Staatsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 29.04.2013, Az.: StGH 2/12

Bestimmtheitsgrundsatz; Finanzkraft; Jugendamt; Jugendhilfe; Jugendhilfeumlage; kommunale Selbstverwaltung; Regionsumlage; Sonderumlage; Systemgerechtigkeit; Übernivellierung

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
29.04.2013
Aktenzeichen
StGH 2/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64508
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Jugendhilfeumlage (§ 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG) als Sonderumlage im Rahmen der Regionsumlage verletzt nicht das Recht der betroffenen Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 58 NV. Der Gesetzgeber hat den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

2. Die Jugendhilfeumlage verstößt weder gegen das Willkürverbot noch gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit; sie verletzt auch nicht das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung.

3. Der Staatsgerichtshof lässt offen, ob das zum kommunalen Finanzausgleich entwickelte Verbot der Übernivellierung auf die Jugendhilfeumlage anwendbar ist.

4. Die vom Gesetzgeber bei der Ermittlung der Jugendhilfeumlage gewählte Anknüpfung an die Aufwendungen für das Jugendamt der Region im vorvergangenen Jahr würde sich für den Fall als sachwidrig erweisen, dass sich zwischen dem Bezugsjahr und dem Festsetzungsjahr die Zahl der Gemeinden ohne eigenes Jugendamt verringert. Insoweit ist jedoch eine verfassungskonforme Auslegung möglich.

5. Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz liegt nicht deshalb vor, weil § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG keine Regelung trifft, nach welchem Maßstab die betroffenen Gemeinden die Jugendhilfeumlage aufzubringen haben. Es reicht aus, dass das NFAG eine entsprechende Regelung enthält.

6. Die Aufbringung der Jugendhilfeumlage nach Maßgabe der Finanzkraft der betroffenen Gemeinden ist nicht sachwidrig.

Tenor:

Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Beschwerdeführerinnen sind 11 Städte und Gemeinden aus der Region Hannover, die nicht örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind und dementsprechend kein eigenes Jugendamt unterhalten. Sie wenden sich gegen die Einführung einer „Sonderumlage“ im Rahmen der Berechnung der Regionsumlage durch § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 576), geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Juli 2012 (Nds. GVBl. S. 279). Die Umlage ist den regionsangehörigen Gemeinden, die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe sind (im Folgenden auch: Gemeinden ohne eigenes Jugendamt), auferlegt worden. Weiterhin greifen die Beschwerdeführerinnen die Regelung des § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl. S. 589) an, nach der die Region Hannover die Sätze 5 und 6 dieser Bestimmung auf weitere Aufgaben und Leistungen nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) anwenden und damit an die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt weitergehende Erstattungen leisten kann.

I.

Nach § 69 Abs. 1 SGB VIII werden die Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Landesrecht bestimmt.

Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) vom 5. Februar 1993 (Nds. GVBl. S. 45) erfüllen Landkreise und kreisfreie Städte (örtliche Träger) die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII innerhalb ihres eigenen Wirkungskreises durch das Jugendamt. Darüber hinaus sind örtliche Träger nach § 1 Abs. 2 AG KJHG die Landeshauptstadt Hannover und auch solche kreisangehörigen Gemeinden, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes (1993) bereits die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe i.S.d. Absatzes 1 erfüllt haben. Das zuständige Ministerium hat die Bestimmung zum örtlichen Träger zurückzunehmen, wenn die Gemeinde dies beantragt oder ihre Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr gewährleistet ist.

Am 1. Januar 2012 waren in Niedersachsen auf der Grundlage dieser Zuständigkeitsnorm außerhalb der Region Hannover die 37 Landkreise, die 8 kreisfreien Städte und die Stadt Göttingen für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig. Neben der Region Hannover verfügten die Landeshauptstadt und 2 weitere regionsangehörige Gemeinden über ein eigenes Jugendamt.  Außerhalb der Region Hannover nahmen von den etwa 440 Städten und Gemeinden nur 6 kreisangehörige Städte diese Aufgabe wahr. Bis zur Gründung der Region Hannover im Jahr 2001 hatten im ehemaligen Landkreis Hannover lediglich die Städte Burgdorf und Lehrte ein eigenes Jugendamt unterhalten.

Die Finanzierung der Aufgaben im Bereich der Jugendhilfe erfolgte im Rahmen der allgemeinen Finanzierungsinstrumente der Kommunen.

II.

Durch das Gesetz über die Region Hannover (RegHanG) vom 5. Juni 2001 ist die Region Hannover gebildet worden. Sie besteht aus den Gemeinden im Gebiet der Region Hannover (dem früheren Landkreis Hannover) und der Landeshauptstadt Hannover. Ihrer Rechtsnatur nach ist die Region Hannover – ebenso wie die Landkreise – ein Gemeindeverband und eine Gebietskörperschaft. Sie weist Parallelen zu einem Landkreis auf, unterscheidet sich von diesem aber dadurch, dass sie die Landeshauptstadt Hannover einschließt. Auf die anderen regionsangehörigen Gemeinden waren nach § 5 Satz 2 RegHanG die für kreisangehörige Gemeinden geltenden Vorschriften anzuwenden, soweit durch Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt war (§ 5 Satz 2 RegHanG). Für die Region Hannover fanden die für Landkreise geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit in dem Gesetz über die Region Hannover nichts anderes bestimmt war (§ 3 Abs. 3 Satz 1 RegHanG).

Nach § 8 Abs. 6 Satz 1 RegHanG war die Region Hannover der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, soweit dazu nicht regionsangehörige Gemeinden bestimmt worden waren. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, dass die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe innerhalb der Region Hannover dezentral auch von weiteren regionsangehörigen Gemeinden wahrgenommen werden können. Dementsprechend regelte § 11 Abs. 4 RegHanG, dass Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie die Stadt S. auf Antrag zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt werden konnten.

Um den regionsangehörigen Gemeinden die Übernahme von Aufgaben im Bereich der Jugendhilfe zu erleichtern (vgl. Nds. LT-Drs. 14/3010, S. 5) und um einen angemessenen Lastenausgleich innerhalb der Region zu gewährleisten (vgl. Nds. LT-Drs. 14/1880, S. 79), hat der Gesetzgeber im RegHanG spezielle Finanzierungsregelungen im Zusammenhang mit der Übernahme der Aufgaben im Bereich der öffentlichen Jugendhilfe aufgestellt. So hat die Region Hannover nach § 8 Abs. 6 Satz 4 RegHanG anderen regionsangehörigen örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe auf Antrag einen angemessenen pauschalierten Kostenausgleich bis zu 80 v.H. der Personal- und Sachkosten für Leistungen nach den §§ 19, 21, 29 - 35a, 41 - 43, 52, 55, 56, 59 und 90 Abs. 3 SGB VIII zu gewähren. Hierbei handelt es sich um gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19), Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21), soziale Gruppenarbeit (§ 29 - 35a), Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung (§ 41 - 43), Mitwirkung im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), Beistandschaft, Amtspflegschaft und Amtsvormundschaft (§ 55 und 56), Beurkundungen (§ 59) und pauschalierte Kostenbeteiligung (§ 90 Abs. 3).

Voraussetzung für die Kostenerstattung war nach § 8 Abs. 6 Satz 5 RegHanG, dass die regionsangehörigen Gemeinden ihre Jugendhilfeplanung mit der Region Hannover abstimmten und ihr den Abschluss von Vereinbarungen nach § 78b SGB VIII übertrugen. Weiterhin konnte die Region Hannover nach § 8 Abs. 6 Satz 6 RegHanG die Anwendung der Sätze 4 und 5 auf weitere Aufgaben und Leistungen nach dem SGB VIII erstrecken.

Aufgrund der genannten Regelungen hätten von den insgesamt 21 regionsangehörigen Städten und Gemeinden 7 weitere die Möglichkeit gehabt, ein eigenes Jugendamt einzurichten und entsprechende Kostenerstattungen von der Region zu erhalten. Tatsächlich machten in der Folge 3 regionsangehörige Gemeinden von dieser Möglichkeit Gebrauch und ließen sich zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen. Damit gibt es zurzeit 7 Jugendämter in der Region Hannover: das Jugendamt der Region Hannover, das Jugendamt der Landeshauptstadt Hannover sowie 5 weitere Jugendämter in den 20 übrigen regionsangehörigen Gemeinden.

III.

Mit dem NKomVG vom 17. Dezember 2010 (Nds. GVBl. S. 576), das am 1. November 2011 in Kraft trat, fasste der Gesetzgeber die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden unterschiedlichen Kommunalgesetze zusammen. Dementsprechend trat das RegHanG mit Ablauf des 31. Oktober 2011 außer Kraft.

Die Regelungen über die Aufgabenverteilung in der Region Hannover im Bereich der Jugendhilfe sowie die Bestimmungen über Erstattungsansprüche der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt hat das NKomVG weitgehend aus dem RegHanG übernommen. So entspricht § 160 Abs. 4 NKomVG inhaltlich § 8 Abs. 6 Satz 3 RegHanG. In der Fassung des Art. 7 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes und zur Änderung kommunal- und brandschutzrechtlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl. S. 589) hat § 160 Abs. 4 NKomVG folgenden Wortlaut:

1Die Region Hannover ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, soweit dazu nicht regionsangehörige Gemeinden bestimmt worden sind.2Sie ist Träger zentraler Einrichtungen und Leistungsangebote auch für das Gebiet anderer örtlicher Träger der Jugendhilfe, soweit diese eine solche Aufgabenübernahme mit ihr vereinbart haben. 3Sie ist ferner dafür zuständig, die Jugendhilfeplanung innerhalb der Region Hannover durch eine Rahmenplanung aufeinander abzustimmen, auch mit anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe und mit der überörtlichen Planung. 4Die Region Hannover ist auch zuständig für die Förderung der auf ihrer Ebene bestehenden Jugendverbände und ihrer Zusammenschlüsse. 5Anderen örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe gewährt sie auf Antrag einen angemessenen pauschalierten Kostenausgleich bis zu 80 Prozent der Personal- und Sachkosten für Leistungen nach den §§ 19, 21, 29 bis 35 a, 41 bis 43, 52, 55, 56, 59 und 90 Abs. 3 des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VIII). 6Voraussetzung dafür ist, dass diese Träger ihre Jugendhilfeplanung mit der Region Hannover abstimmen und ihr den Abschluss von Vereinbarungen nach § 78 b SGB VIII übertragen. 7Die Region Hannover kann die Sätze 5 und 6 auf weitere Aufgaben und Leistungen nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs anwenden.

In der nunmehr geltenden Fassung entspricht auch der von den Beschwerdeführerinnen angegriffene § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG der früheren Gesetzesfassung. Ebenfalls keine wesentlichen Änderungen ergaben sich aus der Übernahme des § 11 Abs. 4 RegHanG in § 163 Abs. 4 NKomVG. § 163 Abs. 4 NKomVG lautet:

1Neben den in § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) bestimmten örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe können auf Antrag auch die übrigen regionsangehörigen Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie die Stadt S. durch das zuständige Ministerium hierzu bestimmt werden. 2Die Bestimmung nach Satz 1 ist aufzuheben, wenn die Gemeinde dies beantragt.“

Eine wesentliche Änderung hat jedoch die Vorschrift über die Erhebung der Regionsumlage erfahren. Der von den Beschwerdeführerinnen angegriffene § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG trifft eine Sonderregelung im Bereich der Aufwendungen für die Jugendhilfe. Hierdurch wollte der Gesetzgeber eine Benachteiligung der regionsangehörigen Städte und Gemeinden beseitigen, die selbst die Aufgabe des örtlichen Trägers der Jugendhilfe wahrnehmen. § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG trat mit Wirkung vom 1. Januar 2012 in Kraft und hat in der durch Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze vom 18. Juli 2012 (Nds. GVBl. S. 279) geänderten Fassung folgenden Wortlaut:

 „4Ebenfalls abweichend von den Vorschriften des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich ist die Regionsumlage des Weiteren so zu berechnen, dass ein nach Maßgabe des Satzes 5 zu bestimmender Betrag allein von den regionsangehörigen Gemeinden, die nicht örtliche Träger der Jugendhilfe sind, getragen wird.5Zur Bestimmung des Betrages nach Satz 4 wird von einem Betrag in Höhe der nicht durch Erträge gedeckten Aufwendungen der Region für die Erbringung der von § 160 Abs. 4 Sätze 5 bis 7 erfassten Leistungen aus dem zur betreffenden Regionsumlage vorvergangenen Jahr ein Betrag in Höhe des Prozentsatzes abgezogen, der den regionsangehörigen Gemeinden, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind, nach § 160 Abs. 4 Sätze 5 bis 7 als Kostenausgleich erstattet worden ist.“

Nach der gesetzlichen Regelung tragen die Gemeinden mit eigenem Jugendamt nach wie vor die Aufwendungen für einen Teil der von ihnen durch ihr Jugendamt erbrachten Leistungen vollständig. Für die in § 160 Abs. 4 Satz 5 NKomVG genannten Leistungen tragen sie mindestens 20 % der Aufwendungen selbst. Die übrigen bis zu 80 % der (von der Region erstatteten) Aufwendungen tragen ebenfalls – wie  zuvor – alle  regionsangehörigen Gemeinden nach ihrer Finanzkraft im Rahmen der allgemeinen Regionsumlage. Die Aufwendungen für das Jugendamt der Region für die Erbringung der in § 160 Abs. 4 Satz 5 NKomVG genannten Leistungen tragen  nunmehr in Höhe von mindestens 20 % – korrespondierend zu der Selbstbeteiligungsquote der Gemeinden mit eigenem Jugendamt – ausschließlich  die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt. Die verbleibenden bis zu 80 % der genannten Aufwendungen für das Jugendamt der Region tragen alle regionsangehörigen Gemeinden über die Regionsumlage nach ihrer Finanzkraft.

Von den Beschwerdeführerinnen haben lediglich 3 Gemeinden – nämlich die Städte B., N. a. R. und W. – mehr als 30.000 Einwohner.

B.

I.

Die Beschwerdeführerinnen erheben Verfassungsbeschwerde gem. Art. 54 Nr. 5 der Niedersächsischen Verfassung (NV) i.V.m. § 8 Nr. 10 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (StGHG) mit den Anträgen,

1. § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG (Nds. GVBl. S. 576) für unwirksam zu erklären;

2. § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG für unwirksam zu erklären;

3. hilfsweise festzustellen, dass § 160 Abs. 4 Satz 7 und § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG mit Art. 57 Abs. 1 NV nicht vereinbar sind.

1. Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, die angegriffene Norm des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG sei formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen und damit nichtig. Die diesbezügliche Beschlussfassung des Landtags sei ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerinnen erfolgt. Deren Anhörung wäre jedoch erforderlich gewesen, da die mit § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG eingeführte „Sonderumlage“ unmittelbar und schwerwiegend in die Finanzkraft der betroffenen Gemeinden eingreife. Das in Art. 57 Abs. 6 NV normierte Anhörungsrecht der kommunalen Spitzenverbände reiche nicht aus, um die Rechte der Beschwerdeführerinnen zu wahren.

Der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Jugendhilfeumlage als Sonderumlage, die nur von den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt aufzubringen sei, den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten. Die Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe obliege im Ausgangspunkt der Region Hannover. Diese sei für das Regionsgebiet der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe und damit der originäre Kostenträger. Die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt trügen mit der Jugendhilfeumlage somit nicht etwa einen Teil der Kosten, die sie selbst verursachten. Durch die Jugendhilfeumlage würden die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt vielmehr dazu herangezogen, Aufwendungen zu tragen, die allein die Region zu finanzieren habe. Die Jugendhilfeumlage als Sonderumlage verletze damit das Gebot der Systemgerechtigkeit. Zudem habe der Gesetzgeber in der Region Hannover mit der Jugendhilfeumlage eine zweite Umverteilungsebene geschaffen. Gewinner dieser Regelungen seien die finanzstarken Gemeinden mit eigenem Jugendamt, Verlierer die finanzstarken Gemeinden ohne eigenes Jugendamt.

Bei seiner Entscheidung über die Einführung der Jugendhilfeumlage sei der Gesetzgeber von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Entgegen seiner Einschätzung habe vor Einführung der Jugendhilfeumlage eine Doppelbelastung oder eine sonstige finanzielle Benachteiligung der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt nicht bestanden. Die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt hätten zwar bis zur gesetzlichen Neuregelung in § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG einen angemessenen Kostenausgleich nur bis zu 80 % der ihnen entstehenden Aufwendungen für die eigenen Jugendämter erhalten. Dies habe zu einem Verbleiben eines „Eigenanteils“ in Höhe von mindestens 20 % der Gesamtkosten geführt. Hierin liege aber keine Benachteiligung, da sich die betreffenden Gemeinden in Kenntnis der finanziellen Belastungen freiwillig für die Einrichtung eines eigenen Jugendamtes entschlossen hätten. Zudem entspreche der Eigenanteil, den die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt zu tragen hätten, in etwa der Aufgabenverteilung zwischen der Region und diesen Gemeinden, die nur einen Teil der Aufgaben der Jugendhilfe wahrnähmen.

Die Regelung in § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG verletzte darüber hinaus das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung. Sie privilegiere ohne hinreichenden sachlichen Grund regionsangehörige Gemeinden mit eigenem Jugendamt und benachteilige regionsangehörige Gemeinden ohne eigenes Jugendamt. Dies gelte insbesondere für die regionsangehörigen Gemeinden mit weniger als 30.000 Einwohnern. Diese könnten aufgrund ihrer geringen Einwohnerzahl keinen Antrag nach § 165 NKomVG stellen, zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt zu werden. Diese Gemeinden seien zudem aus rechtlichen Gründen daran gehindert, sich zusammenzuschließen, um so zusammen die Einwohnergrenze von 30.000 zu überschreiten und gemeinsam die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII wahrzunehmen. Dies ergebe sich zum einen aus § 69 Abs. 3 und 4 SGB VIII, zum anderen aus §§ 1 ff. des Niedersächsischen Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG).

Zudem habe der Gesetzgeber die vom Staatsgerichtshof im „Göttingen-Urteil“ vom 16. Mai 2001 (- StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31) statuierte Begründungspflicht verletzt. Danach habe der Gesetzgeber seine Entscheidungen im Rahmen des legislativen Gestaltungsspielraums plausibel und nachvollziehbar zu begründen, wenn er die bisher geltenden Regelungen für einen Teil der betroffenen Gemeinden unter Aufrechterhaltung der Regelungen für die übrigen Gemeinden verändere. Dieser Begründungspflicht sei der Gesetzgeber vorliegend nicht nachgekommen.

Weiterhin verstoße die Jugendhilfeumlage gegen das in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs herausgearbeitete Verbot der Übernivellierung. Nach der Durchführung des kommunalen Finanzausgleichs dürfe eine finanzstarke Gemeinde nicht schlechter dastehen als eine finanzschwache. Durch die Einführung der Jugendhilfeumlage komme es jedoch zu Änderungen in der bisherigen Finanzkraftreihenfolge der regionsangehörigen Gemeinden. Das ergebe sich aus den von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Aufstellungen.

Darüber hinaus sehen sich die Beschwerdeführerinnen unter Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber kreisangehörigen Gemeinden außerhalb der Region Hannover, die ebenfalls über kein eigenes Jugendamt verfügten, benachteiligt. Indem sich die Regelung des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG auf die Gemeinden in der Region Hannover beschränke, verstoße sie gegen den allgemeinen Grundsatz, dass gleich gelagerte Fälle auch gleich behandelt werden sollten.

Schließlich sei auch die konkrete Ausgestaltung der Jugendhilfeumlage verfassungswidrig. So verstoße es gegen das Willkürverbot, dass der Gesetzgeber in § 166 Abs. 3 Satz 5 NKomVG als verbindliche Grundlage für die Berechnung der Jugendhilfeumlage die Verhältnisse des vorvergangenen Jahres festgelegt habe, ohne die jeweils aktuellen Verhältnisse zu berücksichtigen.

Zudem treffe das NKomVG unter Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz keine Regelung darüber, nach welchem Maßstab die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt die Jugendhilfeumlage aufzubringen hätten. Der Gesetzgeber wäre jedoch von Verfassungs wegen dazu verpflichtet gewesen, insoweit im NKomVG eine ausdrückliche Regelung zu treffen.

Gehe man wie der Gesetzgeber und die Landesregierung davon aus, dass die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt die Jugendhilfeumlage nach Maßgabe ihrer Finanzkraft aufbringen müssten und nicht nach Maßgabe der sehr unterschiedlichen konkreten Kostenverursachung, wäre dies sachwidrig. Insoweit hätte es näher gelegen, eine Regelung wie in § 56 der Kreisordnung (KrO) Nordrhein-Westfalens zu treffen.

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG richteten, stehe deren Zulässigkeit nicht der Umstand entgegen, dass die genannte Regelung mit der früheren Gesetzesfassung des § 8 Abs. 6 Satz 6 RegHanG wortgleich sei. Insoweit sei die in der genannten Vorschrift eröffnete Befugnis der Region, Erstattungsleistungen gegenüber den regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt auf weitere Leistungen nach dem SGB VIII auszudehnen, für sich genommen unproblematisch. Für die Beschwerdeführerinnen ergebe sich jedoch eine zusätzliche Belastungswirkung des § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG durch das Zusammenspiel mit der in § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG neu eingeführten Jugendhilfeumlage. Falls die Region von der Möglichkeit Gebrauch mache, an die Gemeinden mit eigenem Jugendamt weitergehende Erstattungen zu leisten, erhöhe sich zugleich die Jugendhilfeumlage, die allein von den Gemeinden ohne eigenes Jugendamt aufzubringen sei und damit die finanzielle Belastung der Beschwerdeführerinnen. Diese zusätzliche und einseitige Belastungswirkung reiche nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 9. Oktober 2012 (LVG 23/10, www.lverfg.justiz.sachsen-anhalt.de) aus, um die Frist zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde nach § 36 Abs. 2 StGHG neu in Gang zu setzen. Die beschriebene zusätzliche Belastung durch die erhöhte Jugendhilfeumlage als Sonderumlage würde die sachwidrige finanzielle Belastung der Beschwerdeführerinnen weiter erhöhen, so dass die Verfassungsbeschwerde auch insoweit begründet sei.

II. 

Der Niedersächsische Landtag hat mit Beschluss vom 27. September 2012 von einer Stellungnahme abgesehen.

III.

Die Niedersächsische Landesregierung hat zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

1. Die Verfassungsbeschwerden seien unbegründet, soweit sie sich gegen § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG richteten. Die angegriffene Vorschrift sei in einem formell ordnungsgemäßen Verfahren erlassen worden. Der Landtag habe die kommunalen Spitzenverbände in Übereinstimmung mit Art. 57 Abs. 6 NV angehört. Diese Anhörung sei verfassungsrechtlich ausreichend.

Die Jugendhilfeumlage verstoße nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben. Es bleibe dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen, wie er die horizontalen und vertikalen interkommunalen Finanzbeziehungen gestalte. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden weiten Gestaltungspielraum mit der Einführung der Jugendhilfeumlage als Sonderumlage nicht überschritten. Dies gelte auch für deren konkrete Ausgestaltung.

Der Gesetzgeber habe bereits mit der regionsspezifischen Finanzierungsregelung, nach der die Region für bis zu 80 % der Personal- und Sachkosten des gemeindlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nach dem SGB VIII aufkomme, bewusst einen Anreiz für die regionsangehörigen Gemeinden geschaffen, diese Aufgabe von der Region zu übernehmen. Die dazu bereiten Gemeinden hätten lediglich einen Eigenanteil zu tragen, der eine wirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung gewährleiste. Demgegenüber hätten die im übrigen Landesgebiet zuständigen kreisangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt die Finanzierung dieser Aufgabe eigenständig zu bewältigen.

Die von den Beschwerdeführerinnen angegriffene Regelung in § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG habe die bereits bestehende regionsspezifische Finanzierungsregelung lediglich ergänzt. Trotz einer Kostenübernahme von bis zu 80 % durch die Region sei die Übernahme der Aufgaben der Jugendhilfe nur für wenige regionsangehörige Gemeinden attraktiv gewesen. Indem nun die Gemeinden mit eigenem Jugendamt teilweise von der Regionsumlage entlastet  würden, erführen diese eine höhere finanzielle Unterstützung. Hierdurch werde ein weiterer Anreiz für die Gemeinden ohne eigenes Jugendamt geschaffen, auf ihren Antrag  zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt zu werden. Darüber hinaus sollten die Gemeinden mit eigenem Jugendamt dazu motiviert werden, diese Aufgabe auch weiterhin wahrzunehmen.

Die angegriffene Regelung sei zur Erreichung eines legitimen Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Zweck der gesetzlichen Neuregelung des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG sei es, die durch die Aufgabenübernahme und die damit einhergehende finanzielle Doppelbelastung entstandene Benachteiligung der Gemeinden mit eigenem Jugendamt im Wege eines interregionalen Kostenausgleichs zu beseitigen.

Hierzu werde die Finanzierung der Jugendhilfe aus dem allgemeinen Umlageverbund herausgenommen und im Wege einer trägerschaftsorientierten Differenzierung der Kostenverteilung geregelt. Dies führe nicht zu einer sachwidrigen Belastung der regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt. Diese würden nunmehr zwar in einem größeren Umfang als zuvor zur Finanzierung der Jugendhilfe herangezogen; ihre Belastung gehe aber keinesfalls über die Finanzierung dieser Aufgabe hinaus.

Anders als die Beschwerdeführerinnen meinten, ermögliche es die Regelung des § 165 Abs. 5 Satz 2 NKomVG kleineren regionsangehörigen Gemeinden, im Wege der interkommunalen Zusammenarbeit gemeinsam mit einer anderen Gemeinde oder mehreren anderen Gemeinden die entsprechende Mindesteinwohnergrenze von 30.000 zu erreichen und auf diese Weise die Aufgabe des örtlichen Jugendhilfeträgers gemeinsam zu übernehmen.

Schließlich verstoße die Regelung des § 166 Abs. 3 Satz 5 NKomVG auch nicht gegen das auf Art. 58 NV beruhende Verbot der „Übernivellierung“. Die von den Beschwerdeführerinnen behauptete „Rangstellenverschiebung“ der Gemeinden untereinander liege nicht vor. Jedenfalls seien die von den Beschwerdeführerinnen in den Vergleichstabellen dargestellten Werte ungeeignet,die behauptete Wirkungsweise der angegriffenen Regelungen zu belegen, da sie grundlegende Variablen des kommunalen Finanzausgleichs unberücksichtigt ließen.

Die zur Überprüfung gestellte Bestimmung verstoße ferner nicht gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung. Es sei nicht schlechthin verboten, für verschiedene niedersächsische Gemeinden voneinander abweichende Regelungen zu treffen. Verboten sei lediglich eine willkürliche Ungleichbehandlung kommunaler Körperschaften. Die ausschließlich die regionsangehörigen Gemeinden betreffende Regelung sei durch regionale Besonderheiten in der Region Hannover sachlich gerechtfertigt.

Die Situation in der Region Hannover unterscheide sich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht erheblich von der Situation der übrigen niedersächsischen Landkreise. Der Gesetzgeber habe im AG KJHG für das Land Niedersachsen eine Konzentration der Aufgaben der Jugendhilfe auf der Landkreisebene vorgesehen. Abweichend hiervon habe er im RegHanG für die Region Hannover von vornherein den Ansatz verfolgt, die regionsangehörigen Städte und Gemeinden zu stärken und zu einer möglichst ortsnahen Wahrnehmung der Aufgaben der Jugendhilfe zu veranlassen. Diese Absicht komme in der Regelung zum Ausdruck, wonach – anders als im übrigen Land Niedersachsen – in der Region Hannover alle Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnern berechtigt seien, die Aufgaben der Jugendhilfe als örtliche Träger zu übernehmen.

Da valide Daten benötigt würden, sei es auch sachgerecht, dass bei der Ermittlung des Betrages nach § 166 Abs. 3 Satz 5 NKomVG (Jugendhilfeumlage) auf die Aufwendungen der Region im vorvergangenen Jahr zurückgegriffen werde. In dem Zeitpunkt, in dem die Region ihren Haushalt aufstelle und über die Höhe der Regionsumlage beschließe, lägen die Daten des vergangenen Jahres noch nicht vor. Zwar sei die Heranziehung der Daten des vorvergangenen Jahres nicht von höchster Aktualität, es würden damit aber – wenn auch mit Verzögerung – Ist-Daten und keine bloßen Planzahlen zugrunde gelegt.

Es sei ebenfalls sachgerecht und nicht systemwidrig, dass die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt die Jugendhilfeumlage nach Maßgabe ihrer jeweiligen Finanzkraft und nicht nach Maßgabe der tatsächlichen durch die jeweilige Gemeinde verursachten Kosten aufzubringen hätten. Dadurch werde der Ausgleichsgedanke der Jugendhilfeumlage besonders hervorgehoben.

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG richteten, bestünden bereits Zweifel an deren Zulässigkeit. Die angegriffene Regelung entfalte für die Beschwerdeführerinnen keine eigenständige Beschwer. Die genannte Regelung sei zudem bereits wortgleich in § 8 Abs. 6 Satz 6 RegHanG vom 5. Juni 2001 enthalten gewesen. Soweit die Beschwerdeführerinnen argumentative Querverbindungen von § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG zu § 166 NKomVG herstellten, seien die Beschwerden jedenfalls unbegründet.

IV.

In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2013 haben Regionspräsident J.und die Leiterin des Fachbereichs Jugend der Region Hannover B. als sachkundige Dritte Fragen des Staatsgerichtshofs und der Beteiligten zu dem Verfahren der Berechnung und Erhebung der Jugendhilfeumlage beantwortet.

C. 

Die Verfassungsbeschwerden sind unbegründet.

I. Die gegen § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG gerichteten Verfassungsbeschwerden sind zulässig, aber unbegründet.

1. Die gegen die genannte Regelung erhobene formell-rechtliche Rüge greift nicht durch. Die angegriffene Vorschrift des NKomVG ist in einem formell ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Verletzung eines Anhörungsrechts liegt nicht vor.

Die verfahrensrechtliche Absicherung der verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsposition der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren wird durch Art. 57 Abs. 6 NV bewirkt, der eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zur Pflicht macht (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 49.). Die Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens hat während des Gesetzgebungsverfahrens stattgefunden. Die Einführung der Jugendhilfeumlage in § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG beruht auf einem Änderungsvorschlag der Fraktionen der CDU und FDP vom 4. Oktober 2010 (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510). Hierzu haben die kommunalen Spitzenverbände schriftlich Stellung genommen (Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens vom 13. Oktober 2010, Vorlage 17 zu Nds. LT-Drs. 16/2510). Ein darüber hinausgehendes Anhörungsrecht einzelner Gemeinden sieht die Verfassung nicht vor. Ein solches Recht ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten.

2. Die von den Beschwerdeführerinnen erhobenen materiell-rechtlichen Rügen sind ebenfalls unbegründet.

Der Gesetzgeber hat mit der Jugendhilfeumlage als Sonderumlage, die nur von den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt aufzubringen ist, den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

a) Prüfungsmaßstab  sind die Grundsätze, die der Staatsgerichtshof zu Art. 58 NV entwickelt hat, in entsprechender Anwendung.

aa) Die Niedersächsische Verfassung enthält mit Art. 57 Abs. 4 NV einerseits und mit Art. 58 NV andererseits zwei selbstständige Ausformungen der finanziellen Absicherung der kommunalen Gebietskörperschaften, die sich auf verschiedene kommunale Aufgabenbereiche beziehen und auch ihrem Regelungscharakter nach verschieden sind (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2,3,6 bis 10/93 -, NStGHE 3, 136, 156 ff.). Art. 57 Abs. 4 NV regelt abschließend die Frage einer Aufgabenübertragung durch Landesgesetze und deren Finanzierung. Art. 58 NV regelt allgemein und umfassend die aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen (Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 56 ff.).

Durch das Gesetz zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung vom 27. Januar 2006 (Nds. GVBl., S. 58) ist in Gestalt des Art. 57 Abs. 4 Satz 2 NV eine Vorschrift geschaffen worden, die den Gesetzgeber verpflichtet, bei der Statuierung von Pflichtaufgaben auch im eigenen Wirkungskreis stets eine Regelung über den finanziellen Ausgleich zu treffen. Dies gilt jedoch nur für Pflichtaufgaben, die nach dem 1. Januar 2006 zugewiesen werden. Für Vorschriften über Pflichtaufgaben, die vor dem 1. Januar 2006 erlassen worden sind, bedeutet dies, dass diese nach wie vor dem Regelungsregime des Art. 58 NV unterliegen.

Die von der Beschwerdeführerin angegriffene Norm des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG enthält eine Regelung im Rahmen der Berechnung der Regionsumlage. Sie steht aber in sachlichem Zusammenhang mit der Finanzierung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Diese Aufgabe ist der Region bzw. den regionsangehörigen Gemeinden, die sich zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben bestimmen lassen, als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis zugewiesen worden (§ 8 Abs. 6 Satz 1 RegHanG; § 160 Abs. 4 Satz 1 NKomVG). Da diese Zuweisung bereits durch das RegHanG im Jahr 2001 erfolgt ist, fällt die Finanzierung noch unter das Regelungsregime des Art. 58 NV.

Art. 58 NV verpflichtet das Land, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mittel entweder durch Erschließung eigener Steuerquellen oder im Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit durch übergemeindlichen Finanzausgleich zur Verfügung zu stellen. Die Aufgabenbezogenheit der Finanzgarantie des Art. 58 NV und das Ziel der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs verlangen, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des vertikalen Finanzausgleichs zwischen Land und Kommunen die Höhe der erforderlichen Finanzmittel und damit auch Art und Umfang der zu erledigenden Aufgaben der Kommunen kennt und nachvollziehbar einschätzt (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997 - StGH 14/95 u.a. -, NStGHE 3, 299, 315, und vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 57). Auch bei der horizontalen Verteilung der Schlüsselmasse auf die einzelnen Kommunen bildet das Leitbild eines aufgabengerechten Finanzausgleichs den verfassungsrechtlichen Ausgangspunkt (Nds. StGH, Urteile vom 25. November 1997 - StGH 14/95 u. a. -, NStGHE 3, 299, 319, und vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 60). Innerhalb dieser Grenzen steht dem Gesetzgeber ein weiter, verfassungsgerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der Kriterien für die Bestimmung des aufgabenbezogenen Finanzbedarfs zu (Nds. StGH, Urteil vom 25. November 1997 - StGH 14/95 u. a. -, NStGHE 3, 320).

Dieser weite Gestaltungsspielraum steht dem Gesetzgeber auch in Bezug auf die angegriffene Norm des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG zu, mit der er eine Regelung über die Jugendhilfeumlage als Teil der Regionsumlage getroffen hat. Die angegriffene Norm beinhaltet zwar lediglich eine Regelung zur Finanzierung der Region Hannover durch die regionsangehörigen Gemeinden im Rahmen der Regionsumlage. Sie ist somit keine Vorschrift des horizontalen kommunalen Finanzausgleichs. Für die betroffenen Gemeinden macht es jedoch keinen Unterschied, ob sie im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs weniger Zuweisungen vom Land erhalten oder ob sie im Rahmen der Finanzierung der Region eine Jugendhilfeumlage und damit einen höheren Anteil an der Regions-umlage zu zahlen haben (siehe auch Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 58 zur Vergleichbarkeit des Finanzausgleichs mit der Erhebung einer Kreisumlage).

bb) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen haben alle regionsangehörigen Gemeinden die Möglichkeit, die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe zu übernehmen und damit der Jugendhilfeumlage zu entgehen. Einer solchen Übernahme stehen weder bundes- noch landesrechtliche Bestimmungen entgegen.

Nach § 69 Abs. 1 SGB VIII in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung werden die Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Landesrecht bestimmt. Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach diesem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landesjugendamt (§ 69 Abs. 3 SGB VIII). Mehrere örtliche Träger und mehrere überörtliche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Ländern angehören, zur Durchführung einzelner Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste errichten.

Den Beschwerdeführerinnen ist zuzustimmen, dass § 69 Abs. 3 und 4 SGB VIII keine rechtliche Grundlage für einen Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zur Errichtung eines Jugendamts beinhaltet (Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, Kommentar zum SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 69 Rn. 23; Grube, in: Hauck, Kommentar zum SGB VIII, Losebl. 42. Lfg. IV/09, § 69 Rn. 8). Diese Vorschrift steht einem solchen Zusammenschluss aber auch nicht entgegen. Die Schaffung einer solchen Möglichkeit liegt nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 69 Abs. 1 SGB VIII vielmehr in der Kompetenz des Landesgesetzgebers und richtet sich demgemäß ausschließlich nach Landesrecht.

Nach § 163 Abs. 4 Satz 1 können die nicht in § 1 Abs. 2 Satz 1 AGKJHG genannten regionsangehörigen Gemeinden mit mehr als 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt werden. Diese Möglichkeit ist auch kreisangehörigen Gemeinden unterhalb einer Einwohnerzahl von 30.000 eröffnet, wenn sie die Übernahme der öffentlichen Jugendhilfe mit anderen Gemeinden vereinbaren. Hängt nämlich nach den Bestimmungen des 9. Teils des NKomVG die Übertragung einer Aufgabe davon ab, ob eine regionsangehörige Gemeinde eine bestimmte Einwohnerzahl hat, so gilt diese Voraussetzung für alle Beteiligten als erfüllt, wenn die nach dem Recht der kommunalen Zusammenarbeit vereinbarte gemeinsame Erfüllung dieser Aufgabe ein Gebiet betrifft, dessen Einwohnerzahl die Mindestgrenze erreicht (§ 165 Abs. 5 Satz 2 NKomVG). Nicht zu folgen ist der Auffassung der Beschwerdeführerinnen, ein Zusammenschluss nach § 165 Abs. 5 Satz 2 NKomVG scheitere daran, dass die Aufgabe den Kommunen bereits zugewiesen sein müsse, bevor sie sich zur gemeinsamen Erfüllung der Aufgabe zusammenschlössen. § 165 Abs. 5 Satz 2 NKomVG verweist nur hinsichtlich der übrigen Umstände der gemeinsamen Aufgabenerfüllung auf das Niedersächsische Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit. Von dieser Verweisung ist das Tatbestandsmerkmal, dass die Aufgabe bereits vor dem Zusammenschluss erfüllt werden muss, ausgenommen. Mit § 165 Abs. 5 Satz 2 NKomVG sollte gerade die Möglichkeit geschaffen werden, dass Aufgaben auch an kleinere Gemeinden übertragen werden können, wenn diese sich zusammenschließen (vgl. Stein, in: Ipsen, Kommentar zum NKomVG, 2011, § 165, Rn. 10). Eine vor Vereinbarung der Zusammenarbeit bestehende Aufgabenzuständigkeit ist mithin nicht Tatbestandsmerkmal dieser gesetzlichen Regelung.

Folgerichtig haben alle regionsangehörigen Gemeinden die Möglichkeit, sich zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen zu lassen und so zu vermeiden, zu der Jugendhilfe herangezogen zu werden. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, regionsangehörige Gemeinden mit weniger als 30.000 Einwohnern könnten sich der zusätzlichen Belastung durch die Jugendhilfeumlage nicht entziehen, greift deshalb nicht durch. Allerdings müssten sie sich im Wege der kommunalen Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden zusammenschließen, um die Mindestzahl von 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nach § 163 Abs. 4 Satz 1 NKomVG zu überschreiten.

b) Den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum hat der Gesetzgeber auch nicht durch die Einführung der Jugendhilfeumlage gem. § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG als Sonderumlage im Rahmen der Regionsumlage verletzt.

aa) Unbegründet ist die Rüge, der Gesetzgeber habe seinem Entschluss zur Einführung einer Jugendhilfeumlage unter Verletzung des Willkürverbots einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt, indem er von einer Doppelbelastung der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt ausgegangen sei. Unabhängig von der Frage, ob das rechtsstaatliche Willkürverbot und seine Ausprägungen in Art. 58 NV aufgehen oder einen selbstständigen verfassungsrechtlichen Maßstab bilden (vgl. hierzu Nds. StGH, Urteil vom 4. Juni 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 241), erweist sich eine gesetzgeberische Entscheidung nur dann als willkürfrei, wenn der Gesetzgeber sie auf der Basis des richtigen Sachverhaltes getroffen hat.

Diesen Vorgaben hat der Gesetzgeber vorliegend im Gesetzgebungsverfahren genügt. Er ist davon ausgegangen, dass die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt gegenüber den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt benachteiligt seien (Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Zusammenfassung und Modernisierung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts, Nds. LT-Drs. 16/3147, S. 31). Diese Benachteiligung hat der Gesetzgeber darin gesehen, dass die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt einerseits mindestens 20 % ihrer Kosten für das Jugendamt selbst tragen müssen und andererseits über die Regions-umlage an den Kosten für das Jugendamt der Region beteiligt sind (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2).

Die bei der Einführung der Jugendhilfeumlage in tatsächlicher Hinsicht zu Grunde gelegten Annahmen des Gesetzgebers erweisen sich als zutreffend. Die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt waren vor Einführung der Jugendhilfeumlage gegenüber den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt finanziell benachteiligt. Diese Benachteiligung bestand darin, dass die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt neben dem verbleibenden Eigenanteil in Höhe von mindestens 20 % der Personal- und Sachkosten für die genannten Leistungen über die Regionsumlage auch die gesamten Aufwendungen für das Jugendamt der Region anteilig mitfinanziert haben, obwohl die vom Jugendamt der Region erbrachten Leistungen ausschließlich den Einwohnern der regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt zugutekamen.

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung wurde dieser Nachteil auch nicht durch andere Vorteile, wie z.B. Synergieeffekte, kompensiert. Der nur geringe Umfang der Synergieeffekte beruht nach den Angaben der in der mündlichen Verhandlung gehörten Auskunftspersonen unter anderem darauf, dass der überwiegende Anteil der Aufwendungen der regionsangehörigen Gemeinden für ihre Jugendämter aus Sachkosten besteht. Dementsprechend kommt es zu Synergieeffekten lediglich im Bereich des „Verwaltungs-Overheads“. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen korrespondiert die unvollständige Erstattung der Aufwendungen nicht mit dem Umstand, dass die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt nur einen Teil der Aufgaben der Jugendhilfe übernähmen. Abgesehen von wenigen zentralen Einrichtungen führen die Jugendämter der regionsangehörigen Gemeinden alle Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe aus. Sie erhalten aber nur bis zu 80 % der Aufwendungen für die im Gesetz genannten Leistungen erstattet. Zudem erhalten die Gemeinden mit eigenem Jugendamt nur für die in § 160 Abs. 4 Satz 5 NKomVG genannten Aufgaben nach dem SGB VIII eine anteilige Kostenerstattung, nicht aber für die weiteren, von ihnen darüber hinaus wahrgenommenen Aufgaben nach dem SGB VIII, die in § 160 Abs. 4 Satz 5 NKomVG nicht aufgeführt sind. Die verbleibende Eigenbelastung führt im Zusammenhang mit der von allen Gemeinden über die Regionsumlage aufzubringenden Finanzierung des Jugendamtes der Region zu der vom Gesetzgeber angenommenen finanziellen Benachteiligung. Diese durfte der Gesetzgeber zum Anlass für die Einführung der Jugendhilfeumlage nehmen.

bb) Die Rüge, der Gesetzgeber habe gegen die vom Staatsgerichtshof im Göttingen-Urteil vom 16. Mai 2001 statuierte Begründungspflicht verstoßen, ist unbegründet.

Zwar hat der Staatsgerichtshof in seinem Urteil vom 16. Mai 2001 (- StGH 6/99 -, NStGHE 4, 31, 66 f.) ausgeführt, dass gerade Entscheidungen im Rahmen des legislativen Gestaltungsspielraums einer plausiblen und nachvollziehbaren Begründung bedürfen. Dieser Begründungspflicht ist der Gesetzgeber jedoch vorliegend in ausreichender Weise nachgekommen. Insoweit ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien, dass der Gesetzgeber die von ihm erkannte Benachteiligung der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt beseitigen wollte. Darüber hinaus sollte diese Beseitigung der finanziellen Benachteiligung auch dazu führen, dass weitere regionsangehörige Gemeinden den Antrag stellen, sich gemäß dem ursprünglichen Konzept des Gesetzgebers zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen zu lassen (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2). Diese Begründung ist nachvollziehbar. Sie trägt den Besonderheiten in der Region Hannover Rechnung und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

cc) Unbegründet ist auch die Rüge, die Jugendhilfeumlage sei systemwidrig und verstoße damit gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit.

Den Bedeutungsgehalt des vom BVerfG (Urteil vom 19.10.1982 - 1 BvL 39/80 -, BVerfGE 61, 138, 148 f.; Beschluss vom 06.11.1984, - 2BvL 16/83 -, BVerfGE 68, 237, 253 [BVerfG 06.11.1984 - 2 BvL 16/83]; Urteil vom 23.01.1990, - 1 BvL 44/86 -, - 1 BvL 48/87 -, BVerfGE 81, 156, 207) entwickelten Grundsatzes der Systemgerechtigkeit umschreibt der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 11. Dezember 2007 (- VerfGH 10/06 -, NWVBl. 2008, 223 m.w.N.) wie folgt:

„Nach welchem System der Gesetzgeber eine bestimmte Materie ordnen will, obliegt seiner Entscheidung. Weicht er vom selbstbestimmten System ab, kann das einen Gleichheitsverstoß indizieren. Ein solcher liegt nicht vor, wenn es für die Abweichung plausible Gründe gibt.“

Diese Grundsätze hat der Staatsgerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juni 2010 (- StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 241 f.) bei der Prüfung von Vorschriften im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs angewendet. Dabei hat er offengelassen, ob bei der Prüfung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit wegen dessen Verankerung im Rechtsstaatsprinzip ein rein objektiver Maßstab anzuwenden (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1993, 1 BvL 34/81, BVerfGE 89, 132, 141 und vom 18. Juli 2005, 2 BvF 2/01, BVerfGE 113, 167, 262; Nds. StGH, Urteil vom 14. Februar 1979 - StGH 2/77 -, NStGHE 2, 1, 155) oder ob wegen des aus Art. 58 NV abgeleiteten Grundsatzes der Aufgabengerechtigkeit des Finanzausgleichs ausschließlich auf die dokumentierten Erwägungen des historischen Gesetzgebers abzustellen sei.

Die vorstehend wiedergegebenen Maßstäbe sind auch bei der verfassungsrechtlichen Prüfung der Frage zugrunde zu legen, ob es dem Gebot der Systemgerechtigkeit widerspricht, dass die Jugendhilfeumlage als Sonderumlage nur von den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt aufzubringen ist.

Der Grundsatz der Systemgerechtigkeit wird durch § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG nicht dadurch verletzt, dass die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt mit der Jugendhilfeumlage Aufwendungen der Region für das Jugendamt der Region anteilig finanzieren. Zwar weisen die Beschwerdeführerinnen zu Recht darauf hin, dass die Region nach § 160 Abs. 4 Satz 1 NKomVG der originäre örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist. Gleichwohl ist es nicht systemwidrig, dass die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt mit der Jugendhilfeumlage die im Gesetz genannten Aufwendungen der Region anteilig finanzieren. Denn die vom Jugendamt der Region erbrachten Leistungen, die als Bemessungsgrundlage für die Jugendhilfeumlage herangezogen werden, kommen nur den Einwohnern der Gemeinden zugute, die kein eigenes Jugendamt unterhalten. Die mit diesen Leistungen verbundenen Aufwendungen der Region werden nunmehr zu mindestens 20 % von den regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt über die Jugendhilfeumlage finanziert. Damit entspricht die Belastung der von der Jugendhilfeumlage betroffenen Gemeinden im Ausgangspunkt dem damit korrespondierenden Eigenanteil der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt. Folglich werden im Ergebnis die regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem und ohne eigenes Jugendamt vergleichbar belastet.

Ergänzend zur Beseitigung der Benachteiligung der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt wollte der Gesetzgeber – entsprechend seinem ursprünglichen Konzept der ortsnahen Jugendhilfe in der Region – auch einen Anreiz für regionsangehörige Gemeinden schaffen, ein eigenes Jugendamt zu errichten bzw. beizubehalten. Diese auch hinsichtlich des Förderzwecks zulässige und insgesamt nachvollziehbare Begründung hat hinreichenden Eingang in die Gesetzesmaterialien gefunden (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2). Folglich kommt es nicht auf die vom Staatsgerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juni 2010 (- StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 242) aufgeworfene Frage an, ob ein rein objektiver Maßstab anzuwenden oder ausschließlich auf die dokumentierten Erwägungen des historischen Gesetzgebers abzustellen ist.

dd) Unbegründet ist auch die Rüge, § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG verletze das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung.

Der Staatsgerichtshof und andere Landesverfassungsgerichte haben zur Begründung der Schranken des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums aus dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten objektiven Willkürverbot das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung entwickelt (Nds. StGH, Urteil vom 4. Juni 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 241 f. m.w.N.). Dieses Gebot verbietet es nach einer vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg ständig verwandten und auch vom Staatsgerichtshof übernommenen (Nds. StGH, Urteil vom 4. Juni 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 241 f.) Umschreibung, bei der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs bestimmte Gemeinden oder Gemeindeverbände sachwidrig zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Es verbietet willkürliche, sachlich nicht vertretbare Differenzierungen und ist verletzt, wenn für die Regelung ein sachlicher Grund fehlt. Das Verfassungsgericht hat demgegenüber nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die bestmögliche und gerechteste Lösung gewählt hat (VerfGH NRW, Urteil vom 1. Dezember 1998 - VerfGH 5/97 -, DVBl. 1999, 391). In Respektierung der politischen Handlungs- und Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht zu prüfen, ob die Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Der Gesetzgeber darf innerhalb gewisser Grenzen im Rahmen der Gemeindefinanzierung auch ihm zweckmäßig Erscheinendes verfolgen. Ihm kommt insoweit ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn sich der „Gesetzgeber auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt“ (vgl. VerfG Bbg, Urteile vom 18. Juni 1998, - VfGBbg     27/97 -,  LVerfGE 8, 97, 139, und vom 29. August 2002, - VfGBbg 34/01 -, LVerfGE 13, 159, 174; Beschluss vom 18. Mai 2006, - VfGBbg 39/04 -, LVerfGE 17, 103).

Diese zum kommunalen Finanzausgleich entwickelten Grundsätze gelten auch für die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Bestimmungen über die Jugendhilfeumlage als Teil der Regionsumlage.

Die Beschwerdeführerinnen sind nicht dadurch gleichheitswidrig gegenüber anderen niedersächsischen Gemeinden benachteiligt, dass sie als regionsangehörige Gemeinden Teil eines besonderen Regelungsregimes sind, das sich im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe von dem der übrigen niedersächsischen Landkreise unterscheidet. Unterschiedliche Regelungen bestehen zwar hinsichtlich der Möglichkeit für regionsangehörige Gemeinden, sich zum örtlichen Träger der Jugendhilfe bestimmen zu lassen und im Bereich der Finanzierung der Jugendhilfeaufgaben. Der Gesetzgeber hat mit diesen Sonderregelungen den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum jedoch nicht überschritten. Er hat vielmehr die Sonderregelungen den Verhältnissen in der Region Hannover, die sich erheblich von denen im übrigen Land unterscheiden, angepasst. Aufgrund der erheblichen regionalen Unterschiede ist eine landeseinheitliche Regelung nicht geboten.

Der Gesetzgeber hat bereits mit der Errichtung der Region Hannover als einer neuartigen Gebietskörperschaft auf die erheblichen Besonderheiten im Großraum Hannover reagiert. Diese bestehen zum einen in der Ausnahmestellung der Landeshauptstadt Hannover, zum anderen in der besonderen Verwaltungskraft der regionsangehörigen Gemeinden. An diese besondere Verwaltungskraft anknüpfend wollte der Gesetzgeber im Bereich der Region Hannover einen möglichst bürgernahen Verwaltungsvollzug fördern (Nds. LT-Drs. 14/1880, S. 73). Um das politische Ziel einer dezentralen Aufgabenwahrnehmung auf dem Gebiet der Jugendhilfe durchzusetzen, hat der Gesetzgeber einen zusätzlichen finanziellen Anreiz gesetzt. Die Erstattung von bis zu 80 % der im Gesetz genannten Aufwendungen sollte die regionsangehörigen Gemeinden veranlassen, die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe selbst zu übernehmen. Diesen Ansatz hat der Gesetzgeber im Rahmen der Beratung zum RegHanG nachvollziehbar begründet (Nds. LT-Drs. 14/1880, S. 78 ff.) und mit der Jugendhilfeumlage ebenfalls nachvollziehbar weiterentwickelt.

Die Einführung der Jugendhilfeumlage durch das NKomVG führt auch nicht zu einer gleichheitswidrigen Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerinnen gegenüber kreisangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt. Die Jugendhilfeumlage stellt lediglich eine Ergänzung der bestehenden Sonderregelungen zur Finanzierung der Aufwendungen im Bereich der Jugendhilfe in der Region Hannover dar. Sie hält sich im Bereich der speziellen Regelungen innerhalb der Region Hannover. Daraus folgt, dass kreisangehörige Gemeinden nicht als Vergleichsgruppe für die Prüfung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung in Betracht kommen. Denn diese unterliegen in zulässiger Weise einem anderen Regelungsregime.

Die Jugendhilfeumlage führt auch nicht zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung der regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt gegenüber den regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt. Zwar sind die Beschwerdeführerinnen und die übrigen regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt durch die Einführung der Jugendhilfeumlage finanziell stärker belastet als zuvor; diese stärkere Belastung findet ihren sachlichen Grund jedoch in dem gesetzgeberischen Ziel, die  zuvor bestehende Benachteiligung der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt zu beseitigen. Insoweit hat sich der Gesetzgeber auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung gestützt (s.o. unter aa).

Ebensowenig greift die Rüge durch, der Gesetzgeber hätte sein Ziel, die regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt vorrangig an der Finanzierung der Aufwendungen der Region im Bereich der Jugendhilfe heranzuziehen, dadurch besser erreicht, wenn er eine Regelung wie in § 56 KrO NRW getroffen hätte. Denn der Staatsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die bestmögliche und gerechteste Lösung gewählt hat (Landesverfassungsgericht Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 26. Januar 2012, - LVerfG 18/10 u. 33/10 -, NordÖR 2012, 229 m.w.N.).

ee) Die Rüge, § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG verstoße gegen das Verbot der Übernivellierung, greift ebenfalls nicht durch.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs sind dem Gesetzgeber beim Erlass jeder finanzausgleichsrechtlichen Regelung Grenzen gesetzt. Der Finanzausgleich soll die Finanzkraftunterschiede der Gemeinden durch Angleichung mildern (sog. Harmonisierungsgebot); er soll sie aber nicht vollständig abbauen oder gar im Ergebnis bewirken, dass die tatsächliche Finanzkraftreihenfolge umgekehrt wird. Daher findet das Ausgleichsgebot dort seine Grenze, wo es zur Nivellierung oder gar Übernivellierung führt (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2,3,6 bis 10/93 -, NStGHE 3, 136 164; Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 58; Nds. StGH, Urteil vom 4. Juni 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 239).

Der Staatsgerichtshof lässt insoweit offen, ob diese zum kommunalen Finanzausgleich entwickelten Grundsätze auf die Jugendhilfeumlage anwendbar sind. Gegen die Übertragung der Grundsätze spricht der Umstand, dass die betroffenen Gemeinden die Wahl haben, sich zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmen zu lassen und so zu vermeiden, zu der Jugendhilfeumlage herangezogen zu werden. Jedenfalls sind die von den beschwerdeführenden Gemeinden vorgelegten Unterlagen nicht geeignet, eine Rangstellenverschiebung zu belegen. So basieren die in der Anlage K3 ausgewiesenen Rangstellenverschiebungen auf einem Vergleich der Einnahme-/Ausgabesituation der regionsangehörigen Gemeinden vor und nach der Berücksichtigung der neu eingeführten Jugendhilfeumlage. Eine verfassungswidrige Übernivellierung würde jedoch nur dann eintreten, wenn sich die Reihenfolge in der Finanzkraft der Gemeinden nach Durchführung des Finanzausgleichs unter Heranziehung der Jugendhilfeumlage veränderte. Dies ist jedoch weder von den Beschwerdeführerinnen vorgetragen worden, noch lässt es sich aus den vorgelegten Unterlagen entnehmen.

ff) Unbegründet ist auch die Rüge, die Bestimmungen über die Jugendhilfeumlage verstießen insoweit gegen das Willkürverbot, als für die Ermittlung ihrer Höhe die Daten des vorvergangenen Jahres zugrunde gelegt würden.

Die vom Gesetzgeber bei der Berechnung der Jugendhilfeumlage gewählte Anknüpfung an die Aufwendungen für das Jugendamt der Region im vorvergangenen Jahr – und nicht an aktuelle Plandaten  –  ist nicht willkürlich. Insoweit wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass „es mit der Neuverteilung der Aufwendungen nicht zu einer Erhöhung der Regionsumlage“ insgesamt kommt. Dazu sollte „ein fester, von der Region tatsächlich aufgewandter Betrag von den Umlagegrundlagen abgezogen“ (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2) und vorab von den Gemeinden ohne eigenes Jugendamt entrichtet werden. Dabei sollte es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers um eine „klar bezifferbare und verifizierbare Summe“ handeln (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2). Folglich hat der Gesetzgeber zur Vermeidung von Unsicherheiten auf die Zugrundelegung von Plandaten verzichtet. Allerdings können die Aufwendungen der Region für das Jugendamt im vorvergangenen Jahr (Bezugsjahr) von den prognostizierten Aufwendungen der Region für das Jugendamt der Region im übernächsten Jahr, für das die Jugendhilfeumlage ermittelt wird (Festsetzungsjahr), abweichen. Der Gesetzgeber hat jedoch eine nachvollziehbare und damit verfassungsrechtlich ausreichende Begründung für die von ihm gewählte Anknüpfung gegeben.

Ebensowenig ist es im Ergebnis verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass der Gesetzgeber an die Aufwendungen der Region aus dem vorvergangenen Jahr  – und nicht aus dem vergangenem Jahr – anknüpft. Dies gilt jedenfalls, soweit sich die Anzahl der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt zwischen dem Bezugsjahr und dem Festsetzungsjahr nicht ändert. In diesem Fall wird durch die Anknüpfung an das Vorvorjahr gewährleistet, dass diese Daten bei der Berechnung der Regionsumlage (einschließlich der Jugendhilfeumlage) tatsächlich vorliegen. Dies wäre bei einer Anknüpfung an die Aufwendungen der Region für das Vorjahr nach den Angaben der Auskunftspersonen in der mündlichen Verhandlung nicht gewährleistet. Dieses Vorgehen hat der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zwar knapp, aber noch ausreichend begründet (vgl. 1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2).

Die vom Gesetzgeber bei der Ermittlung der Jugendhilfeumlage gewählte Anknüpfung an die Aufwendungen für das Jugendamt der Region im vorvergangenen Jahr würde sich jedoch als sachwidrig erweisen, falls sich die Zahl der Gemeinden ohne eigenes Jugendamt zwischen dem Bezugsjahr und dem Festsetzungsjahr verringerte. Nach dem Wortlaut des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG müssen diejenigen regionsangehörigen Gemeinden die Jugendhilfeumlage aufbringen, die in dem Festsetzungsjahr kein eigenes Jugendamt unterhalten. Die im Gesetz genannten Aufwendungen für das Jugendamt der Region als Bemessungsgrundlage für die Jugendhilfeumlage enthalten aber auch Aufwendungen, die noch den Einwohnern derjenigen regionsangehörigen Gemeinden zugutegekommen sind, die erst zwischen dem Bezugsjahr und dem Festsetzungsjahr ein Jugendamt eingerichtet haben. Damit trügen die regionsangehörigen Gemeinden, die im Festsetzungsjahr über kein eigenes Jugendamt verfügten, im Ergebnis Aufwendungen, die wirtschaftlich einer größeren Zahl von regionsangehörigen Gemeinden zugutegekommen sind, als nunmehr zur Aufbringung der Jugendhilfeumlage herangezogen werden.

Diese erhöhte Belastung der verbleibenden regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt wäre nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Es wäre nicht zu begründen, warum im Falle der Errichtung weiterer Jugendämter durch regionsangehörige Gemeinden die verbleibenden regionsangehörigen Gemeinden ohne eigene Jugendämter die gesamte Jugendhilfeumlage aufbringen sollten, deren Höhe auch dadurch beeinflusst ist, dass im Bezugsjahr diejenigen regionsangehörigen Gemeinden, die in der Zwischenzeit ein eigenes Jugendamt errichtet haben, noch kein eigenes Jugendamt hatten. Insoweit würden die verbleibenden Gemeinden ohne eigenes Jugendamt quasi den Anteil derjenigen regionsangehörigen Gemeinden mit übernehmen, die zwischen dem Bezugsjahr und dem Festsetzungsjahr ein eigenes Jugendamt errichtet haben. Ferner ist von Bedeutung, dass sich die tatsächlichen Aufwendungen für das Jugendamt der Region sich im Festsetzungsjahr im Verhältnis zum Bezugsjahr tendenziell verringern dürften, falls nach dem Bezugsjahr weitere regionsangehörige Gemeinden eigene Jugendämter errichteten.

Obwohl nach dem bloßen Wortlaut des § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG in der geschilderten Konstellation eine sachwidrige Benachteiligung der verbleibenden umlagepflichtigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt vorläge, führt dies jedoch nicht zu einem Verfassungsverstoß, da eine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmung möglich ist. Nach verfassungskonformer Auslegung sind  nur die Gemeinden, die auch im Festsetzungsjahr kein eigenes Jugendamt unterhalten, zur Jugendhilfeumlage heranzuziehen. Die Jugendhilfeumlage wird jedoch um den Betrag gemindert, der auf diejenigen regionsangehörigen Gemeinden entfällt, die zwischen Bezugsjahr und Festsetzungsjahr ein eigenes Jugendamt errichtet haben. Damit entspricht der tatsächlich von den verbleibenden regionsangehörigen Gemeinden ohne eigenes Jugendamt aufzubringende Anteil nur demjenigen Betrag, der auf sie entfallen wäre, wenn sich die Anzahl der regionsangehörigen Gemeinden mit eigenem Jugendamt nicht verändert hätte.

Als Folge hiervon würde die Jugendhilfeumlage in dieser Konstellation geringer ausfallen. Dies dürfte in der Praxis jedoch mit dem Umstand korrespondieren, dass sich die Aufwendungen der Region für das Jugendamt der Region tendenziell verminderten, falls weitere regionsangehörige Gemeinden nach dem Bezugsjahr eigene Jugendämter errichteten. Die nach Abzug der so verminderten Jugendhilfeumlage verbleibende Regionsumlage wird dann – systemgerecht – von allen regionsangehörigen Gemeinden aufgebracht.

gg) Unbegründet ist auch die Rüge, nach den Maßstäben des Urteils des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Februar 2010 (- LVG 9/08 -, LKV 2010, 477) verstoße § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG gegen den Bestimmtheitsgrundsatz; das NKomVG regele nicht, nach welchem Maßstab die Jugendhilfeumlage von den betroffenen Gemeinden aufzubringen sei. In der genannten Entscheidung führt das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt aus:

„Kernelement des Rechtsstaatsprinzips ist, dass alle materiellen Rechtsnormen mit Regelungsanspruch dem Rechtsunterworfenen gegenüber diesem die Möglichkeit einräumen, sein Verhalten auf die Rechtsnorm einzurichten (BVerfG, Beschl. v. 07.04.1964 - 1 BvL 12/63 -, BVerfGE 17, 306 [BVerfG 07.04.1964 - 1 BvL 12/63] [314]). Schon nach allgemeinen rechtsstaatlichen Regeln verlangt der Bestimmtheitsgrundsatz, gesetzliche Tatbestände so präzise zu formulieren, dass ein Normadressat sein Handeln kalkulieren kann, weil die Folgen der Regelung für ihn voraussehbar und berechenbar sind. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn diese mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 -, BVerfGE 83, 130 [145]).“

Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Staatsgerichtshof anschließt, liegt kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor. Zwar ist in § 166 Abs. 3 NKomVG nicht ausdrücklich geregelt, in welchem Verhältnis die Jugendhilfeumlage von den betroffenen Gemeinden zu erbringen ist; dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Es reicht aus, dass entsprechende Regelungen im NFAG getroffen worden sind. Da die Jugendhilfeumlage mit der Regionsumlage erhoben wird,  gelten mangels spezieller Regelungen die allgemeinen Vorschriften über die Erhebung der Regionsumlage. Maßgebende Parameter sind nach § 3 Abs. 3 NKomVG i.V.m. § 15 Abs. 2 NFAG demnach die Steuerkraftzahlen der betroffenen Gemeinden sowie die auf sie entfallenden Schlüsselzuweisungen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Höhe der Jugendhilfeumlage in der Weise von der Finanzkraft der betroffenen Gemeinden abhängig ist, dass finanzstärkere Gemeinden einen größeren Anteil als finanzschwächere Gemeinden zu tragen haben.

hh) Die Erhebung der Jugendhilfeumlage nach Maßgabe der Finanzkraft der betroffenen Gemeinden ist auch nicht sachwidrig und verletzt deshalb nicht das Willkürverbot.

Insoweit steht – wie ausgeführt – dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die von den Beschwerdeführerinnen geforderte Anknüpfung an die tatsächlichen Fallzahlen und damit an die in den betroffenen Gemeinden verursachten Kosten wäre zwar in gleicher Weise möglich gewesen; sie ist jedoch nicht zwingend. Hinsichtlich der Zuweisungen an die Gemeinden im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs hat der Staatsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass für die Bestimmung der nach Art. 58 NV erforderlichen Mittel – anders als bei Art. 57 Abs. 4 NV – keine Kostenanalyse, sondern eine typisierende Bedarfsanalyse vorzunehmen ist (Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2,3,6 bis 10/93 -, NStGHE 3, 136, 164, und Urteil vom 16.05.2001 - StGH 6/99  u.a. -, NStGHE 4, 31, ). Dies bedeutet, dass es bei der Verteilung der Mittel im Rahmen des Art. 58 NV nicht auf die tatsächlichen Kosten der einzelnen Gemeinden ankommt. Diese Wertung ist auf die vorliegende Konstellation zu übertragen.

Der Gesetzgeber hat sich in Kenntnis anderer Möglichkeiten für die Aufbringung der Jugendhilfeumlage nach Maßgabe der Finanzkraft der betroffenen Gemeinden entschieden. Er hat dies mit den Gesichtspunkten der Praktikabilität und mit der Gewährleistung der Ausgleichsfunktion der Region begründet (1. Nachtrag zur Vorlage 16 zu Nds. LT-Drs. 16/2510, S. 2). Diese Begründung ist nachvollziehbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verteilung der Aufwendungen nach Fallzahlen bzw. den tatsächlichen Kosten hätte einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand nach sich gezogen. Die insoweit wirksame Ausgleichsfunktion der Region hat zur Folge, dass dem vom Staatsgerichtshof aufgestellten Gebot der Harmonisierung Rechnung getragen wird (vgl. Nds. StGH, Beschluss vom 15. August 1995 - StGH 2,3,6 bis 10/93 -, NStGHE 3, 136, 164; Nds. StGH, Urteil vom 16. Mai 2001 - StGH 6/99 u.a. -, NStGHE 4, 31, 56 und Nds. StGH, Urteil vom 4. Juni 2010 - StGH 1/08 -, NdsVBl. 2010, 236, 240 jeweils zum übergemeindlichen Finanzausgleich). Dieses Harmonisierungsgebot ist auch bei der Festlegung der Maßstäbe für die Regionsumlage zu beachten.

II.

Soweit sich die Verfassungsbeschwerden gegen § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG richten, könnten bereits Zweifel an deren Zulässigkeit bestehen. Sie  sind jedenfalls unbegründet.

Die Rüge, die der Region durch § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG eingeräumte Befugnis, die Erstattungsmöglichkeit nach § 160 Abs. 4 Sätze 5 und 6 NKomVG auf weitere Leistungen nach dem SGB VIII auszuweiten, erhöhe die Belastung der Gemeinden durch die Jugendhilfeumlage in verfassungswidriger Weise, greift nicht durch.

Nach § 160 Abs. 4 Satz 7 NKomVG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. Dezember 2012 kann die Region Hannover die Anwendung der Sätze 5 und 6 auf weitere Aufgaben und Leistungen nach dem SGB VIII erstrecken. Als solche Leistungen kommen beispielsweise die Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17), die Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts (§ 18), die Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen (§ 20), die Unterstützung selbst organisierter Förderung von Kindern (§ 25), die Hilfe zur Erziehung (§ 27), die Erziehungsberatung (§ 28), die Krankenhilfe (§ 40), die Mitwirkung im Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), die Beratung und Unterstützung bei Vaterfeststellung (§ 52a), die Förderung der freien Jugendhilfe (§ 74) und die Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder (§ 74a) in Betracht.

Sofern die Region von dieser Erweiterungsmöglichkeit Gebrauch machen würde, führte dies zunächst zu einem erhöhten Erstattungsanspruch der Gemeinden mit eigenem Jugendamt gegenüber der Region. Die Erweiterung hätte spiegelbildlich zur Folge, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Jugendhilfeumlage veränderte und die Gemeinden ohne eigenes Jugendamt eine höhere Umlage zu tragen hätten. Allein der Hinweis der Beschwerdeführerinnen auf die mit der Erweiterungsmöglichkeit einhergehende höhere finanzielle Belastung reicht jedoch nicht aus, um eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts zu begründen.

III.

Soweit die Beschwerdeführerinnen hilfsweise die Feststellung beantragen, dass § 160 Abs. 4 Satz 7 und § 166 Abs. 3 Sätze 4 und 5 NKomVG mit Art. 57 Abs. 1 NV nicht vereinbar seien, sind die Kommunalverfassungsbeschwerden unzulässig.

Der Hilfsantrag enthält gegenüber den Hauptanträgen zu 1 und 2 keine weitergehende Rechtsfolge. Die mit dem Hilfsantrag begehrte Rechtsfolge ist vielmehr vollumfänglich in den Hauptanträgen enthalten.