Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 15.04.2010, Az.: 3 A 122/09
Defizitausgleich; Elterninitiative; freier Jugendhilfeträger; Förderung; Gleichbehandlung; Jugendhilfeplanung; Kindergarten; pädagogische Ausrichtung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 15.04.2010
- Aktenzeichen
- 3 A 122/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 47848
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 80 SGB 8
- § 74 SGB 8
- § 21 KiTaG ND
- § 13 KJHGAG ND
Tenor:
Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 03.01.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/10 und der Beklagte zu 8/10.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Beteiligte kann die Vollstreckung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Förderung der von ihm betriebenen Kindertagesstätte.
Der Kläger - ein gemeinnütziger Verein, dessen Mitglieder die Eltern sind - ist ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. 1986 gründete er als Elterninitiative "E. " eine Kindergartengruppe für Kinder von zwei bis sechs Jahren mit 10 Plätzen im alten Bahnhof F.. 1999 zog die Gruppe in das von der Gemeinde S. zur Verfügung gestellte G.. Bis 2005 standen eine pädagogische Fachkraft und eine Hilfskraft für die Betreuung zur Verfügung. Ab Februar 2006 werden bis zu 15 Kinder von zwei pädagogischen Fachkräften betreut (staatl. geprüfte Erzieherin u. Dipl. Pädagogin). Die Einrichtung wurde in "H. " umbenannt. Die Betreuung erfolgt in einer Vormittagsgruppe von 08:00 bis 13:15 Uhr mit Früh- und Spätdienst. Die Kindertagesstätte nahm ganz überwiegend Kinder aus der Gemeinde S. und dem übrigen Gebiet der Samtgemeinde S. auf. Im Juni 2009 kamen drei Kinder aus S. (einschl. H.), 11 Kinder insgesamt aus der Samtgemeinde S. und zwei Kinder aus Braunschweig.
Der Beklagte hat als örtlicher Jugendhilfeträger auf der Grundlage des § 13 AG KJHG am 12.01.2009/02.04.2009 mit der Gemeinde S. eine Vereinbarung über die Förderung von Kindern in Kindertagesstätten im Landkreis Wolfenbüttel geschlossen. Danach nimmt die Gemeinde S. für den örtlichen Bereich der Gemeinde die Aufgabe der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach dem SGB VIII und den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften wahr, wobei die Gesamtverantwortung des Beklagten für die Bedarfsplanung unberührt bleibt (§§ 1, 2). Der Beklagte erstattet der Gemeinde derzeit nach der Übergangsregelung in § 9 des Vertrages Personalkosten in Höhe von 72,8 Prozent des Betrages, den das Land nach § 16 KiTaG gewährt, wobei Mindestbeträge festgelegt sind.
Der Beklagte erstellt einen Jugendhilfeplan, zuletzt mit dem Stand Oktober 2008. Eine Fortschreibung soll 2010 erfolgen. In den Jugendhilfeplan fließen die auf Anfrage des Beklagten von dem Kläger gemeldeten Bestands-, Belegungs- und Bedarfszahlen ein.
Die Gemeinde S. hat eine zum 01.08.2009 in Kraft getretene Satzung über die Einrichtung der Kindertagesstätten in der Gemeinde S. (Kindertagesstättensatzung vom 18.06.2009) erlassen, welche eine bis zum 31.07.2009 gültige "Kindertagesstättenregelung" ersetzte. In der Gemeinde S. gibt es neben der Einrichtung des Klägers drei Kindertagesstätten in kirchlicher Trägerschaft (Kindergärten I., J., K.).
Der Kläger verfügt neben den nach seiner Gebührenordnung erhobenen Elternbeiträgen über gegenwärtig über folgende Förderleistungen:
- Die Gemeinde S. unterstützt den Kindergarten des Klägers auf der Grundlage eines Vertrages vom 06.01.2000, indem sie die von diesem genutzten Räume des G. (75 qm) und die Außenanlage unentgeltlich zur Verfügung stellt, das Gebäude unterhält und die Bewirtschaftungskosten für Heizung, Wasser, Abwasser, Strom etc. bis zu einer Höhe von 11,75 EUR/qm übernimmt. 2008 betrug der Zuschuss der Gemeinde S. zu den Bewirtschaftungskosten wie in den Vorjahren demnach 881,98 EUR (bei Gesamtkosten 2008 in Höhe von 1.390,01 EUR).
- Daneben erhielt der Kläger von der Gemeinde S. jährlich bis 2005 einen so bezeichneten "freiwilligen Zuschuss" in Höhe von 4.100,00 EUR und nach der Erweiterung ab 2006 in Höhe von 6.000,00 EUR (zuletzt gem. Ratsbeschluss vom 24.03.2009 für das Kindergartenjahr 09/10).
- Vom Land Niedersachsen bekam der Kläger einen Personalkostenzuschuss nach § 16 KiTaG, für das Kindergartenjahr 08/09 in Höhe von 12.224,50 EUR.
- Anderen Einrichtungen erstattet der Beklagte zusätzlich zu der Landesförderung weitere Personalkosten. Der Kläger erhielt bislang keine zusätzlichen Hilfen. Nunmehr soll der Kläger an dem von dem Beklagten gem. § 9 der Vereinbarung vom 12.01.2009/02.04.2009 geleisteten Personalkostenzuschuss beteiligt werden und zwar in Höhe von jährlich (derzeit) 9.000,00 EUR.
- Die Gemeinde S. leitet den finanziellen Ausgleich des Landes Niedersachsen in Höhe von - hier - monatlich 120,00 EUR je Kind für das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr nach § 21 Abs. 2 KiTaG an den Kläger weiter.
Mit Schreiben vom 03.01.2009 beantragte der Kläger in Ergänzung seines Förderungsantrags über 6.000,00 EUR vom 14.10.2008 bei der Gemeinde S. die Erhöhung der jährlichen Förderung für das Haushaltsjahr 2009 auf 35.000,00 EUR. Zur Begründung führte er u. a. an, die Personalkosten seien wegen der zweiten Erzieherin gestiegen. Die Betriebskosten seien generell außergewöhnlich hoch. Investitionen in Mobiliar und Spielgeräte seien zu tätigen. Das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr verursache höhere Kosten als er durch den Ausgleich in Höhe von 120,00 EUR je Kind erhalte, da der Regelbeitrag in seinem Kindergarten bei 195,00 EUR liege. Im Vergleich zu anderen Kindertagesstätten sei die Förderung seitens der Gemeinde verschwindend gering. Der Kläger fügte einem weiteren Schreiben vom 19.01.2009 ein betriebswirtschaftliches Konzept und eine Aufstellung der laufenden Kosten bei.
Am 06.05.2009 bat der Kläger gegenüber der Gemeinde S. um einen "schriftlichen Bescheid", den bislang weder die Gemeinde S. noch der Beklagte erlassen haben.
Der Kläger hat sich am 28.07.2009 an das Gericht gewandt. Die zunächst gegen die Gemeinde S. erhobene Klage ist nach einem Hinweis des Gerichts gegen den Beklagten gerichtet worden.
Der Kläger macht geltend, die Voraussetzungen für eine Förderung nach § 74 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lägen vor. Das dem Beklagten danach zustehende Ermessen sei auf Null reduziert. Der Betrieb der Kindertagesstätte müsse in der beantragten Höhe gefördert werden. Für die Einrichtung bestehe über die Jahre hinweg ein stetiger Bedarf. Sie sei aufgrund ihrer Struktur als Elterninitiativ-Kindertagesstätte mit weitgehenden Einflussmöglichkeiten der Eltern in der Gemeinde konkurrenzlos. Er, der Kläger, verfolge zudem ein anderes pädagogisches Konzept. So biete er eine familiäre Atmosphäre mit maximal 15 Kindern bei zwei pädagogischen Fachkräften und dadurch eine intensivere Betreuung und Förderung, u. a. mit wöchentlich einem Waldtag und einer Turnstunde, Vorschularbeit, Kochen und Einkaufen. Er unterscheide sich von den anderen Trägern auch dadurch, dass er eine altersübergreifende Gruppe anbiete. Zudem sei sein Kindergarten als einzige Einrichtung in der Gemeinde S. ohne kirchliche Trägerschaft.
Die Bedarfslage sei im Übrigen nach § 3 Abs. 1 SGB VIII an einer Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertvorstellungen, Inhalte, Methoden und Arbeitsformen zu orientieren. Darauf basiere auch das Wunsch- und Wahlrecht der Erziehungsberechtigten nach § 5 SGB VIII. Obwohl er in seiner Einrichtung eine gleichartige Maßnahme anbiete, würden bei der Förderung nicht die gleichen Grundsätze und Maßstäbe angelegt, was § 74 Abs. 5 Satz 1 und 2 SGB VIII jedoch vorschreiben. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde verletzt.
Aufgrund der an den Beklagten gemeldeten Angaben über Bestand, Belegung und Bedarf sei die Kindertagesstätte in die Jugendhilfeplanung aufgenommen worden. Dafür spreche auch die Inanspruchnahme von Kindergartenplätzen in den Jahren 2001 bis 2004 durch die Gemeinde S.. Er werde mit seiner Einrichtung auch bei der Planung eines jetzt kleineren Neubaus der Einrichtung J. berücksichtigt. Der Kläger nehme außerdem an dem Leitertreffen der S.r Kindertagesstätten in der Samtgemeinde teil.
Die Elternbeiträge seien nach der Einführung des beitragsfreien letzten Kindergartenjahres weiter zurückgegangen. Die Unterfinanzierung bringe die Einrichtung an den Rand der wirtschaftlichen Existenz. Die drei anderen Einrichtungen erhielten im Zuge eines Defizitausgleichs eine deutlich höhere Förderung. Der Kindergarten I. bekomme je Betreuungsstunde/Kind einen Zuschuss in Höhe von 1,77 EUR, der Kindergarten J. in Höhe von 1,46 EUR, der Kindergarten K. in Höhe von 1,94 EUR. Er, der Kläger, erhalte aber nur 0,36 EUR. Der Kindergarten K. habe - allerdings als Integrativkindergarten - einen vergleichbaren Betreuungsschlüssel, die anderen Kindergärten hätten schlechtere Betreuungsschlüssel. Der Mittelwert liege bei 1,85 EUR je Kind, der auch ihm zustehe. Danach müsse er insgesamt 30.594,38 EUR erhalten. Da bereits 6.000,00 EUR bewilligt seien, verbleibe ein Anspruch in Höhe von 24.594,38 EUR.
Der Kläger hat zunächst schriftsätzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, auf seinen Antrag vom 03.01.2009 ihm eine Förderung für den Betrieb der „H. " in Höhe von 24.594,38 EUR für das Jahr 2009 zu bewilligen,
hilfsweise,
den Antrag vom 03.01.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden
In der mündlichen Verhandlung hat er nach Erörterung der Sach- und Rechtslage beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 03.01.2009 eine Förderung für den Betrieb der „H. " in vergleichbarer Art und Weise wie für den Betrieb anderer Kindertagesstätten für das Jahr 2009 zu bewilligen,
hilfsweise,
den Antrag vom 03.01.2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er entgegnet, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Förderung in vergleichbarer Art und Weise. Die Grundvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 SGB VIII für eine Förderung lägen zwar vor. Die von dem Kläger mitgeteilten Zahlen zu Bestand, Belegung und Bedarf seien auch in den Jugendhilfeplan eingeflossen. Die Umsetzung der Planung obliege jedoch der Gemeinde S.. Diese entscheide darüber, wie der Bedarf gedeckt werde. Von der Gemeinde S. werde der Kläger eben nur in dem dargestellten Umfang gefördert. Die Erhöhung der Leistungen sei von der Gemeinde S. ermessensfehlerfrei abgelehnt worden. Dabei habe sie zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger ein ähnliches pädagogisches Konzept wie die anderen Einrichtungen anbiete und der Betreuungsschlüssel über die gesetzlichen Anforderungen weit hinausgehe, indem für 15 Kinder zwei Vollzeitpädagogen zur Verfügung stünden statt der gesetzlich ausreichenden Betreuung von 25 Kindern durch zwei Fachkräfte. Die klägerische Einrichtung werde zudem auch von gemeinde- und sogar kreisfremden Kindern besucht, was bei der Ermessensentscheidung ebenfalls zu berücksichtigen gewesen sei. Orientiert an den Belegungszahlen und dem ausreichenden Kontingent an Kindergartenplätzen in den anderen Einrichtungen seien die öffentlichen Mittel sparsam und sinnvoll zu verwenden, zumal zukünftig aufgrund der demographischen Entwicklung Kindergartengruppen abgebaut werden müssten. Letzteres ergebe sich aus dem Jugendhilfeplan von Oktober 2008. Der Kläger erhalte insgesamt bereits eine angemessene Förderung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Gemeinde S., die dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Untätigkeitsklage in der Form der Verpflichtungsklage gem. §§ 75, 42 Abs. 1 VwGO zulässig, da über die Förderung durch einen Verwaltungsakt entschieden werden muss (Münder, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 6. Aufl., § 74 Rn. 43: Oder Förderung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag). Mit dem Zuwendungs- oder Ablehnungsbescheid kann dann das in § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII dem Jugendhilfeträger eingeräumte Ermessen nach § 40 VwVfG betätigt werden.
Über den Förderungsantrag des Klägers vom 03.01.2009 ist noch nicht entschieden worden. Der Kläger hat den Antrag auf eine höhere Förderung bei der Gemeinde S. gestellt. Die Gemeinde S. nimmt nach der zwischen dem Beklagten und der Gemeinde S. unter dem 12.01.2009/02.04.2009 geschlossenen Vereinbarung in Ausführung des § 13 AG KJHG für den örtlichen Bereich der Gemeinde die Aufgabe der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach dem SGB VIII und den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften mit Wirkung vom 01.01.2009 wahr. Der Kläger hat den Förderantrag demnach bei einer für die Wahrnehmung der öffentlichen Jugendhilfe zuständigen Stelle gestellt. Der Jugend- und Wohlfahrtsausschuss (JWA) der Gemeinde S. hat den Antrag behandelt und in seiner Sitzung vom 05.03.2009 eine höhere Förderung durch eine Beschlussempfehlung an den Rat abgelehnt. Der Rat ist dieser Empfehlung mit Beschluss vom 24.03.2009 gefolgt. Daraufhin ist kein Bescheid der Gemeinde S. ergangen, den sich der Beklagte als Jugendhilfeträger zurechnen lassen müsste. Auch der Beklagte selbst hat keinen ablehnenden Bescheid erlassen. Ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist dafür nicht erkennbar.
Die Klage ist mit dem Hilfsantrag begründet. Der Beklagte muss über den Antrag des Klägers auf Erhöhung der Förderung nach § 74 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nach Maßgabe der folgenden Erwägungen entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellte Hauptantrag auf eine gleichartige Förderung läuft im Ergebnis ebenfalls auf eine Ermessenentscheidung hinaus, weshalb sich das Gericht für den geeigneteren Hilfsantrag entscheiden konnte.
Rechtsgrundlage einer Förderung des Klägers als Träger der freien Jugendhilfe ist § 74 SGB VIII. Nach § 74 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art und Höhe der Förderung, wenn - was hier unstreitig ist - die Förderungsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 SGB VIII vorliegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Nds. OVG) setzt die Förderung nach § 74 SGB VIII eine Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII nicht voraus. Liegt eine derartige Planung vor, ist sie Grundlage der Förderungsentscheidung und bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit zu berücksichtigen. Wenn also Kindergartenplätze, für die eine Förderung begehrt wird, in der Jugendhilfeplanung enthalten sind, besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf eine (gleichartige) Förderung (Ermessensreduzierung). Liegt eine Jugendhilfeplanung dagegen nicht vor, hindert das die Förderung nach § 74 SGB VIII nicht. Eine Förderung hat dann nach Ermessen einzelfallbezogen zu erfolgen (BVerwG, Urt. v. 17.07.2009 - 5 C 25.08 - NVwZ-RR 2010, 19; Urt. v. 25.04.2002 - 5 C 18.01 - BVerwGE 116, 226; Beschl. v. 30.12.1996 - 5 B 27.96 - FEVS 47, 529; Nds. OVG, Urt. v. 07.02.2006 - 4 LB 389/02 - NVwZ-RR 2006, 483).
Die Einrichtung des Klägers wird in der Jugendhilfeplanung des Beklagten berücksichtigt. Da die jährlichen abgefragten Angaben des Klägers über den Bestand an Kindergartenplätzen, die Belegung und den von Eltern geäußerten Bedarf nach Angaben des für die Planung zuständigen Mitarbeiters in der mündlichen Verhandlung in den Jugendhilfeplan - Teil I Frühkindliche Erziehung - eingeflossen sind, ist die "H. " Teil der Bedarfsplanung des Beklagten, soweit sie mit dem Jugendhilfeplan von Oktober 2008 vorliegt. Es kommt nicht darauf an, wie sich insoweit die Einbeziehung von Kindergartenplätzen des Klägers in den Jahren 2001 bis 2004, die Planung des Neubaus der Einrichtung J. oder die Fachgespräche auf Samtgemeindeebene auswirken.
Insofern ist auch unschädlich, dass dieser Plan nicht den gesetzlichen Vorgaben in § 80 SGB VIII entspricht, da er keine Angaben über einzelne Einrichtungen enthält und eine Planung hinsichtlich unterschiedlicher Angebote z. B. von kirchlichen Trägern und von Elterninitiativen erkennen lässt. Der Jugendhilfeplan beschränkt sich darauf, allgemein den Bestand an Kindertagesstätten festzustellen und den Bedarf anhand der demographischen Entwicklung aufzuzeigen. Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten sowie die Ausgestaltung eines möglichst wirksamen, vielfältigen und aufeinander abgestimmten Angebots von Jugendhilfeleistungen bleiben trotz der Vorgaben in § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII im Hinblick auf eine Förderung etwa auch einer Elterninitiative unberücksichtigt. Gerade für die Planung von Kindertagesstätten ist zu beachten, dass die Jugendhilfe durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen gekennzeichnet ist (§ 3 Abs. 1 SGB VIII, vgl. auch § 13 Abs. 5 KiTaG). Im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewährleisten, dass die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (§ 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Damit korrespondiert das Recht der Leistungsberechtigten, zwischen verschiedenen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Die Bedarfsplanung nach § 80 SGB VIII darf danach nicht nur quantitativ erfolgen. Bedarf ist als normativer Rechtsbegriff im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Gesamtverantwortung und den Grundsätzen der Jugendhilfeplanung in § 80 SGB VIII auch qualitativ zu verstehen, indem entsprechend den Wünschen der Leistungsberechtigten ein breites Angebot von unterschiedlicher pädagogischer Ausrichtung geschaffen wird (Nds. OVG, Urt. v. 07.02.2006 - 4 LB 389/02 - NVwZ-RR 2006, 483). Dem qualitativen Aspekt wird der Jugendhilfeplan des Beklagten nicht gerecht.
Der Beklagte kann insoweit nicht damit gehört werden, er habe die Entscheidung über die Bedarfsdeckung an die Gemeinden - hier die Gemeinde S. - delegiert, wo entschieden worden sei, den Kläger nicht neben den drei anderen Einrichtungen "in die Planung" aufzunehmen und damit auch nicht gleichberechtigt zu fördern. Abgesehen davon, dass die Gemeinde S. selbst ebenfalls keine Jugendhilfeplanung im Sinne der Vorgaben des § 80 SGB VIII vornimmt, bleibt nach § 2 Abs. 1 der Vereinbarung zu § 13 AG SGB VIII mit der Gemeinde S. vom 12.01.2009/02.04.2009 die Gesamtverantwortung für die Planung bei dem Beklagten als örtlichem Jugendhilfeträger, der nach § 80 SGB VIII dafür auch zuständig ist.
Ist der Kläger damit Teil der - unzulänglichen - Jugendhilfeplanung des Beklagten, so hat er einen Anspruch auf eine Förderung nach den Grundsätzen und Maßstäben, die bei der Finanzierung der öffentlichen Jugendhilfe gelten (§ 74 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII), der im Übrigen nicht durch den Ablauf des Haushaltsjahres 2009 ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.07.2009 - 5 C 25.08 - NVwZ-RR 2010, 19). Der Beklagte kann dem Förderungsanspruch auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, für die beantragte Jugendhilfeförderung stünden Haushaltsmittel schon deshalb nicht zur Verfügung, weil die Gemeinde S. die Kindertagesstättenförderung nach § 13 AG KJHG durch Vereinbarung mit dem Beklagten übernommen habe (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.06.1997 - 4 M 1219/97 - juris).
Der bei den drei Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft vorgenommene Defizitausgleich führt allerdings nicht zu einer Förderung des Klägers in unbegrenzter Höhe. Insofern hat die Kammer mehrfach entschieden, dass bei den freien Trägern ein Ausstattungsstandard zu finanzieren ist, der dem der kommunalen Kindertagesstätten qualitativ gleichwertig ist (VG Braunschweig, Urt. v. 23.02.2000 - 1 A 1185/96 -; Beschl. v. 01.02.2006 - 3 B 117/06 -). Für die Bemessung der Zuwendung relevante Merkmale sind dabei fachliche Standards, die Vergütung des Personals und sonstige haushaltsrechtliche Vorgaben. Im Übrigen ist der Anspruch eines Trägers der freien Jugendhilfe auf Förderung seiner Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe der Höhe nach unter Berücksichtigung seiner Einnahmen für diese Tätigkeit (z. B. Entgelte, Elternbeiträge, Fördermitteln von dritter Seite) und eigener Leistungen des Trägers und der Benutzer seiner Einrichtungen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 3 SGB VIII) und seiner sonstigen finanziellen Verhältnisse zu bemessen. Kommunale Fördermittel müssen (wie auch sonst) nicht in einem festen Verhältnis zur Höhe der Eigenleistung stehen (Münder, a. a. O., § 74, Rn. 39). Den Einnahmen sind die Kosten für den Betrieb der Einrichtung gegenüberzustellen.
Die Eigenleistung des Klägers kann nach diesen Grundsätzen bei einem Kindergarten nach dem Modell einer Elterninitiative höher bewertet werden. Ob dies geboten ist, muss auch unter dem Blickwinkel einer höheren finanziellen Belastung der Eltern durch den Vereinsbeitrag und des besseren Betreuungsschlüssels geprüft werden. Denn der Beklagte darf die aufgrund der deutlich kleineren Gruppengröße (15 gegenüber 25 nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 1. DVO-KiTaG) höheren Kosten zulasten des Klägers bei einem Defizitausgleich berücksichtigen. Ob darüber hinaus allerdings die Beteiligung der Eltern in der Initiative durch einen höheren Arbeitseinsatz etc. heute tatsächlich noch gewährleistet ist, wird zu ermitteln sein.
Selbst wenn man angesichts des im Hinblick auf § 80 SGB VIII nicht hinreichend differenzierten Jugendhilfeplans des Beklagten annehmen wollte, damit liege gar keine Planung oder eine den Kläger über die Verwaltungspraxis der Gemeinde S. letztlich doch ausgrenzende Planung vor, so ist von dem Beklagten kein sachlicher Grund dafür genannt worden, warum die Einrichtung des Klägers trotz einer über einen langen Zeitraum von mehr als 20 Jahren bestehenden, zahlenmäßig nicht unerheblichen Nachfrage, überwiegend von Kindern aus der Gemeinde, nicht gleichberechtigt gefördert worden ist. Bei der Ermessensentscheidung im Einzelfall (s. o.) ist der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls zu berücksichtigen. In die Ermessenserwägungen ist die pädagogische Ausrichtung eines Kindergartens - dies kann auch die Konzeption einer Elterninitiative ohne "kirchlichen Einfluss" sein - neben anderen Kriterien einzubeziehen. Werden Kindertagesstätten einer bestimmten pädagogischen Ausrichtung trotz anhaltender Nachfrage über einen längeren Zeitraum nicht gefördert, bedarf es einer an den gesetzlichen Vorgaben für die Jugendhilfeplanung ausgerichteten besonderen Erklärung (BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 - 5 C 66.03 - juris; Nds. OVG, Urt. v. 07.02.2006 - 4 LB 389/02 - NVwZ-RR 2006, 483; VG Braunschweig, Beschl. v. 01.02.2006 - 3 B 117/06 -). Die hier über Jahre deutlich geringere Förderung wäre also bezogen gerade auf die Unterschiede der "H. " zu anderen Einrichtungen (Elterninitiative mit größerem Elterneinfluss, kein kirchlicher Träger, besserer Betreuungsschlüssel) im Einzelnen zu begründen. Schließlich hat die Aufgaben der Kindertagesstättenförderung ausführende Gemeinde S. die Einrichtung grundsätzlich für förderungswürdig angesehen, indem sie bereits in verschiedener Form eine finanzielle Unterstützung gewährt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Gericht hält eine Beteiligung des Klägers an den Kosten im Umfang von 2/10 für angemessen, da dieser bereits mit dem Übergang auf den unbezifferten Antrag aus auch von ihm zu verantwortenden Gründen von seinem ursprünglich weitergehenden Klageziel eines Zuschusses in Höhe von 24.594,38 EUR abgerückt ist. Der Wechsel von einem bezifferten auf einen unbezifferten Antrag war geboten, weil einerseits der Kläger den für das Jahr 2009 notwendigen Defizitausgleichs, der ihn mit drei anderen Einrichtungen gleich stellen würde, in der mündlichen Verhandlung nicht beziffern konnte und andererseits dem Beklagten selbst nach Ermittlung der finanziellen Verhältnisse des Klägers nach § 74 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 SGB VIII noch ein Ermessen bei der Vergabe der Fördermittel bleibt (s.o.).