Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 15.04.2011, Az.: 2 B 4/11

Hinreichender Gefahrenverdacht; Perfluorierte Tenside; Schädliche Bodenveränderung; Störerauswahl; PFT

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
15.04.2011
Aktenzeichen
2 B 4/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 45217
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Aufbringung von Perfluorierten Tensiden (PFT) auf landwirtschaftliche Flächen kann auch dann den hinreichenden Gefahrenverdacht einer schädlichen Bodenveränderung verursachen, wenn die betroffenen Flächen nicht in einem Trinkwassergewinnungsgebiet liegen.

2. Bei der Gefahreneinschätzung können in Ermangelung rechtlich fixierter Prüf-, Maßnahme- oder Vorsorgewerte für PFT die Stellungnahme der Trinkwasserkommission des Bundesministeriums der Gesundheit beim Umweltbundesamt vom 21.06.2006, überarbeitet am 13.07.2006, sowie der Gemeinsame Runderlass des Nds. Ministeriums für Umwelt und Klimaschutz und des Nds. Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung vom 06.03.2008 - Perfluorierte Tenside in kommunalen Klärschlämmen; Anforderungen an die landwirtschaftliche Verwertung - mit den darin enthaltenen Vorsorge- und Höchstwerten als Entscheidungshilfen herangezogen werden.

3. Bei der Störerauswahl, die sich bei kostenträchtigen Maßnahmmen aufgrund des Prinzips der effektiven Gefahrenabwehr an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren hat, darf die Behörde regelmäßig anhand äußerer Indizien Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Störers ziehen.

4. Ist ein eindeutig identifizierbarer und wirtschaftlich leistungsfähiger Verursacher vorhanden, ist es nicht zu beanstanden, wenn die zuständige Behörde eine Verfügung zur Gefahrenabwehr an diesen adressiert und keine näheren Ermessenserwägungen zur Inanspruchnahme der Grundstückseigentümer vornimmt, welche aufgrund einer Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen keinen Einfluss auf die Gefahrenverursachung nehmen konnten.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Untersuchungsanordnung zur Gefahrenaufklärung.

Der Antragsteller betreibt ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen. Bis 2008 lieferte er über mehrere Jahre hinweg für den Landwirt B., Pächter landwirtschaftlicher Flächen in C., Klärschlamm und andere Substanzen, die als "Bodenverbesserer" auf die landwirtschaftlichen Flächen aufgebracht wurden.

Im Frühjahr 2006 lieferte der Antragsteller dem Landwirt B. einen Bodenverbesserer, den er von dem Unternehmen D. Umwelt in E., Nordrhein-Westfalen, bezogen hatte, und arbeitete ihn in die Flächen des Landwirtes ein. Ob und in welchem Umfang der Landwirt an der Ausbringung des Bodenverbesserers auf die Flächen mitgewirkt hat, ist zwischen den Beteiligten umstritten.

Im weiteren Verlauf des Jahres 2006 wurde das Unternehmen D. Umwelt von nordrhein-westfälischen Behörden als Verursacher starker Belastungen landwirtschaftlicher Flächen mit perfluorierten Tensiden (PFT) in einem Trinkwassereinzugsgebiet (Möhnetal) lokalisiert. Das Unternehmen D. Umwelt ist zwischenzeitlich insolvent. Gegen den Geschäftsführer läuft vor dem Landgericht Bielefeld ein Strafverfahren, für das sowohl der Antragsteller als auch der Landwirt B. als Zeugen benannt sind.

PFT sind industriell hergestellte, natürlich nicht vorkommenden Chemikalien, die in einer Vielzahl von Produkten verwendet werden. PFT gelten als in der Natur nicht abbaubar und werden daher als langlebige organische Schadstoffe eingestuft. Mittlerweile sind Chemikalien dieser Gruppe weltweit verbreitet. Sie sind für Menschen und Tiere toxisch, reichern sich im Blut und im Organgewebe an und werden nur langsam aus dem menschlichen ausgeschieden: die häufigsten Untergruppen Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) etwa zur Hälfte innerhalb von 4,4 Jahren (PFOA) bzw. 8,7 Jahren (PFOS). In Tierversuchen wurde ihre tumorerzeugende Wirkung nachgewiesen. Ein krebserzeugendes Potential für den Menschen ist nicht nachgewiesen, aber auch nicht ausgeschlossen.

Im Sommer 2007 wurde in einem Schlachthof festgestellt, dass ein von dem landwirtschaftlichen Betrieb des B. stammendes Rind mit PFT belastet war. Die weitere Ursachensuche zeigte, dass auch Maissilage dieses landwirtschaftlichen Betriebes hohe PFT-Gehalte aufwies. Seit dem Frühjahr 2008 führte die Antragsgegnerin in enger Zusammenarbeit mit mehreren niedersächsischen Landesbehörden Schadenserkundungsmaßnahmen auf den Flächen des Landwirtes B. und anderen vom Antragsteller mit "Bodenverbesserern" belieferten Landwirten durch, bei denen Boden-, Grund- und Sickerwasserproben auf eine PFT-Belastung untersucht wurden. Dabei zeigte sich, dass die Flächen des Landwirts B., die im Frühjahr 2006 mit dem "Bodenverbesserer" der Firma D. Umwelt bearbeitet worden waren, zum Teil sehr hoch mit PFT belastet waren.

Nach ordnungsgemäßer Anhörung erließ die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller einen Bescheid vom 22. Dezember 2010, mit dem sie ihm aufgab, auf seine Kosten die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung gem. § 9 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz für die Ackerflächen Flurstück F. /G., Flur H. ("Am I. "), Flurstücke J. /K. und L. /M., Flur N. ("O. P. ") sowie Flurstück Q. /R., Flur S. ("T. weg") durchzuführen bzw. deren Durchführung zu veranlassen. In jedem Fall erforderliche Untersuchungsschritte seien:

1. Die Feststellung der Grundwasserfließrichtungen im Bereich der betroffenen Ackerflächen durch Einrichtung von jeweils 3 auf Höhen-NN eingemessenen Peilbrunnen im Schadenszentrum und entlang der Grenzen der Ackerflächen sowie Messung und Dokumentation der auf Höhen-NN bezogenen Grundwasserstände in zeitlichen Abständen von jeweils 1 Monat (6 Monate in Abfolge). Erstellung eines Grundwassergleichenplanes und der Schichtenprofile.

2. Ausbau der unter 1. errichteten Peilbrunnen in den jew. Schadenszentren der Ackerflächen als 2"-Messstellen, Entnahme von Grundwasserproben (1 x im Monat, 6 Monate in Abfolge) und deren Analyse auf PFT, aufgeschlüsselt nach den Leitparametern Perfluoroktansäure (PFOA) und Perfluoroktansulfonsäure (PFOS),

3. Anlage von jeweils 2 Direct-Push-Kontrollebenen mit je 4 Direct-Push-Sondierungen im jeweils nach Nr. 1 festgestellten Grundwasserabstrom der Ackerflächen mit tiefenorientierter Entnahme von Grundwasserproben und deren Analyse auf die unter Nr. 2 aufgeschlüsselten Parameter,

4. die Errichtung von jeweils zunächst einer Grundwassermessstelle im Konzentrationsschwerpunkt der durch die unter Nr. 3 beschriebene Maßnahme ermittelten "Schadstofffahne" mit nachfolgender Entnahme von Grundwasserproben in zeitlichen Abständen von jew. 1 Monat (6 Monate in Folge) sowie deren Analyse auf die unter Nr. 2 genannten Schadstoffparameter,

5. die Erstellung einer Gefährdungsabschätzung in Form eines gutachterlichen Berichtes und dessen Vorlage bei der Stadt Celle.

Die Gefährdungsabschätzung müsse mindestens die Gefährdungspfade Boden - Mensch und Boden - Grundwasser umfassen, wobei gutachtlich zu klären und zu dokumentieren sei, ob hierzu über die - im Rahmen der bereits erfolgten orientierenden Untersuchung gewonnene Erkenntnisse zur Bodenbelastung hinaus auch weitere Untersuchungen des Bodens auf Schadstoffbelastungen mit PFT erforderlich seien.

Zur Durchführung der Untersuchungen setzte die Antragsgegnerin dem Antragsteller in dem Bescheid für die Regelungen zu 1. und 2. eine Frist bis zum 1. Februar 2011, die sie jedoch prozessbegleitend bis zum 15. April 2011 verlängerte, als Frist zur Durchführung der unter Nr. 3 und 4. genannten Maßnahmen den 2. Mai 2011 sowie als Frist zur Vorlage der gutachterlichen Gefährdungseinschätzung den 1. Dezember 2011. Ferner ordnete die Antragsgegnerin im öffentlichen Interesse die sofortige Vollziehung an und drohte dem Antragsteller im Fall der nicht fristgerechten Durchführung der einzelnen Untersuchungsschritte die Ersatzvornahme auf seine Kosten an. Die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 18.000,-- EUR für die unter Nr. 1. und 2. geregelten Maßnahmen habe der Antragsteller im Voraus zum 1. Februar 2011 zu zahlen, die weiteren voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von 42.000,-- EUR bis zum 2. Mai 2011.

Zur Begründung heißt es in dem Bescheid sinngemäß, dass aufgrund der bisherigen Analyseergebnisse und angesichts der Umweltschädlichkeit der betrachteten Stoffe weitere Maßnahmen zur Klärung der Gefahrensituation, insbesondere zur Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung über Erfordernis und Verhältnismäßigkeit von Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen erforderlich seien. Hierzu seien die Grundwasserverhältnisse zu ermitteln, um Gewissheit über die räumliche Verlagerungsdynamik zu erhalten. Anschließend seien in Abstromrichtung Untersuchungen der Schadstoffbelastungen erforderlich. Die Ermittlungen zur Schadensverursachung hätten zweifelsfrei ergeben, dass der Antragsteller mindestens deutlich überwiegend die Ursachenverantwortung für die eingetretenen schädlichen Bodenveränderungen trage und daher für die weitere Schadensuntersuchung als Verantwortlicher in Anspruch zu nehmen sei. Wegen der näheren Einzelheiten der Begründung des Bescheides wird auf Blatt 9 bis 12 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Gegen diese Verfügung hat der Antragsteller fristgerecht Widerspruch eingelegt und zudem das Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Er trägt im Wesentlichen vor:

Die angeforderten Maßnahmen seien nicht notwendig, um eine Gefahrensituation, die keinen Aufschub dulde, abzuwenden. Nach einer Einschätzung des Bundesinstitutes für Risikobewertung bestehe ein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher durch eine Belastung mit PFT nicht. Gesicherte Erkenntnisse, dass PFT Krebs erzeugen könne, lägen bisher nicht vor. Die betroffenen Flächen lägen auch nicht in einem Trinkwassereinzugsgebiet. Die Anordnung zur Einrichtung von Brunnen und Ziehen von Proben sei weder zweckmäßig noch erforderlich, da die Antragsgegnerin den Auftrag hierzu auch selbst erteilen könne. Es bestünde für die öffentliche Hand bei dieser Vorgehensweise auch die ausreichende Möglichkeit, die anfallenden Kosten nachträglich bei einer als Störer erkannten Person abzuwälzen. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stehe im Widerspruch dazu, dass der Eintrag von PFT auf die landwirtschaftlichen Flächen der Antragsgegnerin bereits seit fast drei Jahren bekannt sei. Die Belastung des Bodens mit PFOS sei in dieser Zeit auch stabil geblieben. Es sei bekannt, dass diese Verbindung nicht aus dem Boden ausgeschwemmt werde. Anders verhalte es sich bei der Belastung mit PFOA, da die Werte inzwischen unterhalb des zulässigen Höchstwertes von 100 μg/kg lägen. Ein Eingreifen in Bezug auf diesen Stoff wäre nunmehr unverhältnismäßig, da er bereits soweit aus dem Boden ausgewaschen sei, dass jegliche weitere Rückhaltemaßnahmen keine nennenswerte Verbesserung brächten. Zudem habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen zur Auswahl des Störers fehlerhaft ausgeübt. Bei ordnungsgemäßer Ausübung des Ermessens hätte die Antragsgegnerin den Landwirt B. als Verursacher in Anspruch nehmen müssen. Von der Belastung des von der D. Umwelt stammenden ausgebrachten Materials habe er - der Antragsteller - ebenso wenig Kenntnis gehabt, wie der Landwirt. Selbst wenn das Material erprobt und analysiert worden wäre, wäre es zum damaligen Zeitpunkt noch als unbedenklich angesehen worden. Der Landwirt sei als Auftraggeber rechtlich und tatsächlich jederzeit in der Lage gewesen, die Verteilung des Materials auf seine Flächen zu verhindern. Diese Handlungshoheit des Landwirtes habe die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung überhaupt nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Störers im Hinblick auf eine effektive Gefahrenabwehr habe die Antragsgegnerin außer acht gelassen, dass der Landwirt B. nicht nur Pächter, sondern auch Eigentümer von Ackerflächen sei und zudem auch Hausgrundstücke sein Eigen nenne. Ferner sei die Antragsgegnerin der Frage nicht nachgegangen, ob bei einem der Störer eine Versicherung bestehe, die die vorgesehenen Maßnahmen und Kosten decken würde. Er - der Antragsteller - sei gegen die geltend gemachten Ansprüche der öffentlichen Hand nicht versichert. Anders möge dies beim Landwirt B. sein. Ferner sei er - der Antragsteller - finanziell auch nicht in der Lage, die geforderten Beträge aufzubringen. Er habe zum Ausbau seines Unternehmens in großem Umfang Kredite aufnehmen müssen und habe deshalb erhebliche finanzielle Belastungen. Ferner seien die Eigentümer der betroffenen landwirtschaftlichen Flächen in die Abwägung der Störerauswahl überhaupt nicht einbezogen worden, obwohl sie Zustandstörer und möglicherweise wirtschaftlich ohne weiteres in der Lage seien, die angeordnete Gefährdungsabschätzung durchzuführen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.

II.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg. Bei der im Rahmen der Prüfung eines Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, weil der angegriffene Bescheid nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung rechtmäßig ergangen ist (1.) und die Antragsgegnerin in formell ordnungsgemäßer und sachlich nachvollziehbarer Weise ein öffentliches Interesse an einer zügigen Gefahrenerkundung begründet hat (2.). Auch die Androhung der Ersatzvornahme unter Festsetzung einer Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig ergangen (3.).

1. Die angegriffene bodenrechtliche Untersuchungsanordnung ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig ergangen. Die Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BBodSchG, wonach die zuständige Behörde anordnen kann, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung - ggf. auch durch Veranlassung von Untersuchungen durch Sachverständige oder Untersuchungsstellen nach § 18 - durchzuführen haben, soweit aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast besteht. Von dieser gesetzlichen Grundlage ist der Bescheid vom 22. Dezember 2010 gedeckt. Es besteht der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung (a.). Die angeordneten Untersuchungen sind zur Gefährdungsabschätzung auch notwendig und verhältnismäßig (b.). Die Antragsgegnerin hat sich auch in ermessensfehlerfreier Weise dafür entschieden, die Verfügung an den Antragsteller als Verursacher nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zu adressieren (c.).

a. Voraussetzung einer bodenschutzrechtlichen Untersuchungsanordnung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG ist, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast besteht. Schädliche Bodenveränderungen sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belastungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG). Geschützt sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 b und c BBodSchG unter anderem die natürlichen Funktionen des Bodens als Bestandteil des Naturhaushaltes, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen sowie als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers.

Aufgrund der Aufbringung von PFT-haltigem „Bodenverbesserer“ auf die in dem Bescheid genannten landwirtschaftlichen Flächen besteht der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung im Sinne der genannten Vorschriften. Die im Zusammenhang mit der Ausbringung von PFT-belasteten „Bodenverbesserer“ der Firma D. Umwelt auf landwirtschaftlichen Flächen in Nordrhein Westfalen befassten Gerichtsentscheidungen gehen einhellig davon aus, dass eine Bodenkontaminierung mit PFT eine schädliche Bodenveränderung darstellt (OVG Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 03.11.2006 - 20 B 2273/06 -, Beschluss vom 26.03.2007 - 20 B 61/07 -; VG Arnsberg, Beschluss vom 06.10.2006 - 14 L 943/06 -; Urteile vom 22.06.2009 - 14 K 1699/08 - und 14 K 2826/08 -; BGH, Urteil vom 21.05.2010 - VZR 244/09 -, alle zitiert nach juris). Dabei hat sich insbesondere das VG Arnsberg in seinen Urteilen vom 22. Juni 2009 intensiv anhand der Auswertung mehrerer Gutachten mit dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu den gesundheitsgefährdenden Wirkungen von PFT auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, dass es sich bei PFT trotz des noch eingeschränkten Wissensstandes unter anderem aufgrund der langen Verweildauer im menschlichen Organismus, der toxischen Eigenschaften sowie der in Tierversuchen nachgewiesenen, beim Menschen zwar bisher nicht bestätigten, aber auch nicht widerlegten tumorfördernden Wirkung um Stoffe handelt, die grundsätzlich geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu schädigen, so dass sich eine PFT-Belastung nachteilig auf den Gebrauchswert von Gewässern auswirkt.

Der Kammer liegen bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine neueren Erkenntnisse vor, die diese Einschätzung in Frage stellen. Die vom Antragsteller vorgelegte Information Nr. 015/2010 des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) vom 30. März 2010, nach der ein gesundheitliches Risiko für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland bisher durch PFT nicht besteht, stellt diese rechtliche Bewertung nicht in Frage. Diese Einschätzung des BfR betrifft lediglich die generelle Verbreitung von PFT in Lebens- und Futtermitteln in Deutschland, die nach dem Informationsschreiben relativ gering ist und deshalb kein gesundheitliches Risiko für die Verbraucherinnen und Verbraucher darstellt. Dem Informationsschreiben lässt sich hingegen gerade nicht entnehmen, dass von PFT aufgrund ihrer stofflichen Wirkungsweise generell keine Gesundheitsgefahren ausgehen können. Vielmehr heißt es in dem Schreiben zu PFT ausdrücklich: „Sie können die Leber schädigen, Krebs auslösen und die Fortpflanzung beeinflussen.“

Hiervon ausgehend besteht für die in dem Bescheid genannten Flächen jedenfalls der für die Anwendung des § 9 Abs. 2 BBodSchG erforderliche hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung. Mangels Festsetzung von Maßnahmewerten, Prüfwerten oder Vorsorgewerten nach § 8 BBodSchG i. V. m. der Bundes-Bodenschutzverordnung und mangels hinreichend gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse über Grenzwerte, ab denen eine Gesundheitsgefahr von PFT sicher anzunehmen ist, orientiert sich die Kammer als Entscheidungshilfen am gemeinsamen Runderlass des Niedersächsischen MU und ML vom 6. März 2008 - perfluorierte Tenside in kommunalen Klärschlämmen; Anforderungen an die landwirtschaftliche Verwertung - (Nds. MBl. 2008, 775) sowie an der vorläufigen Bewertung von perfluorierten Tensiden (PFT) im Trinkwasser durch die Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit beim Umweltbundesamt vom 21. Juni 2006, überarbeitet am 13. Juli 2006 (Abrufbar unter www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/hintergrund/pft-im-trinkwasser.pdf). Der genannte Niedersächsische Runderlass nennt als Vorsorgewert, ab denen Klärschlämme nicht mehr landwirtschaftlich zu verwerten sind, einen PFT-Gehalt (Summenwert aus PFOA und PFOS) von 200 μg/kg Trockenmasse (TM) und empfiehlt darüber hinaus, bereits ab einer Belastung von 100 μg/kg TM von einer landwirtschaftlichen Verwertung abzusehen. Nach den in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin enthaltenen Untersuchungswerten wurden bei Bodenproben auf allen von der angegriffenen Verfügung betroffenen Flächen Ergebnisse mit einer PFT-Belastung von mehr als 200 μg/kg ermittelt. Bei einzelnen sehr stark belasteten Flächen lagen die Ergebnisse sogar um ein Vielfaches über diesem Wert. So ergab eine Bodenprobe im April 2008 auf der Fläche „Behrens Graft“ einen Spitzenwert von 19.000 μg/kg. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass für die anderen in dem Bescheid geregelten Flächen, keine entsprechenden Untersuchungen vorliegen, belegt die Antragserwiderung der Antragsgegnerin mit konkretem Hinweis auf die einschlägigen Passagen ihrer Verwaltungsvorgänge, dass dies nicht zutrifft, wenngleich dem Antragsteller zuzugeben ist, dass die PFT-Belastung auf den anderen betroffenen Flächen zum Teil deutlich niedriger ist. Schon diese - zum Teil extreme - Überschreitung des im Runderlass genannten Vorsorgewertes spricht für den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung. Hinzukommt, dass bei Beprobungen des Sickerwassers im März 2009 und im März 2010 PFOA-Konzentrationen zwischen 180 μg/l und 2.900 μg/l gemessen wurden (Beiakte C, Bl. 397 R), welche den von der Trinkwasserkommission empfohlenen Maßnahmewert für Erwachsene von 5,0 μg/l, ab dem Trinkwasser für Lebensmittelzwecke nicht mehr zur Verwendung empfohlen wird, ganz erheblich überschreiten. Der hinreichende Gefahrenverdacht wird auch dadurch bestätigt, dass bei einer Beprobung des Grundwassers im Mai 2008 zumindest zwei Proben einen PFOA-Gehalt von 3,9 bzw. 4,5 μg/l aufwiesen, womit zwar nicht der von der Trinkwasserkommission empfohlene Maßnahmewert (5,0 μg/l), wohl aber der von ihr empfohlene lebenslang gesundheitlich duldbare Leitwert für alle Bevölkerungsgruppen von 0,3 μg/l um mehr als das Zehnfache überschritten ist.

Der hinreichende Gefahrenverdacht einer schädlichen Bodenveränderung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die PFT-belasteten Flächen nicht in einem Trinkwassergewinnungsgebiet liegen und es somit - anders als die in Nordrhein-Westfalen gelegenen PFT-belasteten Flächen, die Gegenstand der zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und des VG Arnsberg waren - auszuschließen oder jedenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass es zu einer erheblichen PFT-Belastung von Trinkwasser kommen wird. Insoweit folgt die Kammer der Antragsgegnerin in der rechtlichen Einschätzung, dass zumindest insoweit ein hinreichender Gefahrenverdacht für eine schädliche Bodenveränderung besteht, als zumindest ein Austrag des PFT-belasteten Grundwassers in gewässerbezogene Ökosysteme oder eine Entnahme PFT-belasteten Grundwassers zur Beregnung landwirtschaftlicher Flächen zu besorgen ist.

Der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung wird auch nicht etwa dadurch ausgeräumt, dass die Ausbringung von PFT auf landwirtschaftliche Flächen im Frühjahr 2006 noch - wie der Antragsteller meint - „legal“ gewesen sei. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass erst durch den oben genannten Runderlass vom 6. März 2008 in Niedersachsen die Ausbringung PFT-belasteter Klärschlämme auf landwirtschaftliche Flächen „untersagt“ worden sei, verkennt er die rechtliche Bedeutung des Runderlasses. Bei diesem handelt es sich um eine interne Verwaltungsanweisung, ohne unmittelbare Rechtswirkungen im Außenverhältnis zum Bürger. Er mag zwar zum Ausdruck bringen, dass sich die tatsächliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Einschätzung von Umweltgefahren durch die Ausbringung von PFT auf landwirtschaftliche Flächen in den letzten Jahren hin zu einer größeren Sensibilisierung verändert hat. Eine Änderung der im Verhältnis zwischen Staat und Bürger geltenden Rechtslage dahingehend, dass bis zur Bekanntmachung des Erlasses die Ausbringung von PFT-belasteten Düngemitteln generell erlaubt, nun aber illegal geworden sei, ist damit aber nicht eingetreten.

b. Besteht somit der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung, so sind die in dem Bescheid vom 22. Dezember 2010 unter 1. bis 5. geregelten Untersuchungsschritte zur weiteren Aufklärung des Gefahrenverdachts erforderlich und angemessen, so dass keine Überschreitung des von § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG eröffneten Ermessens vorliegt. Die angeordneten Schadenserkundungsmaßnahmen zielen im Wesentlichen darauf ab, die Ausbreitung von PFT im Grundwasser aufzuklären durch Feststellung der Grundwasserfließrichtungen, Messung und Dokumentation der Grundwasserstände, Erstellung eines Grundwassergleichenplans und von Schichtenprofilen sowie durch die regelmäßige Analyse und gutachtliche Auswertung von Grundwasserproben bezüglich einer möglichen PFT-Belastung. Aufgrund der bereits bei früheren Beprobungen festgestellten Einträge von PFT in das Sicker- und Grundwasser sind diese Maßnahmen geboten, um zu ermitteln, auf welchen Wegen und in welcher Konzentration sich das PFT im Grundwasser ausbreiten wird und in welchem Umfang hierdurch Beeinträchtigungen der in § 2 Abs. 2 BBodSchG genannten natürlichen Funktionen des Bodens zu besorgen sind. Diese Schadenserkundung ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil nach der in den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin enthaltenen Einschätzung bereits im Jahr 2010 ca. 50 bis 70 % der in den Boden eingedrungenen PFOA in das Grundwasser versickert sind. Vielmehr bestärkt dieser Befund den Gefahrenverdacht, dass über das Grundwasser PFT in einem Umfang verbreitet werden könnte, der zu schädlichen Bodenveränderungen führt. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass wegen der Versickerung des überwiegenden Teils der PFOA in das Grundwasser Maßnahmen der Rückhaltung zu spät kämen und sich deshalb eine weitere Aufklärung der Gefahrenlage nicht mehr lohne, hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass eine Schadstoffrückhaltung auch heute noch durch hydraulische Maßnahmen, z.B. Entnahme und Abreinigung von Grundwasser, erfolgen kann. Ferner ist der Antragsgegnerin darin zuzustimmen, dass der Gefahrenverdacht auch deshalb besteht, weil die betroffenen landwirtschaftlichen Flächen deutlich stärker mit PFOS als mit PFOA belastet sind und aufgrund der deutlich geringeren Mobilität von PFOS hinsichtlich einer Verlagerung mit dem Sickerwasser zu erwarten ist, dass in den nächsten Jahren die PFOS noch nach und nach in das Grundwasser versickern wird.

c. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller mit dem Bescheid auch ermessensfehlerfrei als Störer in Anspruch genommen.

Zunächst geht der Antragsteller fehl, soweit er meint, dass die Antragsgegnerin sich bei pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens dafür hätte entscheiden müssen, die weitere Untersuchung des Gefahrenverdachts selbst vorzunehmen. § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG bestimmt vielmehr ausdrücklich, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben. § 9 Abs. 2 BBodSchG unterscheidet sich insoweit von Absatz 1 der Regelung, nach dem die Behörde selbst die zur Ermittlung des Sachverhalts geeigneten Maßnahmen ergreifen soll. Mit dieser Differenzierung hat der Gesetzgeber die im allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrecht diskutierte Frage, ob bei einem Gefahrenverdacht Gefahrenerkundungsmaßnahmen von der Ordnungsbehörde selbst oder vom Störer durchzuführen sind, für das Bundesbodenschutzgesetz differenzierend entschieden: Bei einfachem Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung hat die Behörde selbst die notwendigen Erkundungsschritte durchzuführen (§ 9 Abs. 1), während bei einer Verdichtung des einfachen zu einem hinreichenden Gefahrenverdacht nach der Entscheidung in § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG die weitere Aufklärung zur Gefährdungsabschätzung dem Störer auferlegt werden kann. Beim hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung entspricht es also der Konzeption des Bundesbodenschutzgesetzes, dass die für die weitere Erkundung erforderlichen Kosten nicht von der Allgemeinheit, sondern in erster Linie von dem Verantwortlichen getragen werden (Nds. OVG, Beschl. v. 18.4.2005 - 7 ME 29/05 -, NVwZ 2005, 1207).

Auch die weitere Störerauswahl ist ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst ist die Antragsgegnerin zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller als Verursacher im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG anzusehen ist. Verursacher ist, wer die Gefahr des Schadeneintritts unmittelbar herbeigeführt hat, wobei die wertende Berücksichtigung von Aspekten der Pflichtwidrigkeit und Risikozurechnung statthaft ist (Dombert in Landmann/Rohmer, UmwR, Bd. 2, § 4 BBodSchG (März 2001), Rdnr. 21 m.w.N.). Im Hinblick auf die Ausbringung von PFT-belasteten "Bodenverbesserer" trifft dies auf den Antragsteller unzweifelhaft zu, da er den PFT-belasteten "Bodenverbesserer" bei der Firma D. Umwelt in Nordrhein-Westfalen beschafft und angeliefert hat, dem Landwirt B. die unentgeltliche Einbringung in den Boden angetragen und mit Hilfe seiner Mitarbeiter und seines landwirtschaftlichen Maschinenparks mindestens zum überwiegenden Teil auch selbst besorgt hat.

Die Kammer hält das Vorbringen des Antragstellers im Verwaltungsverfahren, dass die Bodenbelastung nicht durch den "Bodenverbesserer" der Firma D. Umwelt verursacht worden sein müsse, sondern auch durch die Ausbringung kommunaler Klärschlämme verursacht worden sein könne, für fernliegend. Wie die Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat, sind andere Ackerflächen, auf die Klärschlammgarben aus den gleichen kommunalen Kläranlagen wie auf die Flächen des Landwirts B. eingearbeitet worden sind, gänzlich unauffällig oder zeigen eine deutlich schwächere PFT-Belastung als die Flächen, die den "Bodenverbesserer" der Firma D. Umwelt aufgenommen haben. Im Übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass der Landwirt B. bei der Einbringung von Klärschlämmen und anderen Bodenverbesserern in den Jahren bis 2008 exklusiv mit den Antragsteller zusammengearbeitet hat. Der Antragsteller wäre daher selbst dann als Verursacher anzusehen, wenn die PFT-Belastung von kommunalen Klärschlämmen verursacht worden wäre, die er dem Landwirt B. angeliefert und in dessen Nutzflächen eingearbeitet hat.

Es ist auch nicht ermessensfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin anstelle des Antragstellers bzw. ergänzend zu diesem nicht auch den Landwirt B. sowie die Eigentümer der vom Landwirt B. gepachteten Flächen als Störer in Anspruch genommen hat.

Die Antragsgegnerin war rechtlich nicht gehalten, auch den Landwirt B. als Verursacher in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Landwirt B. einen Teil des Bodenverbesserers selbst in seinen Boden eingearbeitet hat oder zumindest bei der Einarbeitung zugegen war, und ihn deshalb ergänzend als zusätzlichen Verursacher im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG einordnen will, bleibt es bei wertender Betrachtung dabei, dass der Antragsteller den deutlich gewichtigeren Verursachungsbeitrag geleistet hat, indem er den Bodenverbesserer von der Firma D. Umwelt beschafft, dem Landwirt B. die kostenfreie Einarbeitung in den Boden angeboten und die Einarbeitung zumindest zu einem großen Teil auch selbst bzw. durch seine Mitarbeiter besorgt hat. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass er ebenso wie der Landwirt B. keine Kenntnis von der Kontaminierung des Bodenverbesserers gehabt habe, ist darauf hinzuweisen, dass die Heranziehung als Verursacher - ebenso wie allgemein im Ordnungsrecht die Heranziehung des Handlungsstörers - ein schuldhaftes Handeln nicht voraussetzt (so auch ausdrücklich die Begründung des Gesetzentwurfs zum BBodSchG; BT-Drucksache 13/6701, S. 35).

Im Übrigen richtet sich die Auswahl zwischen mehreren Störern ohnehin vorrangig nach dem Kriterium der möglichst schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung. Auch unter diesem Gesichtspunkt bestehen keine Bedenken dagegen, dass sich die Antragsgegnerin entschieden hat, den Antragsteller als Verursacher in Anspruch zu nehmen. Werden - wie hier - dem Ordnungspflichtigen Maßnahmen aufgegeben, die mit erheblichen Kosten verbunden sind, so hat die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Polizeipflichtigen entscheidende Bedeutung für eine am Effektivitätsgrundsatz orientierte Störerauswahl. Bei der Auswahl eines wirtschaftlich leistungsfähigen Störers darf die Behörde nach Auffassung der Kammer regelmäßig anhand äußerlich erkennbarer Indizien Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Störers ziehen, um sich im Interesse einer möglichst zügigen und effektiven Gefahrenabwehr im Regelfall nicht mit umständlichen Ermittlungen zur wirtschaftlichen Lage des Störers aufhalten zu müssen, die ohnehin maßgeblich von dessen Kooperationswilligkeit abhängen würden. Davon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin aus dem Umstand, dass der Antragsteller ein Unternehmen mit etwa 40 Mitarbeitern und einem größeren Maschinen- und Fuhrpark führt, den Rückschluss gezogen hat, dass dieser wirtschaftlich leistungsfähiger sein muss als der Landwirt B.. Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift vorgetragen hat, er müsse in großem Umfang Kredite bedienen und sei daher nicht in der Lage, die Kosten der Gefahrenuntersuchung aufzubringen, handelt es sich dabei um eine pauschale Behauptung, die der Antragsteller auch in seinem ergänzenden Schriftsatz vom 31. März 2011 nicht näher konkretisiert hat, obwohl die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung darauf hingewiesen hatte, dass der Antragsteller sein diesbezügliches Vorbringen bisher nicht belegt habe.

Ein Ermessensfehler bei der Auswahl des Antragstellers als wirtschaftlich leistungsfähigem Verursacher folgt entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers auch nicht daraus, dass es die Antragsgegnerin unterlassen hat, zu ermitteln, ob beim Landwirt B. die anfallenden Kosten der Untersuchungsanordnung ggf. durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt gewesen wären. Insoweit weist die Kammer darauf hin, dass der Zweck einer Haftpflichtversicherung darin besteht, den Versicherungsnehmer gegen zivilrechtliche Haftungsansprüche zu schützen, wozu die Kosten einer nach dem öffentlich-rechtlichen Rechtsregime des § 9 Abs. 2 BBodSchG angeordneten Gefahrenerkundung ersichtlich nicht zählen.

Die Antragsgegnerin hatte auch keinen Anlass zu näheren Ermessenserwägungen zur Inanspruchnahme der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach dem in der Gesetzesbegründung zum BBodSchG geäußerten Willen des Gesetzgebers die in § 4 Abs. 3 festgelegte Reihenfolge der Verantwortlichen im Regelfall auch die Rangfolge der Verpflichtung bestimmt (BT-Drucksache 13/6701, S. 35), so dass der Verursacher gegenüber dem Grundstückseigentümer vorrangig heranzuziehen ist. Auch wenn die Gesetzesbegründung diesen Grundsatz selbst relativiert, indem sie ebenfalls darauf hinweist, dass eine Heranziehung des Zustandsstörers möglich ist, wenn eine schnelle und effektive Beseitigung nur durch ihn erreicht werden kann (a.a.O.), so steht eine Heranziehung der Eigentümer aber jedenfalls unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit, also der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (vgl. Denninger in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, E Rdnr. 131). Dass Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit gegen die Heranziehung der Grundstückseigentümer zu einer kostenträchtigen Gefahrenuntersuchung sprechen, wenn diese einerseits das Grundstück verpachtet haben, also auf dessen konkrete Nutzung - und somit auch auf die Gefahrenverursachung - keinen Einfluss nehmen konnten, und andererseits ein eindeutig identifizierbarer Verursacher vorhanden ist, bei dem die Behörde anhand äußerer Merkmale auf eine bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schließen darf, bedarf keiner vertieften Darlegung.

2. Erweist sich die angegriffene Grundverfügung somit nach summarischer Prüfung als rechtmäßig, so sind auch keine anderen Gesichtspunkte ersichtlich, nach denen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell ordnungsgemäß damit begründet, dass das nach den bisherigen Beprobungen des Bodens, des Sickerwassers und des Grundwassers dokumentierte Schadensbild im Zusammenhang mit der zum Teil hohen Umweltmobilität der Schadstoffe eine schnellstmögliche und nachvollziehbare Klärung der Gefahrenlage erfordere, insbesondere wegen des Eintrages von PFT in den Grundwasserkörper. Diese Begründung ist inhaltlich auch nachvollziehbar und trägt die Anordnung des Sofortvollzuges, da nach der vom Antragsteller nicht angezweifelten fachlichen Einschätzung der Antragsgegnerin zumindest die im Boden enthaltene PFOA bereits zum überwiegenden Teil in das Grundwasser versickert ist und somit eine weitere Verbreitung der PFT über das Grundwasser akut zu befürchten ist. Soweit der Antragsteller demgegenüber einwendet, dass eine Eilbedürftigkeit nicht mehr zu erkennen sei, weil die Antragsgegnerin über einen Zeitraum von knapp drei Jahren nach Kenntnis von der PFT-Belastung der Böden untätig gewesen sei, ist das unzutreffend, weil in dieser Zeit umfangreiche Schadenserkundungen der Antragsgegnerin in enger Kooperation mit mehreren niedersächsischen Behörden erfolgt sind. Diese Vorgehensweise entsprach der durch § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BBodSchG vorgegebenen gestuften Abfolge der Sachverhaltsaufklärung, nach der die zuständige Behörde bei Anhaltspunkten für eine schädliche Bodenveränderung zunächst selbst geeignete Maßnahmen zur Gefahrenermittlung ergreifen soll, und den Störer hierfür erst in Anspruch nehmen darf, soweit sich im Rahmen dieser Vorermittlungen die bestehenden Anhaltspunkte zu einem hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung verdichtet haben.

3. Die in dem Bescheid ergänzend verfügte Androhung einer Ersatzvornahme unter Festsetzung von Vorauszahlungen für die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig nach §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG. Im Hinblick darauf, dass ein hinreichender Gefahrenverdacht für eine Ausbreitung von PFT über das Grundwasser besteht, ist die Androhung der Ersatzvornahme verhältnismäßig und auch in sonstiger Weise ermessensfehlerfrei. Die Festsetzung der Vorauszahlungen entspricht der Wertung des § 9 Abs. 2 BBodSchG, nach der der Störer beim hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung zur weiteren Schadenserkundung heranzuziehen ist und damit auch anstelle der Allgemeinheit die Kosten der weiteren Erkundung zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.