Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 14.05.1958, Az.: P OVG 2/58

Erstattung von Rechtsanwaltskosten eines Personalratsmitgliedes durch die Dienststelle; Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung in Personalvertretungsstreitigkeiten; Minderheitenschutz im Personalrat; Rechtsanwaltskosten als notwendige Aufwendungen eines Personalratsmitgliedes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
14.05.1958
Aktenzeichen
P OVG 2/58
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1958, 10607
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1958:0514.P.OVG2.58.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 27.02.1958 - AZ: P 12/57
nachfolgend
BVerwG - 06.03.1959 - AZ: BVerwG VII P 5.58

Fundstelle

  • DÖV 1959, 197 (amtl. Leitsatz)

Redaktioneller Leitsatz

Zu den Kosten die durch die Tätigkeit des Personalrate entstehen, gehören aber auch die notwendigen Aufwendungen der einzelnen Personalratsmitglieder, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erwachsen.

In dem Rechtsstreit
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung am 14. Mai 1958 in Osnabrück,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Engelhard als Vorsitzender
... als ehrenamtliche Beisitzer
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landesverwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Personalvertretungssachen - vom 27. Februar 1958 (- P 12/57 -) aufgehoben.

  2. 2.

    Die ... ist verpflichtet, dem Antragsteller und Beschwerdeführer die ihm in dem vor dem Fachsenat anhängig gewesenen Verfahren P OVG. 3/56 im zweiten Rechtszuge entstandenen außergerichtlichen Kosten in Höhe von DM 253, 55 (Zweihundertdreiundfünfzig Deutsche Mark 55/100) zu erstatten.

  3. 3.

    Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

  4. 4.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I.

Der örtliche Personalrat für das ... wurde in der Zeit vom 29. Februar bis 2. März 1956 gewählt. Der Personalrat trat am 10. März 1956 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen, in der die Wahl der Vorstandsmitglieder und die Bestimmung des Vorsitzenden gemäß §§ 31, 32 PersVG. stattfand. Der Beschwerdeführer - selbst Mitglied des Personalrats - war der Meinung, daß die Vorstandswahl nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend durchgeführt worden sei und hat daraufhin gemäß § 76 PersVG. in Verb. mit §§ 80 ff. ArbGG. den Weg des Beschlußverfahrens beschritten mit dem Antrage,

die Vorgänge bei der Vorstandswahl am 10. März 1956 zu überprüfen und - mit Ausnahme der Wahl des ... zum Vorstandsmitglied - die Vorstandswahl für ungültig zu erklären.

2

Während das Landesverwaltungsgericht diesen Antrag zurückgewiesen hat, hatte der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren Erfolg. Der Fachsenat hat durch Beschluß vom 12. Dezember 1956 - Aktenzeichen: P OVG 5/56 - dem Antrage des Klägers entsprochen. Eine Kostenentscheidung enthält dieser Beschluß nicht. Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Personalrats hat der II. Senat des Bundesverwaltungsgerichts durch Beschluß vom 11. Juli 1957 (BVerwG II CO 5.57) als unzulässig verworfen, so daß der Beschluß des Fachsenats vom 12. Dezember 1956 rechtskräftig geworden ist. Auch der Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts enthält keine Kostenentscheidung. Im zweiten ... Rechtszuge des anhängig gewesenen Beschlußverfahrens war der Beschwerdeführer durch den Rechtsanwalt ... in ... vertreten.

3

Mit Antrag vom 20. Dezember 1957 - beim Landesverwaltungsgericht eingegangen am 21. Dezember 1957 - hat der Beschwerdeführer erneut den Weg des Beschlußverfahrens beschritten mit dem Antrage,

  1. 1.

    festzustellen, daß der Antragsgegner verpflichtet ist, die dem Antragsteller in der Personalvertretungssache gegen den örtlichen Personalrat bei dem ... - P 12/56 LVG. Hannover; P OVG 3/56 OVG. Lüneburg; II CO 5.57 BVerwG - entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen,

4

hilfsweise,

  1. 2.

    den Antragsgegner zur Zahlung eines Teilbetrages von 100,- DM zu verurteilen.

5

Zur Begründung seines Antrages hat er vorgetragen: Schon die Tatsache, daß er in dem anhängig gewesenen Beschlußverfahren mit seiner Rechtsansicht durchgedrungen sei, zeige, daß die Anrufung des Verwaltungsgerichts gerechtfertigt gewesen sei. Als Mitglied des Personalrats habe er das Recht und die Pflicht gehabt, für die Verwirklichung der gesetzmäßigen Ordnung der Personalverfassung einzutreten und diese erforderlichenfalls mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Die ihm durch die Anrufung des Gerichts und die Beauftragung eines Rechtsanwalts erwachsenen Kosten seien "durch die Tätigkeit des Personalrats" entstanden und daher nach § 44 Abs. 1 PersVG. von der Dienststelle, also vom Antragsgegner zu tragen.

6

Der Antragsgegner und der am Verfahren beteiligte (örtliche) Personalrat des ... haben im ersten Rechtszuge keine Anträge gestellt.

7

Auf Anregung des Vorsitzenden der Fachkammer haben die Beteiligten einem "schriftlichen Verfahren" ohne mündliche Verhandlung zugestimmt. Der Prozeßbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat diese Zustimmung allerdings erst nach viermaliger Aufforderung durch den Vorsitzenden der Fachkammer erteilt. Daraufhin hat die Fachkammer durch einen nicht verkündeten, vom 27. Februar 1958 datierten und den Beteiligten am 7. März 1958 zugestellten Beschluß den Antrag zurückgewiesen. Der Beschluß ist im wesentlichen wie folgt begründet: Außergerichtliche Kosten, die einem Mitglied der Personalvertretung durch einen nicht für diese, sondern gegen diese geführten Rechtsstreit erwachsen, gehörten nicht zu den "durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten" im Sinne des § 44 Abs. 1 PersVG. Nicht die vom Antragsteller betonte Verwirklichung der Rechtsordnung, sondern die Verfolgung von persönlichen oder Gruppeninteressen stünden bei Streitigkeiten innerhalb der Personalvertretungen in der Regel im Vordergrunde. Es bestehe daher keine Veranlassung, durch eine ausdehnende Auslegung des § 44 Abs. 1 PersVG. die Verwaltungen mit den bei der gerichtlichen Austragung solcher Streitigkeiten entstehenden Kosten zu belasten. Im übrigen habe das Beschwerdegericht sich die von dem Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers Vorgetragenen Argumente nicht zu eigen gemacht, sondern die Vorstandswahl aus ganz anderen Gründen für ungültig erklärt.

8

Gegen diesen Beschluß hat der Beschwerdeführer durch den am 21. März 1958 bei dem Landesverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz beim Prozeßbevollmächtigten vom 20.03.1958 Beschwerde eingelegt, diese jedoch auf die Geltendmachung der Kosten des zweiten Rechtszuges des vorangegangenen Beschlußverfahrens beschränkt. Unter Zugrundelegung eines Verfahrenswerte von 2,000,- DM gemäß § 11 GKG. a.F. beansprucht er zur Abgeltung seines Prozeßbevollmächtigten

Prozeßgebühr nach §§ 13, 12 RAGebO.121,90 DM
Verhandlungsgebühr nach §§ 13, 52 RAGebO.121,90"
Umsatzsteuer (4 %)9,75"
253,55 DM.
9

Er beantragt daher,

den Antragsgegner bzw. die ... zur Zahlung des vorgenannten Betrages zu verpflichten.

10

Den angefochtenen Beschluß des Landesverwaltungsgerichts bekämpft der Beschwerdeführer ausschließlich mit Rechtsausführungen weist insbesondere darauf hin, daß in dem vorangegangenen Beschlußverfahren nicht subjektive Rechte oder Rechtsstellungen für ihn im Streit gewesen seien, sondern daß es ihm um die Einhaltung der gesetzmäßigen Ordnung der Personalverfassung gegangen sei.

11

Der Antragsgegner und die beantragen.

Zurückweisung der Beschwerde.

12

Der Personalrat beim ... stellt keinen förmlichen Antrag.

13

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

14

II.

Die form- und fristgerechte Beschwerde ist ... begründet.

15

1.

Vorab ist festzustellen, daß das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet. Der Vorderrichter geht, wie die Antrage des Vorsitzenden der Fachkammer an sämtliche Verfahrensbeteiligten vom 22. Januar 1958 deutlich erkennen läßt, ersichtlich davon aus, daß mit Zustimmung der Beteiligten ein schriftliches Verfahren zulässig, eine mündliche Verhandlung daher freigestellt ist. In dem in Personalvertretungssachen nach § 76 Abs. 2 PersVG. anwendbaren arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren hat der Gesetzgeber (§ 83 Abs. 1 Satz 2 - erster Halbsatz - ArbGG.) als Grundsatz die Anhörung der Beteiligten vor der Kammer und damit als Regel ihre Mündlichkeit vorgesehen (Dersch-Volkmar, 6. Aufl. Anm. 3 b und 3 c zu § 83 ArbGG. Dietz-Nikisch, Gum. 28 zu § 83 ArbGG; BAG., Beschl., vom 2.3.1955 1 ABR 9/54 - BAG. 1, 341 = AP. Nr. 2 zu § 96 ArbGG. 1953 mit zustimmender Anm. von Pohle). Anders als im allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. § 32 Abs. 2 MRV. 165; § 49 Satz 2 VGG. Rh.-Pf.; § 62 Südd. VGG.; § 35 Satz 2 BVerwGG.) können im arbeitsgerichtlichen Betriebsverfahren die Beteiligten auf die gesetzlich vorgeschriebene mündliche Verhandlung nicht verzichten. Zwar kann die Kammer nach § 83 Abs. 1 Satz 2 (zweiter Halbsatz) ArbGG. einem Beteiligten die schriftliche Äußerung gestatten. Aus dieser der Kammer eingeräumten Befugnis kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß die erste Tatsacheninstanz von der grundsätzlich mündlichen Anhörung der Beteiligten von sich aus schlechthin absehen dürfe. Sie kann es nur "gestatten" und diese Gestattung setzt einen Antrag oder eine Anregung von Beteiligten voraus (BAG. a.a.O.). An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Falle, ganz abgesehen davon, daß die Befugnis zur Gestattung der schriftlichen Anhörung nicht dem Vorsitzenden, sondern der Kammer zusteht. Es bedarf daher eines förmlichen Beschlusses der vollbesetzten Kammer. Auch hieran fehlt es. Da eine Zurückverweisung nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. nicht zulässig ist, kann vom Senat als Beschwerdegericht eine Sachentscheidung getroffen werden. Ob in besonders gelagerten Fällen trotz des in § 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. enthaltenen Verbots der Zurückverweisung gleichwohl eine Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses wegen Verfahrensmangels möglich ist, kann hier dahingestellt bleiben. Das BAGr. bejaht diese Möglichkeit in dem bereits angeführten Beschluß vom 2.3.1955 für das Rechtsbeschwerdeverfahren, obwohl nach § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. auch hier eine Zurückverweisung nicht zulässig ist; denn im Rechtsbeschwerdeverfahren schließt der Mangel im Verfahren der Vorinstanz eine Sachentscheidung schlechthin aus. Dies gilt jedoch nicht für das Beschwerdeverfahren, das eine zweite Tatsacheninstanz eröffnet. Das in § 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. enthaltene Verbot der Zurückverweisung dient der Beschleunigung des Verfahrens. Es würde sich im gegenteiligen Sinne auswirken, wenn das Beschwerdegericht wegen des vorinstanzlichen Verfahrensmangels den Antrag prozessual abweisen wollte, nur um das Verfahren formell zum Abschluß zu bringen und den Antragsteller zu zwingen, ein neues Beschlußverfahren mit gleichem Antrag in Gang zu bringen (so Dersch-Volkmar, 6. Aufl. Anm. 4 zu § 91 ArbGG. unter Hinweis auf die frühere ständige Rechtsprechung des RAG.). Es ist vielmehr in Übereinstimmung mit Pohle (in der Anm. in AP. Nr. 2 zu § 96 ArbGG. 1953) davon auszugehen, daß es dem im ArbGG. zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der Beschleunigung des Verfahrens am ehesten entspricht, wenn das Beschwerdegericht in Fällen der vorliegenden Art eine eigene Sachentscheidung trifft. Dies umsomehr, als es sich vorliegend um die Entscheidung einer reinen Rechtsfrage handelt, zu der die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Fachsenat eingehend angehört worden sind (Aufl. Dietz-Nikisch, Gum. 11 zu § 91 ArbGG).

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2.

Obwohl der angefochtene Beschluß - entgegen der zwingenden Vorschrift des § 84 Satz 2 (erster Halbsatz) ArbGG. - nicht verkündet worden ist, ist die Verkündung durch die Zustellung der Entscheidung an alle Verfahrensbeteiligten als ersetzt anzusehen (übereinstimmend Pohle a.a.O.; a.A.: Dietz-Nikisch, Anm. 21 zu § 84 ArbGG.; Dersch-Volkmar, 6. Aufl. Anm. 4 a zu § 84 ArbGG.).

17

3.

In der Sache selbst hängt die Entscheidung des Rechtsstreits allein davon ab, ob die dem Beschwerdeführer in dem anhängig gewesenen Beschlußverfahren (P OVG 3/56) im zweiten Rechtszug erwachsenen außergerichtlichen Kosten als "durch die Tätigkeit des Personalrates" im Sinne von § 44 Abs. 1 PersVG. "entfalten" anzusehen sind, die nach der angeführten Gesetzesvorschrift die Dienststelle trägt. Die Frage ist zu bejahen. Daß zu den von der Dienststelle zu tragenden Kosten, die durch die Tätigkeit des Personalrates entstehen, auch im Personalrat erwachsene außergerichtliche Kosten von Rechtsstreitigkeiten gehören, die gemäß § 76 PersVG. von dem Personalrat oder gegen diesen geführt werden, ist allgemein anerkannt (Dietz, Anm. 14 zu § 44 PersVG.; Fitting-Heyer, Anm. 4 zu § 44 PersVG.; Grabendorff-Windscheid, Anm. 5 a zu § 44 PersVG.) und hat auch der Vorderrichter zutreffend bejaht. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. In dem anhängigen Verfahren geht es vielmehr darum, ob die Dienststelle nach § 44 Abs. 1 PersVG. auch die außergerichtlichen Kosten eines Rechtsstreits zu tragen hat, die dem Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Personalratsmitglied durch die Ingangsetzung eines gegen den Personalrat gerichteten Beschlußverfahrens entstanden sind.

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4.

§ 44 Abs. 1 PersVG. ist nach seinem Sinn und Zweck und namentlich unter Berücksichtigung der allgemeinen im Gesetz festgelegten Grundsätze des Personalvertretungsrechts auszulegen. Bei der Personalverfassung der öffentlichen Dienststellen handelt es sich - ebenso wie bei der Betriebsverfassung der privaten Wirtschaft - um eine Erscheinung, die Teil unserer Wirtschafts- und Sozialverfassung und damit unserer Staatsverfassung ist (Dietz, Anm. 82 zu § 1 PersVG.). Der Personalrat ist Repräsentant der Dienstgemeinschaft und damit Partner der Dienststelle, die durch ihren Leiter repräsentiert wird. Die Mitgliedschaft im Personalrat ist ein öffentliches Ehrenamt, das für seine Träger mit Rechten und Pflichten verbunden ist. Sie genießen zum Zwecke der unabhängigen Ausübung ihrer Befugnisse besonderen Schutz (§ 59 PersVG.) und sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei unverändertem Entgelt in dem erforderlichen Umfange von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen. Der uneingeschränkte Grundsatz der unentgeltlichen Ausübung ihres Amtes (§ 42 Abs. 1 PersVG.) soll ihnen die erforderliche innere Unabhängigkeit geben (Fitting-Heyer, Anm. 3 zu § 42 PersVG.). Die Mitglieder der Personalvertretungen sollen aus der Führung ihres Amtes keinerlei Vorteile haben, aber auch keine wirtschaftlichen Nachteile erleiden. Nur aus diesem Grundgedanken des Gesetzes heraus ist eine Auslegung des § 44 Abs. 1, der die Dienststelle mit den durch die Tätigkeit des Personalrates entstehenden Kosten belastet, möglich. Zwar werden - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die der Personalvertretung zustehenden Befugnisse von dem Personalrat in seiner Gesamtheit wahrgenommen; sie sind in der Regel seiner Beschlußfassung vorbehalten (Beschl. des Senats vom 12.12.1956 - P OVG 2/56 - OVGE. Bd. 11 S. 463 = VerwRspr. Bd. 10 S. 178 = DÖV. 1957 S. 93 = ZBR. 1957 S. 56 = RiA. 1957 S. 28 - DÖD. 1957 S. 15). Das bedeutet jedoch nicht, daß das einzelne PR-Mitglied nur in dieser kollegialen Anonymität zur Mitarbeit berufen ist. Das PersVG. wird eindeutig vom Gruppenprinzip beherrscht und sieht einen weitgehenden Minderheitenschutz vor. So gibt z.B. § 38 der Mehrheit der Vertreter ... Gruppe das Recht, die Aussetzung eines Beschlusses des Personalrates zu verlangen, der noch ihm Meinung die Interessen der Angehörigen dieser Gruppe erheblich beeinträchtigt (vgl. hierzu auch BVerwG., Beschl. vom 13.6.1957 - II CO 3.56 - BVerwGE. 5, 118 = DVBl. 1957 S. 793 = ZBR. 1957 S. 407 = DÖV. 1958 S. 264). In den Rahmen dieses Minderheitenschutzes fällt auch die Befugnis der einzelnen Mitglieder der Personalvertretung, in personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten einzelnen im Gefälltes führungsstreitigen nach § 76 Abs. 1, Satz 2 PersVG. die Verwaltungsgerichte anzurufen. Gerade dieses Rechtsschutzverfahren soll gewährleisten, daß das personalverfassungsrechtliche Geschehen sich in dem im PersVG. gesteckten Rahmen hält (vgl. hierzu auch BAG., Beschl. vom 3.4.1957 - 1 AZR 289/55 - BAG. 4, 46 [48]). Aus diesem Grunde hat der beschliessende Senat in dem vorangegangenen Verfahren P OVG 3/56 auch die Aktivlegitimation des Beschwerdeführers zur Anfechtung der Vorstandswahl bejaht, ohne dies in den Gründen des Beschlusses besonders zum Ausdruck zu bringen. Es ging dem Beschwerdeführer in dem früheren Verfahren nicht um subjektive Rechte und Rechtsstellungen eigener Art, sondern um die Verwirklichung der gesetzmäßigen Ordnung der Personalverfassung, die nach seiner Meinung durch Mißachtung der Vorschriften über die Durchführung der Vorstandswahl verletzt worden ist. Er hat - wie der Ausgang des vorangegangenen Verfahrens gezeigt hat - mit Erfolg ein ungesetzliches Verhalten des Plenums des Personalrats angegriffen (vgl. hierzu auch Windscheid, ZBE. 1957 S. 349). Der Beschwerdeführer nahm mithin nicht seine persönlichen Interessen wahr, sondern das Gruppeninteresse und damit den gesetzlich vorgesehenen Minderheitenschutz (vgl. hierzu auch BVerwG., Urt. vom 24.10.1957 - II CO 6.56 -BVerwGE 5, 293 - NJW. 1958 S. 433).

19

Aus allen diesen Gründen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, daß es sich bei den dem Beschwerdeführer entstandenen außergerichtlichen Kosten um notwendige Aufwendungen eines einzelnen Personalratsmitgliedes handelt. Zu den Kosten die durch die Tätigkeit des Personalrate entstehen, gehören aber auch die notwendigen Aufwendungen der einzelnen Personalratsmitglieder, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erwachsen (übereinstimmend: Fitting-Heyer, Anm. 2 zu § 44 PersVG.; Dietz, Anm. 2 zu § 44 PersVG.; Distel, Personalvertretung bei den Behörden, S. 114). Die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung des Beschwerdeführers in dem vorangegangenen Beschwerdeverfahren ist ohne weiteres zu bejahen, da das Personalvertretungsgesetz zahlreiche klärungsbedürftige Rechtsfragen enthält, deren Erkennen und Behandeln vor Gericht einer rechtsunkundigen Person im allgemeinen nicht möglich ist. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren des zweiten Rechtszuges Vertretungszwang besteht (vgl. hierzu Müller, Der Anwalt im Verfahren von den Gerichten für Arbeitssachen, Heidelberg 1957 S. 58f; Dersch-Volkmar, Anm. 8 zu § 87 ArbGG.). In jedem Falle muß die Beschwerdeschrift nach § 89 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. zur Vertretung befugten Person unterzeichnet sein. Mit dem Hinweis, daß eine Vertretung durch einen Gewerkschaftsvertreter möglich gewesen wäre, kann die Notwendigkeit der Zuziehung eines Anwalts nicht verneint werden (Fitting-Heyer, Anm., 4 zu § 44 PersVG.; Dietz, Anm. 14 zu § 44 PersVG.; Grabendorff-Windscheid, Anm. 5 b zu § 44 PersVG.).

20

5.

Hinsichtlich der Höhe des vom Beschwerdeführer beantragten Kostenersatzes konnte unbedenklich von dem in dem hier noch anwendbaren § 11 GKG. a.F. vorgesehenen Regelbetrag eines Verfahrenswertes von 2.000,- DM ausgegangen werden, obwohl es an sich Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, in dem voraufgegangenen Verfahren die Festsetzung des Verfahrenswertes zu beantragen (vgl. BAG. 4 , 268 [274]; Tschischgale, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, S. 14 f.; Müller a.a.O. S. 70f). Daß auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren mit der Prozeßführung beauftragte Rechtsanwälte ihre Kosten nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Rechtsanwälte erheben können, ist allgemein anerkannt (vgl. hierzu Beschluß des Senats vom 13.3.1958 - P OVG 1/58 - DÖD. 1958 S. 77 mit weiteren Nachweisen; ferner Tschischgale a.a.O. S. 29). Die Rechtsanwälte können im Beschlußverfahren - jedenfalls im zweiten Rechtszuge - die vollen Gebühren berechnen, nicht nur die 3/10 = Sätze (Tschischgale a.a.O. S. 29 Müller a.a.O. S. 70). Die Vorschrift des Art. 1 Abs. 7 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Kostenrechts vom 7. August 1952 (BGBl. I S. 401), wonach im Verfahren vor den Arbeitsgerichtsbehörden Zuschläge zu den Gebühren der Rechtsanwälte nicht erhoben werden, gilt nicht für das Beschlußverfahren in Personalvertretungssachen vor den Verwaltungsgerichten. Denn die Verwaltungsgerichte sind keine "Arbeitsgerichtsbehörden" im Sinne der angeführten Gesetzesvorschrift, auch wenn sie in Personalvertretungssachen nach § 76 Abs. 2 PersVG. nach den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzesüber das Beschlußverfahren judizieren.

21

6.

Der vom Beschlußverfahren geltend gemacht ratung von 253,55 DM: 11, auch richtig betrachtet. Seinem Prozeßbevollmächtigten fahren unter Zeitgerichtlegung einer Verfahrensgericht von 2000 DM zu:

a)Personalgericht(§§ 9, 13 Abs.1 Ziffer 1 52 RAGbO)121,90 DM
b) die Verfahrensgericht (§§ 9, 13 Abs. 1 Ziffer 1 52 RAGbO)121,90 DM
c) die Umsatzgesetz (4%) 99,75 DM
zusammen:253,55 DM
22

7.

Die Befugnis des Verwaltungsgerichts, im Beschlußverfahren einem Beteiligten eine Verpflichtung aufzuerlegen, folgt aus § 76 Abs. 2 PersVG. in Verb. mit § 85 Satz 1 ArbGG. Zwar hat nach § 44 Abs. 1 PersVG. die bevor die Tätigkeit des Personalrates entstehenden Kosten "die Dienststelle" zu tragen. Die Vorschrift stimmt wörtlich mit § 39 Abs. 1 BetrVG. überein, jedoch mit der Abwandlung, daß an die Stelle des Arbeitgebers im Personalvertretungsrecht "die Dienststelle" tritt. Während der privatwirtschaftliche Arbeitgeber stets eigene Rechts- und Vermögensfähigkeit besitzt, fehlt es dagegen im Personalvertretungsrecht an einem eigentlichen Subjekt der Kostenschuld. Das ist jedoch im Hinblick auf die in § 85 ArbGG. vorgesehene Möglichkeit der Zwangsvollstreckung notwendig. Es erschien daher zweckmäßig, die vom Beschwerdeführer begehrte Verpflichtung zur Kostentragung nicht dem Antrags- und Beschwerdegegner, sondern der Deutschen Bundesbahn aufzuerlegen (übereinstimmend: Müller a.a.O. S. 71). Aus diesem Grunde ist die zur gerichtlichen Vertretung der ... berufene zuständige ... als Beteiligte in das Verfahren einbezogen worden. Hierbei ist unerheblich, daß der Beschwerdeführer das Verfahren gegen die Dienststelle als Antragsgegner gerichtet hat. Denn im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren genügt ein Antrag als solcher, ohne daß es der Benennung eines förmlichen Antragsgegners überhaupt bedurft hätte (OVG Münster, Aufl. V. 25.2.1957 - V B 590/56 - ZBR 1957 S.209=RiA 1957 S. 172=DÖV 1957 S.832=VerwRspr. §§ 9 S. 43G; BVerwG., Beschl. vom 8.11.1957 - VII P 7.57 - bisher mußt veröffentlicht).

23

8.

Auf die Beschwerde des Antragstellers war daher der angefochtene Beschluß des Landesverwaltungsgerichts aufzuheben und dem Antrage des Beschwerdeführers in vollem Umfange zu entsprechen.

24

9.

Für eine Kostenentscheidung ist auch in diesen Beschlußverfahren kein Raum.

25

10.

26

Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich die Zulassung der Rechtsbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 76 Abs. 2 PersVG. in Verb. mit § 91 Abs. 3 ArbGG.).

27

Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, Uelzener Straße 40, oder bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin-Charlottenburg 2, Hardenbergstraße 31, eingelegt. Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein; sie muß angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche. Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll.