese Pflichten habe die Beklagte ihnen gegenüber nicht erfüllt und ihnen zudem ein persönliches Gespräch verweigert und nur die schriftliche Kommunikation zugestanden. Durch die begehrte Auskunft würden sie - die Kläger - erst in die Position versetzt, effektiven Rechtsschutz gegen die Maßnahmen der Beklagten einzuleiten. Die zur Sachkundearbeit gestellten Fragen seien schließlich auch berechtigt. Die Professorin Dr. G. von der Universität O., Fachbereich Sachunterricht, habe in einer vorläufigen Stellungnahme alle von ihnen - den Klägern - aufgezeigten Kritikpunkte an dem Test bestätigt (Bl. 354 ff. GA). Mit der Entlassung des Kindes R. aus der Grundschule sei der Klagegrund zwar weggefallen. Jedoch bestehe aufgrund der schwerwiegenden Grundrechtseingriffe weiterhin ein Feststellungsinteresse. Das Kind R. werde durch die mangelnde Begründung sowohl in ihren Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie in Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn ausgeführt werde, dass der Auskunftsanspruch nur für „schlechte“ Schüler gelte. Sie - die Kläger - seien durch die Verweigerung der begehrten Auskünfte in ihrem in Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung der Kinder verletzt, da ihnen nicht ermöglicht werde, den Kindern die Ergebnisse ihrer schulischen Leistungen zu erläutern, damit diese ihr Verhalten entsprechend anpassen könnten.

Die Kläger haben ursprünglich beantragt, die Beklagte zur Erteilung der von ihnen begehrten Auskünfte zu verurteilen.

Sie beantragen jetzt,

festzustellen, dass ihnen gegenüber der Beklagten der Anspruch zustand,

1. ihnen Antwort auf die Fragen 1 bis 6 aus dem Schreiben vom 15. September 2012 zur Lernzielkontrolle des Lehrers M. im Fach Sachunterricht vom 5. Juni 2012 des Kindes R. G. zu geben,

2. ihnen Antwort auf die Fragen zur Bewertung des Sozialverhaltens des Kindes N. G. aus dem Schreiben vom 15. September 2012 zu geben:

a) Wieso weicht die Bewertung im Gegensatz zum mit den Antragstellern geführten Telefonat im Juni 2012 ab?
b) Wie ist eine Notenfindung mit nur unzureichenden Aufzeichnungen überhaupt möglich?
c) Wie kann das Sozialverhalten außerhalb des Unterrichts (auf dem Schulhof) bei der Anzahl der Lehrer bei der Pausenaufsicht qualifiziert festgestellt werden?

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Die Kläger begehrten von der Antragsgegnerin eine inhaltliche Auseinandersetzung mit schulischen Leistungsbewertungen, die über das in § 55 Abs. 2, 3 NSchG vorgesehene Maß hinausgehen. Ein Anspruch der Kläger auf eine darüber hinausgehende Unterrichtung der Erziehungsberechtigten oder eine inhaltliche Auseinandersetzung mit schulischen Leistungsbewertungen nach den persönlichen Vorstellungen der Kläger stehe diesen nicht zu. Der in § 55 NSchG normierten Verpflichtung, die Erziehungsberechtigten in geeigneter Form zu informieren, sei hinreichend Rechnung getragen worden. § 55 Abs. 2 NSchG betreffe ausschließlich Gegenstände, die für die schulische Entwicklung von Bedeutung seien. Wie die entsprechenden Gespräche zu führen seien, sei von den Lehrkräften in eigener pädagogischer Verantwortung zu entscheiden. § 55 Abs. 3 NSchG beschränke überdies die Pflicht zur Information der Erziehungsberechtigten auf wesentliche Vorgänge, wie den Leistungsstand des Kindes. Dem sei sie - die Beklagte - hinreichend nachgekommen. Sie - die Beklagte - habe auf den Widerspruch und den Fragenkatalog der Kläger angemessen reagiert und die Benotung des Kindes R. im Sachunterricht sowie des Kindes N. im Arbeits- und Sozialverhalten in den Versetzungszeugnissen sowie im übrigen Schriftverkehr hinreichend erläutert. Zudem seien die Kläger auch kürzlich im Rahmen des Elternsprechtages im persönlichen Gespräch über die schulische Entwicklung und die Leistungsbewertungen ihrer Kinder unterrichtet worden. Soweit die Kläger eine gerichtliche Klärung zur Bewertung des Sachkundetests des Kindes R. begehren, bestehe kein Feststellungsinteresse. Die Bewertung sei im Rahmen eines unzulässigen Widerspruchsverfahrens wegen des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bestandskräftig abgewiesen worden und damit einer gerichtlichen Klärung nicht mehr zugänglich sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in dem Verfahren 5 A 755/13 sowie des vorgelegten Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage, die als Beschränkung der ursprünglich erhobenen allgemeinen Leistungsklage gem. § 264 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO ohne Klageänderung als allgemeine Feststellungsklage fortgeführt werden kann, hat keinen Erfolg. Sie ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.

1.

Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Feststellungsklage ist das Vorliegen eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 30. September 1999 - 3 C 39.98 - juris, m.w.N) haben sich dann rechtliche Beziehungen zwischen den Beteiligten zu einem hinreichend konkreten Rechtsverhältnis verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist. Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich der begehrten Auskünfte bezüglich der Lernzielkontrolle des Kindes R. im Fach Sachunterricht und der begehrten Beantwortung der Fragen zu der von der damaligen Klassenlehrerin Frau W. vergebenen Bewertung des Sozialverhaltens für das Kind N. jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung erfüllt, in dem die Kläger als Erziehungsberechtigte der Kinder R. und N. , Schülerinnen der beklagten Schule, einen ihnen nach ihrer Auffassung gegenüber der Beklagten zustehenden Auskunftsanspruch aus § 55 Abs. 2 und 3 NSchG geltend gemacht haben.

Den Klägern fehlt es aber an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Das berechtigte Interesse an der baldigen Feststellung, das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss, schließt dabei jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art ein (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 271).

Mit dem Wechsel des Kindes R. auf die C. bzw. mit dem Wechsel des Schuljahres und insbesondere der Klassenlehrerin des Kindes N. endete das zwischen den Klägern und der Beklagten bestehende und insoweit konkretisierte Rechtsverhältnis. Bei der Vergangenheit angehörenden Rechtsverhältnissen ist ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung grundsätzlich nur anzuerkennen, wenn das Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußert (Kopp/ Schenke, Kommentar zur VwGO, 17. Auflage 2011, § 43 Rn. 25).

Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die konkreten Fragen zu der im Vorjahr von dem Lehrer M. durchgeführten Lernzielkontrolle des Kindes R. im Fach Sachunterricht und der begehrten Beantwortung der Fragen zur von der Lehrerin Frau W. vergebenen Zeugnisnote des Kindes N. im Fach Sozialverhalten für das vergangene Schuljahr nicht erfüllt.

Ein Feststellungsinteresse wegen bestehender Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich. Ein solches Interesse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiges behördliches Verhalten zu erwarten ist. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts im Wesentlichen unveränderter tatsächlicher Umstände ist jedoch nicht gegeben.

Bei der Erteilung von Auskünften nach § 55 Abs. 2, 3 NSchG hat sich die Beklagte an den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalles zu orientieren. Die hier anlassgebenden Umstände waren so spezifisch, dass die Wiederholung einer Situation wie die im vergangenen Schuljahr erfolgte Bewertung des Sozialverhaltens des Kindes N. nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Das Kind wird mittlerweile von einer anderen Klassenlehrerin unterrichtet. Die Beurteilung und Bewertung des Sozialverhaltens ist jedoch von den jeweils unterrichtenden Fachlehrern und - maßgeblich - der jeweiligen Klassenlehrerin abhängig. Das Kind R. hat die beklagte Schule bereits verlassen. Eine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs betreffend die von den Klägern gestellten Fragen zu der Lernzielkontrolle kann nach dem erfolgten Schulwechsel auf das künftige Verhalten der Kläger keinen Einfluss haben. Dass eine inhaltsgleiche Lernzielkontrolle von einer anderen Schule in einem anderen Schuljahrgang erneut gestellt wird, ist nicht zu erwarten.

Eine die Kläger diskriminierende Wirkung einer über die bisherige Beantwortung der Fragen hinausgehende Auskunftserteilung durch die Beklagte wurde von den Klägern nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

Ein Feststellungsinteresse kann zwar schließlich auch unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) auch bejaht werden in Fällen gewichtiger, allerdings in tatsächlicher Hinsicht überholter Grundrechtseingriffe, in denen sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene eine gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann (vgl. zu dieser Fallgruppe BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2510, juris, Rz. 24 ff., sowie BVerwG, Beschluss vom 30. April 1999 -, BVerwG 1 B 36/99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6, juris, Rz. 9, jeweils m.w.N.).

Ein solcher Fall liegt entgegen der Rechtsauffassung der Kläger jedoch nicht vor.

Auf die geltend gemachten Grundrechtseingriffe betreffend das Kind R. kommt es bereits nicht an, da für die Annahme eines Feststellungsinteresses der Kläger Grundrechtsbeeinträchtigungen Dritter nicht maßgeblich sind.

Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, sie seien durch die Verweigerung der begehrten Auskünfte in ihrem grundrechtlich geschützten elterlichen Erziehungsrecht verletzt, weil ihnen nicht ermöglicht werde, ihren Kindern die Ergebnisse ihrer schulischen Leistungen zu erläutern, damit diese ihr Verhalten entsprechend anpassen könnten. Art. 6 Abs. 2 GG gewährleistet den Eltern das natürliche Recht zur Erziehung ihrer Kinder in jeder Hinsicht. Dazu gehört auch ein Anspruch auf Information über Vorgänge im Bereich der Schule, deren Verschweigen die ihnen obliegende individuelle Erziehung des Kindes beeinträchtigen könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 1 BvL 1/75, 1 BvR 147/75 -, BVerfGE 47, 46 (74); OVG Koblenz, Urteil vom 10. April 1963 - 2 A 6/63 -, DÖV 1963, 553, zum Anspruch auf Herausgabe von Informationen zu den schriftlichen Reifeprüfungsarbeiten nach dem Nichtbestehen).

Es ist bereits zweifelhaft, ob die individuelle Erziehung des Kindes N. beeinträchtigt wird, wenn die Kläger - über die ihnen bereits erteilten Auskünfte hinaus - weitere Informationen zur Bewertung ihres Sozialverhaltens in einem Zeugnis des dritten Schuljahrgangs nicht erhalten. Dem Einzelrichter erschließt sich nicht, inwieweit die Beantwortung der Fragen in der von den Klägern gewünschten Weise auf die Erziehung des Kindes Einfluss und insbesondere Einwirkungen der Kläger auf das bisherige Verhalten des Kindes zur Folge haben könnte. Den Klägern wird die Möglichkeit belassen, die Erziehung ihres Kindes „nach ihren Vorstellungen frei zu gestalten“ (BVerfG, Entscheidung vom 29. Juli 1968 - 1 BvL 20/63, 1 BvL 31/66 -, BVerfGE 24, 143). Dass den Klägern Informationen vorenthalten werden, die für die individuelle Erziehung des Kindes von wesentlicher Bedeutung sein können, ist hiernach nicht ersichtlich. Denn aus den im Rahmen des Auskunftsersuchens gestellten Fragen und dem in diesem Zusammenhang von den Beteiligten geführten Schriftverkehr (insbesondere Schriftsatz der Kläger vom 15. September 2013, dort ab Bl. 14 GA, sowie dessen Anlage „A19“, Bl. 54 GA) geht hervor, dass die Kläger offensichtlich der Auffassung sind, dass das Sozialverhalten des Kindes N. aufgrund der von ihm erbrachten Leistungen tatsächlich besser, nämlich mit „B“ statt „C“ zu bewerten gewesen wäre. Sind die Kläger demgemäß mit der aus ihrer Sicht ungerechten Bewertung nicht einverstanden, ist eine Änderung ihrer individuellen Erziehung insoweit nicht zu erwarten.

Dies gilt erst recht für die begehrten Auskünfte zur Lernzielkontrolle des Kindes R. im Fach Sachunterricht. Die Kläger sind - auch unter Berufung auf den Inhalt einer E-Mail von Frau Prof. Dr. G. von der Universität O. (Bl. 363 GA) (im Schriftsatz vom 23. April 2013, Bl. 359 GA, angekündigte „weitere qualifizierte Stellungnahmen“ wurden nicht vorgelegt) - überzeugt davon, dass bestimmte Aufgaben des Tests nicht verständlich sind, der Test „unter erheblichen Mängeln“ leidet (Schriftsatz vom 11. September 2013, Bl. 425 GA), die Aufgabenstellungen teilweise unqualifiziert sind und das Verhalten der Beklagten, „die frühere arrogante Position“ nicht zu korrigieren, Ausdruck von „Ignoranz, Willkür sind und „Sanktionen über Noten oder gerichtliche Auseinandersetzungen“ geführt werden (vgl. dazu das vom Kläger im Internet eingestellte Video, http://www.youtube.com/watch?v=gJFGgvwAwKw, ab 2,29 min, insb. ab 3.05 min und 3.38 min, zuletzt abgerufen am 12. September 2013, Ausdruck ab Bl. 428 GA). Dass eine Beantwortung der Fragen durch die Beklagte oder - wie zuletzt vorgeschlagen - eine von ihr abgegebene „einfache stillschweigende Erklärung“ mit der man sich der Auffassung von Frau Prof. Dr. G. anschließt, Einfluss auf die individuelle Erziehung des Kindes R. haben könnte, erscheint ausgeschlossen.

Aber selbst wenn man durch das Vorenthalten der begehrten Auskünfte einen Eingriff in den Schutzbereich des elterlichen Erziehungsrechts der Kläger annähme, wäre dieser Eingriff jedenfalls nicht so tiefgreifend, als dass er einen Anspruch auf nachträgliche gerichtliche Überprüfung rechtfertigte. Tiefgreifende Grundrechtseingriffe in diesem Sinne kommen vor allem bei Anordnungen in Betracht, die das Grundgesetz - wie im Fall des Art. 13 Abs. 2 GG - vorbeugend dem Richter vorbehalten hat. Zu dieser Fallgruppe gehört beispielsweise die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung einschließlich der in diesem Rahmen erfolgenden Beschlagnahmeanordnungen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juli 1998 - 2 BvR 446/98 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 30. April 1999 - 1 B 36.99 -, juris). Ersichtlich nicht dazu gehört dagegen der hier streitgegenständliche Zugang zu Informationen zum Zustandekommen der Note im Sozialverhalten im Zeugnis einer dritten Klasse oder zu den Fragestellungen einer Lernzielkontrolle einer vierten Klasse.

2.

Die Feststellungsklage ist darüber hinaus unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung.

Gem. § 55 Abs. 2 NSchG führt die Schule den Dialog mit den Erziehungsberechtigten sowohl bezüglich der schulischen Entwicklung als auch des Leistungsstandes des Kindes, um entwicklungsspezifische Problemstellungen frühzeitig zu erkennen und gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten zu bewältigen. Diese Pflicht der Schule gilt daher nicht ausnahmslos und generell, sondern nur für den Fall eines Kindes, in dessen schulischer Entwicklung sich Auffälligkeiten zeigen (Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: April 2012, § 55 Anm. 6.1).

Hieran fehlt es bei den Kindern R. und N.. Wie die Kläger selbst vortragen und wie aus dem Verwaltungsvorgang ersichtlich ist, handelt es sich bei beiden Kindern um gute Schülerinnen, die keine nennenswerten schulischen Probleme haben und bei denen sich keine gravierenden Auffälligkeiten in ihrem Leistungsstand sowie in ihrer sonstigen sozialen Entwicklung zeigen. Bestätigt wird diese Einschätzung bei dem Kind R. durch die die Bewertung der Sachkundearbeit mit 2+, die im Versetzungszeugnis wie bereits im vorangegangenen Halbjahreszeugnis zu der Gesamtnote 2 geführt hat. In dem Halbjahreszeugnis der 4. Klasse vom 30. Januar 2013 wurden die Fächer Deutsch, Sachunterricht, Kunst und Textiles Gestalten mit der Note 1, die übrigen Fächer (Englisch, Religion, Mathematik, Musik und Sport) mit der Note 2 bewertet worden. Bei dem Kind N. entsprach das Arbeits- und Sozialverhalten mit der Bewertung „C“ den Erwartungen (vgl. bereits die Beschlüsse der Kammer vom 11. Februar 2013 - 5 B 760/13 - und vom 5. Dezember 2012 - 5 B 4989/12 -, jeweils bestätigt durch Beschlüsse des Nds. OVG vom 12. März 2013 - 2 ME 73/13 - bzw. vom 8. Januar 2013 - 2 ME 451/12 -).

Im Übrigen sind die Lehrkräfte der Beklagten ihrer in § 55 Abs. 2 NSchG geregelten Verpflichtung zum Führen eines Dialogs in ausreichendem Umfang nachgekommen.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 8. Januar 2013 - 2 ME 451/12 - hierzu ausgeführt:

„In welcher Form und Intensität sowie mit welchen Inhalten das Gespräch mit den Eltern geführt wird, entscheiden in erster Linie die Lehrkräfte nach § 50 Abs. 1 NSchG in eigener pädagogischer Verantwortung (Littmann, in: Brockmann u. a., a. a. O.). Die Antragsteller demgegenüber fordern nur vordergründig einen weiteren „Dialog“ mit der Antragsgegnerin über den schulischen Leistungs- und Entwicklungsstand ihrer Kinder ein, sondern wenden sich - wie aus der Formulierung ihrer Fragen in ihrer E-Mail vom 15. September 2012 und auch in der Begründung ihrer Beschwerde, ihre Kinder hätten ein „Recht auf wissenschaftlich fundierte Aufgabestellungen“, deutlich wird - gegen die Art und die Weise sowie die Inhalte der Wissensvermittlung seitens der Lehrkräfte, die sie für ungeeignet halten. Derartige Einwände können die Erziehungsberechtigten nicht auf der Grundlage der Verpflichtung der Schule zum Dialog nach § 55 Abs. 2 NSchG zum Gegenstand eines „Zwiegesprächs“ mit den Lehrkräften machen.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Einzelrichter an.

Hinsichtlich der Pflicht der Beklagten nach § 55 Abs. 3 NSchG, die Kläger als Erziehungsberechtigte über die Bewertung erbrachter Leistungen und andere wesentliche, deren Kinder betreffende Vorgänge in geeigneter Weise zu unterrichten, beschränkt sich die Informationspflicht der Schule zwar nicht auf Vorgänge, die Probleme in der schulischen Entwicklung eines Kindes erkennen lassen, sondern richtet ihren Fokus auf „wesentliche Vorgänge“, wobei die Bewertung von erbrachten Leistungen als ein (hauptsächlicher) Beispielsfall hervorgehoben wird. (Nds. OVG, Beschluss vom 8. Januar 2013 - 2 ME 451/12 -). Der Verpflichtung, die Bewertungen der Leistungen der Kinder der Kläger nachvollziehbar zu begründen, sind die Lehrkräfte der Beklagten sowohl vom Inhalt als auch der Art und Weise ihrer Mitteilungspflicht in hinreichendem Umfang nachgekommen.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 8. Januar 2013 - 2 ME 451/12 - hierzu ausgeführt:

„Die Klassenlehrerin W. hat der Antragstellerin zu 2. in einem im Juni 2012 geführten Telefonat ihre Einschätzung des Sozialverhaltens von N. im Einzelnen erläutert und zudem haben die Antragsteller den ihre Tochter betreffenden Beobachtungsbogen zum Arbeits- und Sozialverhalten erhalten, in dem in den einzelnen Spalten die Fachlehrer ihre Bewertungen wiedergegeben haben. Für das Fach Sachkundeunterricht hat der Fachlehrer M. in Reaktion auf die E-Mail der Antragsteller vom 15. September 2012 die mündlichen und schriftlichen Leistungen von R. und seine Bewertungen im Einzelnen in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 2. Oktober 2012 erläutert. Hierdurch ist der Informationspflicht der Antragsgegnerin aus § 55 Abs. 3 NSchG inhaltlich in ausreichendem Umfang genügt. Die Antragsteller demgegenüber kritisieren in ihrer E-Mail vom 15. September 2012 (zum Teil in Frageform) diese ihnen offengelegte Bewertungen und sind mit diesen nicht einverstanden. Diese Kritik steht ihnen frei: weder § 55 Abs. 2 noch Abs. 3 NSchG gibt ihnen jedoch einen Anspruch darauf, dass sich die Schule oder einzelne Lehrkräfte nach sehr ins Einzelne gehenden Vorgaben der Antragsteller rechtfertigen. Damit wären die Begriffe des Dialogs und der Unterrichtung überspannt.

Ohne Erfolg wenden die Antragsteller schließlich ein, die Antragsgegnerin und ihre Lehrkräfte verweigerten sich einem „wirklichen Dialog“ im persönlichen Gespräch. Die Schule und die Lehrkräfte sind nach § 55 Abs. 3 NSchG gehalten, ihren Informationspflichten „in geeigneter Weise“ zu genügen. Bei der Einschätzung der Art und Weise der Erfüllung dieser Informationspflicht steht ihnen ein pädagogischer Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Es kann offen bleiben, wo die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums zu ziehen sind, zumal sich eine derartige Grenzziehung oftmals abstrakten Definitionsbestimmungen entziehen wird, sondern vor allem von den Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Jedenfalls im vorliegenden Fall der Antragsteller ist die Art und Weise der Informationsvermittlung seitens der Antragsgegnerin und ihrer Lehrkräfte im schriftlichen Weg von ihrem Gestaltungsspielraum abgedeckt, zumal die Antragsteller die Angebote der Antragsgegnerin zu persönlichen Gesprächen mit den Lehrkräften im Rahmen der Elternsprechtage wahrnehmen können und tatsächlich - zuletzt am 22. November 2012 - auch wahrnehmen. Die Antragsgegnerin ist mit Blick auf die sich aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen unangemessenen Verhaltensweisen der Antragsteller nicht verpflichtet, über den bereits geleisteten zumutbaren Umfang hinaus weitere direkte persönliche Gespräche mit den Antragstellern zu führen, die nicht zielführend sind. Bezeichnenderweise haben sich die seinerzeitigen Elternvertreter der Klasse 2b in einer gegenüber der Niedersächsischen Landesschulbehörde abgegebenen Erklärung vom 2. Juli 2012 veranlasst gesehen, sich von den Äußerungen und Verhaltensweisen insbesondere des Antragstellers zu 1., die ausweislich des Inhalts der Verwaltungsvorgänge oftmals mit Drohungen und Beleidigungen verbunden sind, zu distanzieren.“

Zu darüber hinausgehenden Auskünften war die Beklagte nicht verpflichtet. Die von den Klägern zitierten Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur sind nicht einschlägig und geben für die hier maßgeblichen Rechtsfragen nichts her. Die Kläger verwechseln den Umfang der ihnen nach § 55 NSchG zustehenden Auskunftsansprüche mit dem Maßstab für die Begründung von Prüfungsentscheidungen.