Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 03.09.2012, Az.: 3 A 1525/11
Rechtmäßigkeit der Anknüpfung einer Zweitwohnungsteuer an die Jahresrohmiete; Festsetzung von Zweitwohnungsteuer nach dem in einer Zweitwohnungsteuersatzung vorgesehenen Indexmaßstab
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 03.09.2012
- Aktenzeichen
- 3 A 1525/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 24924
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2012:0903.3A1525.11.0A
Rechtsgrundlage
- § 79 S. 1 BewG
Fundstelle
- NdsVBl 2013, 5
Amtlicher Leitsatz
Ein Steuersatz von 12% bezogen auf eine indexierte Jahresrohmiete führt nicht zu einer Erdrosselungswirkung der Zweitwohnungsteuer.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungsteuer nach dem von der Beklagten in ihrer Zweitwohnungsteuersatzung vorgesehenen Indexmaßstab.
Neben ihrem ersten Wohnsitz in F. verfügt die Klägerin als Eigentümerin über eine ausschließlich von ihr selbst genutzte Wohnung zur Größe von 39 m2, die in den sechziger Jahren erstellt wurde und in der G. 11 im Satzungsgebiet der Beklagten gelegen ist. Für diese 1 1/2 Zimmer-Wohnung ermittelte das Finanzamt H. in seinem Einheitswertbescheid eine Jahresrohmiete in Höhe von 1.869 DM bezogen auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 1964.
In der sich rückwirkende Geltung auf den 1. Januar 2003 beimessenden Satzung der Beklagten vom 23. Juni 2011 über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer ist der Steuermaßstab in § 4 wie folgt festgelegt:
(1)
Die Steuer bemisst sich nach dem Mietwert der Wohnung (Absätze 1 bis 3), multipliziert mit dem Nutzungsfaktor (Absatz 4).
(2)
Als Mietwert gilt die Jahresrohmiete. Die Vorschriften des § 79 Bewertungsgesetz(BewG) in der Fassung vom 01.02.1991 (BGBl. 1991 I S. 230) in der zur Zeit gültigen Fassung finden mit der Maßgabe Anwendung, dass die Jahresrohmieten, die gemäß Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des BewG vom 13.08.1965 (BGBl. S 851) vom Finanzamt auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 festgestellt wurden, jeweils für das Erhebungsjahr auf den September des Vorjahres hochgerechnet werden. Die Hochrechnung erfolgt bis Januar 1995 entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten (Bruttokaltmiete) nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller Haushalte im früheren Bundesgebiet, der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird. Ab Januar 1995 erfolgt die Hochrechnung entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten nach dem Verbraucherpreisindex für Deutschland (Abteilung 4), der vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht wird.
(3)
Ist die Jahresrohmiete nach Absatz 2 nicht bekannt (z. B. keine Feststellung durch das Finanzamt für eine vermietete Wohnung in einem Mehrfamilienwohnhaus), wird sie in Anlehnung an die Miete, die für Räume gleicher Art, Lage, Größe und Ausstattung zum Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 regelmäßig bezahlt wurde, geschätzt und entsprechend Absatz 2 hochgerechnet (indexiert).......
Der Steuersatz beträgt nach § 5 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzung 12 % des Steuermaßstabes nach § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzung.
Ferner sieht die Zweitwohnungsteuersatzung in § 11 Abs. 2 vor, dass die zu berechnende Zweitwohnungsteuer für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis zum 30. Juni 2011 auf die sich aus der Anwendung der außer Kraft getretenen Satzung ergebende Höhe der Zweitwohnungsteuer beschränkt wird. Diese Vorgängersatzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer vom 13. Oktober 1988 (Amtsblatt für den Landkreis H. Nr. 41, S. 306) in der Fassung der 4. Änderungssatzung vom 31. Mai 2001 (Amtsblatt für den Landkreis H. Nr. 24, S. 212) sah in § 4 Abs. 1 eine Abstufung der Zweitwohnungsteuer in Abhängigkeit von dem jährlichen Mietaufwand vor, den der Steuerschuldner für die Benutzung der Wohnung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem Stand im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerpflicht für ein Jahr zu entrichten hatte (Jahresrohmiete). Bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.800 € belief sich die Zweitwohnungsteuer auf 310 €, bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.800 €, aber nicht mehr als 3.600 € betrug die Zweitwohnungsteuer 560, € und bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.600 € wurden 820 € angesetzt.
Mit Bescheid vom 10. November 2011 setzte die Beklagte für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis zum 30. Juni 2011 unter Zugrundelegung eines jährlichen Mietaufwands bis zu 1.800 € eine Zweitwohnungsteuer in Höhe von 155 € sowie für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 eine Zweitwohnungsteuer in Höhe von 229,28 € fest. Zur Ermittlung der auf den Zeitraum 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 entfallenden Zweitwohnungsteuer legte die Beklagte eine Jahresrohmiete bezogen auf den 1. Januar 1964 in Höhe von 955,60 € sowie einen Index gemäß § 4 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung in Höhe von 399,89/100, einen Nutzungsfaktor von 1,0 sowie einen Steuersatz von 12 % zugrunde.
Soweit darin der Festsetzungszeitraum 1. Juli 2011 bis 31. Dezember 2011 mit einem Betrag in Höhe von 229,28 € betroffen ist und der Betrag von 155,-- € überschritten wird, hat die Klägerin mit einem am 12. Dezember 2011 eingereichten Schriftsatz Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2011 erhoben. Zur Begründung führt sie aus, die Berechnungsgrundlage der Jahresrohmiete entspreche nicht der Wirklichkeit. Die Wohnung biete keinen gehobenen Standard, sondern entspreche dem Standard des sozialen Wohnungsbaus in den sechziger Jahren. Ihre Wohnung sei weder modernisiert noch wärmegedämmt worden. Es sei völlig realitätsfern, für eine Wohnung auf diesem Niveau einen Mietpreis von über 8 €/m2 annehmen zu wollen. Freie Wohnungen nahe ihrer Wohnung würden mit einem Mietzins zwischen 4,90€/m2 bis 5,11 €/m2 angeboten. Der aktuelle tatsächliche Mietpreis für eine benachbarte Wohnung belaufe sich auf 5,66 €/m2. Der vom Finanzamt ermittelte Wert einer Rohmiete von 8,17 €/m2 entspreche damit nicht den bekannten Mieten für vergleichbare Wohnungen. Zur Berechnung der Zweitwohnungsteuer seien nicht die real existierenden Mietpreise zugrunde gelegt worden. Im Vergleich zu einer Bewohnerin mit Erstwohnsitz in H. müsse sie eine Mehrbelastung durch die Zweitwohnungsteuer in Höhe von 458,56 € und durch den Kurbeitrag in Höhe von 150 €, mithin insgesamt 608,56 € tragen, was bezogen auf einen realistischerweise bestenfalls zu erziehenden Mietpreis (5,40 €/m2) von 2.527,20 € einer Belastungsquote von 24 % entspreche und damit gegen das Erdrosselungsverbot verstoße. Eine Hochrechnung bzw. Schätzung ohne Ansehen der tatsächlichen Situation sei nicht zu akzeptieren.
Der vom Deutschen Mieterbund H. sowie dem Haus- und Wohnungs- und Grundeigentümerverein im Landkreis H. erstellte Mietspiegel sei nicht anwendbar, was auch vom Landkreis H. vertreten werde. Denn die Ermittlung der Basismiete sei nicht transparent und es lägen keine Erkenntnisse über die zu- und abschlagsrelevanten Sachverhalte vor. Es sei daher mit dem Landkreis H. der Schluss zu ziehen, dass die Orientierung an Bestandsmieten sachgerecht sei.
Selbst wenn man den Mietspiegel als Basis annehmen wollte, seien die vorgenommenen Berechnungen nicht korrekt. Der Zuschlag für eine Modernisierung ab dem Jahre 2000 komme nicht zum Tragen, weil die Heizung aus dem Jahre 1986 ohne Modernisierung unverändert in Betrieb sei. Es sei zu bezweifeln, dass die Wohnqualität soweit über dem Durchschnitt liege, dass dies einen Zuschlag von 1 € pro Quadratmeter rechtfertige. Ein eigener Kellerraum sei als Zuschlag nicht zu berücksichtigen, da er mit 4,41 m2 weniger als 5 m2 Fläche umfasse und im Übrigen nicht beleuchtet sei. Zu berücksichtigen sei vielmehr der tatsächlich zu erzielende Mietpreis. Ein hoher Leerstand an Wohnungen sowie die abnehmende Einwohnerzahl von H. seien Indizien für eine schwierige Vermietbarkeit von Wohnungen. In H. existiere ein gespaltener Immobilien- und Wohnungsmarkt, der dadurch gekennzeichnet sei, dass absoluten Luxusimmobilien in bestimmten Stadtteilen einfache Wohnobjekte in anderen Teilen der Stadt gegenüberstünden. In dieser Situation den gleichen Satz zur Indexierung anzulegen, entspreche nicht den realen Entwicklungen.
Im Hinblick auf die Wohnqualität sei zu berücksichtigen, dass es sich im Umfeld ihrer Zweitwohnung um einen strukturschwachen Stadtteil handle. So seien in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnung erhebliche Leerstände von Wohnungen festzustellen, für die überwiegend seit Jahren neue Pächter/Mieter gesucht würden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2011 aufzuheben, soweit darin eine Zweitwohnungsteuer für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 festgesetzt wird und soweit darin für das zweite Halbjahr eine Zweitwohnungsteuer in Höhe von mehr als 155,-- € festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass selbst wenn der um den Zuschlag für Schönheitsreparaturen nicht erhöhte Jahresrohmietwert in Höhe von 3.365,66 € für die Frage, ob eine erdrosselnde Wirkung vorliege, zu Grunde gelegt würde, eine solche Wirkung vorliegend nicht festgestellt werden könne. Die Klägerin sei für die zweite Jahreshälfte 2011 zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 229,28€ herangezogen wurden. Dies entspräche 13,62 % des anhand des Mietspiegels ermittelten Wertes. Es werde bestritten, dass die Heizung des Objektes aus dem Jahr 1986 unverändert in Betrieb sei. Ebenso werde bestritten, dass sich die Elektroabsicherung auf dem Stand des Baujahrs 1964 befinde, dass der Kellerraum unbeleuchtet sei und eine Fläche von weniger als 5 m2 aufweise. Im Hinblick auf die Wohnqualität verkenne die Klägerin, dass es auch um das Umfeld gehe. Das Objekt befinde sich in der Kurzone 1. Bei der Mietwertberechnung sei bislang unberücksichtigt geblieben, dass zu dem Objekt auch ein Parkplatz zähle. Dies würde einen weiteren Zuschlag von 10 € ausmachen. Soweit die Klägerin vortrage, es sei ein aktueller Mietwert von 5,66€ netto bekannt, schließe man sich dem an. Dies bedeute nämlich, dass zu diesem Nettomietwert noch weitere Nebenkosten zur Berechnung des Jahresrohmietwertes hinzuzurechnen seien. Dies mache den Aufwand aus, der der Zweitwohnungsbesteuerung zugrunde liege. Mithin sei davon auszugehen, dass jedenfalls ein Mietwert von 6,60 €/m 2 angesetzt werden könne. Mit Rücksicht auf die Wohnungsgröße ergebe sich hieraus ein Mietwert in Höhe von 3.088,-- €. Die erhobene Zweitwohnungsteuer mache hiervon lediglich rund 14,9 % aus und bewege sich daher deutlich unterhalb der Erdrosselungsgrenze.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der von der Klägerin zur Überprüfung durch das Gericht gestellte Teil der Festsetzung der Zweitwohnungsteuer für den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 in dem Bescheid vom 10. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer findet sich in der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt H. vom 23. Juni 2011 (Amtsblatt für den Landkreis H. vom 30. Juni 2011, Nr. 26 S. 156 ff.) in der Fassung der ersten Änderungssatzung vom 21. Juni 2012 (Amtsblatt für den Landkreis H. vom 28. Juni 2011, Nr. 26 S. 216) (künftig: Zweitwohnungsteuersatzung), die rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist.
Formelle oder materiell-rechtliche Mängel, die eine Nichtigkeit der neugefassten Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten nach sich ziehen könnten, lassen sich nicht feststellen. Insbesondere ist der in § 4 der Zweitwohnungsteuersatzung vorgesehene Steuermaßstab rechtlich nicht zu beanstanden. Die Festsetzung der Zweitwohnungsteuer ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte der Besteuerung die Jahresrohmiete und nicht die Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe oder den im Jahr zuvor tatsächlich gezahlten Mietaufwand zugrunde gelegt hat.
Die Rechtmäßigkeit der Anknüpfung an die Jahresrohmiete ist in der Rechtsprechung anerkannt. Es liegt im Ermessen der rechtsetzenden Gemeinde, auf welche Weise sie bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen den jährlichen Mietaufwand ermittelt. Den Gemeinden wird eine Wahlfreiheit hinsichtlich der Maßstabsgröße zugestanden, sofern diese den betriebenen Aufwand der Nutzung der Zweitwohnung hinreichend realitätsnah abzubilden in der Lage ist. Die Gemeinde kann den vom Zweitwohnungsnutzer tatsächlich geschuldeten Mietzins zugrunde legen. Ebenso steht es ihr aber auch frei, auf die nach Maßgabe des Bewertungsgesetzes ermittelte Jahresrohmiete zurückzugreifen. Ihr ist es auch nicht verwehrt, die Zweitwohnungsteuer etwa nach der Flächengröße zu bestimmen. Zulässig ist schließlich auch eine Kombination der zuvor genannten Maßstäbe. Dabei ist die Gemeinde nicht gezwungen, für jede atypische Fallgestaltung eine Sonderregelung zu schaffen. Das Zurückgreifen auf generalisierende, typisierende und pauschalierte Berechnungsgrundlagen dient auch unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit in zulässiger Weise der Verwaltungsvereinfachung. Es erspart der Gemeinde aufwändige Abgrenzungs- und Nachforschungsbemühungen und verhindert steuermindernde Gefälligkeitsmietverträge (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.01.2003 - 9 C 3/02 - NVwZ 2003, 753 [BVerwG 29.01.2003 - 9 C 3/02]). Ihren Charakter als örtliche Aufwandsteuer verliert die Zweitwohnungsteuer allein durch die Wahl eines pauschalierenden und damit möglicherweise nicht in jedem Fall den vom Steuerpflichtigen tatsächlich betriebenen Aufwand abbildenden Maßstabs nicht.
§ 4 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung bestimmt demnach die Jahresrohmiete nicht nach der tatsächlich vom Steuerschuldner vereinbarten jährlichen Miete, sondern aufgrund einer pauschalierenden Regelung, der zufolge § 79 Satz 1 BewG anzuwenden ist und die für den Hauptfeststellungszeitpunkt (1. Januar 1964) ermittelten Jahresrohmieten auf der Grundlage von Preisindizes hochgerechnet werden in Bezug auf den Besteuerungszeitraum. Diese Vorgehensweise wird in der Rechtsprechung, auch derjenigen des Bundesverfassungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, allgemein als zulässig angesehen (vgl. BVerfG,Beschluss vom 15.12.1989 - 2 BvR 436/88 - zitiert nach [...]; Nds. OVG, Urteil vom 18.09.2002 - 13 LC 41/02 - KStZ 2003, 32, Beschluss vom 16.03.2010 - 9 LA 100/09 - zitiert nach [...]; OVG Schleswig-Holstein,Urteil vom 18.10.2000 - 2 L 67/99 - NVwZ-RR 2001, 532).
Die Ermittlung der Jahresrohmiete auf der Basis einer Indexierung ist nicht zu beanstanden, wenn der in der Satzung festgelegte Index - wie vorliegend der Fall - existiert (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15.03.1999 - 22 A 391/98 - NVwZ 2000, 223 [OVG Nordrhein-Westfalen 15.03.1999 - 22 A 391/98]). Die indexierte Jahresrohmiete ist grundsätzlich geeignet, den mit der Nutzung einer Wohnung typischerweise betriebenen Aufwand entsprechend ihrem Nutzungswert zu generalisieren, aber dennoch hinreichend realitätsnah darzustellen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Jahresrohmiete gemäß § 79 Abs. 1 BewG nach der zum Hauptfeststellungszeitpunkt am 1. Januar 1964 konkret geschuldeten Miete oder gemäߧ 79 Abs. 2 Nr. 1, Satz 2 BewG nach der zu jenem Zeitpunkt für das Objekt üblichen Miete ermittelt wird. Ziel ist in beiden Fällen eine realitätsgerechte Einschätzung des Mietwerts der Wohnung, wenn dies durch Indexierung dem aktuellen Preisstand angepasst werden soll (vgl. die Nachweise bei Birk, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2012, § 3 Rdnr. 225). Wird in der Satzung zur Bemessung der Steuer auf eine Hochrechnung nach einem Preisindex verwiesen, so muss dieser vor Entstehung der Steuerschuld feststehen und aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen, um dem Bestimmtheitsgebot zu genügen (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 23.11.2005 - 5 UE 2557/04 - KStZ 2006, 112 = ZKF 2006, 113). Diesen Anforderungen wird § 4 Abs. 2 der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten gerecht. Denn die von der Beklagten in Bezug genommenen Indizes werden vom statistischen Bundesamt Deutschland veröffentlicht.
Die Regelung in § 4 Abs. 4 der Zweitwohnungsteuersatzung ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die in dieser Vorschrift vorgesehene Staffelung der Zweitwohnungsteuer in fünf Stufen nach der Dauer des Vorhaltens der Wohnung für die persönliche Lebensführung ist verhältnismäßig. Die Veranlagung mit einem Nutzungsfaktor von 1,0, d.h. mit der vollen Jahressteuer in den Fällen, in denen von vornherein durch Vermittlungsvertrag die Eigennutzungsmöglichkeit auf mindestens 63 Übernachtstage begrenzt wurde, eingefügt durch die 1. Änderungssatzung, trägt der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.06.1999 - 8 C 6.98 -; Urteil vom 26.09.2001 - 9 C 1.01 - jeweils zitiert nach [...]) sowie der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 10.08.2010 - 9 LB 311/08 -) Rechnung, wonach die Erhebung des vollen Jahresbetrags der Zweitwohnungsteuer in den Fällen der Mischnutzung noch verhältnismäßig und daher zulässig ist, wenn der Inhaber der Zweitwohnung mindestens zwei Monate im Jahr über die rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Eigennutzung der Wohnung verfügt. Liegt die Möglichkeit zur Eigennutzung und das damit einhergehende Vorhalten für die persönliche Lebensführung hingegen unter zwei Monaten, kann der Inhaber einer Zweitwohnung gemäß der soeben zitierten Rechtsprechung nicht zur vollen, sondern nur zu einer geminderten Jahressteuer herangezogen werden. In welcher Weise im Einzelnen die Steuer für die Zeiträume einer möglichen Eigennutzung reduziert wird, unterliegt dem Ermessen der Gemeinde. Dabei genügt eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte pauschalierende Aufsplittung des Jahresbetrags in wenige Stufen (BVerwG, Urteil vom 26.09.2001 - 9 C 1/01 - zitiert nach [...]; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.04.2005 - 2 LB 51/05 - zitiert nach [...]). Diesen Anforderungen werden die Satzungsregelungen gerecht. Zu einer Heranziehung zu der vollen Zweitwohnungsteuer kommt es erst, wenn der Inhaber einer Zweitwohnung mindestens 63 Übernachtungstage (9 Wochen) im Jahr über die rechtlich gesicherte Möglichkeit zu ihrer Eigennutzung - wie hier - verfügt.
Die vorgesehene Staffelung der Steuer für die Fälle einer zeitlich geringeren Eigennutzungsmöglichkeit lässt Ermessensfehler nicht erkennen. Ausgehend von der weiten Gestaltungsfreiheit der Kommunen bei der Zweitwohnungsteuer wird es als gerechtfertigt angesehen, wegen der Vielzahl gleichgelagerter Fälle pauschalierende Regelungen zu treffen. Zu diesen gehört auch die Entscheidung einer Kommune für ein Staffelsystem an Stelle einer linearen Steuer. Für welche Stufen sich der Satzungsgeber entscheidet, liegt in seinem Ermessen. Die Staffelung der Steuersätze verstößt nicht gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung. Das in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegte Gebot der gleichmäßigen Besteuerung zwingt die Kommunen nicht zur Normierung eines festen Steuersatzes und eines linearen Steuertarifs. Bei der Wahl eines Staffelsystems sind derartige Sprünge systemimmanent und sachlich gerechtfertigt, so dass die sich in solchen "Grenzfällen" ergebenden Härten von den Betroffenen hinzunehmen sind (VG Augsburg, Urteil vom 21.09.2011 - Au 6 K 10.1088 - zitiert nach [...]).
Der von der Beklagten in § 5 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzung festgelegte Steuersatz ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser beträgt jährlich 12 % des Steuermaßstabes nach § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzung. Die Höhe dieses Steuersatzes hat allein unter Betrachtung der satzungsrechtlichen Regelung an sich keine erdrosselnde Wirkung. Denn die sich danach zu berechnende Steuerhöhe bewegt sich unter Berücksichtigung des gewählten Steuermaßstabes in dem von der Rechtsprechung (vgl.Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 22.11.2010 - 9 ME 76/10 - ) anerkannten Bereich zwischen 10% und 20% des jährlichen Mietaufwandes (Jahresnettokaltmiete) (vgl. Birk, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2012, § 3 Rn. 227). Aus Art. 20 Abs. 1 GG folgt das Gebot sozialer Steuerpflicht, welches im Steuerrecht spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Übermaßverbotes ist (BayVGH Urteil vom 04.04.2006 - 4 N 04.2798 - zitiert nach [...], m. w. N.). Es beinhaltet, dass die auferlegten Steuerpflichten die Betroffenen nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen dürfen. Daran gemessen ist der Steuersatz von 12 % nicht unverhältnismäßig und hat keine erdrosselnde Wirkung, weil wegen der sich daraus ergebenden steuerlichen Belastung das Halten einer Zweitwohnung nicht wirtschaftlich unmöglich gemacht wird. Als kritische Grenze für einen Steuersatz wird in der Rechtsprechung (BayVGH, Beschluss vom 30.4.2009 - 4 ZB 08.2317 - zitiert nach [...]; Beschluss vom 28.10.2009 - 4 ZB 08.1893 - zitiert nach [...]; VG München, Urteil vom 14.01.2010 - M 10 K 09.1827 -) und Kommentarliteratur eine Belastung von mehr als 20 % angesehen, d. h. wenn die festgesetzte Zweitwohnungsteuer die Grenze von 20 % der Jahresnettokaltmiete übersteigt (vgl. Birk in: Driehaus Kommunalabgabenrecht, a. a. O.). Die Jahresnettokaltmiete bezeichnet aus der Sicht des Vermieters die monatlichen Mieteinnahmen ohne Nebenkosten und ohne Heizkosten (Miete ohne mieterseitige Nebenleistungen aus umlagefähigen Bewirtschaftungskosten und ohne Mehrwertsteuer). Diese kritische Belastungsgrenze wird mit dem hier von der Beklagten gewählten Steuersatz nicht erreicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt auch der konkreten Festsetzung der Zweitwohnungsteuer in ihrem Fall aufgrund der Anwendung des satzungsrechtlichen Maßstabs eine Erdrosselungswirkung nicht zu. Ausgehend von einer jährlich für die Klägerin nach der Zweitwohnungsteuersatzung anfallenden Zweitwohnungsteuer in Höhe von (229,28 € halbjährlich x 2 = 458,56 €) 458,56 € und der unterstellten Annahme, diese Zweitwohnungsteuer stelle 20 % der Jahresnettokaltmiete, mithin die kritische Grenze für eine Erdrosselungswirkung, dar, errechnet sich eine hypothetische Jahresnettokaltmiete in Höhe 2.292,80 € (458,56 € x 100 = 45.856 € : 20 = 2.292,80 €), was bezogen auf die Wohnung der Klägerin einen monatlichen Mietzins von 191,06 € ergibt. Daraus ergäbe sich, bezogen auf die 39 m2 große Wohnung der Klägerin, ein Mietzins von 4,90 €/m2 (191,06 €: 39 m2 = 4,899 €, gerundet 4,90 €/m2), der im vorliegenden Einzelfall den kritischen Wert zur Annahme einer Erdrosselungswirkung bildet.
Diese kritische Grenze von 4,90 €/m2 bezogen auf die Wohnung der Klägerin wird aber selbst nach dem Vorbringen der Klägerin unter Berücksichtigung des ortsüblich erzielbaren Mietzinses für eine solche Wohnung nach Art und Güte nicht unterschritten, sondern überschritten, was die Annahme einer Erdrosselungswirkung ausschließt. Zur Bestimmung der im Rahmen der Prüfung einer Erdrosselungswirkung anzustellenden Vergleichsberechnung hält die Kammer die Anwendung des vom Deutscher Mieterbund H., Stadt und Landkreis e. V. und des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer -Verein im Landkreis H. e. V. erstellten Mietspiegels (Stand Januar 2010) für sachgerecht. Denn die Interessenvertreter der Vermieter und Mieter haben den Mietspiegel auf der Grundlage jahrzehntelanger eigener Erhebungen über den Wohnungsmarkt und unter Auswertung allgemeiner statistischer Informationen erstellt, so dass die Kammer davon ausgeht, dass der Mietspiegel die Preissituation am Wohnungsmarkt in H. hinreichend realitätsgerecht widerspiegelt.
Bei ihrer Berechnung nach diesem Mietspiegel kommt die Beklagte unter Berücksichtigung von Zuschlägen für die Wohnung der Klägerin zu einem Mietzins von 6,72 €/m2. Selbst wenn man die von der Klägerin geäußerte Kritik an der Berechnung zu ihren Gunsten zugrundelegt und demgemäß die Zuschläge für den Kellerraum sowie für die Lage der Wohnung und den Modernisierungszuschlag nicht berücksichtigt, ergibt sich aufgrund der Basismiete von 4 €/m2 zuzüglich eines Zuschlags für eine Wohnung mit einer Größe bis 40 m2 in Höhe von 0,80 € sowie eines Zuschlags für Etagenheizung mit zentraler Brennstoffversorgung in Höhe von 0,30 € ein Mietzins in Höhe von 5,10 € pro Quadratmeter. Dieser Mietzins übersteigt die die hier maßgebliche Grenze von 4,90 €/m2, ab der eine der Erdrosselungswirkung in Betracht zu ziehen wäre, deutlich.
Die Klägerin hat sich selbst weder dahingehend eingelassen, dass ein Mietzins von mehr als 4,90 €/m2 am Markt nicht zu erzielen wäre, noch durchgreifende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein Mietzins für ihre Wohnung konkret in jedem Fall unterhalb von 4,90 €/m2 liegen würde. Die Klägerin hält nach ihrem Vorbringen zuletzt einen Mietzins von 5,66 €/m2 für realistisch, weil ein solcher Mietzins für die unmittelbar benachbarte - wenn auch renovierte - Wohnung in Ansatz gebracht worden ist. Bei der Anwendung des Mietspiegels ist zu Lasten der Klägerin ferner zu berücksichtigen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung für Ferienwohnungen trotz eines höheren Leerstands im Vergleich zu dauerhaft genutzten Erstwohnungen regelmäßig bezogen auf das Erhebungsjahr eine höhere Miete zu veranschlagen ist (so Nds. OVG, Urteil vom 17.06.2008 - 9 LB 8/07 - zitiert nach [...]).
Der von der Klägerin in Bezug genommene Mietspiegel des Landkreises H. (http://www.landkreis-H..de/media/custom/1779_1409_1.PDF?1331040734) stützt ihre Position ebenfalls nicht. Denn zum einen besteht die - hier gerade nicht maßgebliche - Zielrichtung dieses Mietspiegels in der Prüfung der abstrakten Angemessenheit im Hinblick auf als angemessen zu beurteilenden Wohnraum im Rahmen von Grundsicherungsleistungen. Der für die Stadt H. ausgewiesene Richtwert liegt bei 280,-- € für eine 50 m2 Wohnung, was einem Mietzins von 5,60 €/m 2 entspricht. Allerdings ist dieser Wert auch deshalb nicht in die vorliegende Vergleichbarkeitsberechnung einzustellen, weil darin entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Kaltmiete und Nebenkosten - wenn auch keine Heizkosten - eingegangen sind.
Letztlich sind keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Steuer vorliegend unverhältnismäßig ist und der Klägerin wegen der finanziellen Belastung durch die Zweitwohnungsteuer das Halten der Zweitwohnung wirtschaftlich unmöglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i. V. m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.