Anwaltsgerichtshof Niedersachsen
v. 08.11.2016, Az.: AGH 18/16

Missbilligende Belehrung; Klagebefugnis

Bibliographie

Gericht
AGH Niedersachsen
Datum
08.11.2016
Aktenzeichen
AGH 18/16
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2016, 43587
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Gegen eine missbilligende Belehrung steht nur dem Rechtsanwalt selbst, nicht aber der Rechtsanwaltsgesellschaft, der er angehört, ein Klagerecht zu.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die durch ihre Geschäftsführer, Rechtsanwalt Dr. H. S. und J. -D. S., vertreten wird. Gegen Rechtsanwalt Dr. S. erließ die Beklagte mit Bescheid vom 2. Juni 2016 eine missbilligende Belehrung, da der von seiner Rechtsanwaltskanzlei verwendete Briefbogen wie auch der Internetauftritt gegen § 43 b BRAO und § 5 Abs. 1 Ziff. 3 UWG verstoße, indem ein Unternehmenskennzeichen verwendet werde, das vom eigentlichen Firmennamen des § 59 k BRAO abweiche. Denn in dem Briefkopf und im Internetauftritt der Klägerin heiße es an exponierter Stelle „S. und Partner Rechtsanwälte“, obwohl es sich bei der Klägerin nicht um eine Partnerschaftsgesellschaft handele und sich die vormals als Partnerschaftsgesellschaft geführte Klägerin auch nicht auf Bestandsschutz berufen könne.

Der Bescheid ist Rechtsanwalt Dr. S. am 4. Juni 2016 zugestellt worden. Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. Juli 2016, der am gleichen Tag per Telefax beim Niedersächsischen Anwaltsgerichtshof eingegangen ist, Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass der Bescheid formell und materiell rechtswidrig ist. Er benenne weder eine wirksame Ermächtigungsgrundlage, noch verfüge er über eine ausreichende Begründung i. S. des § 39 VwVFG. Zudem stelle die Bezeichnung „S. und Partner“ keine Werbung dar, verstoße nicht gegen das Sachlichkeitsgebot und sei auch nicht irreführend. Überdies genieße die Bezeichnung Bestandsschutz.

Insoweit beantragt die Klägerin,

den Bescheid der Beklagten vom 2. Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Parteien sind gemäß Verfügung der Vorsitzenden vom 8. Juli 2016 zu der Möglichkeit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung gemäß den §§ 112 c Abs. 1 BRAGO, 84 VwGO angehört worden; die Parteien haben auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet.

II.

Der Senat kann gem. § 112 c Abs. 1 BRAO i. V. m. § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu der Möglichkeit einer solchen Entscheidung gehört worden sind.

III.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

1. Der Klägerin fehlt die gem. § 112 c Abs. 1 BRAO i. V. m. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Sie ist insbesondere nicht Adressat des belastenden Verwaltungsaktes, da dieser persönlich gegen Rechtsanwalt Dr. H. S. und nicht gegenüber der Klägerin ergangen ist. Auch ansonsten ist eine rechtliche Betroffenheit der Klägerin nicht erkennbar. Die missbilligende Belehrung entfaltet zwar bereits eine unmittelbare Rechtswirkung und erschöpft sich nicht in einem Hinweis auf die gesetzlichen Normen (vgl. Urteil des Senats vom 13. März 2015, AGH 22/14 (I/10). Sie beinhaltet aber den Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens, der den betroffenen Rechtsanwalt mit dem Makel einer Pflichtverletzung belastet (vgl. Senat a. a. O.). Mangels Schuldfähigkeit einer juristischen Person wie der Klägerin kann die von einer missbilligenden Belehrung ausgehende Rechtswirkung diese von vornherein nicht erfassen.

2. Ob der Klägerin das der missbilligenden Belehrung zugrunde liegende Verhalten gestattet ist oder nicht, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Insoweit ist der von der Klägerin angekündigte Feststellungsantrag Gegenstand eines weiteren anwaltsgerichtlichen Verfahrens, über welches der hiesige 2. Senat zu befinden haben wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 112 c Abs. 1 S. 1 BRAGO i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 112 c Abs. 1 BRAO, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert war gem. § 194 Abs. 1 BRAO i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG mangels anderer Anhaltspunkte auf den Auffangwert von 5.000 € festzusetzen.

Ein Anlass, die Berufung nach den §§ 112 c Abs. 1, 112 e BRAO, 124 VwGO zuzulassen, besteht nicht, insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.