Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 10.06.2013, Az.: 8 W 35/13
Abzug der von einer Partei vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gezahlten Vorschüsse von den insgesamt nach dem Ratenzahlungsplan zu zahlenden Kosten (Gerichtskosten, PKH-Vergütung, Differenzvergütung)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 10.06.2013
- Aktenzeichen
- 8 W 35/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2013, 38800
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2013:0610.8W35.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Osnabrück - 26.04.2013 - AZ: 4 O 613/12
Rechtsgrundlagen
- § 55 RVG
- § 120 ZPO
- § 122 Abs. 1 ZPO
Amtlicher Leitsatz
ZPO §120
Die von einer Partei vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gezahlten Vorschüsse sind von den insgesamt nach dem Ratenzahlungsplan zu zahlenden Kosten (Gerichtskosten, PKH-Vergütung+ Differenzvergütung) in Abzug zu bringen und nicht von den angeordneten maximal zu zahlenden 48 Raten
In der Beschwerdesache
,
Klägerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
gegen
1
2.
Beklagte,
Prozessbevollmächtigter zu 1, 2:
Rechtsanwalt
Beteiligt: Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Vorsitzende Richterin
am Oberlandesgericht als Einzelrichterin
am 10. Juni 2013
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 26. April 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin erhob am 7.3.2012 mit einem als "Prozesskostenhilfeantrag und Klage" bezeichneten Schriftsatz eine Klage auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss von 2 notariellen Grundstückskaufverträgen. In diesem Schriftsatz wird zunächst ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt und danach heißt es "unter der Voraussetzung der Prozesskostenhilfebewilligung erheben wir Klage und beantragen...". Nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Landgericht mit Beschluss vom 16.7.2012 zahlte die Klägerin einen Gerichtskostenvorschuss von 543 € sowie einen Auslagenvorschuss für Zeugen von 200 € ein, die Klage wurde zugestellt und den Beklagten Prozesskostenhilfe -ohne Anordnung von Raten- bewilligt. In der Güteverhandlung vor dem Landgericht am 10.12.2012 beantragte die Klägerin erneut Prozesskostenhilfe und die Parteien schlossen sodann einen Vergleich zur Erledigung des Rechtsstreits, in dem geregelt ist, dass die Beklagten die Gerichtskosten tragen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits sowie des Vergleichs gegeneinander aufgehoben werden. Mit Beschluss des Landgerichts vom 7.1.2013 wurde der Klägerin für den ersten Rechtszug und den Vergleich Prozesskostenhilfe unter Anordnung einer monatlichen Ratenzahlung von 30 € bewilligt.
Nach der Kostenrechnung des Landgerichts vom 10.1.2013 waren insgesamt 504,97 € Gerichtskosten zu zahlen; die von der Klägerin geleisteten Vorschüsse überstiegen diesen Betrag um 238,03 €.
Dem Vertreter der Beklagten wurde die nach § 55 RVG zu zahlende Vergütung auf 1.173,82 € festgesetzt und ausgezahlt; dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde die nach § 55 RVG zu zahlende Vergütung auf 1.097,42 € festgesetzt und ausgezahlt.
Mit Schriftsatz vom 16.1.2013 beantragte die Klägerin, an sie wegen der ihr zwischenzeitlich bewilligten Prozesskostenhilfe die von ihr eingezahlten Gerichtskosten- und Auslagenvorschüsse von 743 €, hilfsweise die nicht verbrauchten Gerichtskosten- und Auslagenvorschüsse von 238,03 € und die Gerichtskosten von 504,97 € zu ihren Gunsten gegen die Beklagten festzusetzen. Mit Schreiben vom 24.1.2013 übersandte die Kostenbeamtin des Landgerichts der Klägerin die Kostenrechnung vom 10.1.2013, nach der die Klägerin die Rückzahlungsempfängerin der nicht verbrauchten Gerichtskosten - und Auslagenvorschüsse in Höhe von 238,03 € ist, und in dem es heißt "Rückzahlung an den Klägervertreter bleibt vorbehalten, da Verrechnung mit Prozesskostenhilfevergütung des Klägervertreters" und die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung. Am 6.2.2013 berechnete die Kostenbeamtin die von der Klägerin zu zahlenden Prozesskostenhilferaten. Danach sind von der Klägerin 48 Raten zu je 30 € zu zahlen; bei der Berechnung der Höhe der von der Klägerin (eigentlich) an die Landeskasse zu erstattenden Kosten von 2.040,49 € sind die nicht verbrauchten Vorschüsse von 238,03 € abgesetzt. Die Klägerin bat danach um Überprüfung des Ratenzahlungsplanes; sie ist der Ansicht, der Überschuss des Gerichtskostenvorschusses von 238,03 € müsse von der Höchstzahl der Raten (48 Raten zu je 30 € gleich 1440 €) abgesetzt werden. Der Bezirksrevisor hat in seinen Stellungnahmen vom 25.2. und 13.3.2013 ausgeführt, weil die Vorschusszahlungen vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt seien, dürften die gezahlten Gerichtskosten wegen der bestehenden Haftung der Beklagten für die Gerichtskosten nach den Vergleichsschluss nicht auf die Raten verrechnet werden sondern insoweit müssten die Kostenschuldner, also die Beklagten, eintreten; überdies seien die 238,03 € von der Kostenschuld der Klägerin abgesetzt worden. Unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme hat das Landgericht die Erinnerung der Klägerin mit Beschluss vom 26.4.2013 zurückgewiesen.
Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie will die Anrechnung des überzahlten Gerichtskostenvorschusses von 238,03 € zu ihren Gunsten auf die berechneten Prozesskostenhilferatenzahlungen erreichen; wegen der Begründung wird auf die Beschwerdeschrift der Klägerin vom 17.5.2013 verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1 ZPO zulässig (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 120, Rz. 29). Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Eine Anrechnung der nicht verbrauchten Gerichtskosten - und Auslagenvorschüsse auf die von der Klägerin zu zahlenden Prozesskostenhilferaten ist nicht möglich. Denn diese Kostenvorschüsse sind vor der (zweiten Beantragung und) Bewilligung der Prozesskostenhilfe gezahlt worden und somit keine Leistung auf die Pflicht der Klägerin zur Zahlung von Raten nach § 115 Abs. 2 ZPO. Eine Rückzahlung von Kosten oder Kostenvorschüssen erfolgt aber nicht, wenn die hilfsbedürftige Partei vor Beginn der Bewilligungswirkung (das ist hier die zweite Antragsstellung in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2012) fällige Gerichtskosten oder einen Vorschuss auf erst später fällig werdende Auslagen gezahlt hat. Denn nach § 122 Abs. 1 ZPO ist im Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe allein die Geltendmachung von rückständigen und noch entstehende Gerichtskosten nach den gerichtlichen Bestimmungen im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung möglich. Von bereits bezahlten und fällig gewesenen Gerichtskosten ist die hilfsbedürftige Partei nicht befreit, da diese Kosten weder rückständige noch entstehende sind (Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, Wrobel - Sachs/Gottschalk/Dürbeck, 6. Auflage, Rn. 618). Die Zahlung indiziert insoweit fehlende Hilfsbedürftigkeit (Wrobel - Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O., Rn. 636). Deshalb hat das Landgericht auch zutreffend nicht den Gesamtbetrag der von der Klägerin geleisteten Gerichtskosten - und Auslagenvorschüsse von den wegen § 120 Abs. 3 Nummer 1 ZPO zu berechnenden und von der Klägerin grundsätzlich zu leistenden Prozesskosten abgesetzt sondern lediglich 238,03 €, also den nicht verbrauchten Teil der Gerichtskosten - und Auslagenvorschüsse.
Soweit die Klägerin einen Abzug des letztgenannten Betrages von 238,03 € von den von ihr zu leistenden Raten nach § 120 Abs. 1 ZPO fordert, kommt dies also nicht in Betracht. Denn die Zahlung ist vor Entstehung der Ratenzahlungspflicht erfolgt. Die Beschränkung der Verpflichtung zur Rückzahlung der vom Staat geleisteten Verfahrenskosten auf einen Zeitraum von vier Jahren (also 48 Monaten) hat allein den Zweck, die Verpflichtung der bedürftigen Partei zur Ratenzahlung auf die bewilligte Prozesskostenhilfe zeitlich überschaubar zu halten. Hiervon zu unterscheiden ist aber die grundsätzliche Verpflichtung der Partei, im Falle der Erlangung von höheren Einkünften oder Vermögen, den insgesamt vom Staat für sie für die Führung des Prozesses verauslagten Betrag - hier richtig mit 2.040,49 € abzüglich 238,03 € angenommen - zurückzuzahlen. Demzufolge darf der von der Klägerin geleistete und nicht verbrauchte Vorschuss von 238,03 € nicht von dem Gesamtbetrag der hier zu zahlenden Raten von - nach der aktuellen Berechnung - 1.440 € abgesetzt werden.
Eine Kostenentscheidung ist wegen § 127 Abs. 4 ZPO entbehrlich.