Versionsverlauf

Pflichtfeld

  • ab 01.01.2022 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 NGflSchKRdErl - Unerlässlichkeit des Eingriffs i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 TierSchG

Bibliographie

Titel
Tierschutz; Schnabelkürzen bei Nutzgeflügel
Redaktionelle Abkürzung
NGflSchKRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
78530

3.1 Schwerwiegendes Federpicken, Beschädigungspicken sowie Kannibalismus beim Geflügel sind seit Jahren bekannte Verhaltensstörungen, die als multifaktorielle Geschehen eingestuft werden (beeinflusst z. B. durch die Haltungsumwelt, ungeeignetes Stallklima, Beschäftigungs- und Bewegungsmangel, die Besatzdichte, die Lichtverhältnisse und -qualität, die Fütterung; auch eine genetische Komponente ist anzunehmen).

3.2 Bei ersten Anzeichen von Federpicken und Beschädigungspicken sind unverzüglich Schritte zur Ermittlung der Ursachen und Abhilfemaßnahmen entsprechend dem Notfallplan der als Anhang 2 des Bezugserlasses zu b veröffentlichten "Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus - Stand: 17. 10. 2018 -" einzuleiten.

3.3 Die Unerlässlichkeit des Eingriffs "Schnabelkürzen" ist entsprechend Nummer 4.1.2 der AVV dann gegeben, wenn nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und feststehenden praktischen Erfahrungen potenzielle Faktoren für Federpicken und Kannibalismus so weit wie möglich ausgeschlossen werden können, aber dennoch der Gefahr des Auftretens dieser Verhaltensstörung und der damit verbundenen Schmerz-, Leidens- und Schadenszufügung der Tiere untereinander anders nicht begegnet werden kann.

Eine Unerlässlichkeit ist nicht mehr gegeben bei Moschusenten, Legehennen, Masthühner-Elterntieren und Legehennen-Elterntieren. Entsprechend dem Tierschutzplan Niedersachsen 2011-2018 waren die Ausnahmegenehmigungen befristet bis 2013 (Moschusenten) resp. 2016 (Legehennen, Legehennen-Elterntiere und Masthühner-Elterntiere).

3.3.1 Der weitmöglichste Ausschluss der bekannten (mit)ursächlichen Faktoren ist anzunehmen, sofern die entsprechende Tierhaltung nach den fachlich anerkannten Anforderungen ausgerichtet ist. Nach derzeitigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und feststehenden praktischen Erfahrungen ist die Unerlässlichkeit des Eingriffs "Schnabelkürzen" bei Puten anzunehmen, für Tierhalterinnen und Tierhalter, die

  1. a)

    die allgemeinen Bestimmungen der TierSchNutztV i. V. m. der Zweiten Bekanntmachung der deutschen Übersetzung von Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (ETÜ), der Empfehlung in Bezug auf Puten (Meleagris gallopavo ssp.), angenommen vom Ständigen Ausschuss am 21.6.2001, des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft vom 22.2.2002 (Banz AT 14.03.2002) - im Folgenden: Europaratsempfehlungen zur Putenhaltung -,

  2. b)

    die Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen - Stand: März/September 2013 -, veröffentlicht als Anhang 1 des Bezugserlasses zu b sowie

  3. c)

    die niedersächsischen "Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus - Stand: 17.10.2018 -" (vgl. Nummer 3.2)

einhalten und die Teilnahme an einer vom ML anerkannten, entsprechenden Schulungsveranstaltung zu den Empfehlungen nachweisen.

Die von der Hochschule Osnabrück in Zusammenarbeit mit der LWK angebotene "Schulung nach RdErl. d. ML v. 14.3.2019 - 204.1-42503/2-604 -, Nr. 3.4.3 (Verzicht auf Schnabelkürzen)" ist anerkannt.

3.3.2 Der Gefahr des Auftretens von Verhaltensstörungen wie schwerwiegendem Federpicken, Beschädigungspicken sowie Kannibalismus kann nicht sicher begegnet werden, solange im tierhaltenden Bestand Tiere aufgrund von Verletzungen durch Beschädigungspicken und Kannibalismus gemerzt oder tot aufgefunden werden. Die von den Tierhalterinnen und Tierhaltern gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV gemachten Aufzeichnungen zu Anzahl und Ursache (z. B. in der Stallkarte) werden von der für den Betrieb zuständigen Behörde auf Anforderung der für die Erteilung der Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TierSchG zuständigen Behörde im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit ggf. im Wege der Amtshilfe stichprobenartig überprüft.

Außer Kraft am 1. Januar 2028 durch Nummer 11 des RdErl. vom 23. November 2021 (Nds. MBl. S. 1816)