Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 02.11.2016, Az.: 10 A 2183/16

Berücksichtigung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Syrien im Rahmen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
02.11.2016
Aktenzeichen
10 A 2183/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 30539
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2016:1102.10A2183.16.0A

Amtlicher Leitsatz

Im vorliegenden Einzelfall vereinen sich in der Person des Klägers mehrere Risikomerkmale, die unter Berücksichtigung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Syrien zu der Annahme führen, dass dem Kläger bei einer hypothetischen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung durch den syrischen Staat droht. Dies sind seine illegale Ausreise aus Syrien trotz seines militärdienstfähigen Alters, seine Herkunft aus einem vom syrischen Staat als regimekritisch wahrgenommenen Gebiet (hier das Gebiet um Dar?a) sowie weitere erschwerende Umstände.

[Tatbestand]

Der Kläger begehrt die Flüchtlingsanerkennung.

Der nach eigenen Angaben am F. in Darʿā (Gouvernement Darʿā/ Arabische Republik Syrien) geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger, arabischer Volkszugehörigkeit und sunnitisch-muslimischen Glaubens.

Bis 2009 lebte er im elterlichen Haus in Darʿā, bis er ein Studium in Raqqa aufnahm. Dieses beendete er 2014 in al-Hasaka. Danach hielt der Kläger sich bis zu seiner Ausreise in einem Flüchtlingslager in der Nähe der Stadt Idlib (Gouvernement Idlib) auf.

Er ist nach eigenen Angaben seit dem 02.06.2014 verheiratet. Die Heiratsurkunde wurde am 22.03.2016 ausgestellt.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben - obwohl er über einen Reisepass verfügt - über die grüne Grenze in der Nähe des Grenzübergangs "Bab al-Hawa" (Gouvernement Idlib) aus Syrien aus und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Ungarn und Österreich am 21.09.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Der Kläger stellte am 25.04.2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen auf die Feststellung von Flüchtlingsschutz beschränkten Antrag.

Bei seiner Anhörung gemäß § 25 AsylG am 25.04.2016 führte er im Wesentlichen aus:

Für die Ausreise habe er 1.750 US-Dollar gezahlt. In der Türkei befänden sich noch Verwandte, sein Vater - G. H. - sowie eine Schwester und sechs Brüder lebten noch in Darʿā/Syrien. In Deutschland befänden sich seine Schwiegermutter, sein Bruder und eine Schwester im Asylverfahren. Er habe Abitur und ein erfolgreich abgeschlossenes Bauingenieur-Studium. Er habe ein Jahr in einer Hilfsorganisation gearbeitet. Seinen Wehrdienst habe er nicht geleistet.

Sein Heimatland habe er wegen des Krieges verlassen. Während seiner Arbeit als Helfer für eine Hilfsorganisation sei er von Soldaten beobachtet und bedroht worden. Diese hätten ihm Schläge angedroht. Zu körperlichen Übergriffen sei es jedoch nicht gekommen. Die Soldaten hätten die Nahrungsmittel, die er verteilt habe, für sich haben wollen.

Mit Bescheid vom 02.05.2016, zugestellt am 07.05.2016, erkannte die Beklagte dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zu (Ziffer 1.). Im Übrigen lehnte die Beklagte den Antrag ab (Ziffer 2.), da der Kläger eine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht habe. Individuelle bzw. konkrete Verfolgungsgründe habe er im Rahmen seiner Anhörung nicht genannt. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.

Der Kläger hat am 20.05.2016 Klage erhoben, zu deren Begründung er vorträgt:

Ihm drohe bei seiner Rückkehr nach Syrien wegen der ihm zugeschriebenen oppositionellen Einstellung durch die staatlichen Sicherheitsorgane Verfolgung. Er stamme aus Darʿā, der "Wiege der Revolution". Als er Mitte 2014 sein Studium beendet habe, sei er zur syrischen Armee einberufen worden, was er jedoch auf Grund seiner politischen Überzeugung verweigert habe. Er habe sich dann nach Idlib (Gouvernement Idlib/Syrien) begeben, dem Heimortort seiner Frau. Dort habe er sich oppositionellen Gruppen angeschlossen und humanitäre Hilfsgüter, Nahrung und Medikamente verteilt. Bei dem Vorrücken der syrischen Armee habe er sich zur Flucht entschieden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen und den Bescheid vom 02.05.2016 in Nummer 2 insoweit aufzuheben, als er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen und verteidigt ihren Bescheid.

Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 02.11.2016 verwiesen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte zu diesem Verfahren sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Über den Rechtstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 02.11.2016 entschieden werden, obwohl für die Beklagte niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung gemäß § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig, soweit die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Ziffer 2. ablehnt. Der Kläger ist dadurch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.

1.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist. Nach dieser Norm ist Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juni 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK -, BGBl. 1953 II S. 560) unter anderem, wer sich wegen begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es gemäß § 3b Abs. 2 AsylG, unerheblich, ob er tatsächlich die persönlichen Merkmale aufweist, die zu der Verfolgung führen. Es genügt vielmehr, dass ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG).

Die befürchtete Verfolgung muss gerade auf dieser Zuschreibung beruhen. Denn zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG eine Verknüpfung bestehen.

Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK -, BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Als Verfolgung gelten gemäß § 3a Abs. 2 AsylG unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG), eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG), die Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 AsylG) und die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen (§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG).

Ausgehen kann eine Verfolgung vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (sog. "interner Schutz"), vgl. § 3c AsylG. In welchen Fällen der Ausländer auf eine solche Fluchtalternative zu verweisen ist, bestimmt § 3e Abs. 1 AsylG. Hiernach wird ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und wenn er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

Ob Bedrohungen der vorgenannten Art und damit eine politische Verfolgung zu befürchten sind, ist anhand einer Prognose zu beurteilen, die von einer zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes auszugehen und die die Wahrscheinlichkeit künftiger Geschehensabläufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden Rückkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat zum Gegenstand hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 06. März 1990 - 9 C 14/89 -, BVerwGE 85, 12-24, Rn. 13, mwN.).

Die Prognose stützt sich grundsätzlich auf das bisherige (Verfolgungs-)Schicksal des Schutzsuchenden. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde beziehungsweise von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war (Vorverfolgung), ist ein ernsthafter Hinweis auf die Begründetheit seiner Furcht vor Verfolgung.

Die begründete Furcht vor Verfolgung kann allerdings gemäß § 28 Abs. 1a AsylG auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist. Solche sog. Nachfluchttatbestände müssen hiernach nicht auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18. Juli 2012 - 3 L 147/12 -, Rn. 26). Erst für nach dem erfolglosen Abschluss des Erstverfahrens selbst geschaffene Nachfluchtgründe wird ein Missbrauch der Inanspruchnahme des Flüchtlingsschutzes in der Regel vermutet (vgl. § 28 Abs. 2 AsylG; BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 10 C 27/07 -, BVerwGE 133, 31, Rn. 14).

Maßstab für die gerichtlich voll überprüfbare Prognose, ob die Furcht des Ausländers vor einer politischen Verfolgung im Heimatland begründet ist, ist die Frage, ob ihm die relevanten Rechtsgutsverletzungen dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Maßstab knüpft an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) an, die bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt ("real risk"); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67, Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Die allgemeinen Begleitumstände, z.B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind hierbei allgemeine Prognosetatsachen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Oktober 2016 - A 10 S 332/12 -, Rn. 34, ). Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die "reale Möglichkeit" einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten. Denn ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs und bestehende Abwendungsmöglichkeiten in seine Betrachtung einbeziehen. Ein Zuwarten ist dem Ausländer auch dann nicht zumutbar, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, wenn das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass es zeitlich in nächster Nähe bevorsteht.

Die Obliegenheit des Schutzsuchenden ist es, von sich aus unter genauer Angabe von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt vorzutragen, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass er bereits eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat erlitten hat bzw. dass ihm bei verständiger Würdigung eine solche Verfolgung droht (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Der Vortrag eines Schutzsuchenden, der sein Verfolgungsschicksal nicht durch andere Beweismittel nachweisen kann, unterliegt dabei dem Gebot der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO). Diese bindet das Gericht nicht an starre Regeln, sondern ermöglicht es ihm, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles gerecht zu werden.

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er hat Syrien zwar nicht wegen einer erlittenen Vorverfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG verlassen (nachfolgend a.). Ihm droht jedoch bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände im Falle der hypothetischen Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen einer ihm unterstellten politischen Überzeugung (nachfolgend b.), so dass ihm nicht zuzumuten ist, in den Heimatstaat zurückzukehren. Eine innerstaatliche Fluchtalternative steht dem Kläger nicht zur Verfügung (nachfolgend c.). Der Kläger hat den Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 AsylG nicht verwirklicht (nachfolgend d.).

a.

Der Kläger ist zur Überzeugung der Kammer nicht vorverfolgt aus Syrien ausgereist. Eine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung durch den syrischen Staat oder durch nichtstaatliche Akteure hat der Kläger weder beim Bundesamt noch im Klageverfahren substantiiert geltend gemacht. Die Auseinandersetzung mit der Al-Nusra-Front über die Verteilung von Lebensmitteln führte nicht zu einer beachtenswerten Verfolgung ausgelöst durch Verfolgungsgründe gemäß § 3b AsylG.

b.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung durch den syrischen Staat droht.

In der Person des Klägers vereinen sich mehrere Risikomerkmale, die unter Berücksichtigung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse in Syrien zu dieser Annahme führen, namentlich seine illegale Ausreise aus Syrien trotz seines militärdienstfähigen Alters (dazu unter aa.), seine Herkunft aus einem vom syrischen Staat als regimekritisch wahrgenommenen Gebiet (dazu unter bb.) und weitere erschwerende Umstände (dazu unter cc.). Der syrische Staat wird dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in sein Heimatland eine oppositionelle Gesinnung unterstellen. Hieraus ergibt sich das reale Risiko, dass der syrische Staat ihn bereits unmittelbar bei der Wiedereinreise oder alsbald danach foltert oder inhaftiert.

Grundsätzlich besteht derzeit für jeden nach Syrien Einreisenden die Möglichkeit, Opfer eines willkürlichen Übergriffs durch die syrischen Sicherheitsbeamten am Flughafen Damaskus zu werden, etwa im Rahmen einer "informatorischen Befragung". Die Sicherheitsbeamten, die dort eingesetzt sind und die Einreise überwachen, haben nach den vorliegenden Erkenntnismitteln eine "carte blanche" für Maßnahmen aller Art, wenn sie eine Person aus irgendeinem Grund für missliebig erachten, insbesondere könnten sie diese jederzeit festnehmen (vgl. Canada: Immigration and Refugee Board of Canada, Syria: Treatment of returnees upon arrival at Damascus International Airport and international land border crossing points, including failed refugee claimants, people who exited the country illegally, and people who have not completed military service; factors affecting treatment, including age, ethnicity and religion (2014 -December 2015), 19. Januar 2016). Diese allgemeine Gefahr informatorischer Befragungen unter Einsatz von Gewalt knüpft aber nicht an persönliche Verfolgungsgründe im Sinne des §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 AsylG an (vgl. auch VG Düsseldorf, Urt. vom 11. Oktober 2016, 2 K 9062/16.A - , Rn. 25).

Im Einzelfall des Klägers hat sich die alle Reisenden gleichermaßen treffende Möglichkeit, Opfer von (willkürlichen) Übergriffen zu werden, jedoch zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit verdichtet, während der Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden - bei der Wiedereinreise oder bei einem späteren Überqueren von sog. Kontrollpunkten - als vermeintlicher Oppositioneller gefoltert oder verhaftet zu werden. Denn der Kläger vereint mehrere Risikomerkmale in seiner Person, die ihn aus der Gruppe aller Einreisenden herausheben.

aa.

So erhöht sich das Risiko des Klägers, von den syrischen Sicherheitsbeamten als Oppositioneller - und damit als Gegner des syrischen Staats in dem auf syrischem Boden geführten Bürgerkrieg - eingestuft zu werden, deutlich durch den Umstand, dass er sich durch seine - illegale - Ausreise dem Wehrdienst in der syrischen Armee bzw. dem Ersatzdienst in den National Defence Forces (NDF) entzogen hat. Der Kläger hat dargelegt, zwar sein "Military Service Book" erhalten, jedoch noch nicht gedient zu haben und dies auch nicht zu wollen. Stattdessen hat der Kläger - dessen Bruder bereits im Jahr 2012 durch den syrischen Militärgeheimdienst verschleppt worden ist - Syrien nach dem Ende seines Studiums illegal verlassen. Er ist weiterhin in einem wehrpflichtigen Alter. Das Wehrpflichtalter reicht von 18 bis 42 Jahren. Die Reservistenpflicht besteht bis zum 52. Lebensjahr bzw. bis zum 54. bei einem Bachelor-Abschluss (vgl. Finnish Immigration Service, Military Service, National Defense Forces, armed groups supporting Syrian regime and armed opposition, Helsinki, 23. August 2016, mwN). Bei der Wiedereinreise findet ein Datenbankabgleich statt, ob der Wehrdienst abgeleistet wurde (vgl. Canada: Immigration and Refugee Board of Canada, Syria: Treatment of returnees, a.a.O., Gliederungsziffer 5, Military Service).

Tatsächlich sind Fälle bekannt, in denen Rückkehrer in Zusammenhang mit einem nicht abgeleisteten Militärdienst befragt, zeitweilig inhaftiert oder dauerhaft verschwunden sind (vgl. Antwort des Referats 313 der Botschaft Beirut vom 3. Februar 2016 auf Informationsbitte des BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 18. November 2015; BVwG Österreich, Spruch W 224 2115711-1/7E vom 01.03.2016, Gliederungsziffer II. 6. Behandlung nach Rückkehr; vgl. Canada: Immigration and Refugee Board of Canada, Syria: Treatment of returnees, a.a.O., Gliederungsziffer 3, Treatment of Failed Refugee Claimants; United Kingdom Home Office, Country Information and Guidance - Syria: the Syrian Civil War, Version 3.0, August 2016, in der in dem Dokument vorliegenden aber offensichtlich falschen Gliederungsziffer 2.3.1). Dass für eine Person, die sich dem Wehrdienst entzogen hat, eine deutlich erhöhte Gefahr besteht, als Oppositioneller eingestuft zu werden, ergibt sich schon daraus, dass die Mobilisierung der syrischen Armee gerade der Bekämpfung der ("oppositionellen") Rebellengruppen dient (vgl. allgemein UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, S. 26). So hat die syrische Regierung im März 2012 die Ausreise für alle männlichen Staatsangehörigen im Alter von 18 bis 42 Jahren untersagt bzw. nur nach einer zuvor erteilten Genehmigung gestattet, auch wenn diese bereits ihren Wehrdienst abgeleistet haben (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee - Auskunft, 30. Juli 2014, Ziff. 1.2). Seit Herbst 2014 hat das syrische Regime verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die durch Desertion und Verluste dezimierte syrische Armee zu stärken (vgl. https://www.washingtonpost.com/world/middle_east/desperate-for-soldiers-assads-government-imposes-harsh-recruitment-measures/2014/12/28/62f99194-6d1d-4bd6-a862-b3ab46c6b33b_story.html). Seither kommt es zu großflächiger Mobilisierung von Reservisten, Verhaftungswellen von Deserteuren und Männern, die sich bislang dem Militärdienst entzogen haben (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Mobilisierung in die syrische Armee - Auskunft, 28. März 2015). Auch die Botschaft Beirut stellt in dem oben genannten Bericht an das BAMF vom 3. Februar 2016 dar, dass bereits im November 2015 binnen weniger Wochen mehrere tausend Personen in Syrien zum Wehrdienst eingezogen worden seien (unbestätigte Zahlen variierten zwischen 7.000 und 11.000). Laut Augenzeugenberichten soll sich die Anzahl junger Männer in den Straßen Damaskus deutlich reduziert haben. Wehrdienstverweigerung wird gemäß dem Military Penal Code von 1950, der 1973 angepasst wurde, bestraft. In Artikel 68 ist festgehalten, dass mit einer Haftstrafe von einem bis sechs Monaten in Friedenszeiten und bis zu fünf Jahren in Kriegszeiten bestraft wird, wer sich der Einberufung entzieht. Wer das Land, ohne eine Adresse zu hinterlassen verlässt, und sich so der Einberufung entzieht, wird mit drei Monaten bis zu zwei Jahren Haft und einer Geldbuße bestraft. Gemäß Artikel 101 wird Desertion mit fünf Jahren Haft oder mit fünf bis zehn Jahren Haft bestraft, wenn der Deserteur das Land verlässt. Gemäß Artikel 102 ist bei dem Überlaufen zum Feind oder gemäß Artikel 105 bei geplanter Desertion im Angesicht des Feindes die Todesstrafe vorgesehen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Syrien: Rekrutierung durch die Syrische Armee - Auskunft, 30. Juli 2014, Ziff. 1.2).

Zusätzlich droht dem Kläger eine Verfolgung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG. Der Kläger hat in dem gerichtlichen Verfahren deutlich gemacht, dass er nicht gewillt ist, bei einer Rückkehr in sein Heimatland in der syrischen Armee zu dienen. Damit würde ihm - wie gezeigt - eine Strafverfolgung drohen. Auch diese ist als Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG zu qualifizieren. Hiernach gilt als Verfolgungshandlung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG die Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 (Kriegsverbrechen usw.) fallen (vgl. auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 29. April 2004 - sog. Qualifikationsrichtlinie). Vor dem Hintergrund der aktuellen Berichtslage über den Bürgerkrieg in Syrien ist die Kammer überzeugt, dass im syrischen Bürgerkrieg auch seitens der Regierungstruppen fortgesetzt und systematisch Kriegsverbrechen, wie beispielsweise die Bombardierung ziviler Versorgungseinrichtungen (vgl. United Nations General Assembly, Human Rights Council, Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic, 5. Februar 2015; http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/bombardement-von-aleppo-un-generalsekretaer-geisselt-kriegsverbrechen-in-syrien-14452576.html; http://www.amnesty.de/2015/5/4/syrien-kriegsverbrechen-der-zivilbevoelkerung; https://www.washingtonpost.com/news/worldviews/wp/2014/08/27/how-all-sides-are-committing-war-crimes-in-syria), sowie Folter von Kriegsgefangenen und Nichtkombattanten begangen werden (vgl. amnesty international, Deadly reprisals - deliberate killings and other abuses by Syria's Armed Forces, April 2012; BVwG Österreich, Spruch W 224 2115711-1/7E vom 01.03.2016, Gliederungsziffer Zu A. 2). Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist in dem Fall des § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG stets die Kriegsdienstverweigerung als Ausdruck einer politischen Überzeugung. Dies ergibt sich schon aus der unionsrechtlichen Zielsetzung der Regelung (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2015, C-472/13 - ).

bb.

Im Falle des Klägers wird das Risiko, als Oppositioneller wahrgenommen zu werden, weiter dadurch erhöht, dass er aus einem als regimekritisch wahrgenommenen Gebiet stammt. Das Regime wird eine Verbindung des Klägers zu regimekritischen Gruppen vermuten, weil dieser in dem Gebiet um Darʿā (Gouvernement Darʿā) geboren wurde und dort viele Jahre gelebt hat. In Darʿā - oft auch die Wiege der Revolution genannt (vgl. http://www.nzz.ch/syriens-vergessene-buergerbewegung-1.17623981; http://www.taz.de/!5016371/) - fanden im März 2011 die ersten großen Proteste gegen das Regime statt, in deren Folge die Stadt durch Einheiten der 4. Panzerdivision unter dem Kommando von Maher al-Assad belagert wurde (https://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Daraa). Das Gebiet ist seitdem hoch umkämpft, jedoch ein starker Stützpunkt der Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Daraa_Governorate_campaign, mwN). Sein Studium hat der Kläger in der Kurdenregion al-Hasaka beendet.

Es ist eine Besonderheit des Konflikts, dass die verschiedenen Konfliktparteien größeren Personengruppen, einschließlich Familien, Stämmen, religiösen bzw. ethnischen Gruppen sowie ganzen Städten, Dörfern und Wohngebieten, eine politische Meinung oder Zugehörigkeit unterstellen. Dies ergibt sich aus der fortlaufend aktualisierten Berichtslage des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) (vgl. UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, Rn. 17). Diese Berichte sind bei der Bewertung der Lage für die Kammer von besonderer Bedeutung angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 - C-528/11 -, , Rn. 44 mwN). Aus dem genannten Bericht des UNHCR ergibt sich, dass die Mitglieder größerer Einheiten, ohne dass sie individuell ausgewählt wurden, aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Unterstützung einer gegnerischen Konfliktpartei zum Ziel von Gegenschlägen verschiedener Akteure geworden sind, einschließlich Streitkräften der Regierung und regierungsnaher Kräfte, ISIS und bewaffneter oppositioneller Gruppen (UNHCR, a.a.O. Rn. 14). Die Annahme, dass eine Person eine bestimmte politische Meinung hat, oder eine bestimmte Konfliktpartei unterstützt, basiert in dem Konflikt oft nur auf wenig mehr als der physischen Anwesenheit dieser Person in einem bestimmten Gebiet oder ihrer Abstammung aus diesem Gebiet oder auf ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund oder ihrer Stammeszugehörigkeit.

cc.

Im Falle des Klägers kommt schließlich erschwerend hinzu, dass er illegal aus Syrien ausgereist ist, sich länger im westlichen Ausland aufgehalten und dort einen Asylantrag gestellt hat. Die illegale Ausreise wirkt sich schon deshalb risikoerhöhend aus, weil sie den Kläger - und damit die von ihm im Übrigen verwirklichten Risikomerkmale - in den Fokus der Sicherheitsbehörden bei der Prüfung rückt, ob der Betroffene in einer Verbindung zu Regimegegnern steht.

Nach der vorliegenden Berichtslage prüfen syrische Behörden bei der Wiedereinreise durch einen Datenabgleich, ob die betreffende Person zuvor legal und über vom Regime kontrollierte Grenzübergänge das Land verlassen hat. Der Kläger hat glaubhaft ausgeführt, über die sog. Grüne Grenze beim Grenzübergang Bab al-Hawa aus Syrien geflohen zu sein. Zwar liegen dem Auswärtigen Amt keine neueren Erkenntnisse dazu vor, dass Rückkehrer nach Syrien ausschließlich aufgrund vorangegangenen Auslandsaufenthalts Übergriffe zu erleiden haben (vgl. Antwort des Referats 313 der Botschaft Beirut vom 3. Februar 2016 auf Informationsbitte des BAMF zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Syrien vom 18. November 2015, S. 1). Allerdings geht die Kammer im Einzelfall des Klägers auf Grundlage der aktuellen Berichterstattung insbesondere des UNHCR (vgl. UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 4. aktualisierte Fassung, November 2015, Rn. 36) und der vorliegenden Lageberichte des Auswärtiges Amtes (vgl. Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der arabischen Republik Syrien (Lagebericht) vom 27.09.2010, S. 19 ff.; Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der arabischen Republik Syrien (Ad hoc-Bericht) vom 17.02.2012, S. 7) davon aus, dass in der Zusammenschau mit den zuvor genannten Risikomerkmalen der syrische Staat die illegale Ausreise, das Stellen eines Asylantrags und den Aufenthalt im westlichen Ausland, ungeachtet einer tatsächlich oppositionellen Haltung des Einzelnen, als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung auffassen wird. Die in Syrien schon vor dem Bürgerkrieg geübte Praxis, Rückkehrer aus dem Ausland einem Verhör durch syrische Sicherheitskräfte zu unterziehen, hat sich bürgerkriegsbedingt verschärft. Da das syrische Regime die gegnerischen Bürgerkriegsparteien als vom Ausland gesteuert ansieht, ist von einem erhöhten Interesse an der Aufklärung der Aktivitäten der syrischen Exilszene - gerade im westlichen Ausland - auszugehen. Insofern müsste der Kläger mit einer intensiveren Vernehmung rechnen, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auch mit dem Einsatz von Folter zum restlosen Auspressen aller vorhandenen Informationen verbunden wäre (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06. Oktober 2016 - 14 A 1852/16.A -, Rn. 11, ).

c.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative steht dem Kläger nicht zur Verfügung, da er bei einer Einreise nach Syrien keinen sicheren Landesteil ohne begründete Furcht vor Verfolgung sicher und legal erreichen kann, vgl. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG (vgl. BVwG Österreich, Spruch W 224 2115711-1/7E vom 01.03.2016, S. 14 f.). Das Gericht folgt der entsprechenden konkludenten Annahme der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid bzgl. des zuerkannten subsidiären Schutzes. Gemäß § 4 Abs. 3 AsylG kann auch subsidiärer Schutz nicht zuerkannt werden, wenn interner Schutz gemäß § 3e AsylG gegeben ist. Anhaltspunkte dafür, dass interner Schutz zwar nicht hinsichtlich der Gefährdungen nach § 4 AsylG, jedoch für Gefährdungen nach § 3 AsylG vorliegt, sind nicht erkennbar (vgl. Home Office UK, Country Information and Guidance, Syria: the Syrian Civil War, Version 3.0, August 2016, Rn. 2.5.3). Wie oben dargelegt, wäre dem Kläger eine legale Rückkehr im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG nach Syrien nicht möglich, ohne mit den syrischen Sicherheitsbehörden in Kontakt zu kommen und damit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit der zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führenden Gefahrenlage ausgesetzt zu sein. Gebiete Syriens, die derzeit nicht unter der Kontrolle der syrischen Staatsgewalt stehen und an ausländische Regionen grenzen, von denen mithin eine Einreise möglich wäre ohne Kontakt zu syrischen Sicherheitsbehörden, können von Rückkehrern bereits deshalb nicht legal im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG übertreten werden, weil dazu erforderliche Reisedokumente von den dort derzeit herrschenden Organisationen bereits mangels diplomatischer Anerkennung nicht ausgestellt werden können.

d.

Schließlich scheidet die Flüchtlingsanerkennung auch nicht aus anderen Gründen, etwa weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AsylG vorliegen, aus.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO; 83 b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.