Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.10.2006, Az.: 5 U 147/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.10.2006
Aktenzeichen
5 U 147/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 42164
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:1026.5U147.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 07.07.2006 - AZ: 8 O 292/03
nachfolgend
BGH - 17.07.2007 - AZ: VIII ZB 107/06

Tenor:

  1. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

  2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2006 wird auf Kosten der Berufungsklägerin als unzulässig verworfen, weil sie es versäumt hat, rechtzeitig die Berufung zu begründen.

  3. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf 5 466,88 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2006 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. Juli 2006 zugestellt worden. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin per Fax mit Schriftsatz vom 21. August 2006 am gleichen Tage Berufung beim Oberlandesgericht Celle eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21. September 2006, beim Oberlandesgericht per Fax am gleichen Tage eingegangen, hat die Klägerin eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Oktober 2006 beantragt. Die Fristverlängerung ist antragsgemäß gewährt worden. Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2006 hat die Klägerin um eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19. Oktober 2006 gebeten. Dieser Schriftsatz ist an das erstinstanzliche Gericht adressiert und bei diesem am 5. Oktober 2006 eingegangen. Der Einzelrichter des Landgerichts hat am 6. Oktober 2006 unter "Eilt" den Schriftsatz an das Oberlandesgericht weitergeleitet. Mit Verfügung vom 11. Oktober 2006 hat der Vorsitzende des Senats den Prozessbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass der Fristverlängerungsantrag nach Fristablauf eingegangen sei und damit die Frist zur Begründung der Berufung abgelaufen sei.

2

Mit einem beim Oberlandesgericht per Fax am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 hat die Klägerin die Berufung begründet. Darüber hinaus hat sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.

3

II.

Der Klägerin ist die beantragte Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu versagen.

4

Vorliegend war die Klägerin nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO nicht in Betracht kommt.

5

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen Verschulden sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss, hat die Fristversäumung zu vertreten. Wie dem Wiedereinsetzungsgesuch und der eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten Ch. B. entnommen werden kann, ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin der an das Landgericht Hannover adressierte Fristverlängerungsantrag vom 5. Oktober 2006 zur Unterschrift vorgelegt worden. Hätte er mit der Sorgfalt, die in Fristsachen geboten ist, das Fristverlängerungsgesuch gelesen, wäre ihm aufgefallen, dass der Schriftsatz an das Landgericht Hannover, mithin an das unzuständige Gericht gerichtet war. Er hätte den Schriftsatz dann sogleich aus der Unterschriftsmappe entnehmen und vernichten müssen. Zumindest hätte er im Adressfeld das unzuständige Gericht durchstreichen und das zuständige Gericht z. B. durch den Zusatz "OLG" kennzeichnen müssen. Auf keinen Fall durfte er den Schriftsatz in der ihm vorgelegten Form unterschreiben. Denn damit hatte er die entscheidende Ursache dafür gesetzt, dass der Schriftsatz überhaupt an das unzuständige Gericht abgesandt wurde.

6

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Wiedereinsetzungsgesuch ausführt, er habe "intuitiv" die Rechtsanwaltsfachangestellte Ch. B. bei Abholung der Unterschriftenmappe aus seinem Arbeitszimmer gebeten zu überprüfen, ob in dem Schriftsatz das Landgericht Hannover oder das Oberlandesgericht Celle aufgeführt sei, hätte er, als sich seine "Intuition" als richtig herausstellte, persönlich dafür Sorge tragen müssen, dass das von Ihm unterzeichnete an das unzuständige Gericht adressierte Schriftstück vernichtet bzw. so gekennzeichnet wurde, dass eine Verwechslung ausgeschlossen war. Da dies nicht geschehen ist, hätte er zumindest persönlich überprüfen müssen, dass das Fristverlängerungsgesuch auch an das zuständige Oberlandesgericht abgesandt wurde. Diese Verpflichtungen bestanden nicht nur, weil - wie die unrichtige Adressierung des Fristverlängerungsantrages zeigte - Zweifel an der Zuverlässigkeit der Rechtsanwaltsfachangestellten Ch. B. geweckt waren, sondern insbesondere deshalb, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin durch Unterzeichnung des falsch adressierten Fristverlängerungsgesuch die entscheidende Ursache dafür gesetzt hatte, dass eine Verwechslung überhaupt erst möglich wurde.

7

III.

Die Begründung der Berufung mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 ist verspätet erfolgt, so dass die Berufung gemäß §§ 520 Abs. 2 S. 1, 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen ist.

8

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

9

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht