Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.10.2011, Az.: 2 Ws 289/11

Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren bei Wiederholung des abgeschlossenen Verfahrens gegen denselben Beschuldigten wegen desselben Vorwurfs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.10.2011
Aktenzeichen
2 Ws 289/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 28906
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2011:1025.2WS289.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend
GenStA Celle - AZ: 2 Zs 1919/11
StA Verden - AZ: 322 Js 27429/11

Fundstelle

  • StRR 2011, 446

Verfahrensgegenstand

Körperverletzung mit Todesfolge

Amtlicher Leitsatz

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren ist unzulässig, wenn er auf eine Wiederholung eines bereits abgeschlossenen Klageerzwingungsverfahrens gegen denselben Beschuldigten wegen desselben Vorwurfs abzielt und keine neuen Tatsachen oder Beweismittel enthält.

Gegen einen Beschuldigten, gegen den bereits ein Klageerzwingungsverfahren geführt und ohne Erfolg abgeschlossen worden ist, soll wegen eines identischen Sachverhalts nicht ein erneutes Klageerzwingungsverfahren durchgeführt werden.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Antragsteller des zweiten Verfahrens als solcher bereits im ersten Klagerzwingungsverfahren aufgetreten und beschieden worden ist, auch wenn er dort nicht Anzeigeerstatter gewesen ist, so dass sein Antrag dort aus formalen Gründen abgelehnt worden ist.

In dem Klageerzwingungsverfahren ... hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14.10.2011 über den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Celle vom 22.09.2011 nach dessen Anhörung durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxx, die Richterin am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx und den Richter am Landgericht xxxxxxxx am 25.10.2011 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).

Gründe

1

I.

Mit seiner am 14.06.2011 erstatteten Strafanzeige wirft der Antragsteller den Beschuldigten vor, sie hätten den Tod seiner Mutter am 17.09.2010 in den Mittelweserkliniken in N. fahrlässig verursacht. Die Staatsanwaltschaft Verden hat die Aufnahme von (weiteren) Ermittlungen abgelehnt und das Verfahren mit Verfügung vom 19.08.2011 gem. §§ 152, 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Hievon hat es den Antragsteller mit Bescheid vom selben Tag in Kenntnis gesetzt.

2

Hintergrund war, dass die Staatsanwaltschaft Verden bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Todes der Mutter des Antragstellers gegen dieselben Beschuldigten geführt hatte, und zwar von Amts wegen sowie auf die Strafanzeige - allein - des Bruders des Antragstellers, K. E. G. W. Dieses Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft am 28.12.2010 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, nachdem sie keine zureichenden tatsächlichen Verdachtsmomente gegen die Beschuldigten ermittelt hatte. Hiergegen hatte sich - allein - der hiesige Antragsteller K. W. erfolglos beschwert. Gegen den ablehnenden Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft hatten sodann beide Brüder die gerichtliche Entscheidung des hiesigen Oberlandesgerichtes mit dem Ziel der Erhebung der öffentlichen Klage gegen die Beschuldigten beantragt. Diesen Antrag hatte der Senat mit Beschluss 11.05.2011 als unzulässig verworfen, und zwar, soweit es den hiesigen Antragsteller K. W. betrifft, weil dieser zwar gegen den Einstellungsbescheid Beschwerde eingelegt hatte, dort jedoch nicht Anzeigeerstatter im Sinne des § 171 StPO gewesen war.

3

Gegen den nunmehr auf die Strafanzeige des Antragstellers ergangenen Einstellungsbescheid vom 19.08.2011 hat der Antragsteller unter dem 01.09.2011 Beschwerde eingelegt, die die Generalstaatsanwaltschaft mit Bescheid vom 22.09.2011 als unbegründet zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem am 17.10.2011 hier eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14.10.2011.

4

II.

1.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist bereits deshalb unzulässig, weil er auf eine Wiederholung des bereits abgeschlossenen Klageerzwingungsverfahrens gegen dieselben Beschuldigten wegen desselben Vorwurfs abzielt.

5

Der einmal eingelegte Rechtsbehelf ist verbraucht. Er steht dem Antragsteller jedenfalls dann nicht mehr zur Verfügung, wenn er keine neuen Tatsachen oder Beweismittel benannt hat und sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Generalstaatsanwaltschaft deswegen - nachdem der erste Klageerzwingungsantrag als unzulässig verworfen worden war - die Wiederaufnahme der Ermittlungen abgelehnt haben (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 1997, 177 [OLG Stuttgart 12.12.1996 - 1 Ws 170/96]; OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 146; OLG Frankfurt a.M., NStZ-RR 2003, 268; OLG Köln, NStZ 2003, 682; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., 2011, § 172, Rdnr. 34 und 37; Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., 2008, § 172, Rdnr. 36 und 39; Schmid in KK-StPO, 6. Aufl., 2008; § 172, Rdnr. 58; Plöd in KMR-StPO, 41. EGL, 2006, § 172, Rdnr. 83). Die bloße Wiederholung eines von der Staatsanwaltschaft bereits abgeschlossenen Sachverhalts ohne Angabe neuer Tatsachen oder Beweismittel eröffnet nicht noch einmal das Klageerzwingungsverfahren (vgl. Graalmann-Scheerer in Löwe-Rosenberg, a.a.O., Rdnr. 36).

6

Maßgeblich ist, dass gegen einen Beschuldigten, gegen den bereits ein Klageerzwingungsverfahren geführt und ohne Erfolg abgeschlossen wurde, wegen eines identischen Sachverhalts nicht ein erneutes Klageerzwingungsverfahren geführt werden soll. Dies folgt aus den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes des Beschuldigten und dem Gedanken der Rechtssicherheit, die den formalen Regelungen zum Klageerzwingungsverfahren zugrunde liegen (vgl. dazu etwa OLG Stuttgart, a.a.O.) Dabei ist auch unerheblich, ob im ersten Klageerzwingungsverfahren eine Sachprüfung durchgeführt wurde oder der Antrag aus formalen Gründen abgelehnt wurde (so etwa KK-Schmid, a.a.O., m.w.N.).

7

So liegt der Fall hier. In seiner Strafanzeige vom 14.06.2011 hat der Antragsteller lediglich auf den bisherigen Vortrag zur Sache in dem bereits eingestellten Ermittlungsverfahren verwiesen. Auch sein - erneuter - Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14.10.2011 enthält keine Nova.

8

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die obigen Grundsätze über die Unzulässigkeit eines zweiten Klagerzwingungsverfahrens auch dann gelten, wenn der Antragsteller dieses zweiten Verfahrens am ersten Klageerzwingungsverfahren gar nicht beteiligt war. Denn hier ist der Antragsteller im ersten Klageerzwingungsverfahren aufgetreten und beschieden worden.

9

2.

Darüber hinaus ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung aber auch unzulässig, weil er nicht die vom Gesetz geforderte, in sich geschlossene und aus sich selbst heraus - ohne Bezugnahmen und Verweisungen - verständliche Darstellung des Sachverhalts unter Angabe der Beweismittel enthält (§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO).

10

So wird nicht dargetan, warum es erst vier Tage nach der Aufnahme der Verstorbenen im Krankenhaus vom 10.09.2010 und dem anschließenden Beginn der dortigen Behandlung mit den unterschiedlichen Schmerzmitteln zu dem starken Blutdruckabfall am 14.09.2010 gekommen sein soll. Auch die konkreten Umstände des anschließenden Sturzes der Verstorbenen an diesem Tag werden nicht mitgeteilt.

11

Zudem fehlt es an Angaben dazu, woher der Antragsteller sein Wissen bezieht, die Verstorbene sei nicht umfassend aufgeklärt worden. In diesem Zusammenhang mangelt es auch am Vortrag dazu, welcher Stationsarzt die - nicht umfassende - Aufklärung vorgenommen haben soll.

12

Soweit den Chefarzt der Abteilung für Neurologie Dr. B. sowie den dortigen Oberarzt Dr. K. ein Organisationsverschulden treffen soll, wird nicht dargelegt, welche entsprechenden Anweisungen es jeweils gegeben oder nicht gegeben haben soll.