Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.10.2006, Az.: 4 U 157/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.10.2006
Aktenzeichen
4 U 157/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 42146
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:1016.4U157.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bückeburg - AZ: 2 O 6/06

Fundstellen

  • Info M 2007, 119
  • MietRB 2007, 63
  • OLGReport Gerichtsort 2007, 11-12

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht H., den Richter am Oberlandesgericht S. und den Richter am Oberlandesgericht R. am 16. Oktober 2006 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.308,63 € festgesetzt.

  2. 2.

    Es wird erwogen, die Berufung der Kläger gegen das am 7. August 2006 verkündete Urteil des Landgerichts durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Den Klägern wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 2. November 2006 gewährt.

Gründe

1

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erscheint nicht erforderlich zu sein. Die Berufung der Kläger hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

2

Mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Kläger als Vermieter von der Beklagten als Mieterin lediglich die Verbrauchs- und Grundkosten für die Heizung gemäß den Abrechnungen für die Jahre 2002 und 2003 beanspruchen können.

3

Nach § 4.2 und § 5 des Mietvertrages aus dem Jahr 1989 hatte die Beklagte lediglich für die Heizkosten monatliche Vorauszahlungen zu entrichten, während für bestimmte weitere Betriebskosten, nämlich Kanalisation, Schornsteinfeger, Freihaltung Parkplatz und Wege, Wasser, Abwasser und Verkehrssicherungspflicht ein fester monatlicher Betrag von 70 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart war. Die Kläger verlangen jedoch mit den 2004 erstellten Abrechnungen für die Jahre 2001 bis 2004 die gesamten nach dem Verhältnis der anteiligen Mietfläche der Beklagten zur Gesamtfläche des Mietobjekts umgelegten Kosten für Wasser-/ Kanalgebühren, Müllabfuhr, Allgemeinstrom, Feuer-/Leitungswasser-/Sturm-Versicherung, Gewässerschadenhaftpflichtversicherung, Allgemeine Haftpflichtversicherung sowie die anteilige Grundsteuer. Zwar kann eine Vereinbarung über die Umlegung zunächst nicht umgelegter Nebenkosten auch stillschweigend durch jahrelange Übung zustande kommen (vgl. BGH NZM 2000, 961 [BGH 29.05.2000 - XII ZR 35/00]; 2004, 418). Dem Landgericht ist indes darin beizutreten, dass die Kläger die Voraussetzungen für eine derartige langdauernde Übung nicht dargelegt haben. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht der Berufung bei dem angefochtenen Urteil auch nicht um eine Überraschungsentscheidung. Die Kläger haben in ihrer Stellungnahme zur Klageerwiderung selbst auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. BGH NZM 2000, 961 [BGH 29.05.2000 - XII ZR 35/00]) Bezug genommen, derzufolge eine stillschweigende Vereinbarung über die Umlage zusätzlicher Betriebskosten für den Fall anzunehmen ist, dass der Mieter über 6 Jahre zusätzlich abgerechnete Nebenkosten anstandslos gezahlt hat. Nach einer weiteren höchstrichterlichen Entscheidung (vgl. BGH NZM 2004, 418 [BGH 07.04.2004 - VIII ZR 146/03]) ist eine entsprechende konkludente Betriebskostenumlage für eine zusätzliche Betriebskostenart nach der Zahlung auf insgesamt 9 Jahresabrechnungen angenommen worden. Für die Kläger bestand keine Veranlassung zu der Annahme, dass im vorliegenden Fall geringere Anforderungen an eine stillschweigende Änderung der im schriftlichen Mietvertrag getroffenen Regelung über die Umlagefähigkeit von Betriebskosten zu stellen sein würden. Das Landgericht hat jedenfalls bei den Klägern einen derartigen Eindruck nicht erweckt. In Anbetracht der den Klägern bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung war auch kein besonderer Hinweis des Landgerichts nach § 139 ZPO geboten, um die Kläger zu veranlassen, spätestens in Reaktion auf die Klageerwiderung sämtliche tatsächlichen Umstände vorzutragen, die für eine entsprechende tatsächliche Übung im vorliegenden Fall von Bedeutung sein konnten. Das gilt auch für Informationen, die sie aus einer Rückfrage bei der F. Hausverwaltung GmbH über die Abrechnungspraxis früherer Jahre hätten in Erfahrung bringen können. Die Kläger haben jedoch lediglich bezüglich der von der F. Hausverwaltung GmbH jeweils am 3. Mai 2000 erstellten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1987 und 1998 vorgetragen, dass der Gesamtnachzahlungsbetrag von 488,87 DM anstandslos auf das Konto der Kläger überwiesen worden sei, obgleich auch die damaligen Abrechnungen bereits die jetzt streitigen Nebenkostenpositionen beinhaltet hätten. Der weitere Vortrag, dass in den Jahren 1998 bis 2000 lediglich eine Monatsmiete in Höhe von 2.237,38 DM inklusive 338,34 DM für Betriebs- und Heizkosten gezahlt worden sei, ist für die Feststellung einer langdauernden Übung nicht entscheidungserheblich, weil es sowohl nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (a. a. O.) als auch nach von der Berufung zitierten Entscheidung des Landgerichts Hamburg (vgl. WuM 1982, 86) für eine konkludente Umlage darauf ankommt, ob auf Nebenkostenabrechnungen alle verlangten Nebenkostenpositionen gezahlt werden. Bloße Vorauszahlungen stehen gerade unter einem Abrechnungsvorbehalt und genügen deshalb nicht. In Anbetracht der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist auch bereits zweifelhaft, ob der von dem Landgericht Hamburg ausdrücklich für den Einzelfall geäußerten Rechtsauffassung zu folgen ist, dass (bereits) die dreimalige Zahlung auf Nebenkostenabrechnungen genügt, um eine die Umlage von Nebenkosten regelnde AGB-Klausel zum Vertragsbestandteil zu machen. Der vorliegende Fall ist damit jedenfalls nicht vergleichbar, sondern zeichnet sich dadurch aus, dass die Parteien in dem schriftlichen Mietvertrag nur für wenige bestimmte Betriebskosten eine Zahlung vorgesehen haben, die in ausdrücklicher Abweichung von der Regelung für die Heizkosten zudem nicht als abzurechnende Vorauszahlung, sondern als fester Pauschalbetrag ausgewiesen war. Die mietvertragliche Regelung hätte mithin in zweifacher Hinsicht (Vorauszahlung statt Pauschale und Umlage zusätzlicher Nebenkostenpositionen) abgeändert werden müssen. Die Kläger haben im ersten Rechtszug auch nicht etwa vorgetragen, dass die Nebenkosten von Beginn des Mietverhältnisses an abweichend in gleicher Weise wie für 1997 und 1998 abgerechnet und von der Beklagten bezahlt worden sind. Bei dieser Sachlage lagen die Voraussetzungen für die Annahme einer stillschweigenden Betriebskostenumlage nicht vor. Der neue Vortrag der Berufung, dass auch bereits vor 1997 in der selben Weise abgerechnet worden sei wie in den folgenden Jahren, ist bereits unsubstantiiert, weil nicht einmal dargelegt worden ist, wann Nebenkosten für welche Jahre mit welchem Inhalt abgerechnet worden sein sollen. Erst recht ist nicht vorgetragen worden, dass und für welche Jahre die Beklagte welche Nachzahlungsbeträge auf welche weiteren Abrechnungen geleistet haben soll. Das vorgelegte Schreiben der Hausverwaltung vom 19. Dezember 1996 lässt lediglich erkennen, dass die Abrechnung für 1995 jedenfalls nicht vor 1997 erstellt worden ist. Auch danach ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte auf Nebenkostenabrechnungen über sämtliche streitbefangenen Nebenkostenpositionen über die Abrechnungen für die Jahre 1997 und 1998 hinaus Zahlungen geleistet haben soll. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob der neue Vortrag - sofern er bestritten wird - überhaupt zuzulassen wäre, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.

4

Im Ergebnis zu recht hat das Landgericht den Klägern auch keinen Nachzahlungsanspruch für das Jahr 2001 zuerkannt. Zwar weist die Abrechnung umlagefähige Verbrauchs- und Grundkosten für Heizung aus. Den Klägern ist auch zuzugeben, dass eine Nachzahlungsforderung aus der Abrechnung für 2001 nicht verjährt wäre. Die von dem Landgericht herangezogene Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a. F. galt ohnehin nur für Mietverträge über bewegliche Sachen. Die Verjährung des Anspruchs auf Nachzahlung von Nebenkosten beginnt überdies erst mit dem Zugang der nachprüfbaren Abrechnung beim Mieter (vgl. BGH NJW 1991, 836 [BGH 19.12.1990 - VIII ARZ 5/90]). Die für die Voraussetzungen der Verjährungseinrede darlegungspflichtige Beklagte macht geltend, dass sämtliche streitbefangenen Abrechnungen erst 2004 erstellt worden seien. Damit begann die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB n. F. erst mit dem Schluss des Jahres 2004 zu laufen und ist durch die Einreichung der Klage am 28. Dezember 2005 rechtzeitig gehemmt worden. Indessen übersteigt der Gesamtbetrag der Heizkosten gemäß der Abrechnung für das Jahr 2001 mit 1.202,49 € nicht den in der Abrechnung ausgewiesenen Gesamtbetrag der von der Beklagten geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 1.382,49 €. Bei den weiteren in der Abrechnung aufgeführten Nebenkosten handelt es sich wiederum um die nach den obigen Erwägungen wegen einer fehlenden konkludenten Vereinbarung nicht umlagefähigen bzw. nicht nach tatsächlichem Aufwand abzurechnenden Positionen.