Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 29.08.1998, Az.: 22 U 214/97
Anspruch gegen den Konkursverwalter auf abgesonderte Befriedigung aus der Konkursmasse; Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Pflichten als Sequester; Voraussetzungen für das Bestehen eines Absonderungsrechts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.08.1998
- Aktenzeichen
- 22 U 214/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 30565
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1998:0829.22U214.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg
Rechtsgrundlagen
- § 407 Abs. 1 BGB
- § 46 KO
- § 48 KO
Zum Sachverhalt
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Konkursverwalter auf abgesonderte Befriedigung aus der Konkursmasse, hilfsweise persönlich auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Pflichten als Sequester in Anspruch.
Die Gemeinschuldnerin, die einen Handwerksbetrieb führte, trat durch Vertrag v. 02.02.1994 der Klägerin zur Sicherung deren Forderungen gegen sie alle in dem Geschäftsbetrieb entstandenen oder künftig entstehenden Forderungen ab mit Ausnahme solcher von Lieferanten der Gemeinschuldnerin, solange jene einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterlagen. Bei Zahlungen auf die abgetretenen Forderungen durch Schecks sollte das Eigentum an diesen auf die Klägerin übergehen, sobald die Gemeinschuldnerin es erwarb.
Am 17.02.1995 ordnete das Gericht die Sequestration an und bestellte den Beklagten zum Sequester. Aufgrund der zugleich verhängten Postsperre erhielt der Beklagte drei Schecks von drei Schuldnern der Gemeinschuldnerin, die von der Abtretung an die Klägerin nichts wußten. Diese wurden dem Konto des Beklagten bei der Sparkasse U., das dieser unter der Bezeichnung Konkurs v. Kirschbaum eröffnet hatte, gutgeschrieben. Die Vereinbarung v. 02.02.1994 war dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Am 12.04.1995 wurde das Konkursverfahren eröffnet.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von 96.000,00 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen. Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin habe nur eine Konkursforderung, die sie während des Konkurses im Klagewege nicht verfolgen könne.
Das LG ist der Ansicht des Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet die Klägerin sich mit der Berufung. Sie meint nunmehr, da die Schecks ihr gehört hätten, sei sie zu ersatzweiser Absonderung berechtigt, weil der Beklagte die Schecks als ihr Treuhänder eingezogen habe. Hilfsweise nimmt sie diesen jetzt persönlich in Anspruch mit der Begründung, er hätte das Sequesterkonto auch für mögliche Aus- und Absonderungsberechtigte führen müssen, weil er mit solchen allgemein hätte rechnen müssen.
Aus den Gründen
Die Berufung ist unbegründet.
A.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter keinen Anspruch auf Zahlung von 94.787,04 DM.
I.
Ein solcher ist nicht gerechtfertigt unter dem Gesichtspunkt der Ersatzabsonderung (entsprechend § 46 KO).
1.
Die Gegenleistung für die Gegenstände, deren Absonderung aus der Konkursmasse die Klägerin hätte beanspruchen können, steht nicht mehr aus (§ 46 Satz 1 KO). Sie bestand in der Tilgung der drei Forderungen, zu deren Erfüllung die Schuldner der Gemeinschuldnerin die Schecks übersandt hatten, welche mit den Gutschriften für die Schecks auf dem Konto des Beklagten als Sequester für die Gemeinschuldnerin bei der Sparkasse U. eingetreten ist. Der dem Beklagten als Sequester aus den Gutschriften erwachsene Zahlungsanspruch gegen die Sparkasse U. aufgrund des mit dieser begründeten Geschäftsbesorgungsvertrages ist keine Gegenleistung der Schuldner der Gemeinschuldnerin mehr auf die Forderungen, welche diese der Klägerin zur Sicherheit abgetreten hatte und deren Einziehung durch den Beklagten als Sequester der Veräußerung von Gegenständen vor Eröffnung des Konkursverfahrens durch die Gemeinschuldnerin gleichsteht. Die Schuldner hatten, als die endgültigen Gutschriften aufgrund Vorlage der Schecks bei ihren bezogenen Kreditinstituten bewirkt waren, die gegen sie gerichteten Forderungen erfüllt. Da sie deren Abtretung an die Klägerin nicht kannten, muß diese die Leistungen an den Beklagten als Sequester für die Gemeinschuldnerin gegen sich gelten lassen (§ 407 Abs. 1 BGB).
2.
Die Klägerin kann auch die Gegenleistung, die in Gestalt des Zahlungsanspruchs gegen die Sparkasse U. vorhanden ist, nicht aus der Konkursmasse absondern (§ 46 Satz 2 KO). Die Gegenleistung ist nicht nach Konkurseröffnung zur Masse eingezogen worden (dazu: BGH, NJW 1991, 428 [BGH 04.10.1990 - IX ZR 270/89]). Dabei ist im Ergebnis bedeutungslos, daß nicht die Gemeinschuldnerin, sondern der Beklagte als Sequester die Gutschriften erwirkt hat, und dieses nicht auf einem Konto der Gemeinschuldnerin, sondern einem eigenen Konto als Sequester. Der dadurch aufschiebend bedingt durch das Ende der Sequestration begründete Auszahlungsanspruch der Gemeinschuldnerin gegen den Beklagten aufgrund des durch die Sequestration entstandenen gesetzlichen Treuhandverhältnisses war schon keine Gegenleistung für die eingezogenen Forderungen mehr, sondern nur Folge dieser Gegenleistung. Außerdem hat der Beklagte diesen Anspruch nicht nach Eröffnung des Konkursverfahrens in die Masse überführt, sondern dieser Anspruch ist von selbst in der Masse aufgegangen. Das Konto des Beklagten als Sequester bei der Sparkasse U. wurde mit Konkurseröffnung ohne weiteres Konkurskonto des Beklagten.
II.
Die Klägerin hat kein Absonderungsrecht an der Forderung des Beklagten als Konkursverwalter gegen die Sparkasse U., soweit diese aus der Einlösung der Schecks hervorgegangen ist (entsprechend § 48 KO). Dazu genügt nicht, daß die Klägerin mit Erwerb der Schecks durch die Gemeinschuldnerin, vertreten durch den Beklagten als Sequester, aufgrund vorweggenommener Einigung und vorab vereinbarten Besitzmittlungsverhältnisses sogleich selbst Eigentümerin der Schecks geworden ist. Der Beklagte hat mit der Einlösung der Schecks nicht als Treuhänder der Klägerin gehandelt. Er hat dabei nicht das Eigentumsrecht der Klägerin an den Schecks, sondern ein vermeintliches der Gemeinschuldnerin wahrgenommen. Der Beklagte wußte bei Einziehung der Schecks nichts von der Abtretung der Forderungen an die Klägerin, geschweige denn von dem genauen Inhalt des Abtretungsvertrages.
Er hat das Konto, auf das die Schecks gutgeschrieben wurden, ausschließlich für die Gemeinschuldnerin angelegt.
...
B.
Die Klage gegen den Beklagten persönlich hat ebenfalls keinen Erfolg.
I.
Sie ist als erhoben anzusehen, obwohl die Klägerin sie - bei einer Prozeßhandlung, die das Verfahren einleitet, grundsätzlich unzulässig - mit der Bedingung verknüpft hat, daß der Senat die Klage gegen den Beklagten als Konkursverwalter für erfolglos hält. Die Klägerin will indessen keine weitere Person in den Rechtsstreit einbinden, sondern nur dieselbe Person mit einer weiteren Haftungsmasse für ihre Forderung heranziehen.
II.
Der in diesem Vorgehen liegende gewillkürte Parteibeitritt ist zulässig (entsprechend §§ 263, 523 ZPO).
III.
Die Klägerin hat jedoch gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch in entsprechender Anwendung des § 82 KO. Der Beklagte hat seine Pflichten als Sequester der Klägerin gegenüber nicht verletzt. Er war nicht gehalten, die infolge der Beschlagnahme des Vermögens der Gemeinschuldnerin für diese eingehenden Gelder vorsorglich für denkbare Absonderungsberechtigte zu horten. Vielmehr mußte er mit Hilfe dieser Gelder die laufenden Verbindlichkeiten weiter erfüllen, wie er es auch getan hat (vgl. Seite 5 Nr. 3 seines Berichts v. 09.04.1995, Anlage zum Schriftsatz der Klägerseite v. 31.07.1998 - Bl. 109-113 d. A.). Seine Aufgabe bestand im Unterschied zu derjenigen als Konkursverwalter nicht darin, das Vermögen der Gemeinschuldnerin im Interesse deren Gläubiger zu verwerten, sondern er hatte es nur vor dem Zugriff der Gemeinschuldnerin zu schützen, damit diese es nicht zu Lasten ihrer Gläubiger schmälerte.