Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 11.07.2006, Az.: 11 A 3588/06
Rechtmäßigkeit der Untersagung der Ladenöffnung einer Verkaufstelle außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten mit Zwangsgeldandrohung; Begriffbestimmung der "Verkaufsstelle" auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen; Möglichkeit der Inanspruchnahme der Privilegierung des § 8 Abs. 1 Ladenschlussgesetz (LadSchG) durch eine Verkaufsstelle im Untergeschoss eines Bahnhofs
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 11.07.2006
- Aktenzeichen
- 11 A 3588/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 22415
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2006:0711.11A3588.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 LadSchlG
- § 8 Abs. 1 LadSchlG
- § 8 Abs. 1 S. 2 LadSchlG
Fundstellen
- GewArch 2007, 212-214
- NVwZ-RR 2006, 786-788 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Eine Verkaufsstelle befindet sich auf einem Personenbahnhof, wenn sie nach der Verkehrsauffassung als dem Bereich des Personenbahnhofs räumlich und sachlich anzusehen ist. Danach kann auch eine Verkaufsstelle im Untergeschoss eines Bahnhofs die Privilegierung des § 8 Abs. 1 LadSchG für sich in Anspruch nehmen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Untersagung der Ladenöffnung einer Verkaufstelle mit Zwangsgeldandrohung.
Die Klägerin betreibt seit dem 28.04.2006 in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade E. in Hannover
das Gewerbe "Drogeriemarkt mit erweitertem Sortiment sowie Parfüm-Shop und Verkauf von frei zugänglichen Arzneimitteln sowie pyrotechnischen Artikeln" auf einer Verkaufsfläche von 788 qm. Die Niki-de-Saint-Phalle-Promenade, vormals Passerelle, ist eine einheitlich gestaltete Einkaufspassage, die sich auf der Ebene -1 unterhalb des Bahnhofgebäudes vom Raschplatz bis zum Kröpcke erstreckt. Auf der Ebene -2 verkehren einige Stadtbahnlinien der ÜSTRA.
Eigentümer der Flächen unter dem Bahnhof bis zur Drillingsrolltreppe ist die DB AG, ab der Drillingsrolltreppe steht das Verbindungsbauwerk zwischen Gleis 14 und dem Parkhaus Rundestraße im Eigentum der Beklagten. Der sich anschließende Bereich in Richtung Raschplatz ist Eigentum der F.. Die jeweiligen Nutzungsrechte sind vertraglich geregelt.
Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit Verfügung vom 02.06.2006 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Öffnung der Verkaufsstelle in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade E. in Hannover zum geschäftlichen Verkehr mit Kunden außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten und drohte für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR an.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei mehreren Kontrollen sei festgestellt worden, dass die Verkaufsstelle der Klägerin außerhalb der gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten geöffnet gewesen sei und das gesamte Warensortiment angeboten habe. Läden auf der Ebene -1 seien keine Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen. Als Kreuzung von Eisenbahnen und Straßen sei die Passerelle von Beginn des Ernst-August-Platzes bis zur so genannten Drillingsrolltreppe planungsrechtlich als Umsteigeanlage zwischen Fern- zum Nahverkehr geplant, gebaut und finanziert worden. Auf die in diesem Bereich gelegene Verkaufsstelle der Klägerin sei die Privilegierung des § 8 Abs. 1 des Ladenschlussgesetzes (LadSchlG) nicht anwendbar. Auch die Verhältnisse im Leipziger Hauptbahnhof seien mit denen auf dem Hauptbahnhof in Hannover nicht vergleichbar. Wenn die Klägerin ihre Verkaufsstelle weiterhin außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten betreibe, seien die Chancengleichheit im Wettbewerb und die Sicherstellung der Arbeitszeitbestimmungen für die Ladenangestellten nicht mehr gewährleistet. Mit der Absicht, weiterhin entgegen den bestehenden Schutzregelungen des LadSchlG die Verkaufsstelle zu öffnen, gefährde die Klägerin die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Außer der Untersagung der Öffnung außerhalb der gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten komme ein anderes geeignetes Mittel zur Erreichung des Zwecks nicht in Betracht. Die Landesregierung habe auch keine Verordnung nach § 8 Abs. 2 a LadSchlG erlassen, die erweiterte Öffnungszeiten mit erweitertem Warensortiment in Verkaufsstellen innerhalb einer Anlage, die einen Personenbahnhof mit einem Verkehrsknotenpunkt des Nah- und Stadtverkehrs verbindet, ermöglichen würde. Die Androhung des Zwangsgeldes sei geeignet und erforderlich, um die Klägerin an der weiteren widerrechtlichen Ladenöffnung zu hindern.
Die Klägerin hat am 07.06.2006 Klage erhoben und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht (Az. 11 B 3589/06).
Sie trägt vor, die verfügte Untersagung der Ladenöffnung und die Zwangsgeldandrohung seien rechtswidrig. Die Verfügung sei bereits hinsichtlich der Formulierung "außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten" nicht hinreichend bestimmt.
Im Übrigen entspreche die von ihr praktizierte Ladenöffnung den Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes. Ihr Drogeriemarkt gehöre zu Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen. Bei der räumlichen Abgrenzung des Personenbahnhofs komme es nicht auf die Konzeption als Umsteigeanlage, planungs- und bauordnungsrechtliche Erwägungen, die Eigentumsverhältnisse und die tatsächliche Nutzung auch durch Berufspendler und die Darstellung im Internet an. Vielmehr spreche die zur klaren Abgrenzung gebotene Betrachtung des räumlichen und funktionalen Zusammenhangs nach der Verkehrsanschauung für die Zugehörigkeit ihrer Verkaufsstelle zum Bereich des Hauptbahnhofs Hannover. Sie sei gerade nicht durch die Rundestraße von der Bahnhofshalle und ihrem Unterbau abgetrennt, sondern liege direkt unterhalb des Nordwest-Ausgangs des Bahnhofsgebäudes und unter den hinteren Geschäften der durchgängigen Bahnhofspassage und dem darüber errichteten Parkhaus. Unmittelbar vor dem Eingang zu der Verkaufsstelle liege die Drillingsrolltreppe, die zur Erdgeschossebene 0 des Hauptbahnhofs mit den Aufgängen zu den Gleisen 13 und 14 führe. Durch vielfältige Auf- und Abgänge, Rolltreppen, Lichtschächte, Glas und Durchbrüche werde der einheitliche Charakter der zweigeschossigen Bahnhofspassage unterstrichen. Der optische Eindruck werde durch die Schilder an den Aufzügen im Bereich der Ebene -1 mit der Aufschrift "Promenade im Hauptbahnhof" und im Zugang auf der Seite des Raschplatzes mit der Aufschrift "Hauptbahnhof" verstärkt. Die beiden Aufzüge, die die Ebene -1 unmittelbar mit den Gleisanlagen verbinden, unterstrichen zudem den einheitlichen Charakter eines Personenbahnhofs mit drei Ebenen. Auch das Landgericht Hannover habe in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren eines auf der Ebene -1 gelegenen Blumengeschäftes den Bereich dem Bahnhof zugeordnet. Es sei unerheblich, auf welcher Ebene sich die Verkaufsstellen befänden. Auf den Hauptbahnhöfen in Hamburg und Leipzig gebe es unterhalb der Bahnsteigebene zwei Untergeschosse, in denen Ladengeschäfte angesiedelt seien. Im Gegensatz zu mehreren Geschäften auf der Ebene 0 im Hauptbahnhof Hannover beschränke sie den Verkauf außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten auf Reisebedarf. Selbst wenn in Einzelfällen entgegen der ausdrücklichen Beschränkung durch Aushang in ihrer Verkaufsstelle der Umfang des gesetzlich definierten Reisebedarfs überschritten worden sei, rechtfertige dies keine unbeschränkte Untersagungsverfügung.
Die Klägerin beantragt,
die von der Beklagten unter dem 02.06.2006 erlassene Untersagungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt ergänzend aus, die Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und die U-Bahn-Strecke unterhalb des Hauptbahnhofs Hannover seien Kreuzungen im Sinne des Eisenbahnkreuzungsgesetzes. Beide Kreuzungen seien Straßenbahnanlagen und keine Betriebsanlagen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz. Auch die Äußerungen der Bürger in den Medien, sie würden auf dem Weg von der Arbeit nach Hause noch für den nächsten Tag einkaufen, zeige, dass die klägerische Verkaufsstelle an einem Verkehrsknotenpunkt des Nah- und Stadtverkehrs liege. Der Zweck der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 LadSchlG, Fernreisenden die Gelegenheit zu schaffen, vor Reiseantritt Reisebedarfsartikel einzukaufen, und die Differenzierung hinsichtlich der Verkaufsstellen in § 8 Abs. 2a LadSchlG ließen jedoch eine Ausdehnung des Begriffs des Personenbahnhofs nicht zu. Für eine klare, den Anforderungen des Arbeitszeitschutzes und der Wettbewerbsneutralität gerecht werdenden Abgrenzung seinen nur objektive Kriterien geeignet. Die Verkaufsstelle der Klägerin lasse sich nach den Eigentums- und Nutzungsrechten nicht der Deutschen Bahn zuordnen. U-Bahn- und Passerellentunnel stünden in ihrem Eigentum. Im Gegensatz dazu sei die Deutsche Bahn Eigentümerin der sich über mehrere Etagen erstreckenden Promenade im Hauptbahnhof Leipzig. Auch gäbe es in Leipzig und Hamburg keine unterirdische Einkaufspassage, die sich wie die Niki-de-Saint-Phalle-Promenade durch die gesamte Innenstadt erstrecke und nur teilweise unter dem Hauptbahnhof verlaufe. Das Dauernutzungsrecht der Deutschen Bahn an den Läden in der Passerelle auf dem Bahnhofsgrundstück in Hannover reiche aber nicht, um den betrieblichen Zusammenhang mit dem Bahnhof herzustellen. Für eine konkludente Widmung sei kein Raum. Auch ohne ausdrückliche Widmung diene die Niki-de-Saint-Phalle-Promenade dem Fußgängerverkehr als Straßenunterführung und Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und Verkaufsstellen. Jedenfalls befinde sich die Verkaufsstelle der Klägerin außerhalb des Bahnhofsgrundstücks und außerhalb der Planungsgrenzen des genehmigten Bahnhofsbereichs. Der Bahn stünden hier keine Rechte und Befugnisse oder sonstige rechtliche Einwirkungsbefugnisse zu. Das Hausrecht in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade sei der F. übertragen worden. Dagegen erfolge die Bewachung der Bahnhofshalle ("Promenade im Hauptbahnhof") durch die Bundespolizei als Bahnpolizei. Es gelte die eigene Hausordnung der Deutschen Bahn. Der Versuch im Jahre 1999, eine einheitliche Hausordnung zu schaffen, sei gescheitert. Darüber hinaus zeige der Lageplan und die Darstellung im Internet, dass die Bahn den Bahnbereich in Hannover auf den Gleisbereich und die 0-Ebene beschränke. Die Verkaufsstelle der Beklagten liege auch nach den örtlichen Verhältnissen weder im Bahnhofsgebäude noch direkt unter dem Bahnhofsgebäude oder dem Gleisbereich, sondern unterhalb der Rundestraße. Unmittelbar neben dem Eingang zur Verkaufsstelle der Klägerin befinde sich der Abgang zu den Stadtbahnlinien der ÜSTRA. Bei den Schildern handele es sich um Wegweiser zur Bahnhofsebene und zu den Stadtbahnen. Zudem habe die klägerische Verkaufsstelle nach Sortiment und Größe keinen inneren Bezug zum Bahnhof.
Das Gericht hat hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten auf dem Hauptbahnhof Hannover Beweis durch Einnahme richterlichen Augenscheins erhoben.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2006 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Verfügung der Beklagten vom 02.06.2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Untersagung der Öffnung der Verkaufsstelle der Klägerin in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade 75 in Hannover zum geschäftlichen Verkehr mit Kunden außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten verstößt zwar nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG. Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn sich aus dem Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen für die Betroffenen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umständen für die Beteiligten die Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerwGE 31, 18 [BVerwG 05.11.1968 - I C 29/67]; 38, 211 [BVerwG 24.06.1971 - I C 39/67]; 84, 335) [BVerwG 15.02.1990 - 4 C 23/86]. Auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 3 LadSchlG im Tenor der angefochtenen Untersagungsverfügung der Beklagten vom 02.06.2006 ist aus der Begründung und den sonstigen den Beteiligten bekannten Umständen ersichtlich, dass die Beklagte mit der Regelung die allgemeinen Ladenschlusszeiten auf die in der Verfügung bezeichnete Verkaufsstelle der Klägerin angewendet wissen will. Die Klägerin hat die Regelung der Beklagten auch entsprechend aufgefasst.
Die angefochtene Verfügung der Beklagten ist indes unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig.
Die Öffnung der Verkaufsstelle der Klägerin in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade 75 in Hannover zum geschäftlichen Verkehr mit Kunden innerhalb der von § 8 Abs. 1 LadSchlG vorgegebenen Ladenöffnungszeiten stellt keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 11 des Niedersächsischen Gesetzes über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) dar.
Die Klägerin kann für die streitbefangene Verkaufsstelle abweichend von den allgemeinen Ladenschlusszeiten des § 3 LadSchlG für sich den Privilegierungstatbestand des § 8 Abs. 1 LadSchlG in Anspruch nehmen. Nach dieser Vorschrift dürfen abweichend von den Vorschriften des § 3 Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen und Magnetschwebebahnen, soweit sie den Bedürfnissen des Reiseverkehrs zu dienen bestimmt sind, an allen Tagen während des ganzen Tages geöffnet sein, am 24. Dezember jedoch nur bis 17.00 Uhr. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LadSchlG ist der Verkauf von Reisebedarf während der allgemeinen Ladenschlusszeiten zulässig.
Die Verkaufsstelle der Klägerin im Bereich der Ebene -1 befindet sich "auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen" im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG. Das LadSchlG selbst enthält keine Kriterien für die sachliche und räumliche Abgrenzung des aus Zeiten vor der Zusammenführung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn und der Privatisierung der Deutschen Bahn stammenden Begriffs.
Hinsichtlich der sachlichen Abgrenzung besteht insofern Einigkeit, dass die Ausnahmevorschrift des § 8 Abs. 1 LadSchlG nicht für alle Bahnhöfe, sondern nur für die dem Eisenbahnverkehr dienenden Bahnhöfe gilt (vgl. Zmarzlik/Roggendorff, LadSchlG, 2. Aufl. 1997, § 8 Rdnr. 7; Neumann, LadschlG, 4. Aufl. 2003, § 8 Anm. 3; Stober, LadSchlG, 4. Aufl. 2000, § 8 Rdnr. 9). Das entspricht der Regierungsbegründung (BR-Ds. 310/54, S. 19) und dem in der Gesetzgebung üblichen Gebrauch des Begriffs "Personenbahnhof" sowie der im Jahre 1986 im Zusammenhang mit der Stuttgarter Klettpassage eingefügten Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 2a LadSchlG, der die Personenbahnhöfe ebenfalls auf den Schienenfernverkehr bezieht. Eine solche Beschränkung ergibt sich auch aus dem Zweck der Ausnahmeregelung, den Bedürfnissen des Betriebs und des Verkehrs von Eisenbahnen zu dienen und Verkaufsstellen für den Fernreiseverkehr zu privilegieren (vgl. Zmarzlik/Roggendorff, a.a.O.; Stober, a.a.O., § 8 Rdnr. 11). Keine Personenbahnhöfe sind demnach U- und S-Bahnhöfe und Haltestellen von Straßenbahnen, die ausschließlich dem Ortsund Regionalverkehr dienen. Sofern Schienennetze wie im Einzugsbereich von Großstädten sowohl dem überregionalen als auch dem Nahverkehr dienen, sollen die Verkaufsstellen auf diesen kombinierten Personenbahnhöfen nach § 8 Abs. 1 LadSchlG zu beurteilen sein, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (Stober, a.a.O., § 8 Rdnr. 11; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.06.1959, BB 1959, 706).
Anhaltspunkte für die vorliegend streitige räumliche Abgrenzung lassen sich daraus nicht entnehmen.
Nach weitgehend übereinstimmender Auffassung in Literatur (Zmarzlik/Roggendorff, a.a.O. , § 8 Rdnr. 9 m.w.N.; Neumann, a.a.O., § 8 Anm. 3) und Rechtsprechung (BayOblG, Urt. v. 28.04.1959, GewArch. 1959, 147; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.06.1959, BB 1959, 706) ist für den Begriff der Verkaufsstelle auf Personenbahnhöfen von Eisenbahnen darauf abzustellen, ob die Verkaufsstelle nach der Verkehrsanschauung als dem Bereich des Personenbahnhofs räumlich und sachlich zugehörig anzusehen ist. Diese Betrachtung wird dem Zweck der Norm, die Versorgung der Reisenden zu ermöglichen, am ehesten gerecht und ermöglicht auch nach der Privatisierung der Deutschen Bahn, die vielerorts zu einem komplizierten Gefecht von Eigentums- und Nutzungsrechten geführt hat, weiterhin eine klare räumliche Abgrenzung. Sie stellt maßgeblich darauf ab, wie der durchschnittliche Reisende die Einrichtung "Personenbahnhof" wahrnimmt und welche Bereiche er frequentiert, um die Eisenbahn als Verkehrsmittel zu benutzen. Entscheidend für die räumliche Abgrenzung sind danach nicht rechtliche Erwägungen oder die Darstellung der DB AG im Internet, sondern die tatsächliche Situation vor Ort.
Die Verkaufsstelle muss nicht im Bahnhof selbst untergebracht sein, sondern kann sich auch außerhalb des Bahnhofsgebäudes auf dem Areal des Personenbahnhofs befinden, das dem Personenverkehr dient (OLG Hamburg, Urt. v. 19.06.1959 - Ws 78/59 -). Hingegen liegt eine Verkaufsstelle nicht mehr auf dem Personenbahnhof, wenn sie am Bahnhofsvorplatz durch eine Bundesstraße abgetrennt ist (BayOLG, Urt. v. 28.04.1959 - 4 St 88/58 -).
Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Augenscheineinnahme hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten auf dem Hauptbahnhof Hannover davon überzeugt, dass die streitbefangene Verkaufsstelle der Klägerin auf der Ebene -1 bei Betrachtung des räumlichen und funktionalen Zusammenhangs nach der Verkehrsanschauung dem Hauptbahnhof Hannover zuzurechnen ist.
Bereits die bauliche Gestaltung vermittelt dem unbefangenen Fernreisenden bei vertikaler Betrachtung den Eindruck, dass er sich auch im Bereich der Verkaufsstelle der Klägerin auf einem Personenbahnhof befindet. Die Eingänge mit der wie im übrigen Bahnhofsbereich auf blauer Grundfarbe angebrachten weißen Aufschrift "Hauptbahnhof Nordeingang" flankiert mit den Emblemen der DB grenzen die einheitlich gepflasterte Bahnhofshalle auf der 0-Ebene von der Rundestraße ab. Von der Rundestraße kommend befindet sich im linken Eingangsbereich u.a. ein Blumengeschäft, im rechten Eingangsbereich im Anschluss an eine Tafel mit umfangreicher Darstellung der Einkaufsmöglichkeiten auf der darunter liegenden Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade und den sich darüber befindlichen Gleisen das G.. Daran schließt sich der Nord-West-Ausgang des Bahnhofs an. In diesem Bereich auf der 0-Ebene der Bahnhofshalle befindet sich kurz vor den Aufgängen zu den Gleisen 13 und 14 eine große lichthofähnliche Öffnung, die einen freien Blick in den unteren platzähnlichen Erweiterungsteil der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade gewährt. Aus der Blickrichtung zum Nord-West-Ausgang ergibt sich, dass der Eingangsbereich der Klägerin unmittelbar unter dem Nord-West-Ausgang des Bahnhofs liegt und sich der Ladenteil im Wesentlichen unter dem Spielcenter befindet. Die Lage wird durch den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Auszug aus dem Geokataster der Beklagten mit Einzeichnung der genauen Lage der Verkaufstelle der Klägerin und der darüber liegenden Gebäude bestätigt. Die bauliche und optische Einheit von der Bahnhofshalle auf der 0-Ebene und dem platzähnlichen Erweiterungsteil der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade mit dem Eingangsbereich der klägerischen Verkaufsstelle wird durch die breite mit einer Lichtkuppel abgeschlossenen lichthofähnliche Öffnung, die Drillingsrolltreppe und den in der Pflasterung weitgehend angepassten Treppen- und Bodenbelag in der -1-Ebene der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade vermittelt. Auf dieser Ebene setzt sich die optisch und baulich einen einheitlichen Eindruck vermittelnde Gestaltung fort. Der kreisförmig erweiterte nach oben durch die Lichtkuppel abgeschlossene Bereich, in dem sich der Eingangsbereich der klägerischen Verkaufsstelle befindet, verengt sich in Richtung Ernst-AugustPlatz. Die in dem Erweiterungsteil der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade erkennbaren gestalterischen Elemente - schwarzer polierter Granit und darüber jeweils ein weißer fensterartiger indirekt beleuchteter Bereich und der einheitliche Bodenbelag - setzen sich in der verengten tunnelartigen Bereich der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade fort. Von dort aus gesehen ist der Blick zudem durch eine Staffelung von in der Pflasterung weitgehend den Bodenbelägen angepassten Treppen und von Fahrstühlen gekennzeichnet, die diesen Bereich mit der nächsten Etage im Bahnhof, der Ebene 0, verbinden. Darüber hinaus verbinden zwei Fahrstühle die Ebene -1 mit der Ebene 0 und den Gleisen 1 und 2 sowie den Gleisen des Fernverkehrs 9 und 10. Der optische Eindruck wird durch die blaugrundigen Schilder an den Aufzügen im Bereich der Ebene -1 mit der Aufschrift "Promenade im Hauptbahnhof" unterstrichen. Ferner ist der Zugang zur Ebene -1 auf der Seite des Raschplatzes mit blaugrundigen Schildern mit der weißen Aufschrift "Hauptbahnhof" versehen. Es handelt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht um bloße Wegweiser zur "Promenade im Hauptbahnhof" und zur Stadtbahnhaltestelle "Hauptbahnhof". Die Aufschrift muss vielmehr als Bezeichnung des Standortes angesehen werden. Es fehlt an einem Richtungspfeil, wie er auf den daneben angebrachten Schildern mit den Richtungsanzeigern zu U-Bahn, S-Bahn, Bus und DB sowie zur Passerelle, zum Ernst-August-Platz und zum "Kröpcke" enthalten ist.
An der Schnittstelle zwischen Rundestraße und dem sich darüber anschließenden Parkhaus findet im überbauten Bereich auf Ebene der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade ein Wechsel der Pflasterung von Ziegelpflaster zu dem auf den Ebenen -1 und 0 verwendeten Bodenbelag statt. Gleichzeitig grenzen fünf weiße Säulen den Eingang zur Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade visuell ab. Kurz danach verengt sich der Bereich und es schließt sich auf der rechten Seite mit Blickrichtung Ernst-August-Platz die Verkaufstelle der Klägerin und ein wenig versetzt auf der linken Seite die Filiale H. an. Vor der platzartigen halbkreisförmigen Erweiterung befindet sich ein ungenutzter Eingang zur klägerischen Verkaufsstelle. Der Eingangsbereich liegt erst in dem platzähnlichen und mit der Lichtkuppel abgeschlossenen Erweiterungsteil der Nicki-de-Saint-Phalle-Promenade. Gegenüber befindet sich die I.. Es handelt sich dabei um den Bereich, auf dem sich früher ein Blumengeschäft befand, dass bereits Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war. Das Landgericht Hannover ordnet in seinem Urteil vom 07.04.1993 (Az.: 23 O 22/93), bestätigt mit Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 09.02.1994 (Az.: 13 U 120/93), in einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsverfahren gegen den Inhaber des in der damaligen Passerelle Nr. 62 gelegenen Blumengeschäfts den Bereich der Ebene -1 dem Bahnbetrieb des Hauptbahnhofs Hannover zu. Das Landgericht Hannover stellt darauf ab, dass diese Verkaufsstelle unter Gleis 14 und dem eigentlichen Bahnhofsgebäude liegt und wegen der Verbindung der Passerelle durch Treppen mit dem Bahnhofsgebäude funktionell zu einem Teil des Bahnhofs wird. Nach den Feststellungen der Kammer ist die Verbindung nach dem Umbau des Bahnhofs Hannover mit einer einheitlichen äußeren Gestaltung der Ebenen und der Erweiterung der Lift- und Treppenanlagen noch enger geworden und unterstreicht den einheitlichen Charakter eines Personenbahnhofs mit drei Ebenen.
Der Erweiterungsteil der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade mit dem Eingangsbereich der klägerischen Verkaufsstelle wird erkennbar auch von Reisenden genutzt. Jedenfalls erreichten drei Reisende mit Koffern den in Augenschein genommenen Bereich. In dem kreisartig erweiterten Bereich der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade endet der einheitliche Boden- und Treppenbelag erst an den beiden Abgängen zu den U-Bahn-Gleisen der ÜSTRA, die den Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr auf der Ebene -2 ermöglicht. In dem Bereich zwischen dem Abgang der Drillingsrolltreppe und dem Eingangsbereich der Verkaufsstelle der Klägerin auf der Ebene -1 befinden sich auch Fahrkartenautomaten für den Personennahverkehr. Dass gleichzeitig eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr auf der Ebene -2 signalisiert wird, steht der Betrachtung als Bahnhof nicht entgegen. Damit dient das nähere Umfeld der klägerischen Verkaufsstelle - wie im Einzugsbereich von Großstädten üblich - gleichermaßen dem Umsteigen zu Zügen des Personennahverkehrs und des Personenfernverkehrs. Nach Stober (a.a.O., § 8 Rdnr. 11) sind Verkaufsstellen auf diesen kombinierten Personenbahnhöfen - wie oben dargelegt - nach § 8 Abs. 1 LadSchlG zu beurteilen sein, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Daran hat die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Zweifel.
Die Rechtsprechung zur Anwendung des Ladenschlussgesetzes für die Verkaufsstellen auf den Hauptbahnhöfen von Leipzig (dazu: BVerfG, Urt. v. 09.06.2004, NJW 2363, 2368) oder Hamburg (BGH Urt. v. 23.03.1995, NJW 1995, 2168 [BGH 23.03.1995 - I ZR 92/93]) erscheint für die räumliche Abgrenzung auf dem Hauptbahnhof Hannover hingegen wenig ergiebig. Auf den Hauptbahnhöfen von Leipzig und Hamburg befinden sich die Verkaufstellen im Bereich eines hallenartigen Gebäudes mit Zugang zu den Bahngleisen auf mehreren Ebenen galerieartig angeordnet, während im Bereich des Hauptbahnhofs Hannover durch die tunnelartige Anlage der Einkaufsstraßen auf zwei Ebenen mit Zugang zu den Bahnleisen über Fahrstühle und großzügige Schächte mit Treppenanlagen architektonisch bedingt nur der Zugangsbereich der Klägerin ähnlich offen wirkt wie in den Hauptbahnhöfen von Leipzig oder Hamburg.
Die abweichende Auffassung von Stober (LadSchlG, 4. Aufl. 2000, § 8 Rdnr. 13) und die von der Klägerin herangezogenen Kriterien sind hingegen nicht geeignet, eine klare dem Interesse der Rechtssicherheit entsprechende räumliche Abgrenzung der Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 LadSchlG vorzunehmen. Ausgehend von dem Begriff des "Nebenbetriebes" in § 8 Abs. 1 a.F. LadSchlG soll nach Stober ausschlaggebend sein, welches Gelände Bahnhofsbetriebszwecken zu dienen bestimmt ist. Das kann der Bahnhofsvorplatz sein, sofern er Teil des Bahnhofsbetriebsgeländes ist. Der räumliche Bahnhofsbereich soll sich mit dem Zuständigkeitsbereich der Bahnpolizei decken und deshalb einfach zu ermitteln seien. Anhand dieser Kriterien ist nach geltendem Recht und nach der Privatisierung der Deutschen Bahn eine klare Zuordnung nicht mehr möglich. Mit dem In-Krafttreten des Eisenbahnneuordnungsgesetzes vom 27.12.1993 war mit der Privatisierung der Bundesbahn die Aufgliederung ihrer Aufgaben auf eine Vielzahl von Gesellschaften verbunden. Mit der Rechtsänderung ist der von § 41 des früheren BBahnG verwendete Begriff des "Nebenbetriebes" aufgegeben worden. Er ist mit den Umstrukturierungsmaßnahmen auch nicht in Einklang zu bringen. Nach dem Vorbringen der Beteiligten haben sich die Eigentums- und Nutzungsrechte und die Zuständigkeiten im Bereich des Hauptbahnhofs seither derart geändert, dass eine klare Zuordnung auf den verschiedenen Ebenen nicht ohne weiteres möglich ist und es zusätzlich weiter gehender umfangreicher Vereinbarungen bedurfte.
So kann die Bahn nach § 7 Abs. 2 und 3 der von der Beklagten vorgelegten Rahmenvereinbarung vom 21.04.1969 Verkaufs- und Werbeanlagen unabhängig davon nutzen, ob sie in ihrem Eigentum
stehen. Ferner hat die Bahn frühzeitig in Verträgen mit der Beklagten sichergestellt, dass die Belange des Bahnhofsbetriebes auch auf Flächen gewahrt bleiben, die nicht in ihrem Eigentum stehen, aber räumlich und funktionell mit dem Bahnhofsgebäude eine Einheit bilden. Trotz unterschiedlicher Hausordnungen der Deutschen Bahn und der Hannoverschen Verkehrsbetriebe AG für den Bereiche der Ebenen 0 und -1 hat nach § 8.5 des Dauernutzungsvertrages der HGR mit der J. aus dem Jahr 2004 die HGR in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Sicherheit und Ordnung, der Erfüllung von Behördenvorschriften und dem Hausfrieden den Anweisungen des Bahnhofmanagements und der Angehörigen des Bundesgrenzschutzes Folge zu leisten.
Bei der räumlichen Abgrenzung des Personenbahnhofs kommt es mithin nicht auf die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse und die dazu von der Beklagten zitierte Rechtsprechung an. Auch die ursprüngliche Konzeption als Umsteigeanlage und bauplanungsrechtliche Erwägungen können für die räumliche Abgrenzung des Bahnhofs nicht herangezogen werden. Dem steht auch nicht entgegen, dass § 8 Abs. 2a LadSchlG zwischen Verkaufsstellen auf Personenbahnhöfen des Schienenfernverkehrs einerseits und Verkaufsstellen innerhalb einer baulichen Anlage, die einen Personenbahnhof des Schienenfernverkehrs mit einem Verkehrsknotenpunkt des Nah- und Stadtverkehrs verbindet, differenziert. Diese Verordnungsermächtigung bietet der jeweiligen Landesregierung eine weitere Möglichkeit, für den Bereich auf Personenbahnhöfen und darüber hinaus für Bereiche von Verkehrsknotenpunkten des Nah- und Stadtverkehrs Reisende und Berufspendler mit dem über den Reisebedarf hinausgehenden Warenangebot außerhalb der üblichen Ladenschlusszeiten des § 3 LadSchlG, andererseits aber nicht im Rahmen der erweiterten Ladenöffnungszeiten des § 8 Abs. 1 LadSchlG zu versorgen.
Dass der Bereich der klägerischen Verkaufsstelle auch von Reisenden frequentiert wird, die zwischen dem auf den Gleisen der DB stattfindenden Fernverkehr und dem Nahverkehr der ÜSTRA umsteigen, ist rechtlich unerheblich (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 19.06.1959, BB 1959, 706).
Die Beklagte kann auch nicht einwenden, dass die Verkaufsstelle der Klägerin nicht den Bedürfnissen des Reiseverkehrs zu dienen bestimmt ist, weil sie mit einer Ladenfläche von 934 qm, einer Verkaufsfläche von 788 qm und einem Sortiment, das dem eines großen Drogeriemarktes entspricht, die Grenzen des für Reisezwecke üblichen und erforderlichen überschreitet. Das von ihr herangezogene Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31.05.1996 (Az.: 6 L 3564/93, BauR 1997, 101 [OVG Niedersachsen 31.05.1996 - 6 L 3564/93]) betrifft ausschließlich die Anwendbarkeit des allgemeinen Baurechts im Bereich von Bahnhofsgebäuden und in Abhängigkeit davon die Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde und ist für die Auslegung § 8 Abs. 1 LadSchlG nicht geeignet. Aus bauordnungsrechtlicher Sicht erscheint es sinnvoll, auf die Größe des Ladens abzustellen. Eine Verkaufsstelle kann aber auch den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 LadSchlG entsprechend "den Bedürfnissen des Reiseverkehrs zu dienen bestimmt" sein, wenn sie - wie vorliegend - den Reisenden auf einer komfortablen Verkaufsfläche eine Vielfalt von Waren mit entsprechender Auswahlmöglichkeit bietet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Verkaufsflächen des klägerischen Ladengeschäfts im Eingangsbereich und zwischen den Warenregalen großzügig geschnitten.
Bereits der Bundesgerichtshof ist in seinem Urteil vom 23.03.1995 (NJW 1995, 2168 [BGH 23.03.1995 - I ZR 92/93]) zur Wandelhalle im Hamburger Hauptbahnhof davon ausgegangen, dass alle dort angesiedelten Läden Verkaufsstellen im Sinne des § 8 Abs. 1 LadSchlG sind, die den Bedürfnissen des Reiseverkehrs zu dienen bestimmt sind. Zu diesen gehört auch eine der im Hauptbahnhof Hannover vergleichbare Verkaufsstelle der Klägerin.
Ferner ist bei der Argumentation der Beklagten nicht nachvollziehbar, warum sie ihre aus dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 31.05.1996 gewonnenen Erkenntnisse nicht auch gegenüber dem auf der Erdgeschossebene 0 des Hauptbahnhofs Hannover gelegenen Drogeriemarkt K. in Gestalt einer Untersagungsverfügung zur Anwendung bringt. Dieser Drogeriemarkt ist mit einer Bruttofläche von 1.800 qm und einer Verkaufsfläche von etwa 950 qm deutlich größer als die klägerische Verkaufsstelle mit einer Ladenfläche von 934 qm und einer Verkaufsfläche von 788 qm.
Darüber hinaus kann sich die Beklagte auch nicht den durch das LadSchlG bezweckten Arbeitszeitschutz für Ladenangestellte und die Sicherung der Wettbewerbsneutralität berufen. Dieser ist in den Ausnahmevorschriften der §§ 4 bis 23 LadSchlG vom Gesetzgeber für die genannten Örtlichkeiten, Gewerbe und Warengruppen im öffentlichen Interesse, eine Versorgung der Reisenden mit Reisebedarf außerhalb der üblichen Geschäftszeiten zu ermöglichen, bewusst eingeschränkt worden (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.06.2004, NJW 2363, 2367 f.) und legt allenfalls eine restriktive Auslegung nahe, ohne die Abgrenzungskriterien näher zu bestimmen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten des § 3 LadSchlG tatsächlich nur Reisebedarf im Sinne des § 8 Abs. 1 LadSchlG und des § 2 Abs. 2 LadSchlG verkauft hat, ob die Beklagte ihr Ermessen bei der Untersagungsverfügung fehlerfrei ausgeübt hat und bei welchem der übrigen Verkaufsstellen auf der Ebene -1 die Grenze für die Anwendbarkeit der Sondervorschrift des § 8 Abs. 1 LadSchlG zu ziehen ist.
Mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unersagungsverfügung entfällt auch die Rechtsgrundlage für die gleichzeitig von der Beklagten ausgesprochene Zwangsgeldandrohung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGo-in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.