Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 31.05.1994, Az.: 6 B 35/94

Elektroherd als Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts ge, § 12 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG); Unvermögen zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus eigenen Kräften und Mitteln als Anspruchsvoraussetzung der gegenständlichen Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU); Empfang eines Elektroherdes als HLU ohne Eingehung einer Schuldverpflichtung des Bedürftigen als Grund für die Versagung eines wiederholten Antrags

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
31.05.1994
Aktenzeichen
6 B 35/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1994, 11099
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:1994:0531.6B35.94.0A

Verfahrensgegenstand

Einmalige Beihilfe zum Kauf eines Elektroherdes

Prozessführer

1. Frau ...

2. Herr ...,

Prozessgegner

Stadt ...

In der Verwaltungsrechtssache
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg
am 31. Mai 1994 beschlossen:

Tenor:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern eine angemessene Beihilfe für die Beschaffung eines gebrauchten Elektroherdes zu gewähren.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist begründet.

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn das zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) voraus, daß der Hilfesuchende mit Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf die begehrte Regelung hat (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

3

Es ist überwiegend wahrscheinlich, daß der von den Antragstellern geltend gemachte Anspruch, falls er in einem Hauptsacheverfahren vor Gericht weiterverfolgt wird, durchgesetzt werden kann. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG gehört zum notwendigen Lebensunterhalt [xxxxx] auch ein Elektroherd. Dieser gehört heutzutage für alle Haushalte schon zum unteren Lebensstandard und wird nicht nur als Annehmlichkeit empfunden, sondern als notwendiges Haushaltsgerät, das einwandfreie und kostensparende Zubereitung von Lebensmitteln ermöglicht (OVG Lüneburg, Beschluß vom 26.02.1987 - 4 OVG B 351/86 -).

4

Die Antragsteller haben einen Anspruch auf die begehrte einmalige Leistung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 BSHG, weil sie zwar keine laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt erhalten, den Lebensunterhalt jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll beschaffen können. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Beschluß der Kammer vom 27. Mai 1994 (6 B 31/94) in dem Parallel verfahren.

5

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der mit der Leistung verfolgte Zweck nicht bereits deshalb erfüllt, weil die Antragsteller nach Stellung ihres Antrages auf Gewährung einer einmaligen Beihilfe beim Sozialamt der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10. Februar 1994 bereits unter dem 10. März 1994 einen gebrauchten Elektroherd zum Preis von 500,00 DM angeschafft haben. Die Leistung ist in einem solchen Fall nur dann nicht mehr erforderlich, wenn der Hilfesuchende den Gegenstand erworben hat, ohne eine Schuldverpflichtung eingehen zu müssen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 25.09.1991 - 4 L 29/90 -, FEVS 42, 227). Hier mußten die Antragsteller aber gerade eine Schuldverpflichtung eingehen, weil die Verkäuferin des Elektroherdes der Antragsteller in zu 1. zur Zahlung des Kaufpreises vorläufig einen Kredit in Höhe des Kaufpreises gewährt hat.

6

Die Eilbedürftigkeit der Regelung ist gegeben, weil es den Antragstellern nicht zuzumuten ist, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

8

Dieser Beschluß ist gemäß § 146 Abs. 4 VwGO unanfechtbar, weil der Beschwerdewert die Grenze von 1.000,- Deutsche Mark nicht übersteigt (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und danach im Verfahren zur Hauptsache die Berufung gemäß § 131 Abs. 2 VwGO der Zulassung bedürfte.