Staatsgerichtshof Niedersachsen
Urt. v. 17.08.2012, Az.: StGH 1/12

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
17.08.2012
Aktenzeichen
StGH 1/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44550
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Antragsgegnerin hat durch die Antwort auf die Dringliche Anfrage der Antragstellerin vom 16. Januar 2012 (Landtagsdrucksache 16/4383) in der 126. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 19. Januar 2012 ihre Antwortpflicht aus Art. 24 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung (NV) verletzt, soweit sie ihre schriftliche Antwort vom 14. April 2010 auf die zweite, vierte und fünfte Frage der Kleinen Anfrage des Antragstellers zu 2. vom 11. März 2010 (Landtagsdrucksache 16/2447) bestätigt hat.

Der weitergehende Antrag der Antragstellerin zu 1. wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

Gründe

A.

Gegenstand des Organstreitverfahrens ist die Frage, ob die Niedersächsische Landesregierung ihre verfassungsrechtliche Pflicht zur Beantwortung parlamentarischer Anfragen hinreichend erfüllt hat.

Der Antrag bezieht sich auf die Antwort der Landesregierung vom 19. Januar 2012 auf die Dringliche Anfrage der SPD-Fraktion vom 16. Januar 2012 (Landtagsdrucksache 16/4383). Diese Anfrage befasste sich mit dem „Nord-Süd-Dialog 2009“, einer Veranstaltung im Flughafengebäude des Flughafens Hannover im Dezember 2009, die bereits im Jahr 2010 Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage des Antragstellers zu 2. war. Die Anfrage vom 16. Januar 2012 hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Die im Verlauf der Affäre um den ehemaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Bundespräsidenten C. W. bekannt gewordenen Vorwürfe haben viele Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung durch den ehemaligen Ministerpräsidenten und die Landesregierung in der öffentlichen Debatte als unbefriedigend, unvollständig oder gar nicht bezeichnet wurde […].

Zugleich wurde durch Recherchen der Medien deutlich, dass die ehemalige Landesregierung unter dem Ministerpräsidenten W. bei der Beantwortung von Parlamentsfragen zu diesen Komplexen zentrale Informationen nicht gegeben und Fragen nicht vollständig beantwortet hat […]. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen fragen wir die Landesregierung:

1. Würde die Landesregierung angesichts der schon bekannt gewordenen Aktivitäten des ehemaligen Ministerpräsidenten und des ehemaligen Regierungssprechers im Zusammenhang mit der Organisation zumindest des ‚Nord-Süd-Dialogs 2009‘ heute immer noch zu der am 14. April 2010 – vor allem auf die Fragen 5 und 7 – gegebenen Antwort stehen?

2. […].“

Die Dringliche Anfrage beantwortete Finanzminister M. in der 126. Plenarsitzung des Landtages am 19. Januar 2012 wie folgt:

„Zu Frage 1: Ja, die Landesregierung steht nach wie vor zu der am 14. April 2010 gegebenen Antwort. Ein Verstoß gegen Art. 24 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung kann schon deswegen nicht vorliegen, weil sich der Sachverhalt auch in der heutigen Rückbetrachtung so darstellt wie damals in der in Bezug genommenen Antwort […].

Das Land war nicht Veranstalter des Nord-Süd-Dialogs und hat sich nicht finanziell beteiligt. …“

Die der Beantwortung vom 14. April 2010 zugrundeliegende Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung des Abgeordneten B. vom 11. März 2010 lautete auszugsweise:

Der Nord-Süd-Dialog: Imagepflege für Niedersachsen oder Promi-Event für den Ministerpräsidenten?

Bereits zum dritten Male hat der ‚Nord-Süd-Dialog‘ – eine Veranstaltung der Länder Baden-Württemberg und Niedersachsen – stattgefunden. In den offiziellen Erklärungen wird die Veranstaltung stets als Instrument zur Vermittlung von Kontakten zwischen Entscheidern, zur Imagepflege der beiden Länder oder gar als effektive Förderung der Wirtschaft beschrieben. Verfolgt man die nachlaufende Presseberichterstattung, so wird dann allerdings vor allem beschrieben, welche A- und B-Promis sich auf der Party getummelt und sich mit den beiden Ministerpräsidenten bzw. deren Gattinnen haben ablichten lassen.

Ich frage deshalb die Landesregierung:

1. Von wem ging die ursprüngliche Idee für diesen Dialog aus, welche Ziele sollten damit erreicht werden, und von wem wurde das Veranstaltungskonzept entwickelt?

2. Wer ist der Organisator und Träger dieser Veranstaltung – die Regierungen bzw. die Staatskanzleien der beiden beteiligten Länder oder eine Privatperson bzw. eine Privatfirma?

3. Falls die Länder selbst die Veranstalter und Träger sind: Wurde die Veranstaltung ausgeschrieben, und warum fiel dabei die Entscheidung auf den Partymanager Schmidt?

4. In welchem Umfang hat das Land Einfluss auf den Ablauf der Veranstaltungen und auf die Gästeliste, und, wenn ja, wer trifft beim Land dafür die Entscheidungen?

5. Welche Konstruktion – ob Landes- oder Privatveranstaltung – liegt zugrunde, beteiligen sich die Länder an der Finanzierung und, wenn ja, in welcher Höhe (Angabe getrennt nach Ländern)?

6. Ist geplant, dass sich das Land Niedersachsen zukünftig stärker (erstmalig oder mit höherem Zuschuss) an der Finanzierung beteiligen wird?

7. Falls das Land nicht an der Organisation und Finanzierung beteiligt ist: Liegen trotzdem Kenntnisse über die Finanzierungsstruktur und Gewinne bzw. Verluste vor?“

Die Landesregierung beantwortete die Kleine Anfrage vom 14. April 2010 durch den Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Dr. H., schriftlich unter dem 14. April 2010 mit folgendem Wortlaut (LT-Drs. 16/2447, S. 2 f.):

„[…] Zu 1:

Der international renommierte Eventmanager M. S. hatte 2007 die ursprüngliche Idee, er hat auch das Veranstaltungskonzept entwickelt: ‚Während der CEBIT-Messe in Hannover kam mir vor ein paar Monaten die Idee, Menschen aus verschiedenen Ländern, unterschiedlichen Bereichen und Branchen zusammenzubringen und besser zu vernetzen. Das zweit- und das drittgrößte Bundesland haben viele Gemeinsamkeiten, u.a. sind beide Länder internationale Spitzenstandorte für Automobil- und Messewirtschaft‘ ….

Ziel der Veranstaltung ist es zu zeigen, was die Länder Niedersachsen und Baden- Württemberg ausmacht.

Zu 2:

Organisator und Träger der Veranstaltung ist die M. S. Media S.L.

Zu 3:

Die Länder sind weder Veranstalter noch Träger.

Zu 4:

Die Entscheidung, wer eingeladen wird, liegt bei Gastgeber M. S..

Zu 5:

Es handelt sich um eine Privatveranstaltung, es gibt keine Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen.

Zu 6:

Nein.

Zu 7:

Nein.“

Nach dem 19. Januar 2012 wurde durch Presseberichte bekannt, dass die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) für die Veranstaltung „Nord-Süd-Dialog 2009“ unentgeltlich 44 Servicekräfte bereitgestellt hatte. Ferner wurde berichtet, dass sich das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung mit einem Betrag von 3.411,00 € an dem Ankauf von 800 Kochbüchern beteiligt hatte, die mit einer Werbebanderole, auf der das Logo des Ministeriums neben drei Unternehmenslogos abgebildet war, an die Gäste der Veranstaltung verschenkt worden waren.

Aus Anlass dieser Presseberichte nahm die Landesregierung eine Abfrage bei allen Ressorts vor, um mögliche weitere Umstände des „Nord-Süd-Dialog 2009“ aufzuklären. Schon vorher war der ehemalige Regierungssprecher G. von der Staatskanzlei schriftlich, fernmündlich und per E-Mail um Auskunft zum „Nord-Süd-Dialog“ ersucht worden, machte jedoch in seiner Antwort vom 3. Januar 2012 keine Angaben zur Sache und war fernerhin nicht mehr erreichbar. Finanzminister M. nahm am 20. Januar 2012 im Niedersächsischen Landtag (PlenProt. 16/127, S. 16378 f.) und am 25. Januar 2012 im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen (Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - AfRuV Prot. - 16/107, S. 11 f.) zu den Erkenntnissen der Landesregierung über Organisation und Finanzierung des „Nord-Süd-Dialog“ Stellung. Aufgrund eines Auftrags des Ausschusses für Haushalt und Finanzen des Landtags untersuchte der Niedersächsische Landesrechnungshof die haushaltswirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Vorgänge im Zusammenhang mit dem „Nord-Süd-Dialog 2009“ und legte hierüber am 26. Juni 2012 einen Bericht vor, den der Staatsgerichtshof beigezogen hat.

Die Antragstellerin zu 1. ist der Ansicht, die Antwort der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2012 auf die erste Frage der Dringlichen Anfrage verstoße gegen Art. 24 Abs. 1 NV. Die Antwort sei ausweichend gewesen und habe wesentliche Informationen unberücksichtigt gelassen, die mit zumutbarem Aufwand hätten in Erfahrung gebracht werden können. Die Antwort habe sich insbesondere nicht mit den bereits bekannten Aktivitäten des ehemaligen Regierungssprechers G. und des ehemaligen Ministerpräsidenten W. bei der Einwerbung von Sponsorengeldern auseinandergesetzt. Zudem hätte die Antragsgegnerin mit zumutbarem Aufwand, nämlich mit einer frühzeitigeren Abfrage bei den Ministerien nach finanzieller oder organisatorischer Beteiligung am „Nord-Süd-Dialog“ und mit einer Auswertung des E-Mail-Accounts des Herrn G., innerhalb der Antwortfrist die später festgestellte Bereitstellung der 44 Servicekräfte durch die MHH und die Kostenbeteiligung des Landwirtschaftsministeriums an dem Kochbuch in Erfahrung bringen können und darüber Auskunft geben müssen.

Die Antragstellerin zu 1. beantragt festzustellen,

dass die Antragsgegnerin mit der Beantwortung der ersten Frage der Dringlichen Anfrage Landtagsdrucksache 16/4383 durch den Niedersächsischen Finanzminister M. in der 126. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags am 19. Januar 2012 die Antragstellerin in ihrem Auskunftsrecht aus Art. 24 Abs. 1 NV, verfassungsmäßig konkretisiert in § 48 Nds. GO LT, verletzt und gegen ihre Antwortpflicht aus Art. 24 Abs. 1 NV verstoßen hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Der Antragstellerin zu 1. fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Landesregierung ihre Auskunftspflicht nicht in Abrede gestellt habe und das Informationsdefizit nicht mehr bestehe, nachdem Minister M. im Landtagsplenum vom 20. Januar 2012 und im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 25. Januar 2012 weitere Auskünfte zum „Nord-Süd-Dialog“ erteilt habe.

Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Die Landesregierung habe die Frage nach bestem Wissen vollständig beantwortet. Die am 16. Januar 2012 gestellte Frage habe sie als Frage verstanden, ob sie die Antwort der Landesregierung im Jahre 2010 als verfassungsrechtlich korrekt bewerte. Die Frage, ob die Antwort seinerzeit nach bestem Wissen vollständig gewesen sei, habe sie zutreffend mit „ja“ beantwortet. Dem sei dann eine kurze Erläuterung zugefügt worden. Da in der Anfrage vom 11. März 2010 nach der gesellschaftsrechtlichen „Konstruktion“ der Veranstaltung „Nord-Süd-Dialog“ gefragt worden sei, habe die Landesregierung eine „Beteiligung“ oder „Finanzierung“ des Landes Niedersachsen richtigerweise verneint. Die Bereitstellung von Servicekräften oder die Mitfinanzierung von  Kochbüchern seien davon nicht umfasst gewesen. Eine Auskunftspflicht hätte insofern nur bei einer anders formulierten Frage bestanden. Die Verteilung eines Kochbuchs als Werbegeschenk habe mit der Finanzierung einer Veranstaltung nichts zu tun.

Über den Einsatz der 44 Servicekräfte der MHH seien bei der Landesregierung keine Informationen vorhanden gewesen. Zu neuen Erhebungen oder vertieften Recherchen habe weder Anlass noch Verpflichtung bestanden. Gleichwohl habe die Landesregierung durch überobligationsmäßige Recherchearbeit über eine etwaige finanzielle Beteiligung des Landes an den Kosten des „Nord-Süd-Dialog“ auch die weitestgehenden Anforderungen an Informationsbemühungen einer Regierung im Vorfeld einer parlamentarischen Anfrage erfüllt. Abfragen innerhalb der Staatskanzlei Anfang Januar 2012 hätten keine Hinweise oder Indizien erbracht. Sachakten über den „Nord-Süd-Dialog“ seien nicht vorhanden gewesen; der frühere Regierungssprecher G. sei trotz konkreter Versuche nicht erreichbar gewesen. Zahlreiche Versuche der Kontaktaufnahme zu Herrn G. per Telefon, per SMS und per Post seien erfolglos geblieben. Herr G. habe auf Anfragen vor dem 20. Januar 2012 nicht reagiert.

Die Antragstellerin zu 1. und der Antragsteller zu 2. haben ihre zunächst gestellten weiteren Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 zurückgenommen.

B.

I.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.

Die Antragstellerin ist gemäß Art. 54 Nr. 1 NV, § 30 NStGHG i.V.m. § 63 BVerfGG antragsberechtigt. Einen Antrag im Organstreitverfahren können hiernach mit eigenen Rechten ausgestattete Teile der genannten Organe – hier des Landtags – stellen. Dass die antragstellende SPD-Fraktion ein mit eigenen Rechten ausgestatteter Teil des Niedersächsischen Landtags ist, unterliegt keinem Zweifel. Die Antragsberechtigung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass nach Art. 24 Abs. 1 NV die Auskunftspflicht der Landesregierung auf Anfragen von Mitgliedern des Landtags bezogen ist. Die Besonderheit dieser Bestimmung liegt darin, dass auch einzelnen Mitgliedern des Landtags ein Fragerecht zusteht und ihnen gegenüber eine Auskunftspflicht besteht (vgl. Ipsen, Niedersächsische Verfassung, 2011, Art. 24 Rn. 10). Das Fragerecht der Parlamentsfraktionen ist durch diese Erweiterung weder eingeschränkt noch gar ausgeschlossen worden. § 48 Abs. 1 GO LT sieht folgerichtig vor, dass jede Fraktion in jedem Tagungsabschnitt eine Dringliche Anfrage an die Landesregierung richten kann. Der Status einer Parlamentsfraktion als Zusammenschluss von Abgeordneten ist wie der Status der Abgeordneten zu bestimmen und leitet sich im Grundgesetz aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ab (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.7.1991 - 2 BvE 1/91 -, BVerfGE 84, 304, 322 f.; Urt. v. 13.6.1989 - 2 BvE 1/88 -, BVerfGE 80, 188, 219 f.; Urt. v. 14.1.1986 - 2 BvE 14/83 u.a. -, BVerfGE 70, 324, 362 f.). Die Niedersächsische Verfassung enthält in Art. 12 eine gleichlautende Bestimmung. Den Landtagsfraktionen (Art. 19 Abs. 1 NV) stehen daher regelmäßig die gleichen parlamentarischen (Mitwirkungs-)Rechte wie den einzelnen Abgeordneten zu. Auch die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist gegeben, weil die SPD-Fraktion geltend gemacht hat, durch die Antwort der Landesregierung in dem ihr übertragenen Auskunftsrecht verletzt worden zu sein (vgl. § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 1 BVerfGG).

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist ebenfalls zu bejahen. Es ist nicht dadurch entfallen, dass der Finanzminister in der Plenarsitzung des Landtags vom 20. Januar 2012 und im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 25. Januar 2012 weitere Informationen zum „Nord-Süd-Dialog“ gegeben hat. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt grundsätzlich nicht durch das Nachholen einer zuvor abgelehnten Auskunftserteilung (LVerfG Brandenburg, Beschl. v. 28.03.2001 – VfGBbg. 46/00 –, LVerfGE 12, 92 und vom 16.11.2000 – VfGBbg. 31/00 –, LVerfGE 11, 166). Im Organstreitverfahren geht es nicht nur um die Durchsetzung bestimmter Auskunftsrechte des Antragstellers, sondern um die objektive Klärung der zwischen den beteiligten Organen streitigen verfassungsrechtlichen Fragen. Durch die Entscheidung des Verfassungsgerichts soll in diesem Bereich Rechtsfrieden auch für die Zukunft hergestellt werden (vgl. BayVerfGH, Entsch. v. 17.06.1993 – Vf 85-IV-91 –,  VerfGHE 46, 176 ff.). Solange über die Rechtsverletzung zwischen den Beteiligten Streit besteht, ist das Rechtsschutzbedürfnis des Fragestellers auf Feststellung einer Verletzung der Auskunftspflicht gegeben. Die Antragsgegnerin hat nicht zum Ausdruck gebracht, sie sei sich bewusst, mit ihrer Antwort vom 19. Januar 2012 gegen die Auskunftspflicht nach Art. 24 Abs. 1 NV verstoßen zu haben. Sie äußert zwar, dass keine Zweifel an ihrer Auskunftspflicht bestünden, hält aber gleichzeitig an ihrer Auffassung fest, dass die (erst) im weiteren Verlauf der parlamentarischen Diskussion gegebenen zusätzlichen Informationen nicht von der Dringlichen Anfrage vom 16. Januar 2012 umfasst gewesen seien und deshalb eine Antwortpflicht in dem von der Antragstellerin zu 1. behaupteten Umfang nicht bestanden habe. Sie ist vielmehr der Auffassung, sie wäre zu einer umfassenderen Antwort nur verpflichtet gewesen, wenn die Frage anders formuliert worden wäre oder einen anderen Inhalt gehabt hätte. Damit ist der Umfang der Antwortpflicht nach wie vor im Streit, sodass das Rechtsschutzbedürfnis weiterhin besteht.

Der Antrag ist auch fristgerecht eingegangen. Nach § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG muss der Antrag binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekanntgeworden ist, gestellt werden. Diese Frist war bei Eingang des Antrags beim Staatsgerichtshof am 21. Februar 2012 gewahrt.

II.

Der Antrag ist überwiegend begründet. Die Antragsgegnerin hätte weitergehende Nachforschungen anstellen oder ihre Antwort mit einem ausdrücklichen Vorbehalt versehen müssen.

1. Nach Art. 24 Abs. 1 NV hat die Landesregierung Anfragen von Mitgliedern des Landtages im Landtag und in seinen Ausschüssen „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ zu beantworten. Die Formulierung „nach bestem Wissen“ ist an  Stelle des Begriffs „wahrheitsgemäß“ verwandt worden. Hierdurch sollte verdeutlicht werden, dass die Landesregierung ihre Antwort grundsätzlich nur aufgrund ihres gegenwärtigen Kenntnisstandes geben und von ihr nicht notwendigerweise eine objektiv wahrheitsgemäße Antwort verlangt werden kann (vgl. Ipsen, Niedersächsische Verfassung, 2011, Art. 24 Rn. 4; Bogan, in: Epping/Butzer [Hrsg.], Hann. Komm. zur NV, 2012, Art. 24 Rn. 13). Bestem Wissen entspricht eine Antwort, wenn das Wissen, das bei der Landesregierung präsent ist, offenbart wird, bezieht aber auch Informationen ein, die innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in den Geschäftsbereichen der Regierung eingeholt werden können (so für Art. 51 Abs. 1 SächsVerf: SächsVerfGH, Urt. v. 16.04.1998 – Vf. 19-I – 97, LVerfGE 8, 288).

Vor Antworterteilung ist die Landesregierung bei gegebenem Anlass verpflichtet, über den Gegenstand der Frage Nachforschungen anzustellen und den Sachverhalt in zumutbarer Weise aufzuklären. Ohne eine solche Aufklärung kann sich die Landesregierung nicht auf Nichtwissen berufen (so für die BayVerf: BayVerfGH, Entsch. v. 26.07.2006 – Vf 11 - IVa - 05 –, NVwZ 2007, 204 [206]). Sie hat sich das Wissen und den Kenntnisstand jedenfalls der ihrem Verantwortungsbereich direkt unterliegenden (unmittelbaren) Staatsverwaltung, also der Ministerien und der ihnen nachgeordneten Behörden, zu verschaffen (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 01.07.2009 – 2BvE 5/06 –, BVerfGE 124, 161 [196]; HbgVerfG, Urt. v. 21.12.2010 – HVerfG 1/10 –, NVwZ-RR 2011, 425 [428]; BayVerfGH, Entsch. v. 26.07.2006 – Vf 11 - IVa - 05 –, NVwZ 2007, 204 [206] [VerfGH Bayern 26.07.2006 - Vf. 11-IVa-05]; BremStGH, Urt. v. 15.01.2002 – St 1/01 – NVwZ 2003, 81 [84 f.]). Da Art. 24 Abs. 1 NV nur an das Wissen der Landesregierung im Sinne des Art. 28 Abs. 2 NV anknüpft – also an das Wissen des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister – lässt sich nur auf diese Weise sicherstellen, dass der Informationsvorsprung der Ministerialverwaltung und das Informationsdefizit der Abgeordneten beseitigt und ihnen die Möglichkeit der effektiven parlamentarischen Kontrolle der Exekutive eröffnet wird.

Eine zumutbare – und in der Staatspraxis regelmäßig vorgenommene – Maßnahme der Informationsbeschaffung ist die Abfrage der Ressorts. Die Landesregierung ist mithin verpflichtet, sich das Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatskanzlei bzw. der Landesministerien zu verschaffen. Wenn eine Frage hierzu Anlass bietet, kann auch eine Verpflichtung zur Abfrage nachgeordneter Behörden und der der Aufsicht der Landesregierung unterliegenden Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung bestehen (vgl. BayVerfGH, NVwZ 2007, 204 [VerfGH Bayern 26.07.2006 - Vf. 11-IVa-05] [206 f.]). Reicht die Aktenlage nicht aus, muss sich die Landesregierung zusätzlich um die Beschaffung von Informationen aus nichtaktenförmigen Quellen bemühen (vgl. dazu HbgVerfG, Urt. v. 21.12.2010 – HVerfG 1/10 –, NVwZ-RR 2011, 425 [427]).

2. Die Auslegung einer parlamentarischen Anfrage hat nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu erfolgen. Insbesondere sind der Wortlaut, der Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Anfrage zu berücksichtigen. Abzustellen ist zunächst auf den Wortlaut der Frage (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 – 2BvK 1/01 –, BVerfGE 110, 199 [213]; VerfGBbg., Urt. v. 12.06.2008 – 53/06 – Juris Rn. 82). Angesichts der hohen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts kann von dem Fragesteller eine sorgfältige Formulierung seiner Fragen erwartet werden. Allerdings ist der Informationsvorsprung der Regierung und das häufig bestehende Informationsdefizit des Fragestellers zu berücksichtigen, das nicht selten die differenzierte Formulierung einer Frage erschwert (vgl. Kirschniok-Schmidt, Das Informationsrecht des Abgeordneten nach der brandenburgischen Landesverfassung, 2010, S. 144 f. m.w.N.). Neben dem Wortlaut ist daher auch auf den tatsächlichen Zusammenhang, in dem die Frage gestellt war (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 – 2BvK 1/01 – BVerfGE 110, 199 [213]), und auf die Antragsbegründung (Nds. StGH, Beschl. v. 25.11.1997 – 1/97 –,  StGHE 3, 322 [327]) abzustellen. Die Bestimmung des Inhalts einer Frage und eine gegebenenfalls erforderliche Auslegung muss naturgemäß zunächst durch die Regierung erfolgen, soll sie die Frage beantworten können. Dabei muss sie den wesentlichen Inhalt der Frage und deren Begründung aufgreifen, den wirklichen Willen und das daraus erkennbare Informationsbedürfnis des Fragestellers ermitteln und danach Art und Umfang ihrer Antwort ausrichten. Die Auslegung ist im Zweifel so vorzunehmen, dass die Frage keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (BayVerfGH, Entsch. v. 17.07.2001 – Vf 56 – IVa – 00 –,  NVwZ 2002, 715 [VerfGH Bayern 17.07.2001 - Vf. 56 IVa/ 00] [717]). Verbleiben nach der Auslegung der Frage Zweifel an deren Inhalt oder ist die Frage mehrdeutig, kann die Regierung bei der Antwort darauf hinweisen, dass sie die Frage in einem bestimmten Sinn versteht oder ihr zur Zeit eine Beantwortung nicht möglich ist (vgl. ThürVerfGH, Urt. v. 19.12.2008 – 35/07 –, DVBl. 2009, 245 [249]).

Der Staatsgerichtshof ist im verfassungsgerichtlichen Verfahren jedoch nicht an die Auslegung der zur Auskunft verpflichteten Regierung gebunden. Er hat den Inhalt der streitgegenständlichen parlamentarischen Anfrage vielmehr eigenständig zu bestimmen. Dabei kommt es weder auf die subjektive Erwartung des Fragestellers noch auf das subjektive Verständnis der Regierung an; maßgeblich ist vielmehr der objektive Inhalt der Frage (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.03.2004 – 2BvK 1/01 –, BVerfGE 110, 199 [212]).

3. Bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ging die Frage der Antragstellerin zu 1., ob die Landesregierung noch zu der Antwort auf die Kleine Anfrage vom 14. April 2010 „stehe“, über die Frage nach einer verfassungsrechtlichen Bewertung der im April 2010 gegebenen Antwort hinaus. Die Dringliche Anfrage vom 16. Januar 2012 zielte vielmehr darauf ab, entweder eine Bestätigung der schriftlichen Antwort vom 14. April 2010 zu erhalten oder über etwaige neuere Erkenntnisse informiert zu werden.

Nach dem Wortlaut der Dringlichen Anfrage zu 1.:

„Würde die Landesregierung angesichts der schon bekanntgewordenen Aktivitäten des ehemaligen Ministerpräsidenten und des ehemaligen Regierungssprechers im Zusammenhang mit der Organisation zumindest des ‚Nord-Süd-Dialogs‘ heute immer noch zu der am 14. April 2010 – vor allem auf die Fragen 5 und 7  - gegebenen Antwort stehen?“

könnte die Frage dahingehend ausgelegt werden, dass lediglich nach einer „Beteiligung oder Finanzierung durch das Land Niedersachsen“ gefragt war. Mit dieser Auslegung würde allerdings vernachlässigt, dass die Kleine Anfrage des Abgeordneten B. vom 11. März 2010 unter Ziff. 2 lautete:

„Wer ist der Organisator und Träger dieser Veranstaltung – die Regierungen bzw. die Staatskanzleien der beiden beteiligten Länder oder eine Privatperson bzw. eine Privatfirma?“

Auch diese Ziffer der Kleinen Anfrage ist durch die Dringliche Anfrage vom 16. Januar in Bezug genommen worden, weil sie sich zwar „vor allem“ auf die Fragen 5 und 7 richtete, sich aber nicht auf diese beschränkte. Bei vernünftiger Auslegung war die Dringliche Anfrage auch darauf gerichtet, ob die Landesregierung zwischenzeitlich Erkenntnisse gewonnen hatte, die auf eine organisatorische Beteiligung der Regierung bzw. der Staatskanzlei des Landes Niedersachsen hindeutete.

a) Da zum Zeitpunkt der Antwort der Landesregierung vom 19. Januar 2012 bereits bekannt geworden war, dass der ehemalige Regierungssprecher und Staatssekretär G. eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung des „Nord-Süd-Dialog“ gespielt hatte – wobei  die Aktivitäten hier im Einzelnen nicht wiederzugeben sind –, konnte die Landesregierung eine organisatorische Beteiligung der Staatskanzlei nicht – wie in ihrer Antwort vom 14. April 2010 geschehen – sinngemäß verneinen, ohne weitere Nachforschungen über den genauen Umfang dieser Aktivitäten anzustellen. Der Umstand, dass der ehemalige Regierungssprecher und Staatssekretär G.nicht erreichbar war und deshalb die Erlangung der notwendigen Informationen entweder erschwert oder tatsächlich unmöglich war, hätte die Landesregierung erst recht veranlassen müssen, weitere Nachforschungen anzustellen, und entband sie nicht ihrer Verpflichtung nach Art. 24 Abs. 1 NV, „nach bestem Wissen … vollständig“ zu antworten. Entweder hätte sie sich für die weiteren Nachforschungen eine zusätzliche Frist ausbedingen oder ihre Antwort unter den ausdrücklichen Vorbehalt stellen müssen, dass nach dem gegenwärtigen Stand ihrer Erkenntnisse an der in der Antwort vom 14. April 2010 gegebenen Bewertung festgehalten werde, die zwischenzeitlich eingetretenen Umstände aber weiterer Überprüfung bedürften. Die Ausführungen des Finanzministers Möllring bei Beantwortung der Zusatzfragen am 19. Januar 2012 über die Aufklärungsbemühungen der Landesregierung (PlenProt 16/126, S. 241) können nicht als Vorbehalt in dem genannten Sinne angesehen werden.

b) Auch hinsichtlich der in der Dringlichen Anfrage vom 16. Januar 2012 in Bezug genommenen Fragen der Ziffern 5 und 7 hätte die Landesregierung nicht ohne weitere Nachprüfung an ihrer am 14. April 2010 gegebenen Antwort festhalten dürfen.

Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf zurückziehen, sie habe die Frage nach der „Beteiligung“ nur im gesellschaftsrechtlichen Sinne verstanden bzw. verstehen dürfen. Gegen eine solche Auslegung spricht bereits der Wortlaut der Anfrage, der den Begriff der „Beteiligung“ gerade nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Finanzierung verwendet und diese Begriffe wiederum von der Frage nach der „Konstruktion“ der Veranstaltung getrennt hat. Ersichtlich war hier nicht die Beteiligung des Landes Niedersachsen im gesellschaftsrechtlichen Sinne, sondern auch in Form einer möglichen Kostenbeteiligung gemeint. Für die Landesregierung erkennbar war Inhalt der Dringlichen Anfrage, Aufklärung über die für Außenstehende nicht ohne weiteres erkennbaren Gesamtumstände des „Nord-Süd-Dialog“ und damit auch über die Frage zu erlangen, ob eine „bloße“ finanzielle Beteiligung ohne gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Landes an der Veranstaltung vorgelegen habe. Ersichtlich ist die Ziffer 5 der Kleinen Anfrage vom 11. März 2010 von der Landesregierung auch in dieser Weise verstanden worden, denn sie hat in ihrer Antwort vom 14. April 2010 bewusst zwischen der „Beteiligung“ und der „Finanzierung“ differenziert.

Wie sich nachträglich herausgestellt hat, war die auf die Dringliche Anfrage vom 19. Januar 2012 gegebene Antwort objektiv unvollständig, weil Angaben zu der Beteiligung des Landes an der Finanzierung des „Nord-Süd-Dialog“ fehlten. Zur Finanzierung einer derartigen Großveranstaltung gehören regelmäßig die Aufwendungen für Raummiete, Service und Bewirtung. Gemessen an den üblichen Kosten einer Veranstaltung ist die unentgeltliche Bereitstellung von 44 Servicekräften durch die Medizinische Hochschule Hannover als Beteiligung an der Finanzierung der Veranstaltung anzusehen. Dass die MHH – wie aus dem vom Staatsgerichtshof beigezogenen Bericht des Landesrechnungshofs hervorgeht – am 20. Januar 2012 nachträglich eine Rechnung erstellt hat, vermag an der finanziellen Beteiligung nichts zu ändern. Ursprünglich sollte – wie der Landesrechnungshof festgestellt hat – die Bereitstellung der 44 Servicekräfte unentgeltlich erfolgen und damit der Bitte des ehemaligen Regierungssprechers und Staatssekretärs G. entsprochen werden.

Die Hochschulen in Niedersachsen sind Körperschaften des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung (§ 15 Satz 1 NHG); gleichzeitig sind sie Einrichtungen des Landes, die in dieser Funktion staatliche Angelegenheiten erfüllen (§ 47 Satz 1 NHG). Zu den staatlichen Angelegenheiten gehören die Personalverwaltung, die Bewirtschaftung der den Hochschulen zugewiesenen Landesmittel, landeseigenen Liegenschaften und Vermögensgegenstände (§ 47 Satz 2 Nr. 1 NHG) sowie die Erhebung von Beiträgen, Gebühren und Entgelten (§ 47 Satz 2 Nr. 2 NHG). Der Umstand, dass die Hochschulen gleichzeitig als Landesbetriebe geführt werden (§ 49 NHG), ist von haushaltsrechtlicher Bedeutung, ändert aber an ihrer Rechtsstellung nichts. Die niedersächsischen Hochschulen gehören deshalb aufgrund ihrer Rechtsstellung zum „Land Niedersachsen“. Mit der unentgeltlichen Bereitstellung von Servicekräften durch die Medizinische Hochschule Hannover hat sich folglich das Land Niedersachsen an der Finanzierung beteiligt.

c) Ob auch die Zahlung des Betrags von 3.411,00 € für die Kochbücher durch das Landwirtschaftsministerium als Beteiligung an der Finanzierung der Veranstaltung anzusehen ist, kann der Staatsgerichtshof dahingestellt lassen. Die als sog. „Give-away“ verschenkten Kochbücher tragen neben dem Logo des Landes die Logos von Firmen, die sich ebenfalls an der Finanzierung der Kochbücher beteiligt haben. Die Kochbücher können deshalb auch als Werbemaßnahmen der sie finanzierenden Firmen bzw. des Niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums begriffen werden. Ob trotz dieser Banderole die fraglichen Kochbücher als Geschenk des Veranstalters erscheinen mussten und das Land Niedersachsen sich durch seinen Kostenbeitrag – mittelbar – an der Finanzierung der Veranstaltung beteiligt hat, kann schon deshalb offenbleiben, weil die Gestellung der Servicekräfte bereits als Beteiligung an der Finanzierung zu verstehen ist.

4. Die von der Antragsgegnerin unternommenen Bemühungen zur Informationsgewinnung genügen insgesamt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht.

Die geschilderten Recherchen, namentlich die Abfrage innerhalb der Staatskanzlei, der Versuch der Kontaktaufnahme mit dem früheren Regierungssprecher und Staatssekretär G, der Besuch des Finanzministers M. bei Bundespräsident W., ferner die Telefonate des Finanzministers mit dem früheren Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Dr. H., die Auswertung der ins Internet gestellten Antworten des Bundespräsidenten sowie schließlich die in der Kabinettssitzung vom 18. Januar 2012 erfolgte Umfrage bei den anwesenden Mitgliedern der Landesregierung stellten sämtlich Bemühungen um Informationsgewinnung dar. Aus ihrem durchweg negativen Ergebnis konnte jedoch nicht der Schluss gezogen werden, es hätten zum Zeitpunkt der Dringlichen Anfrage vom 16. Januar 2012 keine Anhaltspunkte bestanden, die weitere Bemühungen zur Erlangung neuer Informationen erforderlich gemacht oder auch nur nahegelegt hätten. Selbst wenn keine konkreten Hinweise für eine bis dahin nicht bekannte organisatorische oder finanzielle Beteiligung des Landes am „Nord-Süd-Dialog“ vorgelegen haben sollten, musste sich gerade angesichts des Umstandes, dass der frühere Regierungssprecher und Staatssekretär G. unerreichbar war, der Eindruck aufdrängen, dass die Beteiligung des Landes am „Nord-Süd-Dialog“ nicht abschließend aufgeklärt war. Zwar hat die Staatskanzlei auf mehreren Wegen – telefonisch, per SMS und per Post – versucht, von dem früheren Regierungssprecher ergänzende Auskünfte u.a. über den „Nord-Süd-Dialog“ zu erlangen. Diese Bemühungen waren jedoch erfolglos, sodass gerade diejenige Person für Auskünfte nicht zur Verfügung stand, die mit der Veranstaltung „Nord-Süd-Dialog 2009“ befasst war. Die in der Kabinettssitzung vom 18. Januar 2012 erfolgte Umfrage, ob es eine Beteiligung am „Nord-Süd-Dialog“ gegeben habe, blieb zwangsläufig unvollständig, weil der genaue Inhalt der Aktivitäten des früheren Regierungssprechers auch in diesem Kreis nicht bekannt war. Da in der Dringlichen Anfrage vom 16. Januar 2012 ausdrücklich auf die „bisher schon bekannt gewordenen Aktivitäten des …. ehemaligen Regierungssprechers“ Bezug genommen worden war, diese Informationsquelle aber nicht genutzt werden konnte, waren Umstände eingetreten, die der Landesregierung ein uneingeschränktes Festhalten an der am 14. April 2010 erteilten Antwort nur unter Vorbehalt gestattet oder gänzlich verboten hätten.

Da die Landesregierung die Möglichkeit zur weiteren Erforschung des Sachverhalts – gegebenenfalls unter Verlängerung der Antwortfrist – nicht genutzt bzw. ihre Antwort nicht unter den Vorbehalt des Ergebnisses weiterer Recherchen gestellt hat, ist die Antwort im Sinne des Art. 24 Abs. 1 NV nicht „nach bestem Wissen“ vollständig erfolgt, sodass ein Verstoß gegen diese Verfassungsvorschrift vorliegt.

III.

Der von der Antragstellerin zu 1. mit Schriftsatz vom 11. Mai 2012 erweiterte Antrag, eine Verletzung ihres Auskunftsrechts durch die Antwort der Landesregierung vom 14. April 2010 festzustellen, ist in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 zurückgenommen worden. Insoweit war das Verfahren  einzustellen. Der Antrag des Antragstellers zu 2. vom 5. Juni 2012, die Verletzung seines Auskunftsrechts durch die am 14. April 2010 gegebene Antwort festzustellen, ist ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2012 zurückgenommen worden. Auch insoweit war das Verfahren einzustellen.

IV.

Die Antragstellerin hat sinngemäß die Feststellung beantragt, die Landesregierung habe in ihrer Antwort vom 19. Januar 2012 auch dadurch gegen Art. 24 Abs. 1 NV verstoßen, dass sie sich auf die Ziffern 1, 3, und 6 der Kleinen Anfrage vom 11. März 2010 bezogen habe. Diesbezüglich haben sich im Verfahren keine Feststellungen ergeben, sodass der Antrag insoweit zurückzuweisen war.

C.

Das Verfahren ist gem. § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei. Auslagen werden gem. § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.