Landgericht Braunschweig
Urt. v. 22.12.1976, Az.: 19 S 93/76

Rückzahlungsanspruch wegen doppelt gezahlter Arztkosten und Laborkosten; Umfang der Vereinbarung über eine Chefarztbehandlung zwischen Krankenhaus und Patient; Möglichkeit einer gesonderten Abrechnung von Leistungen eines leitenden Arztes; Wucherischer Betrag für ärztliche Leistungen in einem Krankenhaus

Bibliographie

Gericht
LG Braunschweig
Datum
22.12.1976
Aktenzeichen
19 S 93/76
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1976, 11826
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGBRAUN:1976:1222.19S93.76.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Goslar - 21.11.1975 - AZ: 8 C 497/75

Verfahrensgegenstand

ungerechtfertigte Bereicherung

Prozessführer

Konrektor a.D. ...

Prozessgegner

... als Träger des Kreiskrankenhauses ...
vertreten durch den Herrn Oberkreisdirektor, ...

Redaktioneller Leitsatz

Ein leitender Arzt ist zwar auch ohne besondere Vertragsausgestaltung allein aufgrund des einfachen Krankenhausaufnahmevertrages zur Betreuung verpflichtet, wenn dies bei der Krankheit des Patienten erforderlich und geboten ist. Der leitende Arzt ist jedoch ohne besondere Vereinbarung über eine "Chefarztbehandlung" nicht gezwungen, bei jedem Patienten jeden Eingriff und jede Untersuchung persönlich durchzuführen.

In dem Rechtsstreit
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 1976
durch
den ... des Landgerichts ...
den Richter am Landgericht ... und
den Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Goslar vom 21. November 1975 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 401,58 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. August 1975 zu zahlen.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen,

die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 4/5, der Beklagte 1/5.

Tatbestand

1

Der Kläger mußte sich im Sommer 1974 einem chirurgischen Eingriff im Kreiskrankenhaus ... unterziehen. Bei der Aufnahme in das Krankenhaus am 27. August 1974 beantragte er auf einem Formular des Beklagten "die Unterbringung in einem Zwei-Bett-Zimmer in Verbindung mit gesondert berechenbaren ärztlichen Leistungen des leitenden Arztes oder des von ihm bestellten Vertreters". Außerdem unterwarf er sich dem Pflegekostentarif des Beklagten.

2

In dem Pflegekostentarif des Beklagten heißt es u.a.:

"I 4:
Als Entgelt für die stationären Leistungen werden berechnet: ...

d)
Wahlleistung (§ 6 BPflV),

e)
Vergütung der ärztlichen Leistungen bei Selbstzahlern (§ 6 BPflV),

...

3.
Nicht in den Pflegesätzen abgegolten sind:

b)
die Wahlleistungen (Abschnitt IV).

...

IV.
Wahlleistungen

Für die außerhalb der allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch genommenen Wahlleistungen werden gesondert berechnet:

...

e)
ärztliche Leistungen des leitenden Arztes oder des von ihm bestellten Vertreters. Die ärztlichen Leistungen werden nach dem der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) berechnet.

...

V.
Für Selbstzahler werden neben den Pflegesätzen nach Absatz II die ärztlichen Leistungen von den liquidationsberechtigten Krankenhausärzten gesondert berechnet."

3

Der Kläger wurde in der Zeit vom 27. August bis 13. September 1974 wunschgemäß in einem Zwei-Bett-Zimmer auf der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses ... untergebracht. Der Eingriff wurde von dem nicht liquidationsberechtigten Chefarzt der chirurgischen Abteilung, Herrn ... unter Einschaltung des liquidationsberechtigten Chefarztes der Anästhesieabteilung Herrn ..., durchgeführt. In der chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses ... arbeiten neben dem Chefarzt und dem Oberarzt noch weitere Ärzte.

4

Der Beklagte stellte dem Kläger für 18 Tage stationären Aufenthaltes bei einem allgemeinen Pflegesatz von 119,90 täglich DM insgesamt 5.467,70 DM in Rechnung. In diesem Gesamtbetrag waren 1.909,50 DM allgemeine chirurgische Leistungen nebst Laborleistungen (spezifizierte Rechnung Bl. 110 d.A.) sowie 850,- DM Honorar für den liquidationsberechtigten Chefarzt der Anästhesieabteilung enthalten. In dem allgemeinen täglichen Pflegesatz berechnet der Beklagte für allgemeine Arztleistungen 20,14 DM und für allgemeine Laborleistungen 2,14 DM.

5

Der Kläger hat den Gesamtbetrag gezahlt. Mit der am 8. August 1975 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Rückerstattung der Kosten für die chirurgischen Leistungen nebst allgemeinen Laborleistungen aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung. Dazu trägt er vor: Er habe diese Leistungen in der Annahme gezahlt, daß zwischen ihm und dem Chefarzt der chirurgischen Abteilung - so wie er von vornherein beabsichtigt habe - ein besonderer Vertrag zustandegekommen sei und der Beklagte diese Kosten lediglich, wie auch bei den Anästhesiekosten geschehen, im Auftrage des liquidationsberechtigten Chefarztes ... eingezogen habe. Erst später habe er erfahren müssen, daß der Krankenhausträger diesen Betrag von sich aus in Rechnung gestellt habe.

6

Der Kläger meint insoweit, die Honorarfeststellung für ärztliche Leistungen sei ein originäres an die Person des Chefarztes geknüpftes Recht, das nur der Arzt, nicht jedoch der Krankenhausträger ausüben könne. Auch aus der Bundespflegesatzverordnung ließe sich ein eigenes Liquidationsrecht des Krankenhausträgers nicht herleiten. Außerdem verstieße die Inrechnungstellung dieser Kosten gegen den von dem Kläger abgeschlossenen Aufnahmevertrag, der für Selbstzahler neben dem Pflegesatz nur die Liquidation von liquidationsberechtigten Krankenhausärzten vorsehe (Ziff. IV des Pflegesatztarifes des Beklagten).

7

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.909,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. August 1975 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

9

Er meint: Dem Krankenhausträger stünde auch bei einem totalen Krankenhausaufnahmevertrag ein Liquidationsrecht nach der GOÄ dann zu, wenn zwischen dem Patienten und dem leitenden Arzt kein gesonderter Vertrag zustandegekommen und der leitende Arzt aufgrund eines Vertrages zwischen ihm und dem Krankenhausträger nicht liquidationsberechtigt sei, sondern eine Pauschalabfindung erhalte. Im übrigen beruft sich der Beklagte darauf, daß auch die Bundespflegesatzverordnung die Gewährung von gesondert zu berechnenden Pauschalleistungen vorsehe.

10

Das Amtsgericht ... hat mit Urteil vom 21. November 1975 die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß zwischen den Parteien ein totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag zustandegekommen sei. Aufgrund dieses Vertragsverhältnisses ständen den Krankenhausträge neben den allgemein Pflegesatz auch noch die von dem Kläger in seinem Aufnahmeantrag gesondert gewählten Leistungen des leitenden. Arztes zu, auch wenn der leitende Arzt nicht liquidationsberechtigt sei.

11

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf das angefochtene Urteil nebst Verweisungen Bezug genommen.

12

Gegen dieses am 4. Februar 1976 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. März 1976 Berufung eingelegt und diese am 30. März 1976 begründet.

13

Er ist weiterhin der Auffassung, daß bei einem Arztzusatzvertrag nur der Arzt Vertragspartner hätte werden können, was aber nicht geschehen sei. Mit dem Krankenhausträger habe der Kläger nämlich den Arztzusatzvertrag nicht abschließen wollen, sondern allein mit dem leitenden Arzt persönlich, um so eine optimale ärztliche Versorgung zu gewährleisten. Der Kläger meint insoweit, wegen der nicht übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien sei ein wirksamer Vertrag über die zusätzlichen ärztlichen Leistungen des leitenden Arztes nicht zustandegekommen. Im übrigen, so meint der Kläger, verstoße der Vertrag bezüglich der ärztlichen Zusatzleistungen zwischen dem Krankenhausträger und dem Kläger gegen § 6 Abs. 2 der Bundespflegesatzverordnungen, da nach dieser Vorschrift eine "andere" als die allgemeine Krankenhausbehandlung im Rahmen der Wahlleistung nicht angeboten werden könne. Die durch den angestellten, nicht liquidationsberechtigten Arzt, ... erbrachte Leistung sei aber keine "andere" Leistung in Bezug auf die allgemeinen Krankenhausleistungen, die nicht bereits durch den Pflegesatz abgedeckt würden. Denn der Krankenhausträger schuldet im Rahmen des totalen Krankenhausvertrages bereits alle erforderlichen Leistungen einschließlich Chefarztbetreuung.

14

Darüber hinaus meint der Kläger; Der wegen der zusätzlich gewährten chirurgischen Leistung geltend gemachte Vergütungsanspruch sei wucherisch, da den Krankenhausträger neben den durch den Pflegesatz abgedeckten Unkosten keine weiteren Kosten entstanden seien, er vielmehr nur die Dienstanweisung für die leitenden Ärzte habe ändern müssen.

15

Schließlich ist der Kläger der Auffassung, ihm stände zumindest ein Arztkostenabschlag zu, da der Beklagte die, Arztkosten nicht zweimal, nämlich über den allgemeinen Pflegesatz und darüber hinaus durch eine besondere Rechnung geltend machen könne.

16

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.909,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. August 1975 zu zahlen.

17

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

18

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor: Dem Kläger sei es nach seinem Aufnahmeantrag allein darauf angekommen, die persönliche ärztliche Betreuung durch den leitenden Arzt zu erhalten, nicht jedoch darauf, welche Verträge im einzelnen geschlossen wurden. Ärztliche Betreuung durch den leitenden Arzt habe er jedoch erhalten. Im übrigen lasse sowohl der Pflegekostentarif des Beklagten als auch die Bundespflegesatzverordnung eine gesonderte Abrechnung der gewählten zusätzlichen Leistungen auch dann zu, wenn der leitende Arzt nicht liquidationsberechtigt sei.

Entscheidungsgründe

19

Die Berufung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

20

Dem Kläger steht nur ein Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung von 401,58 DM zu. Denn der Beklagte muß sich nur die in seinem Allgemeinen Pflegesatz enthaltenen Arzt- und Laborkosten anrechnen lassen und darf insoweit die Arzt- und Laborkosten nicht doppelt in Rechnung stellen.

21

1.

Zunächst ist entgegen der Auffassung des Klägers zwischen ihm und dem Krankenhausträger, dem Beklagten, ein wirksamer Vertrag über die tatsächliche ärztliche Betreuung durch den leitenden Arzt der chirurgischen Abteilung zustandegekommen, als der Kläger den Antrag auf Gewährung von Wahlleistungen am 27.8.1974 unterschrieb. Insoweit liegt ein Einigungsmangel der Parteien nicht vor. Denn nach dieser Erklärung beantragte er nur die Unterbringung in ein Zwei-Bett-Zimmer in Verbindung mit gesondert berechenbaren Leistungen des leitenden Arztes. Aus dieser Erklärung, die an die Verwaltung des Kreiskrankenhauses ... gerichtet war, ergibt sich jedoch nicht, daß der Kläger - wie er ohne Beweisantritt vorgetragen hat - allein mit dem leitenden Arzt der chirurgischen Abteilung, ..., dessen Name in dem Antrag nicht erwähnt wurde, in eigene vertragliche Beziehungen treten wollte und er eine Behandlung abgelehnt und den Antrag nicht unterschrieben hätte, wenn er dies nicht gekonnt hätte. Hinweise aus dem Wortlaut des Antrages, die eine derartige Auslegung stützen könnten, fehlen. Der Kläger hat insoweit auf das vorgefertigte Formular des Beklagten keine Zusätze hinzugefügt. Auch die Umstände lassen einen derartigen Schluß nicht zu. Nach der Lebenserfahrung ist vielmehr davon auszugehen, daß sich ein Patient bei seiner Einlieferung in ein Krankenhaus keine Gedanken über juristische Probleme und besondere Vertragsgestaltungen macht, sondern daß es ihm in erster Linie auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit und die dazu erforderliche ärztliche und pflegerische Betreuung ankommt. Wie diese tatsächliche Betreuung rechtlich ausgestaltet ist, ist dem Patienten in der Regel gleichgültig. Wenn der Kläger daher die ärztliche Leistung des leitenden Arztes als Zusatzleistung beantragt, so kam es ihm darauf an, allein von dem Chefarzt der chirurgischen Abteilung oder von dem von ihm bestellten Vertreter, somit von besonders qualifizierten Ärzten, behandelt, operiert und betreut zu werden. Dies ist aber - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - geschehen. Insoweit hat der Kläger das erhalten, was er - nach seinem Antrag - erreichen wollte. Hätte der Kläger über die tatsächliche ärztliche Betreuung durch besonders qualifizierte Ärzte hinaus auch noch rechtliche Beziehung zu dem leitenden Arzt unbedingt anknüpfen wollen, weil er möglicherweise glaubte, dadurch eine noch bessere ärztliche Betreuung zu erlangen - wovon das Gericht nicht ausgeht und wovon der Krankenhausträger nicht ausgehen konnte - so hätte er dies von vornherein klar zum Ausdruck bringen müssen. Weder aus dem gesamten Umständen nach aus dem Aufnahmeantrag läßt sich eine derartige ungewöhnliche Willensrichtung des Klägers herleiten.

22

Der zwischen den Parteien zustandegekommene Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag verstößt auch nicht gegen das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) vom 29. Juni 1972 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1972, Seite 1009) und der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) vom 25. April 1973 (Bundesgesetzblatt Teil 1 1973, Seite 333).

23

Zwar werden aufgrund dieser Gesetze durch den allgemeinen Pflegesatz grundsätzlich alle Leistungen eines Krankenhauses einschließlich der Arzt- und Laborleistungen abgegolten. Jedoch besteht insoweit die Möglichkeit, besondere Kosten dann gesondert in Rechnung zu stellen, soweit mit diesen Kosten die ausschließliche Inanspruchnahme des leitenden Arztes oder eines von ihm bestellten Vertreters abgegolten werden sollen. Zwar ist der leitende Arzt auch ohne besondere Vertragsausgestaltung allein aufgrund des einfachen Krankenhausaufnahmevertrages zur Betreuung verpflichtet, wenn dies bei der Krankheit des Patienten erforderlich und geboten ist. Der leitende Arzt ist jedoch insoweit nicht gezwungen, bei jedem Patienten jeden Eingriff und jede Untersuchung persönlich durchzuführen. Er kann dies auch jüngeren, nicht so qualifizierten Ärzten - soweit dies bei der Art der Krankheit und des Gebrechens zu vertreten ist - überlassen. Insoweit entspricht auch diese Betreuung der Verpflichtung aus dem Krankenhausaufnahmevertrag und wird durch den allgemeinen Pflegesatz voll abgegolten. Der Patient kann jedoch auch in den Fällen, in denen ein persönliches Eingreifen des leitenden Arztes nicht von vornherein schon nach den allgemeinen Grundsätzen gegeben ist, die Betreuung durch den Chefarzt wählen und insoweit einen Zusatzvertrag schließen, der die Behandlung durch andere Ärzte ausschließt. Insoweit geht die Wahlleistung über die allgemeine Verpflichtung des Krankenhauses und über die mit dem Pauschalpflegesatz abgegoltene Leistung des Krankenhausträgers hinaus. Es handelt sich daher um andere als die allgemeinen Krankenhausleistungen, die gemäß § 6 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung auch gesondert berechnet werden kann. Auf die Frage, ob eine derartige Wahlleistung auch dann noch möglich ist, wenn die Abteilung des Krankenhauses nur aus dem Chefarzt und einem weiteren Arzt besteht und somit eine echte Wahlleistung nicht möglich ist, braucht insoweit nicht eingegangen zu werden, da die chirurgische Abteilung des Kreiskrankenhauses ... aus mehreren Ärzten besteht.

24

Bedenken gegen die geltend gemachten zusätzlichen Leistungen des leitenden Arztes durch den Krankenhausträger ergeben sich auch nicht daraus, daß möglicherweise nicht dem Krankenhausträger, sondern nur dem Arzt grundsätzlich ein Liqidationsrecht nach der GOÄ zusteht (vgl. Gitter, zum Liquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte PK.V - Dokumentation 4 1975; anderer Ansicht wohl Eichholz, Auswirkungen der Bundespflegesatzverordnung und der Krankenhausgesetze der Länder auf die Vergütung der Krankenhausärzte im "Das Krankenhaus" 1974, Seite 42 ff.). Zumindest entfallen diese Bedenken jedoch dann, wenn - wie hier - durch den Vertrag des Beklagten mit dem leiten den Arzt ... durch § 6 Abs. 2 sinngemäß geschehen eine allgemeine Übertragung des Liquidationsrechts auf den Krankenhausträger für alle Fälle aufgrund des Vertrages zwischen dem Krankenhausträger und den leitenden Arzt erfolgt ist und somit der Arzt auf sein eigenes Liquidationsrecht von vornherein verzichtet hat (wohl auch Gitter a.a.O., Seite 53/63). Dies muß insbesondere dann gelten, wenn von Seiten des Krankenhausträgers auf die nach der GOÄ in die Entscheidung des Arztes gestellte Wahlmöglichkeit über die Höhe der Gesamtgebühr (eins- bis sechsfache der feststehenden Grundgebühr) weitgehend verzichtet wird und den mündlichen Vertrag des Beklagten generell die Mittelgebühr (der dreifache Betrag der Grundgebühr) vom Krankenhausträger geltend gemacht wird und darüber hinaus, wie in § 6 des Vertrages zwischen dem Beklagten und Herrn ... geschehen, dem Arzt ein Liqudationsvorschlagsrecht eingeräumt wird. Denn insoweit greift der Krankenhausträger nicht entscheidend in das Recht des Arztes, unterschiedliche Gebühren für dieselbe Leistung bei verschiedenen Patienten zu erheben ein, sondern berechnet die Höhe der Gebühr nach einer voraussehbaren einheitlichen Grundlage, schließt jedoch die Möglichkeit der Einflußnahme des Arztes auf diese Gebühr nicht vollständig aus.

25

Die Möglichkeit, Leistungen des leitenden Arztes der chirurgischen Abteilung gesondert abzurechnen, steht auch mit dem Pflegekostentarif des Beklagten in Einklang. Dieser Pflegekostentarif ist nicht so unklar, daß er, bezogen auf die Berechnung der Wahlleistungen, als unwirksam anzusehen ist. Denn die Berechnung der Wahlleistungen läßt sich aufgrund des von dem Beklagten vorformulierten Aufnahmeantrag und den Pflegekostentarif voraussehen. Soweit hat der Beklagte, wie sich aus dem Wortlaut des Antrages vom 27.8.1974 ergibt, bei Seiner Einlieferung in das Krankenhaus ausdrücklich die "Gewährung von Wahlleistungen" beantragt. "Wahlleistungen" sind jedoch, wie sich aus Abschnitt I Abs. 1 d und 3 b des Pflegekostentarifs der Beklagten ergibt, nicht in dem allgemeinen Pflegesatz enthalten. Vielmehr verweist Abschnitt I Abs. 3 b des Pflegekostentarifes insoweit ausdrücklich auf den Abschnitt IV des Pflegekostentarifes. In Abschnitt IV, der mit "Wahlleistungen" überschrieben ist und der sich insoweit mit dem von dem Kläger unterschriebenen Aufnahmeformular deckt, ist nach der Beschuß der Führsähnlichen Unterbringung auch die Berechnung der gesondert gewählten ärztlichen Leistungen durch den leitenden Arzt nach der GOÄ aufgeführt. Der Kläger konnte daher durch den Vergleich mit dem von ihm unterschriebenen Antrag und dem Pflegekostentarif der Beklagten feststellen, welche finanziellen Belastungen ... etwa auf ihn zukamen. Die Bestimmungen des Pflegekostentarifs der Beklagten sind auch nicht deshalb unklar, weil Abschnitt V mit der Überschrift "Vergütung für ärztliche Leistungen" eine weitere Regelung für die Berechnung der ärztlichen Leistungen enthält, wenn es in dieser Vorschrift heißt, für Selbstzahler werden neben den Pflegesätzen die ärztlichen Leistungen von den liquidationsberechtigten Ärzten gesondert berechnet. Denn diese Vorschrift behandelt, wie die Überschrift im Vergleich zu Abschnitt IV zeigt, nicht die Wahlleistungen. Im übrigen behandelt sie nur die Vergütung der liquidationsberechtigten Ärzte, zu denen ... aufgrund seines Vertrages mit dem Beklagten nicht gehört. Diese Vorschrift kam daher für die Abrechnung der Leistungen des leitenden Arztes der chirurgischen Abteilung ... nicht in Betracht. Insoweit sollte jedoch von Seiten des Beklagten der Pflegekostentarif klarer und auch für den Laien verständlicher abgefaßt werden. Denn ein Laie macht sich bei seiner Einlieferung in das Krankenhaus in der Regel keine Gedanken über die Berechnung der erforderlichen ärztlichen Leistungen. Ihm sind auch Begriffe wie "Selbstzahler" nicht geläufig und in der Regel kann er auch nicht wissen, daß sich bei der Beklagten die Ärzte in liquidationsberechtigte und nicht liquidationsberechtigte Krankenhausärzte unterteilen. Insoweit wäre eine Erläuterung in dem Pflegekostentarif des Beklagten angebracht.

26

Auch die Berechnung des Beklagten nach der GOÄ ist nicht zu beanstanden.

27

Zwar ist davon auszugehen, daß der leitende Arzt der chirurgischen Abteilung in weben dem operativen Eingriff, den Vor- und Nachuntersuchungen und den Visiten nicht alle - insbesondere nicht alle Laboruntersuchungen - die in der inzwischen spezifizierten und auch für den Laien jetzt verständlichen Rechnungen des Beklagten vom 30.9.1974 angegeben sind eigenhändig und persönlich getätigt hat. Insoweit genügt es jedoch, daß der leitende Arzt unter seiner Aufsicht, Anleitung und besonderen Verantwortung einzelne, routinemäßig zu erledigende Verrichtungen insbesondere Laboruntersuchungen, auf seine Mitarbeiter überträgt. Entscheidend bleibt insoweit, daß er alle wichtigen Anordnungen zur Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen aufgrund eigener Entscheidungen persönlich trifft, die eingehenden Labor- und sonstigen Untersuchungsergebnisse aufgrund seiner eigenen besonderen Sachkenntnis auch persönlich überprüft und solche Verrichtungen ausführt, die für den Patienten von besonderer Bedeutung sind (Untersuchungen, Operationen). Dies hat der leitende Arzt ..., wie zwischen den Parteien unstreitig ist, jedoch getan.

28

Der dem Kläger von dem Beklagten in Rechnung gestellte Betrag ist auch nicht als wucherisch anzusehen. Denn, wie oben ausgeführt, beinhalten die von dem Kläger beantragten Wahlleistungen zusätzliche Leistungen des Chefarztes oder seines besonders bestellten Vertreters. Diese Leistungen werden aber durch den Beklagten dem Chefarzt - wie sich aus dem Vertrag zwischen dem Beklagten und ... ergibt - besonders durch eine zusätzliche feststehende, monatliche Abfindung anstelle der früheren Liquidationsberechtigung besonders vergütet. Insoweit hat der Krankenhausträger - entgegen der Auffassung des Klägers - besondere zusätzliche Aufwendungen zu tragen und hatte nicht nur die Dienstanweisungen für die leitenden Ärzte zu ändern. Selbst wenn diese monatliche Abfindung für den leitenden Arzt und dessen Vertreter nicht der Summe der für die Wahlleistungen gesondert berechneten und eingezogenen Beträge entspricht, so steht im Verhältnis zwischen den Parteien der Wert der Leistung des Beklagten nicht in einem so krassen Mißverhältnis zu den Leistungen des Klägers, daß von Wucher gesprochen werden kann. Denn die Abfindung ist jeden Monat von dem Beklagten zu zahlen, gleichgültig, wieviel Wahlleistungen Patienten von dem leitenden Arzt der chirurgischen Abteilung gewünscht en. Insoweit beinhaltet die monatliche Abfindung an den leitenden Arzt auch ein Risiko für den Beklagten.

29

2.

Der von dem Beklagten geltend gemachte und von dem Kläger bereits gezahlte Rechnungsbetrag von 1.909,50 DM ist jedoch um 401,58 DM zu kürzen. Denn in Höhe dieses Betrages hat der Kläger die erbrachten ärztlichen Leistungen sowie die Laborleistungen bereits durch die Zahlung des allgemeinen Pflegesatzes beglichen und es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), für dieselbe Leistung doppelt zu zahlen.

30

Nach § 17 KHG sind die allgemeinen Pflegesätze eines Krankenhauses auf der Grundlage der Selbstkosten eines sparsamen, wirtschaftlichen und leistungsfähigen Krankenhauses zu errechnen. Einen Gewinn soll das Krankenhaus insoweit nicht erwirtschaften dürfen. Nach § 3 Bundespflegesatzverordnung werden in dem allgemeinen Pflegesatz "alle unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Krankenhausleistungen" abgegolten. Zu diesen allgemeinen Krankenhausleistungen gehören auch die ärztliche Behandlung sowie die Laborleistungen. Für diese Leistungen sind in dem allgemeinen Pflegesatz der Beklagten von täglich 119,90 DM insgesamt 22,31 DM pro Tag (allgemeine Arztkosten 20,40 DM; allgemeine Laborkosten 2,17 DM pro Tag), wie der Beklagte - von dem Kläger nicht angegriffen - vorgetragen hat, enthalten. Diese Beträge verlieren aber ihre Berechtigung in dem allgemeine aufgrund der Selbstkosten zu errechnenden Pflegesatz und entfallen für den Beklagten dann, wenn, wie hier, Labor- und Arztkosten im Wege der Wahlleistungen gesondert nach der GOÄ in Rechnung gestellt und von dem Patienten auch bezahlt werden, da in den Wahlleistungen bereits sämtliche Labor- und Arztkosten enthalten sind. Bei doppelter Berechnung fließen dem Krankenhausträger insoweit nicht durch die Selbstkosten gedeckte Beträge zu. Eine derartige Regelung, von einem Patienten doppelte Bezahlung für dieselbe Leistung zu fordern, ist jedoch nicht gerechtfertigt und entspricht auch nicht dem Krankenhaussicherungsgesetz. Denn der Gesetzgeber hat bereits in § 17 Abs. 2 KHG bestimmt, daß, wenn Arztkosten und Nebenkosten gesondert berechnet werden, dies bei der Bemessung des Pflegesatzes zu berücksichtigen und gem. § 16 KHG durch Rechtsverordnung zu bestimmen ist, welche Kosten als Arzt- oder Nebenkosten anzusehen und in welcher Höhe die Erlöse des Krankenhauses bei der Ermittlung der Selbstkosten zu berücksichtigen sind. Besondere Bestimmungen über die An- oder Verrechnung von Arztwahlleistungen auf den allgemeinen Pflegesatz liegen - soweit ersichtlich - trotz der seit der Verkündung des KHG-Gesetzes vergangenen Zeit von über 4 Jahren noch nicht vor. Da es jedoch der allgemeinen Billigkeit entspricht, nicht zweimal für dieselbe Leistung zahlen zu müssen, hat die Höhe des Abzuges nach den allgemeinen Grundsätzen und schon vor dem Tätigwerden des Verordnungsgebers zu erfolgen. Es erscheint daher gerechtfertigt, von dem allgemeinen Pflegesatz dasjenige abzuziehen, was der beklagte Krankenhausträger aufgrund seiner eigenen Berechnung erspart hat, nämlich die im allgemeinen Pflegesatz enthaltenen Arzt- und Laborkosten.

31

Da insoweit der Beklagte wie sich aus der von ihm eingereichten Rechnung (Bl. 90 d.A.) ergibt, insgesamt für 18 Tage denkfaulen allgemeinen Pflegesatz in Rechnung gestellt und auch erhalten hat, hat der Kläger 401,58 DM (18 X 22,31 DM) zuviel gezahlt. Der Beklagte hat somit diesen Betrag an den Kläger nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.

32

Ein weiterer Abzug war nicht zu machen. Zwar kommen - wie der Beklagte vorgetragen hat - die nach der GOÄ und somit nicht auf Selbstkostenbasis berechneten Wahlleistungen (Leistungen für die Inanspruchnahme des leitenden Arztes) dem allgemeinen Pflegesatz in dem Kreiskrankenhaus Goslar zugute. Dieser Pflegesatz wird somit auf Kosten derjenigen, die die Wahlleistung in Anspruch nehmen können, niedriger gehalten, als dies ohne die Zurechnung der Wahlleistungen allein aufgrund der Berechnung des allgemeinen Pflegesatzes auf Selbstkostenbasis geschieht könnte. Diese Handhabung widerspricht jedoch im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Denn es erscheint bei der heutigen Unsicherheit im Bereich der Krankenhausfinanzierung und der insoweit nicht eindeutigen Konzeption des Gesetzgebers bezüglich der ärztlichen Wahlleistungen nicht unbillig, daß diejenigen, die eine besonders gute und qualifizierte ärztliche Betreuung in Anspruch nehmen können, wie früher auch übermäßig an der allgemeinen Finanzierung der Krankenhäuser beteiligt werden. Insoweit bedarf es jedoch noch einer eindeutigen Regelung durch Gesetz oder Verordnung oder einer weiteren Klärung der Auswirkungen der neuen Gesetze (KHG und Bundespflegesatzverordnung) und einer Umstellung der Krankenhausabrechnung. Im gegenwärtigen Zeitpunkt verstößt die von dem Beklagten angewandte Praxis, bei der für den Krankenhausträger kein Gewinn erzielt wird, noch nicht gegen Treu und Glauben.

33

3.

Die Entscheidung über den Zinsanspruch des Klägers folgt aus § 291 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 ZPO.