Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.10.2017, Az.: 9 K 74/17

Möglichkeit der Verminderung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit um einen Betrag von ca. 600 Euro monatlich für die Nutzung eines von seinem Arbeitgeber geleasten Pkw; Steuerliche Behandlung einer PKW-Nutzung bei Barlohnumwandlung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
09.10.2017
Aktenzeichen
9 K 74/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 43337
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2017:1009.9K74.17.00

Amtlicher Leitsatz

Verzichtet ein Arbeitnehmer unter Abänderung seines Arbeitsvertrags auf einen Teil seines Barlohns und gewährt der Arbeitgeber ihm stattdessen einen Sachlohn (hier: Nutzungsvorteil), ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit um einen Betrag von monatlich (mtl.) 574,94 € für die Nutzung eines von seinem Arbeitgeber geleasten Pkw zu vermindern sind.

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Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

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Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Im Streitjahr erhielt er von seinem Arbeitgeber, der XXX, im Rahmen eines Full-Service-Leasings einen Firmenwagen zur Nutzung. Die geldwerten Vorteile für die private Nutzung des Pkw hat der Arbeitgeber mit 1 % vom Bruttolistenpreis (mtl. 323,00 €) sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 0,03 % vom Bruttolistenpreis (mtl. 251,94 €) der Lohnsteuer unterworfen. In Höhe der Full-Service-Leasingrate des Arbeitgebers in Höhe von mtl. 483,69 € sowie in Höhe von mtl. 60,00 € für eine Treibstoffpauschale verzichtete der Kläger auf seinen Arbeitslohn. Diese beiden Beträge hat der Arbeitgeber direkt vom Bruttoarbeitslohn abgezogen und nicht der Lohnsteuer unterworfen. KFZ-Versicherung, KFZ-Steuer und GEZ-Gebühren werden zudem vom Arbeitgeber des Klägers getragen

4

In seiner Einkommensteuererklärung 2014 beantragte der Kläger die Kürzung des Arbeitslohns in Bezug auf den geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, da er den Firmenwagen in Ermangelung eines kostenfreien Parkplatzes am Arbeitsort nur für eine Teilstrecke bis zum Bahnhof verwendet habe und seinen Weg dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fortgesetzt habe. Diesem Antrag folgte das Finanzamt. Es kürzte den Bruttoarbeitslohn und berücksichtigte den geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte lediglich für 2 Kilometer anstatt bisher 26 km und verringerte den Bruttoarbeitslohn um 2.790,72 €. Einem weiteren Antrag des Klägers, für Dienstreisen mit dem Firmenwagen 880 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, folgte das Finanzamt nicht, da für die Dienstreisen der Firmenwagen steuerfrei zur Verfügung gestanden habe.

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Gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 2016 legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Nichtanerkennung der Dienstfahrten wandte. Zur Begründung trug er vor:

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Tatsächlich zahle er die gesamten Kfz-Kosten: In Höhe der Leasingraten habe der Kläger auf Gehalt verzichtet, weiterhin leiste er Zahlungen von 60,00 € als Benzinpauschale. Da der Arbeitgeber also die Dienstwagenkosten nicht selbst trage, sondern dem Kläger weiterberechne, sei dieser auch berechtigt, die von ihm getragenen Kosten für die Dienstreisen in Höhe von 880 € als Werbungskosten geltend zu machen.

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Nachdem das Finanzamt dem Vertreter des Klägers seine Rechtsauffassung mit Schreiben vom 15. Juli 2016 dargelegt hatte, trug der Kläger im Einspruchsverfahren Folgendes vor:

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Der Kläger habe den gleichen Lohn wie vorher erhalten, nur seine Zusammensetzung und deren Bezeichnung hätten sich geändert, für die private Kfz-Nutzung habe der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber 1 % des Bruttolistenpreises (mtl. 323,00 € ) aus seinem versteuerten Nettolohn abgeführt, für die Fahrten zur Tätigkeitsstätte habe der Kläger aus seinem versteuerten Nettolohn an den Arbeitgeber mtl. 251,94 € abgeführt, zusätzlich habe der Kläger aus seinem versteuerten Nettolohn Aufwendungen für Fahrkarten von monatlich 58,30 € gehabt. Somit seien folgende Werbungskosten anzusetzen:

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Fahrten Wohnung - Tätigkeitsstätte 12 x (251,94 € + 58,30 € =) 310,24 € = 3.722,88 €

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bisher angesetzt lt. Steuerbescheid 1.677,00 €

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Mehrbetrag 2.045,88 €

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Auch diesem Antrag entsprach das Finanzamt nicht. Bei dem geldwerten Vorteil in Höhe von 251,94 € handele es sich lediglich um eine rechnerische Größe, aufgrund derer die abzuführende Lohnsteuer für einen Sachbezug berechnet wird. Naturgemäß sei diese rechnerische Größe vom auszuzahlenden Nettobetrag abzuziehen, da in Höhe dieses Betrages der Sachbezug gewährt worden sei, hier die Gestellung des Firmenfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte. In dieser Höhe habe der Kläger keinen Aufwand, da er in Form der Nutzungsmöglichkeit des Firmenfahrzeugs einen Gegenwert erhalte, der der rechnerischen Größe von 251,94 € entspreche. Für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien bereits 666 € berücksichtigt. Auch sei der Bruttoarbeitslohn bereits um 2.790,72 € gekürzt worden, da der Firmenwagen lediglich für die Fahrten zum Bahnhof benutzt worden sei.

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Der Einspruch blieb erfolglos.

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Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung der Kläger Folgendes vorträgt:

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Die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte seien im Einkommensteuerbescheid zutreffend steuerlich gewürdigt worden.

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Allerdings sei der Nutzungsvorteil der allgemeinen privaten Nutzung in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises anders zu bewerten.

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Zutreffend habe der Arbeitgeber und damit auch das Finanzamt den allgemeinen Nutzungswert mit 1 % von 32.300 € Bruttolistenpreis = mtl. 323,00 € ermittelt. Dieser Betrag in Höhe von jährlich 3.876 € sei als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn behandelt und im steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn enthalten. Allerdings sei bei der bisherigen Besteuerung nicht berücksichtigt, dass der Kläger den Pkw nicht zusätzlich zum bisherigen Gehalt erhalten habe, sondern dass er im Vorfeld auf Teile seines Gehaltes in Höhe von insgesamt mtl. 543,69 € (Leasingrate 483,69 €, Benzinpauschale 60,00 €) verzichtet habe und dafür den Pkw habe privat nutzen dürfen. Hierbei handele es sich um einen Sachbezug, der zutreffend bewertet worden sei. Barlohn ihn Höhe von 543,69 € sei im Sachlohn von monatlich 574,94 € umgewandelt worden.

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Aufgrund der Umwandlung sei der Kläger im Nettolohnbereich mit weiteren Abzügen zu Gunsten des Arbeitgebers belastet. Anstelle eines Nettoarbeitslohns von monatlich 4.099,88 € seien neben anderen Abzügen auch mtl. 574,94 € einbehalten worden, so dass der Auszahlungsbetrag nur noch 2.978,90 € betragen habe. Der Kläger habe also von seinem Nettolohn monatlich 574,94 € dem Arbeitgeber erstattet. Diese monatlichen Zuzahlungen von 12 x 574,94 €, insgesamt 6.899,28 €, minderten das steuerpflichtige Einkommen. Der Kläger legte zum Nachweis die XXX-Gehaltsabrechnung für Dezember 2014 vor, worauf Bezug genommen wird (Bl. 22 FG-Akte).

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Der Beklagte habe übersehen, dass der Kläger mehrfach belastet werde: Durch höhere Lohnsteuer, durch höhere Sozialabgaben und durch den zusätzlichen vollen Abzug des geldwerten Vorteils vom Nettoverdienst.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2017 abzuändern und bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit einen Betrag von 6.899,28 € abzuziehen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verweist zunächst auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 27. Januar 2017 und trägt ergänzend vor:

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Der Kläger habe im Streitfall in Höhe der Leasingkosten und der Benzinpauschale auf seinen Gehaltsanspruch verzichtet. Dem stehe die Zuwendung eines Nutzungsvorteils durch den Arbeitgeber des Klägers gegenüber. Hierbei handele es ich um eine so genannte Barlohnumwandlung. In einem solchen Fall, in dem der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichte und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn z. B. in Form eines Nutzungsvorteils gewähre, sei der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zu bewerten. Die Überlassung des betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Kläger für dessen Privatnutzung sowie für dessen Fahrten zur Tätigkeitsstätte führe zu einer Bereicherung des Klägers und damit zu einem Lohnzufluss. Umstände, nach denen der von dem Arbeitgeber geleaste Pkw dem Kläger zuzurechnen sei, lägen im Streitfall nicht vor. Nach der vertraglichen Vereinbarung über die Nutzung des Pkw trage die XXX sämtliche Kosten des Fahrzeugs. Der vom Kläger ausgesprochene Gehaltsverzicht führe nicht dazu, dass er die Pkw-Kosten getragen habe. Vielmehr finde eine entsprechende Gehaltskürzung statt, die dazu führe, dass beim Kläger insoweit kein Lohn im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zufließe und er dementsprechend dem Arbeitgeber auch nichts zuwenden könne. Der Pkw sei somit dem Arbeitgeber zuzurechnen.

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Der mit der privaten Nutzungsmöglichkeit und den Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte verbundene geldwerte Vorteil sei sodann nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 - 5 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bei Nichtanwendung der Fahrtenbuchmethode mit der 1 %-Regelung zu versteuern. Dies sei in nicht zu beanstandender Höhe erfolgt.

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Nach den vorliegenden Unterlagen (Gehaltsabrechnungen) habe sich der Barlohnverzicht bereits mindernd auf die Höhe des steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohnes ausgewirkt. Folglich sei dieser Betrag (mtl.543,69 €) wegen des Barlohnverzichts auch nicht zugeflossen. Dieser Barlohnverzicht führe weder zu einer Minderung des Bruttoarbeitslohns noch zu Werbungskosten. Aus der Verdienstabrechnung der XXX könne nicht hergeleitet werden, dass der Kläger von seinem Nettolohn mtl. 574,94 € seinem Arbeitgeber erstattet habe und damit der geldwerte Vorteil entsprechend zu mindern sei. Vielmehr sei die Darstellung in der Verdienstabrechnung insoweit korrekt, als dass der ermittelte Nettolohn um den geldwerten Vorteil aus der Fahrzeugüberlassung zu mindern sei, weil ein geldwerter Vorteil nicht zur Auszahlung gelangen könne. Daraus könne aber kein Nutzungsentgelt o. ä. hergeleitet werden. Dass sich der Barlohnverzicht gegebenenfalls bei der Ermittlung des Auszahlungsbetrages zu Lasten des Klägers auswirke, habe auf die steuerliche Würdigung keine Auswirkungen.

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Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit der Entscheidung durch den/die Berichterstatter/in (§ 79 a Abs. 3, 4 Finanzgerichtsordnung - FGO -) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2014 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

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1. Eine Verminderung des Bruttoarbeitslohns des Klägers durch Berücksichtigung von weiteren Aufwendungen des Klägers in Höhe von mtl. 574,94 € kommt nicht in Betracht.

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a) Der Kläger hat in Höhe der Leasingrate und der Benzinpauschale von insgesamt monatlich 543,69 € auf sein Gehalt verzichtet. Im Gegenzug hat er von seinem Arbeitgeber einen Nutzungsvorteil (PKW-Nutzung) zugewendet bekommen. In einem solchen Fall der Barlohnumwandlung, in dem ein Arbeitnehmer unter Abänderung seines Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und der Arbeitgeber ihm stattdessen einen Sachlohn, hier in Form eines Nutzungsvorteils, gewährt, ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen (BFH-Beschluss vom 20.08.1997 VI B 83/97, BStBl II 1997,667). Dieser Gehaltsverzicht hat sich ausweislich der Verdienstabrechnung der XXX für den Monat Dezember 2014 bereits mindernd auf die Höhe des steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn ausgewirkt, denn die XXX hat diesen Betrag bereits von der Grundvergütung abgezogen und nicht der Lohnversteuerung unterworfen.

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Da in Höhe des Gehaltsverzichts kein Arbeitslohn vorliegt, kommt insofern ein zusätzlicher Abzug vom Bruttoarbeitslohn nicht in Betracht. Der Gehaltsverzicht führt nicht dazu, dass der Kläger die PKW-Kosten getragen hat. Er hat vielmehr nur auf einen Teil des Gehalts verzichtet, was nicht zu einem zusätzlichen Aufwand des Klägers führt. Umstände, nach denen der vom Arbeitgeber geleaste PKW dem Kläger zuzurechnen ist, liegen im Streitfall nicht vor.

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b) Zu Recht hat das Finanzamt darüber hinaus die Überlassung eines betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Kläger für dessen Privatnutzung als Lohnzufluss im Sinne des § 19 EStG beurteilt. Dieser Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 - 5 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zutreffend nach der 1 %-Regelung bewertet worden (hier: mtl.323,00 €).

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Den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, der vom Arbeitgeber des Klägers mit mtl. 251,94 € dem Bruttoarbeitslohn hinzugerechnet worden sind, hat das Finanzamt bereits im Vorverfahren aufgrund der Einwendungen des Klägers, die von ihm gefahrene Strecke betrage nicht 26 km sondern 2 km, um 2790,72 € vermindert.

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c) Aus der Verdienstabrechnung der XXX kann nicht hergeleitet werden, dass der Kläger von seinem Nettolohn mtl. 574,94 € (323,00 € + 251,94 €) an seinen Arbeitgeber erstattet hat. Da ausweislich der Verdienstabrechnung der XXX für den Monat Dezember 2014 der geldwerte Vorteil für Besteuerungszwecke in das Bruttoentgelt zunächst -zutreffend - einbezogen worden ist, es sich bei dem geldwerten Vorteil für die Fahrzeugüberlassung aber nicht um Barlohn handelt, der zur Auszahlung kommt, musste der Betrag von dem vom Arbeitgeber ermittelten Nettolohn (hier: 4099,98 €) wieder abgezogen werden. Dies stellt aber - entgegen der Ansicht des Klägers - keine Erstattung des monatlichen Betrages von 574,94 € an den Arbeitgeber dar.

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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.