Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 21.08.2019, Az.: 3 A 479/17
Mazowe; Mugabe; Simbabwe; ZANN-PF
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 21.08.2019
- Aktenzeichen
- 3 A 479/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 69968
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 3 AsylVfG 1992
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge.
Sie sind ausweislich des vorgelegten Personalausweises der Klägerin zu 1. simbabwische Staatsangehörige. Sie reisten am 14.08.2016 über die Türkei mit einem Schengenvisum auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 16.08.2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Zur Begründung trug die Klägerin zu 1. im Wesentlichen vor, sie habe mit ihrem in Simbabwe gebliebenen Ehemann ab Oktober 2015 eine Tankstelle in K. betrieben. Sie sei 40 km von ihrem Wohnort L. entfernt gewesen. Der Ort sei fest in der Hand der ZANU-PF, die frühere First Lady M. } betreibe dort ein Waisenhaus und mehrere Farmen. Nachdem sie die Tankstelle gepachtet hätten, seien regelmäßig Gruppen von aggressiven und gewaltbereiten Männern gekommen, die jeweils behauptet hätten, der Regierungspartei anzugehören. Es habe sich dabei um rivalisierende Gruppen innerhalb der Partei ZANU-PF gehandelt. Sie hätten jeweils kostenlosen Treibstoff verlangt und erhalten. Die Gruppen hätten ihr die „Spende“ an die jeweils konkurrierende Gruppe vorgeworfen. Zudem habe die Klägerin zu 1. das Gefühl gehabt, auf der Rückfahrt von der Tankstelle nach L. regelmäßig verfolgt zu werden; sie habe sich nicht sicher gefühlt. Im Juni 2016 hätten zwei Zivilisten, die sich als Polizisten ausgegeben hätten, die Tankstelle durchsucht. Wonach sie gesucht hätten, wisse die Klägerin zu 1. nicht. Sie hätten die Klägerin gewarnt, dass sie „für nichts sterben würde“. Die Polizei habe trotz wiederholter Anzeigen nichts unternommen. Im Juli 2016 habe es Proteste gegen die Regierung mit einem Generalstreik gegeben. Man habe den Geschäftsinhabern gedroht, dass ihre Läden zerstört würden, sofern diese am Protesttag geöffnet würden. Die Klägerin zu 1. habe daher die Tankstelle geschlossen gehalten und erst am Abend geöffnet. Daraufhin sei sie von Mitgliedern der Regierungspartei zu einer Parteiversammlung gebracht worden. Dort habe man ihr öffentlich die Haare abgeschnitten und sie mit Schmutzwasser übergossen, da man ihr vorgeworfen habe, aufgrund der Schließung der Tankstelle gegen die Regierung zu sein. Man habe ihr zudem zu verstehen gegeben, dass dies die letzte Warnung sei und sie tun müsse, was die Regierungspartei verlange. Seitdem habe sie die Tankstelle nicht mehr regelmäßig aufgesucht und habe alle Forderungen erfüllt, jedoch keinen neuen Treibstoff mehr bestellt. Die finanziellen Verluste durch die erzwungenen Kraftstoffspenden seien zu hoch gewesen. Sie habe die Tankstelle mit der Ausreise am 13.08.2016 aufgegeben, obwohl der Pachtvertrag über ein Jahr abgeschlossen gewesen sei. Sie habe gefürchtet, dass man sie überall in Simbabwe finden und töten könne. Ihr Ehemann sei nicht bedroht worden, da im Wesentlichen die Klägerin zu 1. die Tankstelle geführt habe. Vor der Ausreise habe das monatliche Netto-Einkommen der Familie zwischen 3.000 und 4.000 US-Dollar betragen, wozu die Klägerin zu 1. als Privatsekretärin und Finanzbuchhalterin ca. 1.500 $ beigetragen habe. Ihr Ehemann lebe weiterhin in Simbabwe; sie habe wöchentlich Kontakt zu ihm; auch zwei Brüder und ein Neffe lebten noch dort. Für die Kläger zu 2.-4. wurden keine gesonderten Asylgründe vorgetragen.
Mit Bescheid vom 02.06.2017, als Einschreiben zur Post gegeben am 06.06.2017, lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger sowie die Zuerkennung von Flüchtlingsstatus und subsidiärem Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Ferner wurden die Kläger unter Fristsetzung und Abschiebungsandrohung nach Simbabwe zur Ausreise aufgefordert und ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot von 30 Monaten verfügt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin zu 1. hätte zwar eine individuelle Verfolgung glaubhaft gemacht. Diese würde aber im Fall einer Rückkehr in das Heimatland nicht erneut drohen, da sie den Tankstellenbetrieb, der alleiniger Auslöser war, aufgegeben habe. In Simbabwe bestehe keine allgemeine extreme Gefahrenlage.
Am 22.06.2017 haben die Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung sie das Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholen und vertiefen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 02.06.2017 zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, sie als Asylberechtigte anzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, äußerst hilfsweise Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
Nach Anhörung der Beteiligten hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Beteiligten übersandte Erkenntnismittelliste, die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige und auch sonst statthafte Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung des Asylrechts, des internationalen Schutzes oder eines nationalen Abschiebungsschutzes; der Bescheid vom 02.06.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 der Vorschrift ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Der erkennende Einzelrichter teilt bereits nicht die im Bescheid vom 02.06.2017 vertretene Auffassung, dass die Klägerin zu 1. eine individuelle Verfolgung glaubhaft gemacht habe. Aus den vorliegenden Erkenntnismitteln ist bekannt, dass die frühere First Lady M. } in der Kleinstadt K. ein großes Waisenhaus betrieben hat. Außerdem haben sie und ihr Ehemann N. O. dort in großem Umfang Farmen und Land an sich gebracht; derzeit wird die Rechtmäßigkeit dieser Erwerbungen untersucht. Von daher ist sehr plausibel, dass sich Gruppierungen der ZANU-PF als Beherrscher der Stadt aufgeführt und von Gewerbetreibenden erpresst haben, was sie benötigten. Dabei werden sie den Betreiber der einzigen Tankstelle im weiten Umkreis nicht ausgenommen haben. Auch ist bekannt, dass gerade im Zusammenhang mit Generalstreiks die politischen Kräfte in Simbabwe mit tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern nicht zimperlich umgehen; Entführungen, Körperverletzungen, Raub und Brandstiftungen sind häufig angewandte Mittel zur Einschüchterung und Gefügigmachung. Insofern wäre die von der Klägerin zu 1. geschilderte Misshandlung nach dem Generalstreik durch eine Parteiversammlung der ZANU-PF durchaus plausibel, wenn der Zusammenhang mit dem Betrieb der Tankstelle bestände.
Die Klägerin zu 1. hat jedoch nicht glaubhaft machen können, dass sie die Tankstelle in K. tatsächlich betrieben hat. Ihre Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Tankstelle sind nicht nachvollziehbar. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1. angegeben, dass sie die Tankstelle gegen einen monatlichen Zins von 1.500 US-Dollar gepachtet habe. Bereits die angegebene Menge des regelmäßigen Kraftstoffumsatzes – 12.000 Liter Diesel oder 14.000 Liter Benzin in zwei Wochen – ist nicht glaubhaft. Bei dieser Mengenangabe hätte die Tankstelle durchschnittlich 900 bis 1.000 Liter pro Tag abgeben können. Da es im Umkreis von 20 bis 25 Kilometern keine weitere Tankstelle gab, schätzt der Einzelrichter die durchschnittliche Abgabemenge je Tankvorgang zurückhaltend auf ca. 30 bis 50 Liter je PKW und ca. 300 bis 400 Liter je LKW. Das bedeutet, dass die täglich zur Verfügung stehende Kraftstoffmenge bereits nach der Betankung von 20 bis 30 PKW oder ca. 3 LKW aufgebraucht gewesen wäre. Bei einem derart geringen Umsatz, der von einer Person in maximal einer Stunde täglicher Arbeitszeit zu erledigen gewesen wäre, wären weder sieben Angestellte noch die Öffnung rund um die Uhr erforderlich und wirtschaftlich vertretbar gewesen. Hinzu kommt, dass die Klägerin zu 1. je eingekaufter Kraftstoffmenge von 12.000 bis 14.000 Liter zwischen 17.000 und 18.000 US-Dollar bezahlt haben will, was einem Einkaufspreis zwischen 1,21 und 1,50 US-Dollar je Liter entspricht. Die Verkaufspreise hat sie mit 1,16 bis 1,20 US-Dollar je Liter Diesel und 1,32 bis 1,40 Dollar je Liter Benzin beziffert, was nach den allgemein zugänglichen Informationen in etwa zutreffen dürfte (vgl. https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-simbabwe.pdf., S. 5). Nach diesen Angaben müssen die Verkaufspreise regelmäßig mehrere Cent je Liter unter den Einkaufspreisen gelegen haben, woraus sich bereits ein Verlust in hoher drei- bis niedriger vierstelliger Höhe je gelieferter Tanklastzugladung und in deutlich vierstelliger Höhe pro Monat schätzen lässt. Hinzu kommen die Löhne für sieben Angestellte mit 400 bis 500 US-Dollar je Person und Monat sowie die Pacht in Höhe von 1.500 US-Dollar monatlich. Die Verluste aus dem Betrieb der Tankstelle sind damit anhand der Angaben der Klägerin zu 1. – ohne Berücksichtigung von Steuern – auf insgesamt 6.000 bis 7.000 US-Dollar je Monat zu schätzen. Es ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie der Gewinn aus dem angeschlossenen Kiosk und einigen Servicedienstleistungen diesen Verlust nicht nur ausgleichen könnte, sondern darüber hinaus noch einen monatlichen Ertrag von 2.500 bis 4.000 US-Dollar hätte ergeben können. Die angeblich kostenlos erpressten Kraftstoffmengen von meistens 50 bis 100 Litern Diesel je Woche, also ca. 300 Liter im Wert von weniger als 400 US-Dollar im Monat, fallen weder bei dem geschätzten Verlust der Tankstelle noch bei den angeblichen Gewinnen wesentlich ins Gewicht. Sie wären deshalb kein plausibler Grund gewesen, den Betrieb der Tankstelle und des angeblich so lukrativen Kiosks aufzugeben.
Auch die Angabe der Klägerin zu 1., das monatliche Nettoeinkommen der Familie habe vor ihrer Ausreise (also im Sommer 2016) 3.000 bis 4.000 US-Dollar betragen, zu dem sie selbst ca. 1.500 US-Dollar und ihr Ehemann 2.500 bis 3.500 US-Dollar beigetragen habe, ist nicht glaubhaft. Zum einen besteht ein deutlicher Widerspruch zur Aussage der Klägerin zu 1., der Ertrag aus der Tankstelle habe 2.500 bis 4.000 US-Dollar pro Monat betragen. Zum anderen hat sie in der mündlichen Verhandlung erklärt, ihr Ehemann arbeite auf einer Farm im Norden Simbabwes, wo seine wesentlichen Aufgaben im Verpacken und Transportieren landwirtschaftlicher Produkte beständen. Derart einfache Berufstätigkeiten, die außer einer Fahrerlaubnis keine Ausbildung und keine besonderen Kenntnisse voraussetzen, die also auch von einer beliebigen Vielzahl anderer Arbeiter ausgeführt werden könnten, wurden 2015/2016 in Simbabwe allenfalls mit einem Achtel bis einem Zehntel der angegebenen Monatsbeträge entlohnt.
Aus der Unglaubhaftigkeit wesentlicher Angaben der Klägerin zu 1. folgt, dass ihr eine Vorverfolgung nicht geglaubt werden kann. Hinzu kommt, dass die Klägerin zu 1. weder Tatsachen angeführt hat, aus denen geschlossen werden könnte, dass ihr auch außerhalb von K. Verfolgung drohte, noch ist zu erkennen, dass ihr in Simbabwe verbliebener Ehemann irgendwelchen Nachstellungen ausgesetzt war oder werden könnte. Da auch für die Kläger zu 2. bis 4. keine eigenen Gründe geltend gemacht wurden, besteht für die Kläger in L. und zumindest im nördlichen Teil des übrigen Staatsgebiets eine innerstaatliche Fluchtalternative nach § 3e AsylG. Auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
Die Kläger müssen auch im Falle ihrer Rückkehr keine Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG befürchten. Die vorliegenden Erkenntnismittel rechtfertigen insbesondere nicht die Annahme, dass die Kläger aufgrund ihrer Ethnie, Religion, sozialen Gruppenzugehörigkeit oder politischen Überzeugung einer Gruppenverfolgung unterliegen und ihnen deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen drohen. Nach den vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln gibt es aktuell in Simbabwe keine staatlichen Repressionen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Der Sturz Präsident N. O. s und die Machtübernahme mithilfe des Militärs durch den früheren Vizepräsidenten P. im November 2017 hat an der inneren Lage nichts Grundlegendes geändert. In Simbabwe sind weiterhin Hunger, Arbeitslosigkeit, Korruption, Energieknappheit und Binnenflucht weit verbreitet. Die Geldwirtschaft wird durch eine galoppierende Inflation beeinträchtigt. Handelnder Güterverkehr ist weitgehend nur noch durch Tauschgeschäfte möglich. Basierend auf der Partei ZANU-PF, deren Mitglieder und Funktionäre vom System in vielfältiger Weise profitieren und es deshalb bedingungslos stützen, wurden in diktatorischer Form Justiz und Medien gleichgeschaltet, Meinungs- und Versammlungsfreiheit dramatisch eingeschränkt und massive Maßnahmen gegen Oppositionelle ergriffen, deren Handlungen den Fortbestand des bestehenden Regimes und die Selbstbedienung aller Hierarchieebenen der ZANU-PF aus allen staatlichen und privaten Ressourcen bedrohen könnte. Wer jedoch das herrschende System nicht angreift oder sonst gefährdet, muss Verfolgungshandlungen weder von staatlicher Seite noch durch Schlägertrupps der ZANU-PF fürchten.
Die Kläger haben weiterhin keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Nach dieser Rechtsnorm ist subsidiär schutzberechtigt, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm oder ihr im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 S. S. Nr. 1 AsylG), Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylVfG) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG). Nach ihrem Vorbringen und anhand der vorliegenden Erkenntnismittel steht für das erkennende Gericht fest, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen drohenden ernsthaften Schaden bestehen. Die Sicherheitslage in Simbabwe hat sich stabilisiert, die letzten Wahlen waren kaum durch Ausschreitungen und Gewaltexzesse überschattet. Es finden keine anhaltenden koordinierten gewalttätigen Auseinandersetzungen statt.
Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 04.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geht der sachliche Schutzbereich des nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK über denjenigen des unionsrechtlichen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG nicht hinaus, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.06.2013 - 10 C 13.12 - juris, Rn. 25). Da ein solches unionsrechtliches Abschiebungsverbot nicht besteht, scheidet auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK aus (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 19.09. 2016 - 9 LB 100/15 -, juris, Rn. 79).
Auch ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ist nicht festzustellen. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Insbesondere sind Erkrankungen, die durch ein hinreichend aktuelles, qualifiziertes ärztliches Attest (vgl. § 60a Abs. 2c AufenthG) belegt werden und bei denen eine Nichtbehandlung das Leben oder die Gesundheit der Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit ihrer Rückkehr bedrohen würde, nicht angegeben worden.
Demzufolge sind sowohl die Ausreiseaufforderung als auch die Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG) und die Sperrfrist nach § 11 Abs. 3 AufenthG nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich aus § 154 Abs. 1 VwGO, im Übrigen aus § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.