Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 02.02.2007, Az.: 7 ME 11/07
Voraussetzungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bei strafrechtlichen Auffälligkeiten; Voraussetzungen der Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis; Ausweisungsmöglichkeit eines die Grundfreiheit der Freizügigkeit genießenden Unionsbürgers; Ausweisung aus spezialpräventiven Gründen in Anbetracht einer in der Strafaussetzung zur Bewährung enthaltenen positiven Sozialprognose; Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 02.02.2007
- Aktenzeichen
- 7 ME 11/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 11273
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2007:0202.7ME11.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 20.11.2006 - AZ: 5 B 8286/06
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU
- § 11 Abs. 1 AufenthG
- § 55 Abs. 1 AufenthG
- § 177 Abs. 1 StGB
- § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB
Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen der Ermessensausweisung eines Nicht-EU-Ausländers, der nicht geringfügig gegen Strafvorschriften verstoßen hat, hier insbesondere zur Bedeutung einer Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung für die behördliche Einschätzung der Wiederholungsgefahr.
Gründe
Der Antragsteller, marokkanische Staatsbürger, wendet sich im Beschwerdeverfahren weiter gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen und deren Folgeregelungen der Antragsgegnerin, deren sofortige Vollziehung das Verwaltungsgericht bestätigt hat.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 2006 lehnte die Antragsgegnerin es ab, die zuvor mehrfach verlängerte Aufenthaltserlaubnis des 1998 in das Bundesgebiet eingereisten Antragstellers weiter zu verlängern, drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung der Ausreisepflicht die Abschiebung an und wies ihn aus. Zur Begründung legte sie dar, der Antragsteller sei am 13. Juni 2006 wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung inzwischen rechtskräftig zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden. Damit erfülle er einen Ausweisungstatbestand. Die Ausweisung werde angeordnet, weil das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer gravierender Straftaten das Interesse des Antragstellers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiege. Gegen ihn sei bereits im Jahre 2000 ein Verfahren wegen sexueller Nötigung anhängig gewesen, welches das Amtsgericht Hannover gegen Zahlung eines Geldbetrages an den Deutschen Kinderschutzbund eingestellt habe. Zudem habe sich bei den Zeugenvernehmungen im aktuellen Verfahren ergeben, dass der Antragsteller versucht habe, sich noch weiteren Mädchen - jeweils unter Ausnutzung des von ihm erteilten Nachhilfeunterrichts - unsittlich zu nähern. Der Antragsteller habe sich das seinerzeitige Strafverfahren nicht zur Warnung dienen lassen und mit seiner erneuten einschlägigen Straftat gezeigt, nicht gewillt zu sein, die geltenden Normen zu beachten. Mit der Ausweisung würden zu befürchtende weitere Verstöße verhindert. Der Berechtigung der Befürchtung stehe nicht entgegen, dass die Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Folge der Ausweisung sei, dass dem Antragsteller kein Aufenthaltstitel erteilt werden dürfe. Demzufolge sei er vollziehbar ausreisepflichtig. Abschiebungsverbote seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Anträge des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid erhobenen Klage anzuordnen und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Arbeitserlaubnis zu erteilen sowie ihm seinen Heimatpass herauszugeben, hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss abgelehnt. Die Antragsgegnerin habe die Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt, weil sie ermessensgerecht davon ausgegangen sei, dass die Voraussetzungen einer Ausweisung des Antragstellers vorlägen. Aufgrund der Sperrwirkung der Ausweisung dürfe ihm die angestrebte Vollzeitbeschäftigung nicht gestattet werden. Unter den gegebenen Umständen sei die Antragsgegnerin auch berechtigt, seinen Heimatpass einzubehalten.
Mit seiner am 5. Dezember 2006 eingelegten und am 21. Dezember 2006 begründeten Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine Begehren weiter. Das Verwaltungsgericht habe zu oberflächlich und zu Unrecht bestätigt, dass in seinem Fall die Voraussetzungen einer Ausweisung vorlägen; demzufolge sei auch die allein darauf gegründete Ablehnung der Aufenthaltsverlängerung rechtswidrig. Die für und gegen eine Ausweisung sprechenden Gründe seien nicht wirklich abgewogen worden, wofür auch der im Bescheid verwendete Begriff der "Regelausweisung" spreche. Vor allem habe die Antragsgegnerin die vom Strafgericht gewährte Strafaussetzung zur Bewährung und die damit verbundene günstige Sozialprognose nicht angemessen gewürdigt und keine nicht bereits vom Strafrichter gewürdigten Tatsachen benannt, die entgegen dem Strafurteil eine Wiederholungsgefahr begründeten. Eine solche bestehe auch tatsächlich nicht. Als Diplomingenieur der Elektrotechnik und Informatik sei er eine in Deutschland gefragte Fachkraft - dies bestätige die Stellungnahme seines Arbeitgebers etwa vom 18. Januar 2007 -, wolle hier weiter leben und werde dafür der eingeräumten Bewährung auf jeden Fall gerecht werden. Damit sei auch den einstweiligen Anordnungsanträgen zu entsprechen.
Die Antragsgegnerin hält den verwaltungsgerichtlichen Beschluss für zutreffend und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu seinen Gunsten, § 146 Abs. 4 S. 3, S. 6 VwGO.
1.)
Das Verwaltungsgericht ist bei seiner im Rahmen der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO angestellten Rechtmäßigkeitsprüfung zutreffend von dem Ansatz ausgegangen, dass einem Ausländer nach § 11 Abs. 1 S. 1, S. 2 AufenthG kein Aufenthaltstitel erteilt werden darf, wenn er - wie vorliegend der Antragsteller - (auch) ausgewiesen worden ist. Die gegen die Ausweisung anhängige Klage hat zwar nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die Wirksamkeit der Ausweisung bleibt davon jedoch unberührt, § 84 Abs. 2 S. 1 AufenthG. Da die Antragsgegnerin die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis mit der daraus folgenden Ausreisepflicht allein mit dem Vorliegen der Ausweisungsvoraussetzungen begründet hat, ist die Rechtmäßigkeit der Ausweisung, obgleich nicht direkt Verfahrensgegenstand, hier inzident als Vorfrage zu prüfen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28. November 1991- 1 S 2601/91 -, juris, Rn. 8). Erweist sich dabei, dass die Ausweisung rechtmäßig ist, kann eine (weitere) Prüfung, ob die Voraussetzungen der Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis im Übrigen vorliegen, entfallen. So liegt es hier.
a.)
Nach § 55 Abs. 1 AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt. Das ist nach Abs. 2 Nr. 2 der Vorschrift insbesondere der Fall, wenn er einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Antragsgegnerin und Verwaltungsgericht sind zu Recht davon ausgegangen, dass dies der Fall ist. Der "nicht nur geringfügige Verstoß gegen Rechtsvorschriften" liegt zweifelsfrei in der vom Antragsteller begangenen Nötigung und Vergewaltigung - einem Verbrechen - , wegen derer er nach § 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB vom Amtsgericht Hannover durch Urteil vom 13. Juni 2006 - 316a LS 3864 Js 54548/05 (214/05) - zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden ist.
b.)
Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass die Antragsgegnerin auch das ihr nach § 55 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG eingeräumte Folgeermessen zweckgerecht ausgeübt hat, § 114 S. 1 VwGO, § 40 VwVfG. Trotz der Verwendung des Begriffs "Regelausweisung" auf Blatt 3 des Bescheides hat sie die Ausweisung nicht auf § 54 AufenthG - Ausweisung im Regelfall -, sondern ausdrücklich zutreffend auf § 55 AufenthG - Ermessensausweisung - gestützt und auch inhaltlich eine umfängliche Abwägung des öffentlichen Interesses mit dem Interesse des Antragstellers an einem weiteren Aufenthalt in Deutschland vorgenommen.
aa.)
Zu Unrecht moniert die Beschwerde, Antragsgegnerin und Verwaltungsgericht hätten in diesem Zusammenhang die Bedeutung der vom Amtsgericht nach § 56 Abs. 1 StGB eingeräumten Strafaussetzung zur Bewährung verkannt, indem sie anders als dieses und ohne weiteres Tatsachenmaterial beim Antragsteller eine Wiederholungsgefahr angenommen hätten. Zwar trifft es zu, dass die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1978 - 1 C 91.76 - (BVerwGE 57, 61) nur unvollständig interpretiert wird, wenn man ihr lediglich entnimmt, dass die Ausländerbehörde an die Prognose des Strafrichters "nicht gebunden" sei. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat dem in dieser Entscheidung die Feststellung hinzugefügt, dass der Prognose gleichwohl erhebliches tatsächliches Gewicht zukomme und von ihr trotz der unterschiedlichen Gesetzeszwecke grundsätzlich nur bei Vorliegen überzeugender Gründe abgewichen werden könne, etwa wenn der Behörde ein umfassenderes Tatsachenmaterial zur Verfügung stehe, das genügend zuverlässig eine andere Einschätzung der Wiederholungsgefahr erlaube (a.a.O. m.w.N., S. 66). Es erscheint in der Tat zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen hier vorlägen.
Die Entscheidung gibt für den vorliegenden Fall jedoch nichts her, weil ihre Grundsätze nur für Angehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft oder diesen Gleichgestellte gelten.
Nach § 12 Abs. 1 und Abs. 4 AufenthG/EWG (seinerzeit) und - heute - § 6 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU ist die Ausweisungsmöglichkeit der grundsätzlich Freizügigkeit genießenden Unionsbürger gegenüber anderen Ausländern dahin eingeschränkt, dass die Tatsache einer strafgerichtlichen Entscheidung grundsätzlich nicht ausreicht. Eine Ausweisung kann nur verfügt werden, wenn zusätzlich eine "gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung" vorliegt, die Gefährdung "hinreichend schwer" ist und ein "Grundinteresse der Gesellschaft berührt" wird. Als marokkanischer Staatsbürger ist der Antragsteller indessen kein Unionsbürger, diesen auch nicht gleichgestellt und demzufolge nicht gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt. Die Einschränkungen durch das EU-Recht, die für Ausweisungen auf das Erfordernis einer gesteigerten Gefährdungslage im gleichsam polizeirechtlichen Sinne hinauslaufen, gelten für ihn mithin nicht.
bb.)
Die Ausweisung eines Ausländers, der nicht den besonderen Ausweisungsschutz genießt, aus spezialpräventiven Gründen dient der Vorbeugung gegen Gefahren, die von ihm künftig für die öffentliche Sicherheit und Ordnung allgemein ausgehen. Hat der Ausländer Rechtsverstöße begangen, hängt die Rechtfertigung von der Einschätzung der Wiederholungswahrscheinlichkeit ab. Je größer und folgenschwerer die zu erwartenden Schäden sind, desto geringer braucht die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu sein (BVerwG, Beschl. v. 19. März 1990 - 1 B 27.90 -, Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 122). Danach sind für bestimmte Fallgruppen besonders schädlicher Delikte an den Grad der Wiederholungswahrscheinlichkeit nur geringe Anforderungen zu stellen. Dazu gehören u.a. Gewalttaten wie die vom Antragsteller begangene Vergewaltigung. In diesen Fällen darf die Ausweisung schon vor der Schwelle einer konkreten Wiederholungsgefahr verfügt werden. Ein ausreichender Anlass liegt bereits dann vor, wenn lediglich die entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten besteht bzw. sich eine Wiederholungsgefahr nicht ausschließen lässt. Sie greift erst dann nicht mehr ein, wenn bei Anwendung praktischer Vernunft Verfehlungen nicht mehr in Rechnung zu stellen sind, d.h. wenn das von dem Ausländer ausgehende Risiko bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls letztlich kein anderes ist, als es "bei jedem Menschen mehr oder weniger besteht" (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. Juli 2003 - 11 S 420/03 -, juris Rn. 26 m.w.N.).
cc.)
Danach ist die Ausweisung des Antragstellers gerechtfertigt und die sie bestätigende verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht zu beanstanden. Es ließe sich angesichts der Schwere und Schädlichkeit der begangenen Straftat, die sich unter Gewaltanwendung gegen die sexuelle Selbstbestimmung richtete und im Grundsatz den Tatbestand des besonders schweren Falls des § 177 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StGB erfüllte, und angesichts der Schilderungen des Verhaltens des Antragstellers durch die Zeuginnen im Strafprozess bereits vertreten, allein aufgrund des der Verurteilung zugrunde liegenden Geschehens eine nicht auszuschließende Wiederholungsgefahr anzunehmen. Die vom Strafgericht zur Begründung der Strafaussetzung zur Bewährung angeführte Begründung ist wenig ergiebig und besteht praktisch nur in der zum Ausdruck gebrachten "Hoffnung, dass der Angeklagte sich unter dem Eindruck der Verurteilung als solcher bereits in Zukunft straffrei führen" werde. Eine nachvollziehbare Persönlichkeitsbeurteilung, wie sie für die Entscheidung nach § 56 Abs. 1 S. 2 StGB erforderlich ist, lässt sich dieser Begründung nicht entnehmen. Die davon zu Lasten des Antragstellers unter gründlicher Würdigung der Gesamtumstände abweichende behördliche Beurteilung steht mit der strafgerichtlichen Begründung damit maßstäblich nicht einmal in Widerspruch (vgl. ähnlich BVerwG, Beschl. v. 19. März 1990, a.a.O.).
Jedenfalls kommt vorliegend aber hinzu und ist auch von der Antragsgegnerin mit herangezogen worden, dass der Antragsteller bereits im April 2000 strafrechtlich einschlägig aufgefallen ist und es deshalb zu einem Verfahren wegen versuchter Beleidigung und sexueller Nötigung kam, das erst nach Eröffnung der Hauptverhandlung mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 5. Juni 2000 - 316 Ds 184 Js 21555/00 - gemäß § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages von 2.000,00 DM an den Deutschen Kinderschutzbund vorläufig eingestellt worden ist. Auch dieser Anklage lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Antragsteller Nachhilfestunden mit einer 16jährigen Schülerin dazu genutzt hatte, sich dieser gegen ihren Willen und unter Überwindung körperlichen Widerstands sexuell zu nähern. Obgleich der Antragsteller angesichts der ihm eigenen Bildung wissen musste, dass ein erneutes Straffälligwerden negative Folgen für seinen weiteren Aufenthalt in Deutschland haben würde, hat er sich das Verfahren im Jahr 2000 und die Zahlung der Geldbuße nicht zur Warnung dienen lassen, sondern ist innerhalb eines noch überschaubaren Zeitraums erneut einschlägig - und dazu wesentlich gewichtiger - strafrechtlich in Erscheinung getreten. Daraus wird ein gewisser Hang zu Gesetzesübertretungen im Bereich sexuelle Selbstbestimmung erkennbar, der es zumindest nicht ausgeschlossen erscheinen lässt, dass der Antragsteller erneut einschlägig straffällig wird. Da nach dem oben Ausgeführten (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 9. Juli 2003, a.a.O.) dafür bereits die entfernte Möglichkeit ausreicht, kann nicht beanstandet werden, dass Antragsgegnerin und dieser folgend das Verwaltungsgericht in diesem Sinne eine Wiederholungsgefahr angenommen und damit das Ausweisungsermessen unter diesem Gesichtspunkt sachgerecht ausgeübt haben.
c.)
Damit braucht der im angefochtenen Bescheid - ansatzweise - bejahten Berechtigung der Ausweisung auch aus generalpräventiven Gründen, bei der die in der Strafaussetzung zur Bewährung enthaltene positive Sozialprognose überhaupt nicht berücksichtigt zu werden brauchte, nicht weiter nachgegangen zu werden. Der Senat bemerkt dazu lediglich, dass hier vieles für das Vorliegen auch dieser Berechtigung spricht, weil das Schutzgut der sexuellen Selbstbestimmung das Grundinteresse der Gesellschaft berühren und deshalb das Bedürfnis bestehen dürfte, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch die Ausweisung andere Ausländer von Sexualdelikten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 39, m.w.N.).
d.)
Die Ausweisung erscheint auch insoweit ermessensgerecht und vom Verwaltungsgericht zutreffend gebilligt, als die Antragsgegnerin die in § 55 Abs. 3 AufenthG aufgeführten Kriterien als nicht entgegenstehend angesehen hat. Die seit 1998 entstandenen Bindungen des Antragstellers - ein Bruder lebt in Laatzen - im Bundesgebiet sind bei weitem nicht so gewichtig, dass sie das starke staatliche Sicherheitsinteresse überwögen. Die potentielle Beeinträchtigung dieses Interesses entfällt bereits von seiner Art her nicht dadurch, dass, worauf die Beschwerde aber vor allem hinweist, der Antragsteller eine Ausbildung besitzt, die ihn auf dem deutschen Arbeitsmarkt unbestritten gefragt macht (vgl. dazu etwa GA Bl. 127). Was seine weitere Existenz im Heimatstaat anbelangt, trägt der Antragsteller selbst vor, dass "auch in Marokko ein Ingenieur mit entsprechender Berufserfahrung gut leben kann".
2.)
Damit besteht auch keine - hier im Wege des Antrags auf einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO geltend gemachte und vom Verwaltungsgericht zutreffend verneinte - Verpflichtung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller eine Arbeitserlaubnis (§ 18 Abs. 2 AufenthG) zu erteilen; denn ohne Aufenthaltstitel, der ihm wegen der Sperrwirkung der Ausweisung nicht erteilt werden kann, ist eine Erteilung nach § 4 Abs. 3 S. 1 AufenthG nicht möglich. Der bisherige Titel gilt auch nicht gem. § 84 Abs. 2 S. 2 AufenthG als derzeit fortbestehend, weil der Antragsteller bisher noch keine Erlaubnis für eine Vollzeittätigkeit, wie er sie jetzt anstrebt, besessen hat. Ebenso wenig hat der Antragsteller einen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis nach § 10 BeschVerfV, weil kein Duldungsgrund nach § 60a AufenthG vorliegt.
3.)
Ohne Erfolg greift der Antragsteller schließlich die Verwahrung und gegenwärtige Nichtherausgabe seines Reisepasses durch die Antragsgegnerin an. Er verkennt bei seiner rechtlichen Kritik, dass § 50 Abs. 6 AufenthG bei ausreisepflichtigen Ausländern regelmäßig die Einziehung vorsieht und ein Ausnahmefall insoweit nicht gegeben ist. Das Verwaltungsgericht hat richtig ausgeführt, dass einen solchen Ausnahmefall insbesondere nicht die Absicht des Antragstellers darstellen kann, (etwa) bei der Firma C. eine dauerhafte Beschäftigung aufzunehmen; denn dazu ist er, wie ausgeführt, nicht berechtigt.