Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.03.1958, Az.: P OVG 1/58
Anfechtung der Wahl des Personalrats und Festsetzung der entstandenen Rechtsanwaltskosten; Rückweisung der Erinnerung durch die Fachkammer für Personalvertretungssachen; Möglichkeit der Abrechnung nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (RAGebO) bei Verfahren in Personalvertretungssachen; Parteifähigkeit eines Personalrates im Verfahren der Personalvertretung und Parteifähigkeit des Personlarates im Kostenfestsetzungsverfahren; Unzulässigkeit der Kostenfestsetzung gegen den Personalrat als Auftraggeber; Fähigkeit der Teilnahme des Personalrates als Beteiligter
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.03.1958
- Aktenzeichen
- P OVG 1/58
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1958, 10871
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1958:0313.P.OVG1.58.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 13.12.1957
Rechtsgrundlagen
- § 76 Abs. 2 PersVG
- § 86a RAGebO a.F.
- § 50 ZPO
- § 104 Abs. 3 ZPO
- § 105 ZPO
Fundstellen
- DÖV 1959, 192 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1958, 1203-1204 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Wahlanfechtung
In der Personalvertretungssache
ergeht folgender
Beschluss:
Tenor:
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 13. Dezember 1957 wird zurückgewiesen.
Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer waren Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in einem Ratsgerichtsverfahren, daß die Anfechtung der Wahl des Personalrats bei der ... in ... [...] hatte. Das Verfahren ist durch den rechtskräftigen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes vom 31. Oktober 1956 abgeschlossen worden.
Mit Schriftsatz vom 23. Mai 1957 beantragten die Beschwerdeführer die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten gemäss § 86a RAGebO. a. F. gegen die ... vertreten durch ihren Vorstand, hilfsweise gegen den Antragsgegner. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landesverwaltungsgerichtes hat mit Beschluss vom 15. Juni 1957 die Kosten der Beschwerdeführer unter Absetzung eines Betrages von 51,70 DM auf 219 DM gegen den Antragsgegner festgesetzt. Der Antragsgegner hat den Kostenfestsetzungsbeschluß nicht angenommen.
Die gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss von den Beschwerdeführern wegen der Absetzung des Betrags von 51,70 DM eingelegte Erinnerung hat [...] der Fachkammer für Personalvertretungssachen beim Landesverfahrungsgericht Hannover [...] Beschluss vom 13. Dezember 1957 zurückgewiesen.
Gegen diesen am 20. Dezember 1957 zugestellten Beschluss richtet sich die am 3. Januar 1958 eingegangene Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist gemäss § 86a RAGebO. a. F. in Verbindung mit § 104 Abs. 3 ZPO zulässig auch frist- und formgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdesumme von 50,- DM (§ 567 Abs. 2 ZPO) ist überschritten.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Personalvertretungsgesetz vom 5. August. 1955 (BGBl. I Seite 477) - PersVG - enthält keine Wortbegriffe darüber, nach welcher Gebührenordnung Rechtsanwälte ihre Kosten für eine Tätigkeit in einem Beschlussverfahren nach § 76 Abs. 2 dieses Gesetzes erheben können.
Es bestehen jedoch keine Bedenken, die Vorschriften der Gebührenordnung für Rechtsanwälte - RAGebO. - für [...] zur Anwendung zu bringen.
Denn nach der Vorschrift des § 76 Abs. 2 PersVG gelten für das Verfahren in Personalvertretungssachen die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzesüber das Beschlussverfahren entsprechend.
Es ist allgemein anerkannt, dass im Verfahren vor den Arbeitsgerichten - sei es im Urteilsverfahren, sei es im Beschlußverfahren - mit der Prozessführung bevollmächtigte Rechtsanwälte ihre Kosten nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Rechtsanwälte - RAGebO a.F. - erheben können (vgl. dazu Bampach-Lauterbach, Kostengesetze, 13. Auflage, Anm. B zu § 1 RAGebO und Anm. 1) zu § 86a RAGebO; Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren, 15. Auflage, Anm. 3 zu § 1 RAGebO, Dersch-Volkmar, ArbGG, 6. Auflage, Anm. 13 zu § 9; Dietz-Nikisch, ArbGG, Anm. 30 zu § 9, Anm. 48 zu § 80).
Im übrigen bestimmt die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26. Juli 1957 (BGBl. I Seite 907) für nach dem 1. Oktober 1957 erteilte Aufträge in den §§ 62, 114 ausdrücklich die Anwendbarkeit dieser Gebührenordnung in Verfahren vor den Arbeitsgerichten den Verwaltungsgerichten.
Danach muss eine Kostenfestsetzung gegen den eigenen Auftraggeber (§ 86 a RAGebO) grundsätzlich auch für zulässig gehalten werden, wenn sich der Auftrag auf die Führung eines Verfahrens nach § 76 Abs. 2 PersVG erstreckt hat.
Eine Kostenfestsetzung gegen den Personalrat als Auftraggeber ist jedoch nicht zulässig.
Dem bei einer Behörde gebildeten Personalrat ist lediglich für das in § 76 Abs. 2 PersVG [...] Beschlußverfahren vor den Verwaltungsgerichten über §§ 80, 10 ArbGGähnlich wie dem Betriebsrat die Fähigkeit beigelegt worden, Beteiligter am Verfahren zu sein. Diese Fähigkeit endet aber mit dem Verfahren (vgl. Dersch-Volkmar Anm. 12 und Anm. 5a zu § 10 ArbGG). Eine durch den Personalrat beschlossene Auftragserteilung an einen Rechtsanwalt zur Vertretung in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren liegt ausserhalb dieses Verfahrens ausschliesslich auf dem ge[...] bürgerlichen Rechts. Außerhalb des Verfahrens ist der Personalrat aber weder rechts- noch geschäfts- noch Vermögensfähig, prozessual daher auch nicht parteifähig oder prozessfähig (vgl. dazu Dietz, PersVG, Anm. 10 vor § 9, Molitor, PersVG, Anm. 13 zu § 1). Die auf das Beschlußverfahren nach § 76 Abs. 2 PersVG beschränkte Fähigkeit des Personalrats, Verfahrensbeteiligter zu sein, kann deshalb auch nicht auf ein nachfolgendes Kostenfestsetzungsverfahren gemäss § 86a RAGebO (§ 19 BRAGebO) ausgedehnt werden. Denn Rechtsgrundlage für die Gebühren- und Auslagenforderung des Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber, die er nach den vorgenannten Vorschriften festsetzen lassen kann, ist allein der vom Auftraggeber erteilte Auftrag (vgl. Baumbach-Lauterbach a.a.O., Anm. 1) zu § 86a RAGebO, Willenbücher a.a.O., Seite 76 unten).
An die Prozessvoraussetzung der Parteifähigkeit, deren Mangel auch im Kostenfestsetzungsverfahren von Amts wegen zu beachten ist (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts, 5 Auflage, Seite 107, Ziff. 3), sind demnach in einem Verfahren nach § 86a RAGebO andere Anforderungen zu stellen als in einem Beschlussverfahren nach § 76 Abs. 2 PersVG an die Fähigkeit, Verfahrensbeteiligter zu sein.
Das in § 86a RAGebO festgelegte Kostenfestsetzungsverfahren richtet sie nach den Vorschriften der §§ 105 ff. ZPO; die Beteiligten dieses Verfahrens mußten daher parteifähig im Sinne der vom § 50 ZPO sein.
Da dem Personalrat aber die Parteifähigkeit nicht eignet, hätte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss überhaupt nicht erlassen dürfen. Es wäre vielmehr Sache des Personalrats gewesen, der [...] Anwaltskosten gegenüber [...] Geschäftsführung [...] nach § 44 PersVG geltend zu [...].
Eine Festsetzung der Kosten gegen die Deutsche Bundesbahn ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil sie am Verfahren nicht beteiligt gewesen ist.
Bei dieser Sachlage braucht daher auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob die von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommene "Absetzung" des Betrages von 51,70 DM zu Recht erfolgt ist. Denn in jedem Recht ist die Ablieferung der Kostenfestsetzung [...] Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss konnte, soweit er nicht angefochten und daher rechtskräftig geworden ist, nicht aufgehoben werden. Denn nach allgemeiner Ansicht darf der Beschwerdeführer durch die im Kostenfestsetzungsverfahren ergehende Beschwerdeentscheidung nicht schlechter gestellt werden als er vor Einlegung der Beschwerde gestellt war (Willenbücher aaO, Seite 180/181).
Über die Beschwerde konnte gemäss § 87 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 64 Abs. 3 und 53 Abs. 1 ArbGG durch den Vorsitzenden allein entschieden werden.
Die Gebührenfreiheit dieses Beschlusses ergibt sich, aus § 76 Abs. 2 PersVG in Verbindung mit § 80 Abs.1 und § 12 Abs. 4, und Nr. 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. Darauf mußten im arbeitsgerichtlichen Ratspersonalverfahren [...] nicht werden.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil es sich bei der vorstehenden Entscheidung nicht um einen das Verfahren beendenden Beschluss handelt (vgl. § 92 ArbGG).