Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 26.10.2001, Az.: 2 B 2280/01
Vermessungsgebühren; Verwaltungsgebühr; Zwangsvollstreckung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 26.10.2001
- Aktenzeichen
- 2 B 2280/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39853
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 27.11.2001 - AZ: 8 MA 3736/01
Rechtsgrundlagen
- § 45 VwVG ND
- § 1 Abs 1 VermKatG ND
- § 7 VwVG ND
- § 66 Abs 2 VwVG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Gebühren der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure werden nach Maßgabe des nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckt.
Gründe
Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage 2 A 2279/01 vom 08.10.2001 gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 07.09.2001 anzuordnen,
bleibt erfolglos.
Das Rechtsschutzgesuch ist zulässig; insbesondere geht die Kammer von der Prozessfähigkeit des Antragstellers aus.
Anders als das Verwaltungsgericht Hannover im Beschluss vom 25.04.2001 zum Aktenzeichen 1 B 1064/01 ist die erkennende Kammer nicht davon überzeugt, dass hier besondere Umstände vorliegen, die auf das Fehlen der Prozessfähigkeit des Antragstellers hindeuteten. Keiner der Beteiligten hat dem Gericht - auch nur ansatzweise - Tatsachen unterbreitet, aus denen hinreichend sichere Rückschlüsse auf das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit des Antragstellers gezogen werden könnten. Dies gilt um so mehr, als der Antragsteller noch im Juni diesen Jahres vor dem Verwaltungsgericht Göttingen zum Verfahren 3 A 3051/99 persönlich verhandelt hat, ohne dass seine Prozessfähigkeit von ihm, dem dort erkennenden Einzelrichter oder Dritten in Frage gestellt worden ist. Auch im vorliegenden Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers nicht die Behauptung aufgestellt, der Antragsteller sei prozessunfähig. Er hat vielmehr kommentarlos Ablichtungen zweier Beschlüsse des Amtsgerichts Herzberg am Harz vom 06.07.2000 (M 333/2000) und vom 15.12.2000 (XVII 2157) zu den Akten überreicht. Allein dies führt aber nicht dazu, dass die Kammer die Prozessfähigkeit des Antragstellers in Frage stellen und von Amts wegen weitere Ermittlungen anstellen müsste.
Aber auch dann, wenn die Frage nach der Prozessfähigkeit des Antragstellers anders beantworten würde, hätte der Antrag keinen Erfolg, da in diesem Fall er als unzulässig abgelehnt werden müsste (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., Rn. 16 zu § 62).
In der Sache selbst ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unbegründet. Der Antragsteller wendet sich gegen eine Pfändungs- und Überweisungsverfügung, die die Antragsgegnerin als Vollstreckungsbehörde im Wege der Amtshilfe gemäß §§ 7, 45 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (im Folgenden: NVwVG) für die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure Reinicke und Geries aufgrund eines vollstreckbaren Leistungsbescheides dem Niedersächsischen Landesamt für Versorgung und Bezüge zugestellt hat.
Da sich der Antragsteller gegen die Vollstreckung aus einem Leistungsbescheid, also gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme wendet, hat die gleichzeitig von ihm erhobene Anfechtungsklage zum Aktenzeichen 2 A 2279/01 gemäß §§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 66 Satz 2 NVwVG keine aufschiebende Wirkung. Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung, ob auf Antrag des Vollstreckungsschuldners die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine Vollstreckungsmaßnahme anzuordnen ist, hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Es stellt dabei maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtbehelfs in der Hauptsache ab.
Die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage zum Aktenzeichen 2 A 2279/01 sind allerdings denkbar schlecht. Es spricht nämlich bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage alles dafür, dass die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Antragsgegnerin an die Versorgungsbehörde des Antragstellers rechtmäßig sein dürfte.
Soweit der Antragsteller meint, eine öffentlich-rechtliche Vollstreckung der Vermessungskosten sei nicht zulässig, weil für eine "Honorarklage" der Vermessungsingenieure allein der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, verkennt er die Rechtslage in Niedersachsen.
Nach § 1 Abs. 1 des Nds. Gesetzes über die Landvermessung und das Liegenschaftskatasters (im Folgenden: NVermKatG) obliegen die Landesvermessung und die Führung des Liegenschaftskatasters mit den dazu erforderlichen Vermessungen den Vermessungs- und Katasterbehörden des Landes. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift wirken öffentlich bestellte Vermessungsingenieure als Träger eines öffentlichen Amtes im Rahmen der für sie geltenden Berufsordnung an der Erfüllung der Aufgaben nach Abs. 1 mit (sog. "Beliehene"). Dies bedeutet, dass alle Tätigkeiten, die den Gesamtaufgaben Landesvermessung und Führung des Liegenschaftskatasters dienen, in Ausübung eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden, also Amtshandlungen in Angelegenheiten der Landesverwaltung im Sinne des § 1 VerwKostG sind, für die unter den gegebenen Voraussetzungen Kosten erhoben werden. Der öffentlich bestellte Vermessungsingenieur hat bei seiner
Mitwirkung nach dem NVermKatG die gleichen hoheitlichen Befugnisse wie die Vermessungs- und Katasterbehörde. Soweit er also Amtstätigkeiten ausübt, ist er nicht Vertreter eines Beteiligten, sondern unparteiischer Amtsträger. Der (dem Rechtsstreit hier zugrundeliegende) Vertrag des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs mit dem Antragsteller über eine Liegenschaftsvermessung ist ein öffentlich-rechtlicher (subordinationsrechtlicher) Vertrag, da zur Vertragserfüllung der Erlass eines Verwaltungsaktes wie z. B. Grenzfeststellung oder Abmarkung gehört (vgl. Möllering/Bauer, NVermKatG, 1990, Anm. 6.2.8 a). Für seine Amtstätigkeiten erhebt er - wie das Katasteramt - eine öffentlich-rechtliche Gebühr, was zur Folge hat, dass auch das kostenrechtliche Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlich ist (vgl. für die - ähnlich gelagerten - Gebühren des Bezirksschornsteinfegermeisters für das Ausbrennen von Feuerungsanlagen, BVerwG, Beschluss vom 18.12.1989, 8 B 141/89, NVwZ - RR 1990, 439 f). Die Kostenforderung des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs ist in Niedersachsen durch Leistungsbescheid, der ggf. im Verwaltungszwangsverfahren vollstreckt werden kann (a.a.O., Anm. 6.2.8 b), geltend zu machen. Die dem Leistungsbescheid Nr. 99043 der Dipl.-Ing. Reinecke und Geries vom 08.01.1999 zugrunde liegende Beauftragung zur Zerlegung verschiedener Flurstücke führte zu einer - wie soeben erwähnten - öffentlich-rechtlichen Amtshandlung der Vermessungsingenieure, die deshalb als beliehene Unternehmer hoheitlich tätig geworden sind. Wenn demgegenüber der Antragsteller die Rechtsauffassung vertritt, aus dem Beschluss des OLG Dresden vom 28.10.1999 zum Aktenzeichen 14 W 1786/98 (NJW-RR 2000, 1042 f) ergebe sich anderes, vermag die Kammer dem nicht beizutreten. Vielmehr hat das OLG in dieser Entscheidung u. a. ausgeführt: "Bei einem Streit um die Aufgabenerfüllung kommt es für die Rechtswegzuordnung folglich nicht auf das rechtliche Gepräge der Aufgabe, sondern auf das ihrer Erfüllung an". Dies auf den vorliegenden Fall angewandt, bedeutet, dass die Vermessungsingenieure Reinecke und Geries amtliche Aufgaben erledigt haben, deren Erfüllung hinsichtlich der Erlangung, Durchführung und Vergütung eben nicht (wie im anders gelagerten Fall des OLG Dresden) privat-rechtlich ausgestaltet war.
Ist nach dem Vorstehenden eine öffentlich-rechtliche Gebühr zu Recht durch Leistungsbescheid gegenüber dem Antragsteller festgesetzt worden, kann dieser Leistungsbescheid auch öffentlich-rechtlich vollstreckt werden (§ 1 NVwVG). Zutreffend wurde der Antragsteller als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen, denn gegen ihn ist der Leistungsbescheid gerichtet. Die Vollstreckungsvoraussetzungen im Sinne von § 3 NVwVG liegen ebenfalls vor. Der Leistungsbescheid ist nämlich nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens vor der Bezirksregierung Hannover unanfechtbar, die Leistung ist fällig und der Antragsteller ist als Vollstreckungsschuldner auch erfolglos gemahnt worden. Mit der Antragsgegnerin hat schließlich die zutreffende Vollstreckungsbehörde gehandelt (§ 6 Abs. 1 NVwVG). Sie hat den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren Reinecke und Geries, die nicht selbst Vollstreckungsbehörde sind, Vollstreckungshilfe gem. § 7 NVwVG geleistet.
Da im Übrigen keine Rechtsmängel der streitbefangenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung für die Kammer erkennbar sind und auch der Antragsteller nichts weiteres vorgetragen hat, ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.