Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.06.2009, Az.: 14 U 60/09
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.06.2009
- Aktenzeichen
- 14 U 60/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 41677
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2009:0615.14U60.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Stade - AZ: 3 O 142/07
Fundstellen
- BauR 2009, 1339
- BauR 2009, 1613-1615
- MDR 2009, 1101
- MDR 2010, 675
- NJW-RR 2009, 1532-1534
- NJW-Spezial 2009, 509
- NZBau 2010, 58-59
- OLGR Celle 2009, 591-593
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht K., die Richterin am Oberlandesgericht A. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. W. am 15. Juni 2009 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung für das Berufungsverfahren hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Teilurteil vom 24. Februar 2009 die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen, weil der Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Architektenhonorar nicht schlüssig dargelegt habe. Hiergegen will sich der Kläger mit dem beabsichtigten Berufungsverfahren wenden. Im Entwurf der Berufungsbegründung trägt er vor, dass seine Schlussrechnung zwar nicht die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen Voraussetzungen erfülle. Insbesondere könnten seiner Rechnung nicht ohne weiteres die anrechenbaren Kosten des Objekts, der Umfang der Leistung und die Honorarzone entnommen werden (S. 2 des Entwurfs der Berufungsbegründung, Bl. 178 d.A.). Der Kläger ist jedoch der Auffassung, dies sei hier unbeachtlich, weil die Beklagten nicht innerhalb von zwei Monaten die Prüffähigkeit der Schlussrechnung gerügt hätten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118 = BauR 2004, 316). Deshalb käme es nicht mehr darauf an, ob die Rechnung in sich nachvollziehbar vorgelegt sei. Das sei nicht mehr zu prüfen. Das Landgericht hätte die Fälligkeitsrüge nicht berücksichtigen dürfen und der Klage ohne Berücksichtigung der fehlenden Angaben in der Rechung insgesamt stattgeben müssen.
2. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger verkennt, dass die von ihm in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die Schlüssigkeit des Klagevortrags selbst entbehrlich macht. Voraussetzung für den Erfolg einer Klage ist und bleibt, dass der Klageanspruch schlüssig dargelegt wird. Bedarf es dazu einer an den vertraglichen Voraussetzungen orientierten Abrechnung, ist diese vorzulegen. In der Tat ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Einwand gegen die Prüffähigkeit der Rechnung ausgeschlossen, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Rechnung vorgebracht worden ist. Dies führt aber nicht dazu, dass die Rechnung nicht zu prüfen ist. Das könnte zunächst die Folge sein, wenn die Rüge gegen die Prüffähigkeit fristgerecht erhoben worden wäre; dann wäre eine Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet - also auch kein Erfolg der Klage - in Frage gekommen, weil es an einer Fälligkeitsvoraussetzung des Anspruchs fehlte. Die nicht fristgerecht erhobene und deshalb unbeachtliche Rüge führt vielmehr dazu, dass im rechtshängigen Prozess abschließend die Klärung stattfindet, ob die geltend gemachte Forderung begründet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2007 - VII ZR 230/06, BauR 2007, 1577, insb. Rdnr. 7; Senat , Urteil vom 7. Mai 2008 - 14 U 182/07, BauR 2008, 1657, insb. juris-Rdnr. 20).
Die Klage gegenüber der Beklagten zu 2 ist demnach nicht begründet. Der Kläger weist auch im Rahmen des Entwurfes seiner Berufungsbegründung darauf hin, dass seine Schlussrechnung nicht die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Abrechnung erfüllt. Die Klage ist damit unschlüssig. Das ist über die Frage der Prüffähigkeit hinaus ein eigenständiger Gesichtspunkt, der die Abweisung einer Klage auch rechtfertigen kann, wenn die Frage der Prüffähigkeit nicht mehr zu erörtern ist (dazu Eichberger, jurisPR-PrivBauR 10/2007 Anm. 3, Buchst. C). Die Rechtslage entspricht dann derjenigen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach dem die Erteilung einer prüfbaren Rechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung ist ( BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118, 126 ). Voraussetzung für den Erfolg der Klage ist also auch ohne Erörterung der Prüffähigkeit, dass die Werklohnforderung schlüssig dargelegt ist ( BGH, Beschluss vom 14. Juli 2007 - VII ZR 230/06, BauR 2007, 1577, insb. Rdnr. 7). Das ist aber hier nicht der Fall.
Das Landgericht hat mehrere Hinweise in Bezug auf die (fehlende) Schlüssigkeit der Rechnung (vom 19. März 2007, Bl. 13 f.d.A., bzw. 13. August 2007, Bl. 39 d.A.) insbesondere wegen der fehlenden Angaben zu den anrechenbaren Kosten erteilt (zunächst gem. Verfügung vom 22. August 2007, Bl. 22 d.A.). Der Kläger hat darauf mit Schriftsätzen vom 30. August (Bl. 23 f.d.A.) und 19. September 2007 (Bl. 36 f.d.A.) eine neue Abrechnung vorgelegt und diese zur Grundlage seines Anspruchs gemacht. Er nimmt dabei Bezug auf eine "Ca.-Kostenberechnung/Kostenanschlag nach DIN 276 aus 35 KW (02)" und rechnet im Obersatz "bisher erbrachte", im Anschluss aber sowohl "voll" als auch "teilw." erbrachte Leistungen ab, die er zur Hauptforderung "Neubau Heim- und Pflegegebäude" über 66 370 € netto wie folgt spezifiziert:
"Beweis/Zeugnis: des Landkreises O., Untere Bauaufsichtsbehörde L., A., eingereicht ..., AZ ... durch fertige bzw. teilw. fertig gestellte Planungen und Akteninhalte mit Arbeits/Zeit- u. Stundennachweisen, Tätigkeits- u. Terminprotokolle der Mitarbeiter u. Inhaber des Büro F., (Interne Honorar-Nach-Kalkulation), sowie diverse Fachingenieure und am Projekt mitwirkende Firmen u. Personen" (Bl. 39 d.A.).
Im Übrigen enthält die Rechnung pauschale Angaben der jeweils angesetzten Leistungsphasen und Prozentsätze sowie - ohne die anrechenbaren Kosten nur zu erwähnen - einen Preis.
Das gilt entsprechend für die weiteren Positionen der Rechnung, die im Einzelnen so beschrieben werden:
"Umbau und Trennung des vorh. Gutshauses ... wie vor bei 1. - LK O., jedoch AZ ... wie vor bei 1. - Büro F., Div. Mitarbeiter, FachIng., ..."
(Bl. 40 d.A.)
und
"Übergang Küche-Heim/Kühlraum-Erweiterung ... wie vor bei 1. - LK O., jedoch AZ ... wie vor bei 1. - Büro F., Div. Mitarbeiter, FachIng., pp"
(Bl. 40 d.A.).
Der Kläger errechnet sich auf diese Weise eine Forderung von 78 990 € netto. Dazu kommen noch Nebenkosten "gem. AV 6.0" von 6 310 € netto (Bl. 40 d.A.). Zuzüglich Mehrwertsteuer macht er 98 600 € geltend (Bl. 41 d.A.). Darüber hinaus begehrt er "aus Kündigung" ein entgangenes Honorar für noch zu erbringende Leistungen aufgrund einer Summenermittlung "in handschriftlicher vereinfachter Form" (gem. Bl. 42 f.d.A. - der Kläger nimmt dabei ausschließlich auf fünf "Honorarangebote" Bezug) von weiteren 81 200 €, so dass er insgesamt 179 800 € - d.i. die Klageforderung - verlangt (Bl. 41 d.A.).
Diese Angaben sind aus sich heraus nicht nachvollziehbar.
3. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass aus den weiteren Unterlagen die anrechenbaren Kosten nachvollzogen werden könnten. Abgesehen davon, dass dann weiterhin der Umfang der Leistungen unklar blieben (wie der Kläger ausdrücklich einräumt, Bl. 178 d.A.), besteht für das Gericht kein Anlass, eigenständig eine "Beweisermittlung" zu betreiben (vgl. entsprechend BGH, Beschluss vom 14. Juni 2007 - VII ZR 230/06 a.a.O. Rdnr. 10). Außerdem sind die anrechenbaren Kosten auch aus den Unterlagen nicht nachvollziehbar: Im Bauantrag vom 6. Januar 2003 werden "Bauhauptkosten" von ca. 1,3 bis 3,0 Mill. EUR beziffert (Bl. 51 d.A.); die "Schätzung" erfolgte aber ausdrücklich "ohne Massenermittlung und genauer Festlegung der Baustoff- und Ausführungsqualität" (Bl. 50 d.A.) und ohne "Nebenkosten, Erschließung, Außenanlagen, Bauplanung, Bauleitung, Statische Berechnung, EnEV u. Schallschutzberechnungen, Fachplaner, Gutachter, behördliche Gebühren, Baugenehmigung, Prüf- und Abnahmekosten, Katasteramt" (Bl. 51 d.A.). In der folgenden Gesamtkostenaufstellung - wiederum "ohne Massenermittlung und genauer Festlegung der Baustoff- und Ausführungsqualität" - übernimmt der Kläger die am 27. August 2002 geschätzten "Baukosten A - Neubau" von netto 5 700 000 bis 6 000 000 € - nur - durch eine handschriftliche Streichung und Ergänzung vom 6. Januar 2003 als "anrechenbare Kosten", die "nach DIN 276 berechnet und abgestimmt" worden seien (Bl. 52 d.A.).
Die Beklagten haben auch gegen diese Abrechnung Einwände erhoben (Bl. 61 f., 67 f., 75 f.d.A.). In der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2008 ist der Kläger auf die Widersprüche seiner Abrechnung hingewiesen worden (Bl. 111 f.d.A.); die Beklagten haben die angesetzten Werte weiterhin bestritten (Bl. 112 d.A.). Nachdem der im Termin zwischen den Parteien geschlossene Vergleich seitens der Beklagten widerrufen worden ist (Bl. 113, 118 d.A.), hat die Kammer mit Beschluss vom 24. Juni 2008 den Kläger insbesondere darauf hingewiesen, dass die anrechenbaren Kosten nicht nachvollziehbar seien, und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Bl. 119 d.A.). Der Kläger hat darauf mit Schriftsatz vom 9. Juli 2008 zum Zeitraum seiner Tätigkeiten vorgetragen (Bl. 128 d.A.). Das Landgericht hat sodann mit Verfügung vom 15. Oktober 2008 nochmal darauf hingewiesen, "dass bislang nach wie vor nicht substantiiert dargetan ist, welche Kosten er welchen Bauabschnitten zugrunde gelegt hat" (Bl. 132 R d.A.). Der Kläger hat danach nichts weiter vorgetragen. Schließlich hat das Landgericht erneut über die Sache am 27. Januar 2009 verhandelt und hier - insgesamt zum fünften Mal - darauf hingewiesen, dass der Kläger zu den anrechenbaren Kosten nicht ausreichend vorgetragen habe und es insoweit an einer nachvollziehbaren Darstellung fehle (Bl. 153 d.A.). Der Kläger hat ausweislich des Protokolls keine Erklärungsfrist beantragt.
4. Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen dargelegt, in welcher Hinsicht die Berechnungen des Klägers widersprüchlich oder nicht nachvollziehbar sind (LGU 4 und 5). Damit setzt sich der Kläger auch in dem Entwurf seiner Berufungsbegründung in keiner Weise auseinander, sondern meint lediglich, die anrechenbaren Kosten würden "sich aus den jeweiligen und vorgelegten Honorarangeboten" ergeben (Bl. 179 d.A.). Dies ist in Anbetracht der im Einzelnen im Urteil dargelegten Widersprüche und Ungereimtheiten der Abrechnung weiterhin unzureichend und kann keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung begründen. Angesichts der zahlreichen Hinweise in erster Instanz bedarf es hierzu auch keiner weiteren Hinweise im Berufungsverfahren. Aufgrund des wiederholten Bestreitens der Beklagten und der anschließenden Hinweise der Kammer reicht es nicht (mehr), dass der Kläger ohne nähere Ausführungen einen Betrag nennt, der den anrechenbaren Kosten entsprechen soll (wie z.B. während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 20. Mai 2008, Bl. 112 d.A.), oder auf eine Berechnung aus der 35. Kalenderwoche - also etwa August - 2002 (Bl. 39 d.A.) oder eine vom 18. September 2002 verweist (so Bl. 52 d.A.). Er hat weder diese Berechnung(en) vorgelegt noch Beweis für seine Behauptungen angetreten, obwohl die Beklagte insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2008 die Angaben des Klägers bestritten hat (Bl. 112 d.A. - worauf das Landgericht im Beschluss vom 24. Juni 2008 nochmal eigens hingewiesen hat, Bl. 119 d.A.).
5. Inwieweit der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die voraussichtlich anfallenden Prozesskosten zu bezahlen, bedarf keiner Entscheidung. Allerdings bleiben auch insoweit Fragen offen. Der Kläger hat in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 30. April 2007 angegeben, Anspruch auf diverse Honorarforderungen im Gesamtwert von ca. 220 000 € zu haben (Bl. 2 im PKH-Heft). In der Erklärung vom 5. April 2009 hat er die Frage nach sonstigen Vermögenswerten nicht beantwortet. Auf Nachfrage des Senats dazu hat er im Schriftsatz vom 12. Mai 2009 ausgeführt, die zuvor genannten Forderungen könnten nicht "realisiert" werden. Konkretisiert hat er dies jedoch nur hinsichtlich einer Forderung über 179 800 € brutto (die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht wird) und einer darüber hinaus zuerkannten Forderung im Verfahren vor dem Landgericht Stade zum Aktenzeichen 4 O 201/07 über 8 053,82 € netto. Zusammen ergibt das 187 853,82 €. Zu den übrigen 32 146,18 € äußert sich der Kläger nicht. Nach seinen Angaben vom 30. April 2007 steht ihm aber eine weitere Forderung über 14 000 € gegen die "Fa.A., G.R., O., wegen Insolvenz" zu (Bl. 2 im PKH-Heft). Ob bzw. inwieweit diese Forderung inzwischen "realisiert" wurde, teilt der Kläger nicht mit.