Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 07.08.1995, Az.: SS 247/95

Anspruch auf Aussetzung des Bußgeldverfahrens bei Verhinderung des Verteidigers

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
07.08.1995
Aktenzeichen
SS 247/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29332
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0807.SS247.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Im Bußgeldverfahren steht dem Betroffenen bei Verhinderung des Verteidigers ein unabdingbarer Anspruch auf Aussetzung nicht zu. Sein Interesse daran ist gegenüber einer gebotenen zügigen Durchführung. des Verfahrens abzuweisen.

Gründe

1

Der Verteidiger des Betroffenen hatte mit Schriftsatz vom 17. Februar 1995 beantragt, die auf den 03. März 1995 anberaumte Hauptverhandlung zu verlegen, weil er urlaubsbedingt abwesend sei. Das Amtsgericht hatte den Antrag mit Verfügung vom 22. Februar 1995 abgelehnt. Es hat in Abwesenheit des Verteidigers gegen den Betroffenen verhandelt.

2

Die darauf gestützte Verfahrensrüge ist nicht begründet. Die Teilnahme an der Hauptverhandlung ohne den gewählten Verteidiger war für den Betroffenen aus der Sicht des Tatrichters nicht unzumutbar. Der Senat hält gemäß § 228 Abs. 2 StPO; § 46 Abs. 1 OWiG an seiner Auffassung fest, dass dem Betroffenen in Verfahren der vorliegenden Art bei Verhinderung des Verteidigers ein unabdingbarer Rechtsanspruch auf Aussetzung der Hauptverhandlung nicht zusteht (vgl. StV 1991, 152; Beschluss vom 14. März 1995 - Ss 29/95 -; Göhler, OWiG, 11. Aufl., § 71, Rdn. 30 a m.w.H.). Allerdings sind das Interesse des Betroffenen an einer Verteidigung mit Hilfe eines Rechtsanwalts und das einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens gegeneinander abzuwägen. Diese Abwägung ergibt hier, dass es dem Betroffenen zuzumuten war, ohne den von ihm gewählten Verteidiger oder mit einem anderen Verteidiger an der Hauptverhandlung teilzunehmen. Den Akten, deren Inhalt über Urteil und Rechtsbeschwerdebegründung hinaus dem Rechtsbeschwerdegericht auf Grund der zulässigen Verfahrensrüge zugänglich ist, ist zu entnehmen, dass bereits im Verwaltungsverfahren den von dem Verteidiger vorgetragenen Beanstandungen nachgegangen worden ist. Das Ergebnis der weiteren Aufklärung war dem Verteidiger durch erneute Akteneinsicht bekannt geworden. Aus der Sicht des Tatrichters beschränkte sich das Verteidigungsinteresse des Betroffenen danach im Wesentlichen auf die Beurteilung der Frage, ob die Lokalisation des Messgerätes zu beanstanden war und ob von der Anordnung eines Regelfahrverbots abgesehen werden konnte. Die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens in der Weise, dass die Anwesenheit des gewählten Verteidigers nicht geboten war, ist unter diesen Umständen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

3

Die vorliegende Sache ist mit der in der Rechtsbeschwerdebegründung angeführten Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken, NZV 1993, 81, bereits deswegen nicht vergleichbar, weil in jener Sache der Verlegungsantrag auch verspätet beschieden worden war. Unter dieser Voraussetzung hätte der Senat wie das Oberlandesgericht Zweibrücken entschieden.