Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 27.02.2013, Az.: 5 A 38/12

Antragsbefugnis; Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit; BVL; EFSA; Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit; Folgenbeseitigungsanspruch; gesundheitsbezogene Angabe; health-claim; nationale Behörde; Sachbescheidungsinteresse; Ungültigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
27.02.2013
Aktenzeichen
5 A 38/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64443
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Antrag auf Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art. 14 der VO (EG) 1924/2006 ist ungültig, wenn die Antragstellung nicht Grundlage eines vom Antragsteller selbst oder jedenfalls seiner Sphäre zurechenbaren hinreichend konkret beabsichtigten Inverkehrbringens des Lebensmittels unter Verwendung der gesundheitsbezogenen Angabe, auf die sich der Antrag bezieht, sein soll. Es besteht dann kein nach den Vorgaben und der Zielsetzung der VO (EG) 194/2006 hinreichend schützenswertes Interesse an der sachlichen Bescheidung des Antrags.

2. Art. 7a Abs. 1 der VO (EG) 353/2008 begründet die Kompetenz der Mitgliedsstaaten, die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit von Zulassungsanträgen nach Art. 14 der VO (EG) 1924/2006 umfassend zu überprüfen. Der Prüfungsumfang beschränkt sich nicht auf die in Art. 7a Abs. 2 und Abs. 3 der VO (EG) 353/2008 genannten Gesichtspunkte.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, Anträge der Klägerin auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben für Lebensmittel (sog. health-claims) nach der VO (EG) 1924/2006 (im Folgenden: HCVO) gegenüber der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: EFSA) aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das auf die Herstellung von Spezialnahrungen, insbesondere Babynahrungen, spezialisiert ist.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 17. Januar 2008 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf Art. 14 HCVO die Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nach der HCVO. Dies betraf – neben weiteren Anträgen, die nicht streitgegenständlich sind – folgende zwei Angaben in Bezug auf den F. G. (im Folgenden: H.):

1. „I. normalises gut motility – comforting for baby´s tummy” (im deutschen Wortlaut: „F. – für ein entspanntes Bäuchlein“) – Antragsnummer: J.

2. „I. may reduce the risk of allergic sensitization and allergic disease in later life” (im deutschen Wortlaut: „F. trägt dazu bei, das Risiko allergischer Sensibilisierung und allergischer Erkrankungen im späteren Leben zu reduzieren“) – Antragsnummer: K..

Die Beklagte leitete die Anträge im August 2008 an die EFSA weiter.

Im Zeitpunkt der Antragstellung bezog die Klägerin den H., ein Probiotikum, von der Herstellerin, der schwedischen Firma L. M. (im Folgenden: L.), auf der Grundlage eines Liefer- und Lizenzvertrages von Januar 2004, der die Klägerin berechtigte, H. in bestimmten ihrer Produkte für Kleinkinder und junge Kinder zu verwenden. Der Vertrag mit L. enthielt keine Regelungen darüber, ob und inwieweit Anträge auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben nach der HCVO gestellt werden sollen. Die Anträge vom 17. Januar 2008 stellte die Klägerin mit dem Einverständnis von L.. Aufgrund eines Beendigungsvertrages (vgl. Bl. 99 ff. der Beiakte B) lief die sich aus der Vereinbarung mit L. aus dem Jahr 2004 ergebende Berechtigung der Klägerin, H. für ihre Produkte zu nutzen, zu Ende August bzw. Ende Dezember 2009 aus.

In einem Telefonat vom 26. August 2010 erörterten die Klägerin und die Beklagte, dass die Beklagte von insgesamt 15 Anträgen der Klägerin nach der HCVO bislang 5 – unter anderem die beiden streitgegenständlichen Anträge – an die EFSA weitergeleitet habe und die EFSA hinsichtlich dieser 5 Anträge die Vorlage ergänzender wissenschaftlicher Unterlagen erbeten habe. Telefonisch und per E-Mail vom selben Tag teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie die streitgegenständlichen Anträge aufrechterhalte, auch wenn sie keine ergänzenden Unterlagen nachreichen könne. Hinsichtlich zwei weiterer Anträge beabsichtige sie, wissenschaftliche Unterlagen nachzureichen. Die übrigen Anträge nehme sie zurück.

Mit Schreiben vom 22. September 2010 wandte sich L. an die EFSA und bat darum, die Anträge J. und K. nicht länger zu bearbeiten. Hintergrund sei, dass der Lizenzvertrag mit der Klägerin ausgelaufen sei. Deswegen sei sie nunmehr alleinige Inhaberin der Verwertungsrechte am H.; die Klägerin sei nicht weiter berechtigt, H. für ihre Produkte zu nutzen. Um dem Maßstab der EFSA zur Substanziierung von Zulassungsanträgen nach der HCVO zu entsprechen, führe sie derzeit ergänzende wissenschaftliche Studien zum H. durch, und sie beabsichtige, neue Zulassungsanträge einzubringen, sobald die Ergebnisse dieser Studien vorlägen. Sie habe die Klägerin bereits mehrfach erfolglos darum gebeten, die Zulassungsanträge J. und K. zurückzunehmen.

Mit Antwortschreiben vom 30. Oktober 2010 teilte die EFSA L. mit, dass sie nach Art. 7b der Verordnung (EG) 353/2008 (im Folgenden: HCVO DVO) nur solche Antragsrücknahmen berücksichtigen könne, die sie von der zuständigen nationalen Behörde – hier der Beklagten – erhalte.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 bat L. die Beklagte mit inhaltlich gleicher Begründung wie in ihrem Schreiben an die EFSA vom 22. September 2010 darum, die Anträge J. und K. zurückzunehmen.

Mit Schreiben vom 2. November 2010 informierte die Beklagte die Klägerin über den Inhalt des Schreibens von L. vom 5. Oktober 2010 und teilte mit, dass sie beabsichtige, dem Wunsch von L. auf Rücknahme der Anträge zu entsprechen. Sie gab der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 19. November 2010. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. November 2010 erwiderte die Klägerin, dass sie die Anträge aufrechterhalte und mit deren Rücknahme nicht einverstanden sei. Sie bat darum, einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, sofern die Beklagte trotzdem beabsichtige, gegenüber der ESFA die Rücknahme der Anträge zu erklären, weil sie diese Vorgehensweise vorab gerichtlich überprüfen lassen wolle. Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie entgegen ihrer Ankündigung im Schreiben vom 2. November 2010 der EFSA weder mitgeteilt habe, dass die Anträge zurückgenommen seien, noch, dass L. deren Rücknahme wünsche. Die Antragsbefugnis der Klägerin nach der HCVO sei nicht von dem Inhalt einer Lizenzvereinbarung mit L. abhängig. Weil dies nicht verfahrensrelevant sei, werde sie die privatrechtliche Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und L. nicht kommentieren.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2011 teilte die EFSA der Klägerin mit, dass sie deren Anträge J. und K. vorläufig überprüft und festgestellt habe, dass zusätzliche Informationen erforderlich seien. Hierüber habe sie die Klägerin bereits früher informiert. Weil eine Reaktion der Klägerin ausstehe, habe sie die wissenschaftliche Begutachtung der Anträge bislang nicht fortgeführt. Sie bitte darum, ihr mitzuteilen, wie mit den Anträgen weiter verfahren werden solle. Falls die Klägerin nicht bis zum 1. August 2011 antworte, beabsichtige sie, die Anträge auf der Grundlage der vorhandenen Datenlage abschließend zu bearbeiten, und weise darauf hin, dass die Rücknahme der Anträge ggf. an die zuständige nationale Behörde gerichtet werden müsse. Mit Schreiben vom 19. Juli 2011 erklärte die Klägerin gegenüber der EFSA, dass sie keine zusätzlichen Informationen liefern könne und darum bitte, auf der Grundlage der vorhandenen Antragsunterlagen zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 14. September 2011 wandte sich L. erneut an die EFSA mit der Bitte, die Anträge J. und K. nicht zu bearbeiten. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 antwortete die EFSA, dass sie nach der HCVO nicht berechtigt sei, Zulassungsanträge, die ihr die zuständigen nationalen Behörden im Verfahren HCVO übermittelt habe, zurückzuweisen. Sie könne die Bearbeitung der Anträge erst einstellen, wenn sie von der nationalen Behörde zurückgenommen seien. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2011 teilte die Europäische Kommission L. mit, dass die Gültigkeit von Zulassungsanträgen durch die zuständige nationale Behörde zu überprüfen sei und sie, die Kommission, nicht einseitig Anträge, die seitens der nationalen Behörde an die EFSA weitergeleitet seien, zurückziehen oder die EFSA anweisen könne, deren Bearbeitung zu beenden.

Mit zwei Schreiben vom 30. September 2011 bat die EFSA die Klägerin erneut um ergänzende inhaltliche Stellungnahme zu den Anträgen. Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 17. Oktober 2011, dass sie nicht in der Lage sei, erbetene zusätzliche Informationen zu geben bzw. weitere wissenschaftliche Studien durchzuführen. Sie bitte darum, nach der gegebenen Datenlage zu entscheiden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. November 2011 wandte sich L. an die Beklagte und bat darum, dass diese die streitgegenständlichen Anträge bzgl. H. für ungültig erklären und zurückziehen solle. Es sei absolut klar, dass die Klägerin in Bezug auf H. keine Verwertungsrechte mehr besitze und die von ihr eingebrachten Anträge deswegen unwirksam seien. L. beabsichtige, ergänzende wissenschaftliche Studien in Bezug auf H. einzuholen, um den Erfordernissen der HCVO an einen erfolgreichen Antrag zu entsprechen. Dass die Klägerin die Anträge aufrechterhalte, lasse nur den Schluss zu, dass sie beabsichtige, durch eine zu erwartende negative Entscheidung der EFSA die wirtschaftlichen Interessen von L. zu beeinträchtigen. Es könne nicht Sinn und Zweck der HCVO sein, einem Dritten zu ermöglichen, einen Zulassungsantrag für ein Produkt zu stellen, für das er keine Verwendungs- und Verwertungsrechte besitze.

Mit E-Mail vom 12. Dezember 2011 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie diese nicht länger als Antragstellerin im Sinne der HCVO ansehe, sondern aufgrund veränderter Umstände seit der Antragstellung nunmehr davon ausgehe, dass ausschließlich L. befugt sei, die Rechte und Pflichten des Antragstellers im Sinne der HCVO wahrzunehmen, und dass sie der EFSA die Rücknahme der Anträge mitteilen werde. Sie begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Sie, die Beklagte, sei verpflichtet, Anträge nach der HCVO auf ihre Zulässigkeit zu überprüfen und hierbei auch nachträgliche Veränderungen zu berücksichtigen. Die Klägerin könne sich infolge der Beendigung des Lizenzvertrages mit L. nicht mehr auf ein berechtigtes subjektives Interesse an der Durchführung des Verfahrens nach der HCVO berufen, weil sie nicht berechtigt sei, das Lebensmittel in den Verkehr zu bringen oder anderweitig kommerziell zu nutzen. Es bestehe kein Bedürfnis für vorbeugende, durch unbeteiligte Dritte angestrengte Zulassungsverfahren nach der HCVO. Auf diese Weise werde zudem einer missbräuchlichen Nutzung des Verfahrens nach der HCVO vorgebeugt. Mit E-Mail vom selben Tag teilte die Beklagte der EFSA mit, dass die Anträge J. und K. in einem Schreiben vom 11. November 2011 an sie entsprechend der Vorgaben von Art. 7b HCVO DVO wirksam zurückgenommen worden seien. Sie fügte eine Kopie des Schreibens von L. vom 11. November 2011 bei und legte mit inhaltlich im Wesentlichen gleicher Argumentation wie in der E-Mail an die Klägerin vom selben Tag dar, weswegen sie L. und nicht länger die Klägerin als Antragstellerin im Sinne der HCVO ansehe. Die EFSA teilte daraufhin der Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 mit, dass die Anträge J. und K. aufgrund der erklärten Rücknahme nicht mehr bewertet würden.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 22. Dezember 2011 widersprach die Klägerin dieser Vorgehensweise und forderte die Beklagte auf, der EFSA mitzuteilen, dass die Anträge nicht zurückgenommen seien. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 ab. Sie führte aus, dass es der Klägerin unbenommen bliebe, Tatsachen zu belegen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens begründen können, und insbesondere ein schützenswertes Interesse der Klägerin an der Fortführung des Verfahrens darzulegen.

Am 19. März 2012 hat die Klägerin Klage zum erkennenden Gericht erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten begehrt, die gegenüber der EFSA erklärte Rücknahme der Anträge J. und K. rückgängig zu machen bzw. sicherzustellen, dass die EFSA diese Zulassungsverfahren fortführt. Sie begründet die Klage im Wesentlichen wie folgt:

Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage zulässig. Sie begehre die Verpflichtung der Beklagten zu einem schlicht-hoheitlichen Handeln, nämlich ihrer Erklärung gegenüber der EFSA, dass die Zulassungsanträge nach der HCVO nicht zurückgenommen seien. Sie sei klagebefugt. Für ihr Begehren könne sie sich auf den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch stützen. Das Handeln der Beklagten habe sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf ein den Regelungen der HCVO und der HCVO DVO entsprechendes Verfahren zu den von ihr eingereichten Anträgen verletzt, das sich aus Art. 14 und Art. 15 Abs. 2 Buchst. c) iii) HCVO i.V.m. Art. 7a HCVO DVO ergebe. Ihr subjektiv-öffentliches Recht auf ein den Vorgaben der HCVO entsprechendes Verfahren ergebe sich darüber hinaus auch aus Art. 12 Abs. 1 GG, weil das Handeln der Beklagten in ihre Freiheit der Berufsausübung eingreife.

Die Klage sei begründet. Nach Art. 7a Abs. 1 und Abs. 2 HCVO DVO sei die Prüfungskompetenz der nationalen Behörde darauf beschränkt festzustellen, ob Zulassungsanträge die Angaben im Sinne von Art. 15 Abs. 3 HCVO enthalten. Sofern ein Antrag die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 3 HCVO erfülle, müsse die nationale Behörde ihn nach Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) iii) HCVO an die EFSA weiterleiten. Sie habe insoweit keinen Ermessensspielraum. Weitere Gesichtspunkte dürfe die nationale Behörde nicht berücksichtigen. Insbesondere dürfe sie nicht prüfen, ob einer Nutzung des Produkts zivil-, insbesondere patentrechtliche Ansprüche entgegenstehen. Abgesehen davon, dass für diese Prüfung die nationalen Zivil- bzw. Patentgerichte zuständig seien und die Behörde mit der Prüfung überfordert wäre, zeige sich die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung schon daran, dass die Entscheidung über die Aufnahme von gesundheitsbezogenen Angaben in die Gemeinschaftsregister unbeschadet privatrechtlicher Ansprüche erfolge und nach Art. 17 Abs. 5 HCVO grundsätzlich jeder Lebensmittelunternehmer die in die Gemeinschaftsregister aufgenommenen Angaben verwenden dürfe. Es sei deswegen rechtlich ohne Bedeutung, ob sie weiterhin befugt sei, H. in ihren Produkten zu verwenden. Im vorliegenden Fall sei zudem nicht auszuschließen, dass es eine Verwendungsform des H. gebe, mit der sie Patentrechte von L. nicht verletze. Sie gehe davon aus, dass nach § 5 Satz 1 des mit L. geschlossenen Aufhebungsvertrages die Verwendung des H. für sie nur untersagt sei, soweit der Patentschutz von L. gültig sei. Reichweite und Validität dieser Patente seien deswegen ggf. noch zu überprüfen. Eine Ungültigkeit der von L. beanspruchten Patente mache sie aber aktuell nicht geltend. Es gebe aktuell auch keine patentrechtliche Auseinandersetzung mit L.. Die Patentrechte von L. würden allerdings ohnehin nicht unbefristet gelten, sondern zu gegebener Zeit auslaufen. Spätestens dann dürfe sie den H. für ihre Produkte verwenden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten dürften nicht nur Lebensmittelunternehmer die Zulassung von gesundheitsbezogenen Angaben nach Art. 14 HCVO beantragen, sondern auch alle sonstigen natürlichen und juristischen Personen. Die HCVO schränke den Kreis möglicher Antragsteller nicht ein. So dürften beispielsweise auch Verbraucherschutzverbände einen Zulassungsantrag mit dem Ziel stellen zu überprüfen, ob eine Angabe wissenschaftlich tatsächlich gesichert sei. Zwar sei nach Art. 18 Abs. 1 HCVO der Kreis möglicher Antragsteller für „generische“ Angaben im Sinne von Art. 13 Abs. 3 HCVO eingeschränkt. Eine derartige Einschränkung fehle jedoch für Anträge nach Art. 14 HCVO. Im Umkehrschluss ergebe sich hieraus, dass der Kreis möglicher Antragsteller insoweit unbeschränkt sei.

Ihr Interesse an den Zulassungsverfahren resultiere daraus, dass sie als Herstellerin von Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder mit Probiotika an allen wissenschaftlichen Bewertungen zu Laktobazillen und Bifidobakterien interessiert sei, insbesondere auch daran, wie die EFSA vorhandene wissenschaftliche Unterlagen zu diesen Substanzen einschätze. Aus der Bewertung durch die EFSA ließen sich Schlussfolgerungen für weitere Anträge zu vergleichbaren Zutaten ziehen. Als Lebensmittelunternehmerin sei für sie eine möglichst weitgehende Klärung der im Zusammenhang mit H. zulässigen Werbeangaben von Bedeutung. Sie habe daher im Ergebnis aus unternehmerischen und strategischen Erwägungen ein tatsächliches Interesse an einer Weiterführung der Verfahren und einer Entscheidung über die von ihr gestellten Anträge. Jedenfalls für Lebensmittelunternehmer sei generell ein hinreichendes Interesse an einer sachlichen Bescheidung von Zulassungsanträgen nach der HCVO zu unterstellen.

Das Verhalten der Beklagten sei schließlich schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil diese sie vor der Mitteilung gegenüber der EFSA, dass die Anträge zurückgenommen seien, nicht angehört habe.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die gegenüber der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit erklärte Mitteilung über die Rücknahme ihrer Anträge Nr.  J. und Nr. K. auf Aufnahme gesundheitsbezogener Aussagen gemäß Art. 14 und 15 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel in die entsprechende Gemeinschaftsliste zulässiger Angaben zurückzunehmen oder in anderer Weise sicherzustellen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit das Verfahren zur wissenschaftlichen Bewertung dieser Anträge weiterführt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert:

Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Fortführung der Zulassungsverfahren nach der HCVO nicht zu. Die Zulassungsanträge J. und K. würden zu Recht von der EFSA nicht weiter bearbeitet.

Es sei davon auszugehen, dass die von der Klägerin ursprünglich wirksam eingebrachten Anträge nachträglich ungültig geworden seien. Ein Antrag auf Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art. 14 HCVO sei ungültig, wenn der Antragsteller kein im Sinne der HCVO schützenswertes Interesse an der Durchführung des Verfahrens habe. Dies entspreche allgemeinen Verfahrensgrundsätzen. Ein im Sinne der HCVO schützenswertes Interesse fehle, wenn der Antragsteller nicht beabsichtige, das Lebensmittel, für das er die Zulassung beantrage, in den Verkehr zu bringen. Die Klägerin nutze das Zulassungsverfahren zu Zwecken, die nicht von der HCVO gedeckt seien, weil sich aufgrund der Gesamtumstände ergebe, dass die Klägerin gezielt eine negative Stellungnahme der EFSA herbeiführen wolle.

Aus den Regelungen der HCVO ergebe sich, dass die Zulassung gesundheitsbezogener Angaben zulässigerweise nur für Lebensmittel beantragt werden dürfe, deren späteres Inverkehrbringen tatsächlich beabsichtigt sei. Dies folge bereits aus Art. 1 Abs. 2 HCVO. Antragsteller dürften deshalb – entgegen der Ansicht der Klägerin – nur Lebensmittelunternehmer sein. Unter anderem komme dies in den Erwägungsgründen Nr. 17 und Nr. 35 der HCVO sowie den Vorschriften der Art. 1 Abs. 2, Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3, Art. 15 Abs. 5, Art. 17 Abs. 5 sowie Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 HCVO zum Ausdruck. Dass sich der Durchführungsbeschluss der Kommission vom 24. Januar 2013 zur Annahme von Leitlinien zur Umsetzung der in Art. 10 HCVO dargelegten Bedingungen für gesundheitsbezogene Angaben (2013/63/EU) nur an Lebensmittelunternehmer und nicht an Dritte richte, verdeutliche dies ebenfalls.

Die Systematik der HCVO spreche für ihr Verständnis zum Kreis berechtigter Antragsteller nach Art. 14 HCVO. Im Hinblick auf „generische“ gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 13  HCVO sei in Art. 13 Abs. 5 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 HCVO ausdrücklich geregelt, dass nur Lebensmittelunternehmer mit einer konkreten Verwendungsabsicht antragsbefugt seien. Dies könne auf Anträge nach Art 14 HCVO übertragen werden. Anderen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere Verbraucherschutzverbänden, stünden nach der HCVO, z.B. nach Art. 4 Abs. 1 5. Unterabsatz HCVO, Art. 8 Abs. 2 HCVO, Art. 10 Abs. 4 und Art. 19 Abs. 2 HCVO, nur Anhörungsrechte zu. Im Hinblick auf das sich aus Art. 10 Abs. 1 HCVO ergebende Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bestehe zudem kein Bedürfnis für eine vorbeugende Antragstellung – beispielsweise durch Verbraucherschutzorganisationen – mit dem Ziel der Feststellung, ob eine behauptete Angabe wissenschaftlich erwiesen sei.

Die Gültigkeit eines Antrags nach der HCVO dürfe sie auch während des laufenden Zulassungsverfahrens überprüfen, nachdem sie die Antragsunterlagen bereits nach Art. 15 Abs. 2 Buchst a) iii) HCVO an die EFSA weitergeleitet habe. Dies zeige sich schon an Art. 16 Abs. 2 HCVO. Ein anderes Verständnis sei vor dem Hintergrund, dass die EFSA und die Kommission an ihre Bewertung zur Gültigkeit der Anträge gebunden seien, nicht sachgerecht. Ihre Ansicht stimme insoweit mit derjenigen der EFSA und der Kommission überein, wie sie sich aus deren Schreiben im vorliegenden Verfahren ergebe.

Der Einwand, ihr Handeln sei bereits deswegen rechtswidrig, weil sie die Klägerin nicht angehört habe, dringe schon deswegen nicht durch, weil die Klägerin sich mit dem Schreiben vom 2.  November 2010 zu den entscheidungserheblichen Tatsachen geäußert habe.

Das Gericht hat den Antrag der Beklagten auf Beiladung der L. durch rechtskräftigen Beschluss des Berichterstatters vom 7. Dezember 2012 abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Sie ist auf die Verurteilung der Beklagten zu einem hoheitlichen Handeln, das nicht Erlass eines Verwaltungsaktes ist, gerichtet. Die in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis ist gegeben (vgl. zu diesem Erfordernis im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage VG Oldenburg, U. v. 06.02.2013 – 11 A 4259/12 –, juris Rn. 17; v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v. Albedyll, VwGO, 5. Aufl., § 42 Rn. 118), weil der Klägerin der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch möglicherweise zusteht. Es besteht ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis für die Klage; insbesondere ist der Klägerin kein einfacherer oder effektiverer Weg als die verwaltungsgerichtliche Klage eröffnet, um den geltend gemachten Anspruch durchzusetzen.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten, dass diese – durch Erklärung gegenüber der EFSA oder in sonstiger Weise – bewirkt, dass die Zulassungsverfahren J. und K. fortgeführt werden. Insbesondere steht ihr der geltend gemachte öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch nicht zu.

Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch entsteht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch fortdauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist. Er ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustandes gerichtet (vgl. BVerwG, U. v. 15.05.2011 – 9 C 4/10 –, juris Rn. 18 m.w.N.). Ungeachtet der im Einzelfall unterschiedlichen dogmatischen Herleitung sind diese Voraussetzungen für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 26.08.1993 – 4 C 24/91 –, juris Rn. 24). Sie sind vorliegend aber nicht gegeben.

Die Beklagte hat zwar mit ihrer Erklärung gegenüber der EFSA vom 12. Dezember 2011 hoheitlich gehandelt, weil sie die Erklärung in Wahrnehmung ihrer Aufgaben als nach § 1 Nr. 2 BVL-Aufgabenübertragungsverordnung (BVLAÜV) zuständige nationale Behörde im Sinne der HCVO abgegeben hat.

Des Weiteren ist auch eine subjektiv öffentlich-rechtliche Rechtsposition der Klägerin tangiert. Diese resultiert bereits aus dem Anspruch der Klägerin auf eine den Vorgaben der HCVO und der HCVO DVO entsprechende Entscheidung über ihre Zulassungsanträge nach Art. 14 HCVO. Es kommt deswegen nicht entscheidend darauf an, ob sich ein subjektiv öffentliches Recht der Klägerin allein auch aus der Verfahrensregelung in Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) iii) HCVO ergibt, wonach die Beklagte Zulassungsanträge, deren Gültigkeit sie nach Art. 7a Abs. 1 HCVO DVO festgestellt hat, der EFSA zur Verfügung stellt. Ein subjektives öffentliches Recht ist die dem Einzelnen kraft öffentlichen Rechts verliehene Rechtsmacht, vom Hoheitsträger zur Verfolgung eigener Interessen ein bestimmtes Verhalten verlangen zu können (vgl. v. Albedyll, a.a.O., § 42 Rn. 71 m.w.N.). Vorschriften des Verfahrensrechts kommt eine solche subjektiv rechtliche Funktion zu, wenn sie nicht nur der Ordnung des Verfahrensablaufs dienen, sondern dem Betroffenen in spezifischer Weise eine selbstständige, unabhängig vom materiellen Recht durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren (vgl. v. Albedyll, a.a.O. § 42 Rn. 94 m.w.N.). Für einen subjektiv-rechtlichen Charakter der in Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) iii) HCVO begründeten Verpflichtung der Beklagten spricht allerdings, dass es einem Antragsteller nach den Vorschriften der HCVO verwehrt ist, sich mit seinem Zulassungsbegehren direkt an die europäischen Behörden zu wenden und die Weiterleitung des Antrags nach Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) iii) HCVO deswegen notwendige Voraussetzung dafür ist, dass über einen gültigen Antrag auf Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art. 14 HCVO entschieden werden kann.

Es ist jedoch durch das Handeln der Beklagten kein rechtswidriger Zustand geschaffen worden. Dass die Beklagte durch ihre Erklärung gegenüber der EFSA bewirkt hat, dass diese keine wissenschaftlichen Bewertungen zu den Anträgen J. und K. der Klägerin abgibt und diese nicht inhaltlich beschieden werden, ist mit den rechtlichen Vorgaben der HCVO und der HCVO DVO vereinbar. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass über ihre Anträge inhaltlich entschieden wird. Die Anträge sind ungültig geworden. Nach der HCVO besteht kein Anspruch darauf, dass ungültige Zulassungsanträge wissenschaftlich bewertet und inhaltlich beschieden werden. Die Beklagte hingegen ist berechtigt gewesen, die Gültigkeit der Anträge zu überprüfen und wegen deren Ungültigkeit gegenüber der EFSA darauf hinzuwirken, dass sie nicht weiter bearbeitet werden.

Die Zulassungsanträge J. und K. der Klägerin sind ungültig geworden. Ein Antrag auf Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art. 14 HCVO ist ungültig, wenn die Antragstellung nicht Grundlage eines vom Antragsteller selbst oder jedenfalls seiner Sphäre zurechenbaren hinreichend konkret beabsichtigten Inverkehrbringens des Lebensmittels unter Verwendung der gesundheitsbezogenen Angabe, auf die sich der Antrag bezieht, sein soll. Es besteht dann kein nach den Vorgaben und der Zielsetzung der HCVO hinreichend schützenswertes Interesse an der sachlichen Bescheidung des Antrags.

Diese ungeschriebene Sachbescheidungsvoraussetzung folgt aus dem Anwendungsbereich der HCVO. Die HCVO trifft an zahlreichen Stellen Aussagen dazu, dass ihr Anwendungsbereich – u.a. gesundheitsbezogene – Angaben für Lebensmittel betrifft, nur soweit sich diese im Verkehr befinden bzw. in den Verkehr gebracht werden sollen, und sie sich deswegen an Lebensmittelunternehmer mit einer entsprechenden Vermarktungsabsicht richtet. Dies zeigt sich bereits in den Erwägungsgründen zur HCVO. So sollen bspw. nach dem Erwägungsgrund Nr. 1 Satz 2 die „im Handel befindlichen Produkte“ sicher sein und eine angemessene Kennzeichnung aufweisen, damit als eine wesentliche Zielsetzung der HCVO ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes gewährleistet ist. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 3 Satz 3 sollen mit der HCVO Vorschriften für die Verwendung u.a. gesundheitsbezogener Angaben bei Lebensmitteln, „die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen“, festgelegt werden. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 17 Satz 1 sollen „Lebensmittelunternehmer“ den wissenschaftlichen Nachweis für u.a. gesundheitsbezogene Angaben, die sie „verwenden“, liefern. Auch die Regelungen der HCVO zeigen, dass sich ihr Anwendungsbereich wie zuvor beschrieben auf Lebensmittel bezieht, die sich im Verkehr befinden bzw. in den Verkehr gebracht werden sollen, und sie sich insoweit an Lebensmittelunternehmer richtet. So gilt die HCVO nach Art. 1 Abs. 2 für u.a. gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel, „die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen“. Nach Art. 3 Abs. 1 HCVO dürfen u.a. gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel, „die in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht werden“, nur verwendet werden, wenn sie den Vorgaben der HCVO entsprechen. Nach Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 HCVO muss ein „Lebensmittelunternehmer, der eine [u.a.] gesundheitsbezogene Angabe macht“, diese begründen und können die zuständigen nationalen Behörden einem „Lebensmittelunternehmer oder einer Person, die ein Produkt in den Verkehr bringt“ verpflichten, die Übereinstimmung mit den Vorgaben der HCVO zu belegen. Art. 15 Abs. 5 HCVO richtet sich in Bezug auf Zulassungsanträge für Angaben nach Art. 14 HCVO ausdrücklich an Lebensmittelunternehmer. Nach Art. 26 HCVO können die Mitgliedsstaaten die Hersteller oder die Personen, die Lebensmittel mit u.a. gesundheitsbezogenen Angaben „in den Verkehr bringen“, verpflichten, die zuständige Behörde hierüber zu unterrichten. Aus alldem ergibt sich, dass die HCVO ein Zulassungsverfahren für gesundheitsbezogene Angaben vorsieht, deren Verwendung hinreichend konkret beabsichtigt ist. Nur sofern ein Lebensmittel mit einer gesundheitsbezogenen Angabe in den Verkehr gebracht wird bzw. dies konkret beabsichtigt ist, sind zudem das Funktionieren des Binnenmarkts für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben und das Niveau des Verbraucherschutzes in diesem Bereich, deren Sicherung nach dem Erwägungsgrund Nr. 36 Satz 1 Sinn und Zweck der HCVO ist, betroffen.

Des Weiteren ist nach Art. 18 Abs. 1 HCVO der Kreis zulässiger Antragsteller für eine Ergänzung der Liste gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 13 Abs. 3 HCVO ausdrücklich auf „Lebensmittelunternehmer, d[ie] eine gesundheitsbezogene Angabe zu verwenden beabsichtig[en]“, beschränkt. Im Hinblick auf die Zweckrichtung der HCVO, im Bereich gesundheitsbezogener Angaben für Lebensmittel ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes sowie das Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen, ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, den Kreis zulässiger Antragsteller für Angaben im Sinne von Art. 14 HCVO grundlegend anders und weiter zu fassen als im Verfahren nach Art. 13 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 HCVO. Die Vergleichbarkeit der Verfahrensarten zeigt sich vielmehr daran, dass nach Art. 19 HCVO Änderung, Aussetzung und der Widerruf bestehender Zulassungen einheitlich geregelt sind. Danach ist beispielsweise die Änderung einer bestehenden Zulassung nach Art. 14 HCVO – wegen des Verweises von Art. 19 Abs. 1 HCVO auf Art. 18 Abs. 1 HCVO – ausdrücklich nur durch Lebensmittelunternehmer möglich, die die Angabe zu verwenden beabsichtigen. Die Einschränkung des Kreises zulässiger Antragsteller durch Art. 18 Abs. 1 HCVO ist deswegen Ausdruck des – zuvor dargelegten – allgemeinen Anwendungsbereichs der HCVO und ihrer Zulassungsverfahren und beinhaltet eine Wertung, die auf Zulassungsanträge nach Art. 14 HCVO übertragen werden kann. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist es hingegen nicht im Umkehrschluss zu Art. 18 Abs. 1 HCVO möglich, aus dem Fehlen einer vergleichbaren ausdrücklichen Beschränkung in Art. 15, 16 und 17 HCVO zu folgern, dass die Antragstellung für Angaben im Sinne von Art. 14 HCVO uneingeschränkt zulässig sein soll.

Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Regelung des Art. 10 HCVO ergänzend ebenfalls für das zuvor dargelegte Erfordernis eines hinreichenden Sachbescheidungsinteresse für eine gültige Antragstellung spricht. Insbesondere ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht davon auszugehen, dass Dritte, beispielsweise Verbraucherschutzorganisationen, im Interesse des Verbraucherschutzes einen Zulassungsantrag nach Art. 14 HCVO stellen dürfen, um überprüfen zu lassen, ob eine behauptete gesundheitsbezogene Angabe tatsächlich nachgewiesen ist. Da eine gesundheitsbezogene Angabe gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO erst nach ihrer Zulassung in den Verfahren der HCVO verwendet werden darf, wäre ihre Verwendung ohne Zulassung schon aus diesem Grund rechtswidrig. Einer Feststellung im Verfahren nach Art. 14 HCVO, dass die Angabe wissenschaftlich nicht erwiesen ist, bedarf es in diesem Fall nicht, um gegen die Verwendung vorgehen zu können. Soweit eine gesundheitsbezogene Angabe nach Art. 14 HCVO zugelassen ist, ist das Verfahren zur Änderung, Aussetzung oder zum Widerruf dieser Angabe in Art. 19 HCVO und Art. 24 HCVO abschließend geregelt.

Die HCVO räumt schließlich, soweit sie ausdrückliche Regelungen enthält, Dritten und Vertretern der Öffentlichkeit stets nur Anhörungsrechte und die Möglichkeit zur Stellungnahme, nicht aber eigene Antragsrechte ein, vgl. Art. 4 Abs. 1 5. Unterabsatz HCVO, Art. 8 Abs. 2 HCVO, Art. 10 Abs. 4 HCVO und Art. 19 Abs. 2 3. Unterabsatz HCVO. Auch dies spricht dagegen, Zulassungsanträge Dritter, z.B. von Verbraucherschutzverbänden, nach Art. 14 HCVO als gültig zu bewerten, wenn diese nicht die Absicht haben, die gesundheitsbezogene Angabe zu verwenden.

Nach alldem ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren nach der HCVO einschließlich der wissenschaftlichen Bewertung durch die EFSA nur beanspruchen können soll, wer das Inverkehrbringen eines Lebensmittels unter Verwendung der gesundheitsbezogenen Angabe hinreichend konkret beabsichtigt; Zulassungsanträge, denen dieser konkrete Bezug zu einem beabsichtigten Inverkehrbringen des Lebensmittels fehlt, fallen nicht in den Anwendungsbereich der HCVO und sind ungültig. Aus diesem Grund kann der Annahme der Klägerin, für Lebensmittelunternehmer sei ausnahmslos von einem hinreichenden Sachbescheidungsinteresse auszugehen, nicht gefolgt werden: Jedenfalls, wenn sich durch konkrete Tatsachen begründete Zweifel hieran ergeben, obliegt es dem Lebensmittelunternehmer im Sinne einer negativen Entscheidungsvoraussetzung, die Umstände, die sein Sachbescheidungsinteresse begründen, zu belegen.

Nach diesem Maßstab sind die Zulassungsanträge J. und K. der Klägerin ungültig geworden. Es ist nicht ersichtlich, dass sie selbst oder ihrer Sphäre zurechenbare Dritte hinreichend konkret beabsichtigen, Lebensmittel unter Verwendung der gesundheitsbezogenen Angaben, auf die sich die Anträge beziehen, in den Verkehr zu bringen. Die Klägerin hat dies auf konkrete Nachfrage – auch im gerichtlichen Verfahren – nicht erklärt. Hiergegen spricht zudem, dass L. – unstreitig – ausschließlich die Patentrechte am H. beansprucht und die Klägerin nach § 5 Satz 1 des Beendigungsvertrags mit L. nach dem 31. Dezember 2009 keine Produkte mehr hergestellt haben darf, die H. beinhalten, solange L. valide Patente hieran hält, was nach Satz 2 der Vereinbarung bis zum Jahr 2016 der Fall ist. Es kann dahinstehen, ob dem Verständnis der Klägerin von der Reichweite dieser Vereinbarung gefolgt werden kann, wonach trotz der Formulierung in Satz 2 im Einzelfall zu prüfen sei, ob die Patente, die L. geltend macht, valide seien. Denn auch wenn man das Verständnis der Klägerin als zutreffend zugrunde legt, hat sie eine Absicht oder auch nur die Möglichkeit, Lebensmittel unter Verwendung von H. in den Verkehr zu bringen, nur ganz vage und nicht von vornherein ganz offensichtlich ausgeschlossen, somit aber nicht hinreichend konkret dargelegt, um ein Sachbescheidungsinteresse nach der HCVO zu belegen: Sie hat weder erklärt, dass und ggf. inwieweit sie Zweifel an der Validität des von L. geltend gemachten Patentschutzes habe, noch, dass sie beabsichtige, gegenüber L. geltend zu machen und (patent-)rechtlich klären zu lassen, dass sie trotz der Patente, die L. geltend macht, berechtigt sei, H. in ihren Lebensmitteln zu verwenden. Entsprechendes gilt in Bezug auf ihren Einwand, die Patentrechte von L. würden nicht unbefristet gelten, sondern zu gegebener Zeit auslaufen, denn auch hiermit hat die Klägerin auf eine derzeit nur vage Möglichkeit verwiesen, H. eventuell zukünftig für eigene Produkte zu verwenden. Schließlich hat die Klägerin ein hinreichendes Sachbescheidungsinteresse in Bezug auf die streitgegenständlichen Anträge nicht dargetan, indem sie darauf verweist, dass sie als Herstellerin von Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder mit Probiotika an allen wissenschaftlichen Bewertungen zu Laktobazillen und Bifidobakterien interessiert sei, insbesondere auch daran, wie die EFSA vorhandene wissenschaftliche Unterlagen zu diesen Substanzen einschätze, weil sie sich aus der Bewertung durch die EFSA Schlussfolgerungen für weitere Anträge zu vergleichbaren Zutaten erhoffe und als Lebensmittelunternehmerin für sie eine möglichst weitgehende Klärung der im Zusammenhang mit dem H. zulässigen Werbeangaben Bedeutung habe. Das so beschriebene – allgemein-wissenschaftliche – Interesse an der Bewertung der Anträge durch die EFSA ist nicht hinreichend konkret auf ein beabsichtigtes Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit H. bezogen.

Die Klägerin dringt nicht mit dem Einwand durch, die Beklagte habe weder die Befugnis noch die Kompetenz, das Bestehen von Verwertungs- und Patentrechten an den Lebensmitteln, auf die sich Zulassungsanträge beziehen, zu überprüfen. Denn die Beklagte überprüft (nur) die Gültigkeit der Anträge nach den Maßstäben der HCVO. Es begegnet keinen Bedenken, wenn die Beklagte es insoweit als Anhaltspunkt berücksichtigt, wenn die Patent- und Verwertungsrechte an dem Lebensmittel – wie im vorliegenden Fall – unstreitig nicht von dem jeweiligen Antragsteller, sondern einem Dritten geltend gemacht werden.

Die Beklagte durfte die Gültigkeit der Zulassungsanträge J. und K. im Hinblick auf ein hinreichendes Sachbescheidungsinteresse der Klägerin überprüfen, nachdem sie die Anträge bereits im August 2008 nach Art. 15 Abs. 2 Buchst. a) iii) HCVO zur wissenschaftlichen Bewertung an die EFSA weitergeleitet hatte.

Art. 7a Abs. 1 HCVO DVO begründet die Verpflichtung, aber auch die Kompetenz der Mitgliedsstaaten, die Gültigkeit von Zulassungsanträgen zu überprüfen, bevor sie diese der EFSA zur Verfügung stellen. Da die Vorschrift keine Einschränkung enthält, beschränkt sich der Prüfungsumfang der Beklagten nicht auf die in Art. 7a Abs. 2 und Abs. 3 HCVO DVO angeführten Vorgaben, sondern hat umfassend die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit von Zulassungsanträgen zum Gegenstand. Sachgerecht ist dies insbesondere, weil die europäischen Behörden – auch nach deren Verständnis, wie es in dem Schreiben der EFSA vom 14. Oktober 2011 (Anlage B19) bzw. dem Schreiben der Kommission vom  21. Oktober 2011 (Anlage B20) zum Ausdruck gekommen ist – an die Bewertung der Gültigkeit eines Zulassungsantrages durch die Mitgliedsstaaten gebunden sind und insoweit keine eigene Prüfungskompetenz haben. Soweit sich hierfür Anhaltspunkte ergeben, hat die Beklagte deswegen auch zu überprüfen, ob nach dem zuvor dargelegten Maßstab ein hinreichend schützenswertes Interesse an der sachlichen Bescheidung eines Antrags gegeben ist bzw. ob dieses fehlt. Diese Befugnis der Beklagten, die Gültigkeit von Anträgen nach der HCVO zu überprüfen, endet nicht mit der Weiterleitung der Antragsunterlagen an die EFSA. Auch dies ist im Hinblick auf die ausschließliche Befugnis der Mitgliedsstaaten, die Gültigkeit von Zulassungsanträgen zu überprüfen, sachgerecht. Dass die Beklagte auch nach der Weiterleitung der Antragsunterlagen an die EFSA nicht aus dem Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist, kommt zudem bereits in Art. 16 Abs. 2 HCVO zum Ausdruck, der nach dem Erwägungsgrund Nr. 7 zur HCVO DVO durch die Regelungen der HCVO DVO nicht eingeschränkt werden soll. Dass nach Art. 7a Abs. 1 HCVO DVO die Gültigkeit zu überprüfen ist, „bevor“ die Antragsunterlagen der EFSA  zur Verfügung gestellt werden, ist angesichts dessen so auszulegen, dass die Antragsunterlagen nur soweit und solange zur Verfügung gestellt werden sollen, wie von der Gültigkeit ausgegangen werden kann. Jedenfalls soweit sich Zweifel an der Gültigkeit eines Antrags erst durch Umstände ergeben, die nachträglich, nach der Weiterleitung der Unterlagen an die EFSA, bekannt geworden sind, darf die Beklagte diese als Anlass für eine ergänzende Gültigkeitsprüfung nehmen. So ist es im vorliegenden Fall gewesen. Die Zweifel der Beklagten an der Gültigkeit der Zulassungsanträge J. und K. haben sich erst durch das Schreiben der L. vom September 2010 und das Auslaufen des Lizenzvertrages zwischen der Klägerin und L. zu Ende 2009 ergeben, als die Beklagte die Anträge bereits an die EFSA weitergereicht hatte.

Für die Entscheidung über die Klage kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte rechtswidrig gehandelt hat, weil sie die Klägerin nicht (hinreichend) angehört hat, bevor sie gegenüber der EFSA darauf hingewirkt hat, dass die Zulassungsanträge nicht weiter bearbeitet werden. Entsprechendes betrifft die Frage, ob die Beklagte rechtswidrig gehandelt hat, indem sie der Klägerin ausschließlich per E-Mail vom 12. Dezember 2011 – und nicht mit einem rechtsmittelfähigen Bescheid – mitgeteilt hat, dass sie entgegen ihrer früheren Ankündigung gegenüber der EFSA darauf hinwirkt, dass die Zulassungsverfahren nicht fortgeführt werden, und die Frage, ob die Beklagte der EFSA zu Recht mitgeteilt hat, die Zulassungsanträge J. und K. seien nach Art. 7b HCVO DVO zurückgenommen anstatt der EFSA mitzuteilen, dass sie von der Ungültigkeit der Anträge ausgehe. Denn der Folgenbeseitigungsanspruch knüpft nicht an eine Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns, sondern an eine Rechtswidrigkeit des hierdurch geschaffenen Zustands an (vgl. BVerwG, U. v. 23.05.1989 – 7 C 2/87 –, juris Rn. 80). Einen rechtswidrigen Zustand hat die Beklagte aber nicht verursacht: Dass die Zulassungsanträge von der EFSA nicht mehr wissenschaftlich bewertet und sie nicht mehr sachlich beschieden werden, entspricht nach vorstehenden Ausführungen den Vorgaben der HCVO und der HCVO DVO.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus der Anwendung von § 167 VwGO, § 711 und § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer hat für jeden der beiden umstrittenen Zulassungsanträge den Auffangstreitwert zugrunde gelegt, da für eine abweichende Festsetzung des Streitwerts keine Anhaltspunkte gegeben sind. Insbesondere kann, da die Klägerin das Inverkehrbringen eines Lebensmittels mit H. nicht konkret beabsichtigt, nicht die aus der Verwendung der gesundheitsbezogenen Angaben prognostizierte jährliche Gewinnerwartung beziffert werden.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Beiladung der Firma D., über den gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 6 VwGO der Berichterstatter durch Beschluss nach § 65 Abs. 4 VwGO zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg.

Die rechtlichen Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung sind nicht gegeben. Nach § 65 Abs. 2 VwGO sind Dritte beizuladen, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derartig beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung). Dies ist dann der Fall, wenn die Sachentscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig in Rechte des Dritten eingegriffen wird und diese gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (BVerwG, B. v. 07.02.2011 - 6 C 11/10 -, juris Rn. 2; v. Albedyll in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl., § 65 Rn. 16 m.w.N.). D. ist nicht in dieser Weiser an dem vorliegenden Klageverfahren beteiligt.

Die Klägerin möchte mit ihrer Klage erreichen, dass die Verfahren Nr. I. und Nr. J. auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben (sog. health-claims) nach Art. 14 der VO (EG) 1924/2006 (im Folgenden: HCVO) für den G. (im Folgenden: H.), die sie mit Anträgen vom Januar 2008 an die Beklagte zur Weiterleitung an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Gang gebracht hat, fortgesetzt werden und die Beklagte ihre Mitteilung gegenüber der EFSA, die Anträge seien zurückgenommen, rückgängig macht oder in anderer Weise sicherstellt, dass die Zulassungsverfahren fortgeführt werden. Eine Entscheidung über diesen Streitgegenstand betrifft D. nicht unmittelbar in ihren Rechten.

Insbesondere ist das Nutzungs- und Verwertungsrecht am H., das nach dem zwischen der Klägerin und D. geschlossenen Beendigungsvertrag seit dem 1. Januar 2010 nur noch D. und nicht weiter der Klägerin zusteht, nicht unmittelbar betroffen. Der Lizenz- und Liefervertrag zwischen D. und der Klägerin bezog sich, soweit ersichtlich, auf die Berechtigung, H. in der Produktion von Lebensmitteln zu verwenden. Diese Berechtigung hat die Klägerin nach dem Aufhebungsvertrag mittlerweile eingebüßt und steht nunmehr ausschließlich D. zu. Die Zulassung gesundheitsbezogener Angaben für H. betrifft aber die Berechtigung, diese in der Produktion von Lebensmitteln einzusetzen, nicht - wie von § 65 Abs. 2 VwGO vorausgesetzt - unmittelbar; es handelt sich insoweit vielmehr um rechtlich voneinander unabhängige Fragestellungen.

Eine unmittelbare rechtliche Betroffenheit der Nutzungs- und Verwertungsrechte von D. ergibt sich auch nicht aus einer Bindungswirkung einer negativen Entscheidung über einen Zulassungsantrag nach Art. 14 ff. HCVO. Es ist - insoweit besteht mittlerweile Einigkeit zwischen den Beteiligten - nicht davon auszugehen, dass eine negative Entscheidung über einen Zulassungsantrag nach Art. 14 ff. HCVO eine Bindungswirkung für spätere Anträge anderer Antragsteller in Bezug auf dasselbe Lebensmittel(bestandteil) und dieselbe gesundheitsbezogene Angabe in dem Sinn entfaltet, dass der erneute Antrag unzulässig oder ungültig wäre bzw. die europäischen Behörden von vornherein materiell an die frühere Entscheidung gebunden wären. Hiervon ist erst Recht auszugehen, wenn der spätere Antrag zusätzliches wissenschaftliches Studienmaterial zum Nachweis der gesundheitsbezogenen Angabe enthält, das im früheren Antrag nicht enthalten war.

Die HCVO enthält keine ausdrücklichen Regelungen über Art und Umfang der Bindungswirkung einer die Zulassung einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art. 14 HCVO ablehnenden Entscheidung. Schon dies spricht gegen die Annahme einer Bindungswirkung. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die Annahme einer solchen wegen der weitreichenden Konsequenzen auch für am Zulassungsverfahren nicht beteiligte Dritte eine eindeutige Regelung voraussetzte. Aus dem Regelungszusammenhang der HCVO kann ebenfalls geschlossen werden, dass eine solche Bindungswirkung nicht besteht. Hierfür spricht bereits, dass die HCVO an verschiedenen Stellen nur die rechtlichen Auswirkungen einer positiven Entscheidung über einen Zulassungsantrag regelt (bspw. Art. 17 Abs. 5 und Abs. 6), vergleichbare Bestimmungen für die Zulassung ablehnende Entscheidungen aber fehlen. Außerdem spricht hierfür, dass die HCVO nur das Verfahren bzgl. einer nachträglichen Änderung einer positiven Zulassungsentscheidung regelt (vgl. Art. 19). Weil vergleichbare Regelungen für die Zulassung ablehnende Entscheidungen fehlen, spricht dies im Umkehrschluss dafür, dass die Änderung einer ablehnenden Entscheidung aufgrund einer späteren Antragstellung uneingeschränkt möglich ist. Die Annahme einer Bindungswirkung ist auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass wissenschaftliche Stellungnahmen der EFSA bzw. Entscheidungen über Zulassungsanträge nach Art. 16 Abs. 6 bzw. 17 Abs. 4 und 20 Abs. 2 Buchst. d) HCVO veröffentlicht werden. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 31 dient die Veröffentlichung vielmehr der Transparenz und der Vermeidung wiederholter Anträge bereits bewerteter Angaben. Dass solche wiederholten Anträge von vornherein unzulässig sind oder keiner inhaltlichen Überprüfung bedürften, ergibt sich hiernach nicht.

D. wäre somit auch für den Fall, dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren obsiegen würde und die Zulassungsanträge I. und J. im Ergebnis negativ beschieden würden, rechtlich nicht gehindert, selbst gültige Zulassungsanträge bzgl. derselben gesundheitsbezogenen Angaben in Bezug auf H. zu stellen, erst Recht, sofern sie ihren Anträgen zusätzliches wissenschaftliches Erkenntnismaterial beifügt. Angesichts dessen betrifft die Sachentscheidung zum vorliegenden Klageverfahren D. nicht unmittelbar in ihren Nutzungs- und Verwertungsrechten am H..

Die Kammer sieht des Weiteren davon ab, D. nach § 65 Abs. 1 VwGO beizuladen.

Nach § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Berührt sind rechtliche Interessen im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO bereits dann, wenn die Entscheidung über die Klage die Rechtslage des Beizuladenden verbessern oder verschlechtern könnte; hierfür reicht die Möglichkeit, dass der Inhalt der Entscheidung auf rechtliche Interessen des Beizuladenden einwirken kann (BVerwG, B. v. 04.03.2008 - 9 A 74/07 - juris Rn. 2; B. v. 19.11.1998 - 11 A 50/97 - ,juris Rn. 6; v. Albedyll, a.a.O., § 65 Rn. 10).

Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Voraussetzungen für eine einfache Beiladung gegeben sind. Denn die Entscheidung hierüber steht im Ermessen des Gerichts. Die Kammer sieht in Ausübung ihres Ermessens davon ab, D. beizuladen. Ihre Beiladung ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrung erforderlich. Insbesondere ist sie auch nicht im Hinblick auf eine Erstreckung der Rechtskraft der Entscheidung im vorliegenden Klageverfahren sachdienlich. Es ist nicht ersichtlich, dass die Frage, ob die Klägerin gegenüber der Beklagten beanspruchen kann, dass diese auf die Fortführung der Zulassungsverfahren nach der HCVO hinwirkt, im Hinblick auf allenfalls denkbare zivilrechtliche Auseinandersetzungen zwischen D. und der Klägerin relevant werden könnte. Nur diese Frage ist jedoch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Ob die Klägerin durch die Fortführung des Zulassungsverfahrens gegen zivilrechtliche Rechtspositionen zugunsten von D. verstößt, wäre hingegen von der Rechtskraft einer Entscheidung über die vorliegende Klage nicht umfasst.