Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 20.10.2020, Az.: 6 B 1479/20

Atemschutzmasken; China; Corona; FFP2; FFP-2; Gesundheit; Interessenabwägung; Masken; Produktsicherheit; Prüfbericht; sofortige Vollziehung; Widerspruch; wirtschaftliche Interessen; Hygiene; Lebens- und Arzneimittel; Keine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen das Verbot des Bereitstellens von Atemschutzmasken auf dem Markt und gegen die Rücknahme von Atemschutzmasken nach einer Interessenabwägung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
20.10.2020
Aktenzeichen
6 B 1479/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 39609
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2020:1020.6B1479.20.00

[Gründe]

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Verfügung des Antragsgegners, mit der der Antragstellerin untersagt wurde, Atemschutzmasken auf dem Markt bereitzustellen, und in der die unverzügliche Rücknahme dieser Atemschutzmasken angeordnet wurde.

Die Antragstellerin ist ein Großhandelsunternehmen für Geschenkartikel, Trendartikel und Scherzartikel. Seit April 2020 vertreibt sie unter den Artikelnummern F. und G. Atemschutzmasken, die in China hergestellt wurden. Bei diesen Atemschutzmasken soll es sich nach den Angaben der Antragstellerin um sogenannte Filtrierende Halbmasken, nämliche FFP2-Masken, handeln. Die Antragstellerin stellte am 23.03.2020 durch ihren Prokuristen eine Konformitätserklärung aus, wonach die Atemschutzmasken mit der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.03.2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates [im Folgenden: VO (EU) 2016/425] konform seien.

Im Mai 2020 hatte sich eine Privatperson mit der Frage an den Antragsgegner gewandt, ob es sich bei der von ihr erworbenen Atemschutzmaske um eine FFP2-Maske handele und ob die Konformitätserklärung der Antragstellerin korrekt sei. Sie übersandte dem Antragsgegner zwei Fotos einer in Plastikfolie eingepackten Atemschutzmaske mit der Artikelnummer G.. Auf der Verpackung der Atemschutzmaske befand sich der Name und die Adresse der Antragstellerin. Die Person hatte diese Atemschutzmaske nach eigenen Angaben über eine Versandapotheke im Internet bezogen.

Der Antragsgegner wandte sich daraufhin mit E-Mail vom 15.05.2020 an die Antragstellerin und wies darauf hin, dass die Kennzeichnung der Atemschutzmaske nicht der VO (EU) 2016/425 / Norm EN 149 entspreche. Er fragte nach, ob eine Baumusterprüfung durchgeführt worden sei und bat um Stellungnahme. Der Antragsgegner fügte die ihm übermittelten Fotos und die Konformitätserklärung bei.

Mit E-Mail vom 18.05.2020 bat die Antragstellerin um Akteneinsicht. Ferner verwies sie auf die Empfehlung (EU) 2020/403 der Kommission vom 13.03.2020 über Konformitätsbewertungs- und Marktüberwachungsverfahren im Kontext der COVID-19-Bedrohung [im Folgenden: Empfehlung (EU) 2020/403], nach deren Ziffer 6. sich die Marktüberwachungsbehörden auf die persönlichen Schutzausrüstungen und Medizinprodukte konzentrieren sollten, "von denen eine schwerwiegende Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit des Benutzers ausgehe". In diesem Zusammenhang verwies sie auf zwei Prüfberichte des H. mit der Nummer I. vom 12.05.2020 bezüglich der Atemschutzmaske mit der Artikelnummer F. und mit der Nummer J. vom 15.05.2020 bezüglich der Atemschutzmaske mit der Artikelnummer G., wonach diese Atemschutzmasken die Anforderungen der Klassifikation FFP2 nach der Norm EN 149:2001+A1:2009 erfüllten.

Nach Akteneinsicht nahm die Antragstellerin mit weiterer E-Mail vom 29.05.2020 Stellung. Sie wies darauf hin, dass die mit E-Mail des Antragsgegners vom 15.05.2020 übermittelten Fotos nicht die von ihr vertriebenen Atemschutzmasken zeigten. Sie seien von ihr ausschließlich in 20er Verpackungseinheiten in den Verkehr gebracht worden, die die erforderliche Kennzeichnung (Herstellerangabe, CE-Zeichen und Gebrauchsanweisung) enthalten hätten. Diese Atemschutzmasken seien nicht dazu bestimmt gewesen, umverpackt zu werden. Sie seien lediglich zur besseren Hygiene einzeln in Folie eingeschweißt gewesen. Die Umverpackung könne ihr daher nicht angelastet werden. Darüber hinaus verwies die Antragstellerin nochmals auf die bereits übermittelten Prüfberichte und auf die Empfehlung (EU) 2020/403 und die von ihr vorgelegten Prüfberichte. Sie bat den Antragsgegner, wegen der Sondersituation der Corona-Krise von behördlichen Maßnahmen abzusehen.

Mit Schreiben vom 23.06.2020 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin über die Durchführung des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG). Die Atemschutzmasken mit den Artikelnummern F. und G. würden aufgrund ihrer Kennzeichnung als persönliche Schutzausrüstung auf dem Markt bereitgestellt. Für diese Atemschutzmasken der Kategorie III (im Sinn des Anhangs I VO 2016/425) sei nach Artikel 19 VO (EU) 2016/425 ein Konformitätsbewertungsverfahren mit EU-Baumusterprüfung durchzuführen, die durch eine notifizierte Stelle zu erfolgen habe. Die vorgelegten Prüfberichte erfüllten jedoch nicht die Anforderungen einer Baumusterprüfung, weil sie nicht durch eine notifizierte Stelle erfolgt sei. Im Übrigen könnten die Atemschutzmasken auch nicht auf der Grundlage des § 9 der Medizinischer-Bedarf-Versorgungssicherstellungsverordnung (MedBVSV) auf dem Markt bereitgestellt werden. Die darin genannten Anforderungen für die Bereitstellung von persönlichen Schutzausrüstungen "im Kontext der COVID-19-Bedrohung" seien hier nicht erfüllt. Der Antragsgegner hörte die Antragstellerin im selben Schreiben zur der Absicht an, die sofortige Einstellung der weiteren Bereitstellung der Atemschutzmasken mit den Artikelnummern F. und G. sowie die Rücknahme dieser und weitere Maßnahmen anzuordnen.

Hierauf antwortete die Antragstellerin mit Schreiben vom 10.07.2020. Sie teilte mit, dass sie Quasi-Herstellerin der Atemschutzmasken sei und diese als persönliche Schutzausrüstung bereitstelle. Aufgrund einer Konformitätsbewertung durch K. und entsprechender Einstufung des Herstellers in China seien die Atemschutzmasken mit einer CE-Kennzeichnung versehen worden. Deswegen habe sie auch eine Konformitätserklärung erstellt. Weder die belieferten Händler noch die Verwender hätten die Qualität jemals beanstandet. In rechtlicher Hinsicht führte sie aus, dass eine Rücknahme der Atemschutzmasken allenfalls auf § 26 Absatz 2 Satz 2 Nummer 7 ProdSG gestützt werden könnte. Die Voraussetzungen lägen aber nicht vor, weil ein begründeter Verdacht, dass die Atemschutzmasken nicht den Anforderungen des Abschnittes 2 des Produktsicherheitsgesetzes entsprächen, nicht vorliege. Ein Verstoß gegen Artikel 19 VO (EU) 2016/425 und die womöglich nicht rechtskonforme Anbringung der CE-Kennzeichnung sei nicht gegeben. Bei den Atemschutzmasken handele es sich um persönliche Schutzausrüstung im Sinne der VO (EU) 2016/425. Sie erfüllten die für sie geltenden Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen. Dies werde durch die vorgelegten Prüfberichte der Zweigstelle des L., der auch in Deutschland notifizierte Stellen unterhalte, bestätigt. Die Prüfung und Berichterstellung sei im Verantwortungsbereich des L. in Deutschland erfolgt. Daher seien die Berichte einwandfrei und könnten der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Das Fehlen der EU-Baumusterprüfung führe nicht unmittelbar zu einem Verstoß, weil das Erfordernis der Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens im Sinne des Artikel 19 VO (EU) 2016/425 nach der Empfehlung (EU) 2020/403 vorübergehend zur Verbesserung der Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung suspendiert worden sei. Eine etwaige Nichtkonformität sei nach dem Willen der Kommission hinzunehmen, sofern ein angemessenes Gesundheit- und Schutzniveau gewährleistet sei. Durch die Prüfberichte sei nachgewiesen worden, dass die Atemschutzmasken das für FFP2-Masken maßgebliche Gesundheit- und Schutzniveau erfüllten. Die Empfehlung der Kommission sei von dem Antragsgegner auch unmittelbar zu berücksichtigen, weil sie nicht an die Mitgliedstaaten, sondern die Marktüberwachungsbehörden gerichtet sei. Unabhängig davon wäre eine Rücknahme unverhältnismäßig. Die Rücknahme würde einen schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstellen. Formale Verstöße allein könnten eine Rücknahme nicht begründen. Sicherheitsrelevante Verstöße lägen nicht vor. Dies sei durch die Prüfberichte ohnehin widerlegt. Außerdem erfüllten die Atemschutzmasken sogar die Anforderungen der Norm KN95, die höher seien als die der Norm EN 149:2001. Dem Schreiben des Antragsgegners vom 23.06.2020 habe nicht entnommen werden können, ob er im Rahmen seines Auswahlermessens andere Maßnahmen geprüft habe, die ausreichten, um der festgestellten formalen Nichtkonformität der Atemschutzmasken zu begegnen. Auch die Untersagung der Bereitstellung der Atemschutzmasken sei unverhältnismäßig, weil sicherheitsrelevante Risiken nicht zu besorgen seien. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass die Möglichkeit bestehe, die Atemschutzmasken aufgrund eines Bewertungsverfahrens nach § 9 Absatz 2 MedBVSV bereitzustellen. Dies wolle sie angehen. Überdies würde auch eine Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausgehen.

Mit E-Mail vom 22.07.2020 bat der Antragsgegner u. a. um Vorlage von Nachweisen zur Konformitätsbewertung durch die K. Außerdem bat er um Mitteilung, ob medizinische Einrichtungen direkt beliefert worden seien bzw. welche Händler beliefert worden seien.

Am 27.07.2020 fand eine fernmündliche Besprechung zwischen Vertretern der Antragstellerin und des Antragsgegners statt, in deren Rahmen die Möglichkeiten zur Bereitstellung der Atemschutzmasken auf dem Markt erörtert wurden. Mit E-Mail vom 30.07.2020 fasste der Antragsgegner den Inhalt und die Ergebnisse dieses Gespräches zusammen, wobei die Antragstellerin mit Schreiben vom 03.08.2020 antwortete und deutlich machte, dass die Zusammenfassung der Ergebnisse aus ihrer Sicht in Teilen unzutreffend sei. Hierauf reagierte der Antragsgegner mit Schreiben vom 12.08.2020 und verwies darauf, dass die vorgelegten Prüfberichte nicht ausreichend nachwiesen, dass die materiellen Anforderungen der VO (EU) 2016/425 erfüllt seien. Außerdem könnten die Atemschutzmasken nicht als einfache Mund-Nasen-Bedeckung in den Verkehr gebracht werden, weil diese unter anderem keine "KN95"-Kennzeichnung aufweisen dürften, wie dies bei den dem Antragsgegner mittlerweile vorliegenden Atemschutzmasken der Antragstellerin der Fall sei. Unter Fristsetzung bat der Antragsgegner um Nachweise, dass weitere Atemschutzmasken nicht auf dem Markt bereitgestellt und die Händler hierüber informiert würden.

Mit Schreiben vom 20.08.2020 übermittelte die Antragstellerin ein Schreiben der M. vom 04.08.2020, in dem die Echtheit des Prüfberichts I. vom 12.05.2020 sowie des Prüfberichts J. vom 15.05.2020 bestätigt werde.

Mit weiterem Schreiben vom 24.08.2020 nahm die Antragstellerin erneut Stellung und verwies abermals darauf, dass die Atemschutzmasken materiell rechtskonform seien. Ferner verwies sie darauf, dass die Bereitstellung der Atemschutzmasken nach der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung nicht mehr möglich sei, weil die Marktüberwachungsbehörden entschieden hätten, ab dem 30.09.2020 keine Bestätigungen mehr über die Verkehrsfähigkeit von Masken auszustellen. Infolge dieses Beschlusses sei der N. nach deren Angaben nunmehr untersagt, weitere Prüfaufträge anzunehmen, soweit eine abschließende Bearbeitung vor dem 30.09.2020 nicht mehr sichergestellt werden könne. Sie bat den Antragsgegner darum, von Anordnungen abzusehen und eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Anderenfalls sei sie noch anzuhören, weil die Schreiben des Antragsgegners vom 23.06.2020 und vom 12.08.2020 die Anforderungen an eine Anhörung nicht erfüllten. Sie enthielten keinen konkreten Anordnungsentwurf, zu dem sie hätte Stellung nehmen können. Außerdem gab sie folgende Erklärung ab:

[Die Antragstellerin] "wird ab sofort bis zum Abschluss des hiesigen marktüberwachungsbehördlichen Verfahrens keine weiteren Atemschutzmasken mit den Artikelnummern F. und G. aus ihrem Lagerbestand auf dem deutschen Markt bereitstellen."

Mit E-Mail vom 27.08.2020 bat der Antragsgegner die Antragstellerin um Auflistung der belieferten Händler mit Angabe der jeweiligen Liefermenge sowie um Angabe des Lagerbestandes.

Nachdem die Antragstellerin Fristverlängerung und erneut Akteneinsicht beantragt hatte und dies vom Antragsgegner abgelehnt worden war, traf dieser in dem Bescheid vom 15.09.2020 folgende Entscheidungen:

  1. 1.

    Die Bereitstellung der Atemschutzmasken mit den Artikelnummern: F. (GTIN: O.) und G. (GTIN: P.) auf dem Markt wird ab sofort untersagt.

  2. 2.

    Die unverzügliche Rücknahme der Atemschutzmasken mit den Artikelnummern: F. (GTIN: O.) und G. (GTIN: P.) aus dem Handel wird hiermit angeordnet. Die Rücknahme ist mit Frist bis zum 30.09.2020 zu veranlassen. Die ergriffenen Maßnahmen sind dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Q. mit Frist bis zum 05.10.2020 schriftlich mitzuteilen.

  3. 3.

    Dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Q. sind schriftlich, unter Nennung der jeweiligen Stückzahlen, bis zum 30.09.2020 alle Wirtschaftsakteure mitzuteilen, an welche die in Nummer 2.) geregelten Atemschutzmasken geliefert wurden.

  4. 4.

    Dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Q. ist der Verbleib der Atemschutzmasken (Lagerware und aus dem Handel zurückgenommene Ware) mit Frist bis zum 16.11.2020 schriftlich mitzuteilen.

  5. 5.

    Es wird die sofortige Vollziehung der in Nrn. 1) und 2) genannten Regelungen angeordnet.

  6. 6.

    Sofern trotz der in Nr. 1) geregelten Untersagung durch die Störerin eine der dort genannten Artenschutzmasken auf dem Markt bereitgestellt wird, drohe ich der R. die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000,00 Euro an.

Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus: Die Anordnungen der Nummern 1 und 2 ergingen aufgrund der Artikel 37, 38 und 41 VO (EU) 2016/425 i.V.m. Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nummer 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates [im Folgenden: VO (EU) 765/2008]. Bei den Atemschutzmasken handele es sich um persönliche Schutzausrüstung. Das hierfür erforderliche Konformitätsbewertungsverfahren nach Artikel 19 VO (EU) 2016/425 sei nicht durchgeführt worden. Die vorgelegte Konformitätserklärung sei unvollständig. Die EU-Baumusterprüfung, die eine technische Prüfung eines repräsentativen Musters durch eine notifizierte Stelle vorsehe und auch die Prüfung der technischen Unterlagen beinhalte, sei nicht durchgeführt worden. Von der Antragstellerin seien Prüfberichte des H.. aus China vorgelegt worden, die die Einhaltung der vorgelegten Prüfmuster mit den Anforderungen der Norm EN 149:2001 + A1:2009 belegen sollen. Die Tests seien zu einem nicht unerheblichen Teil von einem anderen Prüflabor, der S., durchgeführt worden. Beide Prüflabore seien keine notifizierten Stellen. Die in EN 149:2001 + A1:2009 aufgeführten Anforderungen zur Kennzeichnung der Atemschutzmasken seien nicht geprüft worden und die danach geforderten Angaben fehlten vollständig. Die vorgelegten Berichte seien kein belastbarer Nachweis für die Einhaltung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen. Außerdem habe keine Überwachung während der Serienproduktion stattgefunden. Auf der Verpackung der Atemschutzmasken seien die Angaben "CE0194", "FFP2" und "EN 149:2001 + A1:2009" aufgedruckt. Die Anbringung des CE-Kennzeichens sei nicht zulässig, weil das erforderliche Konformitätsbewertungsverfahren zunächst durchlaufen werden müsste. Zudem liege kein Nachweis dafür vor, dass die notifizierte Stelle, deren Nummer angegeben worden sei, am Konformitätsbewertungsverfahren beteiligt gewesen sei. Auch die Angaben "FFP2" und "EN 149" seien nicht zulässig. Sie suggerierten dem Verwender, dass es sich um persönliche Schutzausrüstung handele, die den erhöhten Schutzanforderungen gerecht werde.

Die Atemschutzmasken erfüllen daher weder die formellen noch die materiellen Anforderungen, dürften nicht auf dem Markt bereitgestellt werden und seien zurückzunehmen. Maßnahmen zur Herstellung der Konformität seien von der Antragstellerin nicht getroffen worden. Die abgegebene Erklärung der Antragstellerin reiche nicht aus, eine Rücknahme sei durch sie nicht erfolgt. Dem Gesundheitsschutz sei durch die Anordnungen bestmöglich Rechnung getragen worden und der zusätzliche wirtschaftliche Aufwand der Antragstellerin sei abgewogen worden. Es solle verhindert werden, dass die Atemschutzmasken den Endverbraucher erreichten. Dieser könne mittlerweile auf Atemschutzmasken zurückgreifen, die die Anforderungen erfüllten. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Atemschutzmasken, für die kein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden sei, weiterhin im Handel verkauft würden. Die CE-Kennzeichnung sei irreführend. Es müsse sichergestellt werden, dass der Endverbraucher die persönliche Schutzausrüstung erhalte, die den Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen entspreche.

Es sei derzeit auch nicht mehr möglich, die Atemschutzmasken nach § 9 Absätze 2 und 3 MedBVSV bereitzustellen. Eine Prüfung durch die Prüfstellen würde nicht mehr durchgeführt und eine behördliche Bestätigung würde nicht mehr ausgestellt werden. Die Marktüberwachungsbehörden der Länder hätten am 06.08.2020 beschlossen, den Prüfungsgrundsatz für Atemschutzmasken mit Ablauf des 30.09.2020 von der Internetseite zu nehmen. Auch als einfache Mund-Nasen-Bedeckung könnten die Atemschutzmasken der Antragstellerin nicht bereitgestellt werden, weil sie mit dem Aufdruck "KN95" versehen seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.09.2020 Widerspruch.

Am selben Tag hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zu dessen Begründung macht sie geltend:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht ausreichend begründet. Der Antragsgegner habe nicht dargelegt, aus welchen Gründen er nach vier Monaten einen Sofortvollzug für gerechtfertigt halte. Außerdem habe er nicht dargestellt, weshalb ein Sofortvollzug wegen formeller Mängel und eines nur behaupteten Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sei.

Die Regelungen in den Nummern 1 und 2 des Bescheides des Antragsgegners seien schon formell rechtswidrig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet worden seien. Es werde nicht hinreichend deutlich, auf welchen Rechtsgrund der Antragsgegner seine Anordnungen stütze. Die von dem Antragsgegner angewandten Normen seien falsch zitiert worden und auch in der Anwendung werde nicht klar, welcher Sachverhalt unter welche Voraussetzungen der genannten Normen zur Bereitstellungsuntersagung und zur Rücknahmeanordnung geführt habe. Überdies könne sich ein marktüberwachungsbehördlicher Verwaltungsakt nicht unmittelbar auf die genannten Verordnungen stützen. Die Marktüberwachung auf nationalem Gebiet richte sich vielmehr nach dem Produktsicherheitsgesetz.

Auch in materieller Hinsicht erwiesen sich die Anordnungen als rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Bereitstellungsuntersagung nach § 26 Absatz 2 Satz 2 Nummer 6 ProdSG i.V.m. Artikel 38 bzw. 41 VO (EU) 2016/425 nicht vorlägen. Danach könnten hier in Betracht kommende vorliegende formelle Verstöße eine solche Untersagung nicht rechtfertigen. Die Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen an die Atemschutzmasken seien erfüllt. Die vorgelegten Prüfberichte belegten dies. Der Antragsgegner verkenne, dass nicht jede Testung durch eine notifizierte Stelle vorzunehmen sei. Eigene Untersuchungen bzw. Testungen habe der Antragsgegner nicht durchgeführt. Außerdem sei die Untersagung mit Blick auf die abgegebene Erklärung der Antragstellerin nicht erforderlich gewesen. Außerdem sei sie nicht angemessen, weil der Untersagung eine konkrete Gefährdungsbeurteilung nicht zugrunde liege. Trotz der vorliegenden Prüfberichte würde unterstellt, dass die Atemschutzmasken die Anforderungen an Gesundheit und Sicherheit nicht einhalten würden. Außerdem treffe es nicht zu, dass die Atemschutzmasken nicht die "KN95"-Kennzeichnung aufweisen dürften, denn entsprechende Regelungen hierzu gebe es nicht. Vielmehr böten Masken mit solcher Kennzeichnung einen vergleichbaren Schutz, wie aus einem Faktenblatt der Arbeitsschutzbehörde des Freistaates Sachsen vom 04.06.2020 hervorgehe. Ferner erweise sich das Bereitstellungsverbot als ermessensfehlerhaft, weil die Empfehlung (EU) 2020/403 nicht beachtet worden sei. Auch die Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13.03.2020, wonach im Einzelfall die Verkehrsfähigkeit durch geeignete Stellen, z. B. notifizierte Stellen nach der VO (EU) 2016/425, dahingehend überprüft werden müsse, ob die Güter den EU-Schutzstandards entsprächen, sei vom dem Antragsgegner nicht beachtet worden, obwohl das Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung dies den Marktüberwachungsbehörden mit Schreiben vom 16.03.2020 nahegelegt hätten.

Auch die Rücknahmeanordnung sei materiell rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 26 Absatz 2 Satz 2 Nummer 7 ProdSG i.V.m. Artikel 38 VO (EU) 2016/425 nicht vorlägen. Die Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen an die Atemschutzmasken seien nach den vorgelegten Prüfberichten erfüllt. Eine Nachprüfung durch den Antragsgegner habe nicht stattgefunden. Formelle Verstöße allein könnten auch eine Rücknahme nicht stützen. Außerdem sei die Rücknahmeanordnung nicht mehr erforderlich gewesen. Die Antragstellerin habe dem Antragsgegner Proben der Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt und hätte im Falle des Vorliegens materieller Verstöße Weiteres veranlasst. Außerdem sei die Rücknahmeanordnung nicht angemessen, weil keine konkrete Gefährdungsbeurteilung zugrunde liege. Ein lediglich vermutetes Risiko für Gesundheit und Sicherheit wiege hier nicht schwerer als die Verletzung der wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin, die bei Rücknahme eintreten würden. Die Kosten der Rücknahme und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Schäden würden den Wert der Atemschutzmasken um ein Vielfaches überschreiten. Im Übrigen habe das Handeln der Antragstellerin zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung beigetragen, weil durch sie die Unterversorgung habe behoben werden können. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die nicht waschbaren und nur begrenzt wiederverwendbaren Atemschutzmasken der Antragstellerin mehrheitlich bereits gebraucht bzw. mittlerweile auch schon entsorgt sein dürften.

Die Rücknahmeanordnung sei aber auch deswegen ermessensfehlerhaft, weil der Antragsgegner die Regelungen in § 9 Absatz 2 und 3 MedBVSV nicht angewandt habe. Vor dem Hintergrund der Empfehlung (EU) 2020/403, die die Anwendung der VO (EU) 2016/425 suspendiere, habe das Bundesministerium der Gesundheit die Regelungen in § 9 Absatz 2 und 3 der MedBVSV erlassen. Diese hätten trotz des Beschlusses der Marktüberwachungsbehörden der Länder noch Bestand und seien anzuwenden. Es bestehe weder im Infektionsschutzgesetz, auf deren Grundlage die Verordnung erlassen worden sei, noch in der Verordnung selbst eine Rechtsgrundlage, wonach ein Arbeitsausschuss der Marktüberwachungsbehörden der Länder dazu ermächtigt werde, die Regelung in § 9 Absatz 2 MedBVSV außer Kraft zu setzen.

Ungeachtet der Rechtswidrigkeit der Regelungen in den Nummern 1 und 2 des Bescheides würde eine Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfallen. Im Raum stünden allenfalls formelle Mängel, die materiell keinen Nachteil für die menschliche Gesundheit darstellten. Dieser werde von dem Antragsgegner lediglich unterstellt. Die Atemschutzmasken böten ausreichenden Schutz, was durch die vorgelegten Prüfberichte belegt werde. Es sei zu berücksichtigen, dass die Atemschutzmasken bereits seit Monaten im Verkehr seien. Sie seien somit schon mehrfach genutzt und bereits entsorgt worden. Eine Internetrecherche habe gezeigt, dass nur wenige Masken der Antragstellerin noch im Handel verfügbar seien. Sie würden nur noch von einem Online-Händler angeboten werden. Der Gesundheitsschutz könne damit nicht erreicht werden. Hingegen würde die Antragstellerin wirtschaftlich ruiniert werden. Sie müsste sämtliche Händler über die Rücknahme informieren, selbst wenn dort keine Atemschutzmasken mehr angeboten würden. Die Kosten der Rücknahme und Vernichtung würden den Wert der Atemschutzmasken bei Weitem übersteigen. Zudem sehe sie sich Schadensersatzansprüchen der Händler ausgesetzt, die sie in die Insolvenz führen könnten. Außerdem sei mit der Rücknahme ein Imageverlust der Antragstellerin verbunden, weil die Händler aufgrund des Vertrauensverlustes keine Produkte mehr von der Antragstellerin beziehen würden. Diese Nachteile seien nicht wiedergutzumachen und wögen schwerer als ein lediglich auf Vermutungen und Formalien gestützter Gesundheitsschutz.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 30.09.2020 gegen die Regelung in den Nummern 1 und 2 der Verwaltungsverfügung des Antragsgegners vom 15.09.2020 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist auf die Ausführungen in dem Bescheid und führt ergänzend aus:

Die erforderliche Anhörung sei mit Schreiben vom 23.06.2020 durchgeführt worden.

Er könne nicht beeinflussen, inwieweit Bewertungsverfahren im Sinne des § 9 Absatz 2 MedBVSV durchgeführt würden. Grundlage des Beschlusses der Marktüberwachungsbehörden der Länder vom 06.08.2020 sei ein Beschluss des Arbeitsausschusses Marktüberwachung der Länder. Denn ausgehend von der Erkenntnislage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sei aktuell von keinem Versorgungsengpass für partikelfiltrierende Halbmasken auszugehen, sodass keine neuen Prüfaufträge angenommen und somit keine Prüfbescheinigungen für das erstmalige Bereitstellen ausgestellt würden. Sollte sich eine neue Mangelsituation einstellen, sei von einer Rückkehr zu den Regelungen in § 9 MedBVSV auszugehen.

Unabhängig davon seien die Voraussetzungen nach diesen Regelungen nicht erfüllt. Die Atemschutzmasken seien in den in § 9 Absatz 2 MedBVSV genannten Ländern nicht verkehrsfähig. Außerdem liege eine Bestätigung über das erfolgreiche Bestehen im verkürzten Prüfverfahren für die Atemschutzmasken nicht vor. Es könne daher gar nicht festgestellt werden, ob die Atemschutzmasken ein vergleichbares Gesundheits- und Sicherheitsniveau böten. Die vorgelegten Unterlagen belegten dies nicht.

Die Empfehlung (EU) 2020/403 vom 13.03.2020 stehe den Eingriffsmaßnahmen hier nicht entgegen. Sie begründe keine Rechtsansprüche und diene nicht als Rechtsgrundlage für die Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung. Ebenso begründe auch die Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 13.03.2020 keinen Rechtsanspruch.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 02.10.2020 ist die Antragstellerin durch das Gericht gebeten worden, bis zum 09.10.2020 glaubhaft zu machen, dass sie die betreffenden Atemschutzmasken aus ihrem Lagerbestand auf den deutschen Markt bereitstellt, wie hoch der Lagerbestand aktuell ist und wie viele dieser Masken bisher vertrieben worden sind. Hierauf hat die Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht geantwortet.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (BA 001) Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig.

Statthaft ist der von der Antragstellerin formulierte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Absatz 5 Satz 1 Alternative 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Er richtet sich gegen die in der Ziffer 5 des Bescheides des Antragsgegners vom 15.09.2020 getroffene Anordnung des Sofortvollzuges der Untersagung der Bereitstellung von Atemschutzmasken auf dem Markt (Ziffer 1) sowie der angeordneten unverzüglichen Rücknahme der Atemschutzmasken aus dem Handel (Ziffer 2). Hiergegen richtet sich u. a. der Widerspruch der Antragstellerin, dessen aufschiebende Wirkung sie wiederhergestellt haben möchte.

In der Sache hat der Antrag keinen Erfolg.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig. Nach § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Das hat den Zweck, dass sich die Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führt und sorgfältig prüft, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse erfordert, den Sofortvollzug anzuordnen. Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagung der Bereitstellung von Atemschutzmasken sowie der unverzüglichen Rücknahme dem überwiegenden öffentlichen Interesse entspricht. Denn das öffentliche Interesse am Kauf anforderungskonformer oder getesteter Masken wiege höher als das Eigeninteresse der Antragstellerin am wirtschaftlichen Vorteil. Der Gesundheitsschutz von Personen, die diese Masken nutzen oder damit anders in Berührung kommen, stehe weit über den finanziellen Interessen der Antragstellerin. Diese Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung genügt den formalen Anforderungen des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst ist, und enthält die Erwägungen, die für die Anordnung des Sofortvollzugs maßgeblich waren. Ob die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung inhaltlich vollständig überzeugt, wäre jedenfalls keine Frage des § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO.

Die aufschiebende Wirkung ist nicht wiederherzustellen.

Nach § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist dann der Fall, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt nach der im Rahmen des § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden summarischen Überprüfung aller Wahrscheinlichkeit nach als nicht rechtmäßig darstellt, da an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kein überwiegendes öffentliches Interesse anerkannt werden kann. Andererseits ist das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung dann anzunehmen, wenn sich diese mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig darstellt und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache respektive die Rechtmäßigkeit angegriffener behördlicher Maßnahmen offen, insbesondere wenn aufgrund besonderer Dringlichkeit oder Komplexität der Rechtsfragen keine verlässliche Abschätzung der Erfolgsaussichten vorgenommen werden kann, bleiben die gegenläufigen Interessen unter Berücksichtigung der mit einer aufschiebenden Wirkung einerseits bzw. deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (BVerwG, Beschluss vom 22. März 2010, 7 VR 1.10, juris Rn. 13).

Dies zugrunde gelegt ist der Antrag nicht begründet.

Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind offen. Denn eine verlässliche Abschätzung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte und ab sofort geltende Untersagung der Bereitstellung der Atemschutzmasken und die ebenso für sofort vollziehbar erklärte angeordnete unverzügliche Rücknahme der Atemschutzmasken aus dem Handel, übersteigt unter Beachtung der Dringlichkeit und der Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen den zumutbaren Aufwand im Eilverfahren.

Unabhängig davon, ob sich der Bescheid als formell rechtmäßig erweisen würde, wären Fragen im Zusammenhang mit dem erforderlichen Konformitätsbewertungsverfahren, insbesondere ob die von der Antragstellerin vorgelegten Prüfberichte ausreichend sind und ob die im Raum stehenden formellen Mängel, und auch eine womöglich fehlerhafte Kennzeichnung der Atemschutzmasken, die Untersagung der Bereitstellung sowie die Rücknahme der Atemschutzmasken rechtfertigen. Dabei sind nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Frage zu klären, insbesondere die Beteiligungen der verschiedenen (ausländischen) Firmen. Ebenso ist offen, ob die getroffenen Maßnahmen mit Blick auf die in Betracht zu ziehende Möglichkeit erforderlich sind, die Atemschutzmasken nach § 9 Absatz 2 Satz 1 MEdBVSV auf dem Markt bereitzustellen. Ob eine Bereitstellung nach § 9 Absatz 2 Satz 1 MedBVSV derzeit nicht erfolgen kann, wie der Antragsgegner meint, ist ebenso von vielen zu klärenden Fragen abhängig. Denn die allein in § 9 Absatz 1 MedBVSV als Voraussetzung genannte Mangelsituation müsste sich zum einen auch auf die Möglichkeit der Bereitstellung nach § 9 Absatz 2 MedBVSV beziehen und zum anderen wäre zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen und wer überhaupt feststellt, dass eine solche Mangelsituation besteht. Es ist nämlich auch nicht nachzuvollziehen, dass dies durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die die Medizinischer-Bedarf-Versorgungssicherstellungsverordnung nicht erlassen haben, geschehen kann. Hinzu kommt die von dem Antragsgegner geschaffene unklare Situation, dass er auf der einen Seite ausführt, dass er eine Bestätigung im Sinne des § 9 Absatz 3 MedBVSV nicht mehr erteilen könne, andererseits aber in der Antragserwiderung bemängelt, dass eine Bewertung im Sinne des § 9 Absatz 2 MedBVSV von der Antragstellerin bisweilen nicht vorgelegt worden ist. Außerdem stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Antragsgegner bzw. die Marktüberwachungsbehörden der Länder überhaupt entscheiden dürfen, ob eine Bereitstellung auf dem Markt nach § 9 Absatz 2 Satz 1 MedBVSV "ausgesetzt" wird, indem sie entsprechende Bescheinigungen nicht mehr ausstellen. Denn nach § 9 Absatz 2 Satz 2 MedBVSVkontrollieren die Marktüberwachungsbehörden die Verkehrsfähigkeit. Die Befugnis zur Lenkung des Marktes, die hier offensichtlich stattfindet, ist dort nicht geregelt. Ebenso offen bleibt die Frage, ob die Atemschutzmasken als einfache Mund-Nasen-Bedeckung bereitgestellt werden könnten und inwieweit die vorhandene Kennzeichnung dem entgegensteht.

Die deswegen vorzunehmende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der mit einer aufschiebenden Wirkung einerseits bzw. deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Es ist kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs feststellbar.

Für die Antragstellerin streitet durchaus ein wirtschaftliches Interesse. Das Gericht erkennt an, dass es bei Ablehnung ihres Antrages zu wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere finanziellen Einbußen, kommen kann, wenn sie die Atemschutzmasken bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens (respektive bis zum rechtskräftigen Abschluss eines sich anschließenden gerichtlichen Verfahrens) nicht mehr auf dem Markt bereitstellen darf. Es ist für das Gericht aber nicht nachvollziehbar, inwieweit sie die Untersagung der Bereitstellung der Atemschutzmasken, wirtschaftlich bzw. finanziell trifft. Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang nicht dargelegt, in welchem Ausmaß sie dies treffen würde. Auf die gerichtliche Verfügung vom 02.10.2020, wie auch auf eine entsprechende Nachfrage des Antragsgegners vor Erlass des Bescheides, wie hoch ihr Lagerbestand derzeit sei, reagierte die Antragstellerin ohne Nennung von Gründen bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nur mitgeteilt hatte, dass sie bereit sei, die Masken jedenfalls nicht auf dem deutschen Markt anzubieten, ist auch nicht klar, ob und inwieweit die Antragstellerin die Atemschutzmasken in anderen Ländern vertreiben möchte oder dies bereits getan hat und zwar unabhängig davon, ob ihr dies durch die Untersagung noch erlaubt ist oder nicht. Die Antragstellerin hat auch nicht dargelegt, dass sie die Atemschutzmasken nicht später wirtschaftlich verwerten kann. Es handelt sich bei den Atemschutzmasken nicht um verderbliche Produkte und die Antragstellerin kann diese zu einem späteren Zeitpunkt noch vertreiben, sollte sich die Untersagung als rechtswidrig erweisen. Ein Bedarf an FFP2-Masken besteht nach vorläufiger Auffassung des Gerichts grundsätzlich auch nach einem - bisher nicht absehbareren - Ende der Corona-Epidemie. Dass die Antragstellerin die Atemschutzmasken dann eventuell nicht so schnell verkaufen könnte, wie dies jetzt der Fall sein dürfte, ist aus Sicht des Gerichts hinzunehmen, weil die Antragstellerin dies ohnehin nach wirtschaftlicher Betrachtung einzukalkulieren hätte. Daran ändert es auch nichts, dass die Antragstellerin gerade in dem Zeitpunkt mit dem Vertrieb der Masken begann, als entsprechende Atemschutzmasken schwer zu beschaffen und knapp waren. Im Übrigen vertreibt die Antragstellerin zur Kenntnis des Gerichts und ausweislich ihrer Internetseite diverse andere Waren, sodass nicht ersichtlich ist, dass der Handel mit den betreffenden Atemschutzmasken ihr Kerngeschäft ist, welches sie einstweilen nicht mehr durchführen könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin ihren seit Jahren betriebenen Großhandel wie vor weiter betreiben könnte. Ebenso hat die Antragstellerin eine von ihr behauptete Existenzgefährdung nicht dargelegt.

Soweit die Antragstellerin anführt, dass die Rücknahme der Atemschutzmasken sie wirtschaftlich ruinieren würde, so hat sie dies trotz entsprechender Nachfrage durch das Gericht und den Antragsgegner nicht dargelegt. Die Antragstellerin hat nicht darauf reagiert, wie viele Atemschutzmasken überhaupt von ihr vertrieben worden sind. Damit kann das Ausmaß einer Rücknahme überhaupt nicht eingeschätzt werden und rechtlich bewertet werden. Allein die theoretische Möglichkeit des Eintretens wirtschaftlicher Schäden reicht nicht aus. Überdies ist auch nicht ersichtlich, dass es der Antragstellerin unzumutbar sein könnte, ihre Abnehmer entsprechend zu informieren, sollte sich die Rücknahme als rechtswidrig erweisen. Außerdem ist in diesem Zusammenhang beachtlich, dass der Handel mit Atemschutzmasken nicht das Kerngeschäft der Antragstellerin ist und sie zahlreiche andere Waren, wie Geschenkartikel oder Dinge des täglichen Lebens, vertreibt. Es ist nicht ersichtlich, dass sie diese Waren an dieselben Abnehmer vertreibt, die sie wegen einer Rücknahme der Atemschutzmasken zu kontaktieren hätte. Ihr weiteres Geschäft könnte ungestört weiterlaufen, ohne dass dort Beeinträchtigungen wegen einer Rücknahme von Waren aus einem völlig anderem Wirtschaftsbereich zu erwarten sind.

Den nicht dargelegten erheblichen oder schwerwiegenden wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin treten der Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung und der Verbraucherschutz entgegen. Dieser fällt schwerer ins Gewicht. Sollte sich herausstellen, dass die von der Antragstellerin vertriebenen Atemschutzmasken nicht die materiellen Anforderungen erfüllen, die an FFP2-Masken zu stellen sind oder diese Atemschutzmasken auch kein vergleichbares Schutzniveau haben, so wären all diejenigen, die sich diese Atemschutzmasken beschafften und zukünftig beschaffen, nicht in der Weise geschützt, wie dies bei FFP2-Masken zu erwarten ist. Dies wäre nicht nur der Verbraucher, der aus persönlichen Gründen auf den besonderen Schutz solcher Atemschutzmasken vertraut und im Einzelfall darauf angewiesen ist, sondern möglicherweise auch Personal aus dem Gesundheitsbereich bzw. Menschen, die auf das Tragen dieser Atemschutzmasken besonders angewiesen sind, weil sie beispielsweise mit besonders ansteckungsgefährdeten und schutzbedürftigen Personen zu tun haben. Gerade in der Zeit der Corona-Epidemie wie auch sonst kann nicht hingenommen werden, dass Atemschutzmasken als FFP2-Masken auf den Markt gelangen bzw. weiter auf dem Markt erhältlich sind, ohne dass sie entsprechenden oder vergleichbaren Schutz aufweisen bzw. ein solcher verlässlich nachzuvollziehen ist. Hieran ändert es auch nichts, dass die von der Antragstellerin vorgelegten Prüfberichte nach Auffassung der Antragstellerin bescheinigten, dass die besonderen Anforderungen an FFP2-Masken erfüllt seien und es sich vorliegend nur um formelle Mängel handele. Es ist gerade unklar, ob die Stelle, die dies bescheinigt, derart vertrauenswürdig ist, dass von der Richtigkeit ihrer Prüfung und Ergebnisse ausgegangen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO, wonach die Antragstellerin als unterlegene Partei die Kosten zu tragen hat.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Absatz 2 Nummer 2, 52 Absatz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) unter Berücksichtigung der Nummer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist der mangels Angaben der Antragstellerin anzunehmende Streitwert von 5.000,00 Euro zu halbieren.