Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 11.12.2003, Az.: 3 A 84/99

Arbeitsleistung; Barunterhalt; Einkommensverhältnisse; Einzelfall; Eltern; Geldrente; Mietbeihilfe; Miete; Mieter; Mietverhältnis; Mietvertrag; Mietzinszahlung; Rechtsbindungswille; Rechtscharakter; Rechtsgeschäft; Scheingeschäft; Unterhaltsleistung; Unterhaltsvereinbarung; Unwirksamkeit; Verdacht; Verrechnung; Verrechtlichung; Vertragsfreiheit; Wehrpflichtiger; Wirksamkeit; Wirtschaftsgemeinschaft; Wohngemeinschaft; Zivildienst

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
11.12.2003
Aktenzeichen
3 A 84/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48385
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG - 18.08.2005 - AZ: 2 LA 883/04

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Allein ein an die Einkommensverhältnisse anknüpfender Verdacht, der Mietvertrag solle nur die erfolgreiche Beantragung von Mietbeihilfe ermöglichen, aber ansonsten keine Rechte und Pflichten begründen, reicht für die Annahme der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts noch nicht aus. Die Tatsache, dass der Kläger die vereinbarten Mietzinszahlungen mangels hinreichender eigener Einkünfte aus Einkommen oder Vermögen nur mit den Geldmitteln hätte bestreiten können, die ihm von seinen Eltern als Barunterhalt in Gestalt einer monatlichen Geldrente zugewandt hätten werden müssen, reicht nicht aus, um zu der rechtlichen Erkenntnis zu gelangen, der Kläger wäre kein Mieter von Wohnraum. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) macht die Wirksamkeit von Verträgen auch im Mietrecht weder von der wirtschaftlichen Abhängigkeit noch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Vertragspartner abhängig. Auch die Verrechnung eines Mietentgelts mit Arbeitsleistungen des Wehr- oder Zivildienstpflichtigen seitens der Eltern steht der Annahme hinreichend verrechtlichter Beziehungen zu den Eltern nicht von vornherein entgegen. Vielmehr bedarf es einer bereits von der zuständigen Behörde zu leistenden Aufklärung und Würdigung der gesamten Lebensumstände im Einzelfall.

Tenor:

Unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 13.1.1999 und des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 1.6.1999 wird der Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Mietbeihilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

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Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Mietbeihilfe für die Zeit seines Zivildienstes (2.11.1998 - 30.11.1999).

2

Am 28.6.1996 hat der Kläger seine Lehrzeit (1.8.1994 bis 28.6.1996) mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Während des Besuchs der Fachoberschule Technik (1.8.1996 bis 31.7.1998 erhielt er 458.- DM bzw. 615.- DM, während des anschließenden Praktikums vom 1.8. bis 31.10.1998 erhielt er 680.- DM BAföG.

3

Mit Antrag vom 28.9.1998 beantragte der Kläger unter Vorlage eines mit seinem Vater geschlossenen Mietvertrags die Gewährung von Mietbeihilfe für eine im ersten Stock des elterlichen Hauses gelegene Wohnung. Der Beklagte lehnte die Gewährung von Mietbeihilfe mit Bescheid vom 13.1.1999 mit der Begründung ab, der Kläger habe über kein ausreichendes eigenes Einkommen verfügt aus dem die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung möglich gewesen wäre. Den daraufhin erhobenen Widerspruch wurde mit Bescheid vom 1.6.1999 zurückgewiesen, der mit den Eltern geschlossene Mietvertrag sei aufgrund der Einkommensverhältnisse des Klägers als Unterhaltsvereinbarung zu werten; der Kläger gelte als Haushaltsangehöriger seiner Eltern. Ein Mietvertrag im Sinne des § 7a USG liege deshalb nicht vor.

4

Seine Klage vom 2.7.1999 begründet der Kläger im Wesentlichen dahingehend, er habe den Mietzins in Naturalleistungen und aus Sparverträgen erbracht. Die Eltern seien auf die Mietzahlungen angewiesen gewesen, da sie das Haus anders nicht hätten halten können. Es sei klar gewesen, dass für die Bestreitung des Mietzinses Bargeld nicht habe fließen können, doch sei man sich einig gewesen, dass die monatliche Miete nicht in Geld erbracht werden müsse, sondern durch Arbeitsleistungen erbracht werden sollte. Das Haus sei nach Erwerb im Februar 1997 in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand gewesen. Die schriftlich dokumentierten Arbeitsleistungen des Klägers seien mit dem Mietzins verrechnet worden. Der Mutter des Klägers sei die Gewährung von Sozialhilfe versagt worden, weil „die volle Miete“ des Klägers angerechnet worden sei.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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den Bescheid des Beklagten vom 13.1.1999 und den Widerspruchsbescheid vom 1.6.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Mietbeihilfe neu zu bescheiden.

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Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Der Beklagte tritt der Klage im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, der Kläger habe seinen Lebensbedarf nicht aus eigenem Einkommen decken können. Da die Wohnung Eigentum der Eltern sei, sei der Vertrag als Unterhaltsvereinbarung zu werten. Nachweise über Zahlungen seien nicht vorgelegt worden. Die Eltern hätten Geld-, nicht aber Sachleistungen quittiert. Bei der Fremdmittelaufnahme im rahmen des Hauserwerbs hätten die Eltern den Kläger als haushaltsangehöriges Kind angegeben.

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Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Mietbeihilfe zu Unrecht abgelehnt, denn dieser war zu Beginn des Zivildienstes länger als sechs Monate (§ 7a Abs. 2 Nr. 1 USG)) alleinstehender Mieter von Wohnraum im Sinn des § 7a Abs. 1 USG i.V.m. § 78 Abs. 1 ZDG.

12

Für das mit dem Tatbestandsmerkmal „Mieter“ grundsätzlich geforderte Vorliegen eines Mietvertrages ist entsprechend § 535 BGB wesentlich, dass der Vermieter dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit gewährt, die Sache in einem gebrauchsfähigen Zustand erhält und der Mieter als Gegenleistung den Mietzins zahlt. Eine entsprechende Vereinbarung kann schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Handeln getroffen werden, wobei die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Mietvertrag überwiegend dispositiv sind (vgl. dazu OVG Münster, Urt. v. 29.04.1985, 12 A 354/84, in: Eichler, USG, 707a S. 91). Dabei ist nicht erforderlich, dass ein Mietvertrag im strengen Sinn geschlossen wird. Bereits nach Abs. 2 der Ziffer 7a.32 der Hinweise des Bundesministers der Verteidigung i.d.F. v. 24.10.1989 galt als Mieter auch derjenige Wehrpflichtige, der seine Wohnung „aufgrund eines dem Mietverhältnis ähnlichen Rechtsverhältnisses nutzt“. Der Begriff „Mieter von Wohnraum“ ist nicht eng zu verstehen, und die Frage, ob ein Wehrpflichtiger Wohnraum gemietet hat, nicht ausschließlich nach den mietrechtlichen Vorschriften des BGB zu beurteilen. Diese erweiterte Auslegung entspricht dem oben dargelegten Zweck des § 7a USG, den alleinstehenden Wehrpflichtigen finanziell in die Lage zu versetzen, seinen Wohnraum während der Zeit des Wehrdienstes behalten zu können. Daher ist auch dann, wenn ein Mietverhältnis nicht festgestellt werden kann, der Wehrpflichtige jedoch aus einem anderen rechtlichen Grund verpflichtet ist, für Wohnraum, der ihm überlassen ist, ein Entgelt zu zahlen, er das Entgelt tatsächlich zahlt und er ohne diese Zahlung den Wohnraum verlieren würde, das Tatbestandsmerkmal „Mieter von Wohnraum“ grundsätzlich erfüllt. Auch dieses Entgelt soll nach der Intention des Gesetzes durch die Mietbeihilfe erstattet werden (OVG Münster, Urt. v. 29.04.1985, 12 A 354/84, in: Eichler, USG, 707a S. 91, 92).

13

Unverzichtbar für die Annahme eines „Mietvertrages“ in diesem Sinne ist aber, dass die Beteiligten mit Rechtsbindungswillen entsprechende Vereinbarungen treffen wollten. Hieran fehlt es, wenn keine Verrechtlichung der Beziehungen zwischen den Beteiligten gewollt war, weil z.B. der Wehrpflichtige im Verhältnisse zu seinen Eltern lediglich die auf die von ihm genutzten Räume anteilig entfallende Miete selbst tragen sollte (VG Düsseldorf, Urt. v. 04.11.1982, 11 K 4509/81, in: Eichler, USG, 707a, S. 51, 52; VG Köln, Urt. v. 22.04.1982, 8 K 157/81, in: Eichler, USG, 707a, S. 29, 30). Dementsprechend hat der Wehrpflichtige um einen geeigneten Nachweis zu führen, der Unterhaltssicherungsbehörde regelmäßig einen auf seine Namen lautenden Mietvertrag oder eine schriftliche Bestätigung des Vermieters vorzulegen (Eichler, USG, § 7a Anm. III 3).

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Der Mietvertrag ist von den Vertragsparteien individuell verfasst worden und bezieht sich auf die Besonderheiten des Mietobjekts. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien den Eintritt des im Vertrag vereinbarten Erfolgs tatsächlich nicht oder nicht ernsthaft wollten, lassen sich weder dem Vertragstext selbst noch den im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss bekannten Lebensumständen entnehmen.

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Insoweit begnügen sich die angegriffenen Bescheide damit, auf die Einkommensverhältnisse des Klägers abzustellen, ohne dessen Lebensverhältnisse ermittelt zu haben. Allein ein an die Einkommensverhältnisse anknüpfender Verdacht, der Mietvertrag solle nur die erfolgreiche Beantragung von Mietbeihilfe ermöglichen, aber ansonsten keine Rechte und Pflichten begründen, reicht für die Annahme der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts noch nicht aus. Die Tatsache, dass der Kläger die vereinbarten Mietzinszahlungen mangels hinreichender eigener Einkünfte aus Einkommen oder Vermögen nur mit den Geldmitteln hätte bestreiten können, die ihm von seinen Eltern als Barunterhalt in Gestalt einer monatlichen Geldrente zugewandt hätten werden müssen, reicht nicht aus, um zu der rechtlichen Erkenntnis zu gelangen, der Kläger wäre kein Mieter von Wohnraum. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) macht die Wirksamkeit von Verträgen auch im Mietrecht weder von der wirtschaftlichen Abhängigkeit noch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Vertragspartner abhängig.

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Dieser Grundsatz steht auch der auf die Verwaltungsvorschrift in Nr. 7a.4 Abs. 2 der Hinweise zu § 7a USG i.d.F. von 1998 gestützten Annahme der Beklagten, der vorgelegte Vertrag sei nicht als Mietvertrag, sondern als Unterhaltsvereinbarung zu werten, entgegen. Wenn die Hinweise zu § 7a USG das Vorliegen eines Mietvertrags zwischen einem Zivildienstleistenden und seinen Eltern davon abhängig machen, dass der Zivildienstleistende bei Abschluss dieser Vereinbarung über eigene wiederkehrende Einnahmen in ausreichender Höhe verfügt, mit denen er die laufenden Zahlungen des Entgelts bestreiten kann, verkennen sie den Rechtscharakter einer Unterhaltsvereinbarung. Wählen z.B. Eltern die nach § 1612 BGB zulässige Gestaltung des Unterhalts durch Abschluss eines Mietvertrages mit ihrem erwachsenen Kind, so kann darin auch nicht ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB gesehen werden (vgl. VG Hannover, Urteil vom 13.3.2003, 6 A 3092/01, m.w.Nachw.) Eine gesetzgeberische Wertung, welche die vom Wehr- oder Zivildienstleistenden seinen eigenen Eltern geschuldeten Mietzinszahlungen von der Sicherung des Lebensbedarfs während der Wehr- oder Zivildienstes ausnimmt, ist weder dem USG noch anderen gesetzlichen Regelungen zu entnehmen. Vielmehr lässt sich aus der Normierung des Ausschlusstatbestandes in § 7a Abs. 1 Satz 2 USG schließen, dass der Gesetzgeber mit Ausnahme des Lebens in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Angehörigen alle anderen unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Dienstleistenden zu ihren Eltern gerade nicht von der Sicherung des Lebensbedarfs ausgenommen hat (VG Hannover, a.a.O.; VG Düsseldorf, 8.10.1992, 11 K 3095/90, Eichler/Oestreicher, USG, 707a S. 230 ff). Eine solche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft war vorliegend jedoch nicht gegeben; vielmehr war der Kläger auch alleinstehend im Sinn des § 7a Abs. 1 USG. Dies ist ein Wehr- oder Zivildienstleistender bereits dann, wenn es an einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, mithin entweder am gemeinsamen Wohnen oder am gemeinsamen Wirtschaften fehlt. Bewohnt er im Hause seiner Eltern eine abgegrenzte Wohnung und hat sich von seinen Eltern somit wohnungsmäßig getrennt, so ist er auch dann alleinstehend, wenn er von diesen im Übrigen finanziell abhängig ist (OVG Münster, 19.6.1990 12 A 993/87, Eichler/Oestreicher, USG, 707a S. 197 ff; OVG Saarlouis, 1.2.1990, 1 R 27/89, ebenda, S. 184 ff).

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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der durch den Vater in den wesentlichen Punkten bestätigten Bekundungen der Mutter des Klägers fest, dass die Beteiligten mit Rechtsbindungswillen die Überlassung von Wohnraum zur Nutzung gegen Entgelt im Sinne der mietvertraglichen Bestimmungen des BGB gewollt und dementsprechend einen Mietvertrag geschlossen haben, wie ihn der Kläger dem Beklagten vorgelegt hat. Die Zeugin hat die elterliche Motivation zur Verrechtlichung ihrer Beziehungen zum Kläger plausibel dargelegt. Ihre Schilderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Notwendigkeit aufwendiger und deshalb bei Auftragsvergabe kostspieliger Renovierungsarbeiten begründet die Aussage, auf Einnahmen in Höhe der Miete wirtschaftlich angewiesen gewesen zu sein. Die bezüglich des Klägers und dessen Geschwister bereits in der Vergangenheit geübte Praxis, deren Mitarbeit per Stundenlohn entsprechend den Regelungen bei Arbeitsverhältnissen zu entgelten, macht nachvollziehbar, dass der Zeugin auch für die weitere Ausgestaltung der Verhältnisse nach Bezug des erworbenen Hauses rechtlich geprägte Vereinbarungen geboten bzw. ratsam erschienen. Die dargelegte Absicht, sich des Arbeitseinsatzes des Klägers über die Verrechnung des Mietentgelts mit einer für Arbeitsleistungen gewährten Vergütung verlässlich zu versichern, fügt sich in die übrigen Schilderungen der Zeugin widerspruchsfrei ein. Auch die Darlegungen des Klägers zu seinen damaligen Lebensverhältnissen lassen das seitens der Zeugen angegebene Bedürfnis, die wechselseitigen Leistungen in den zwischen jedweden Dritten gebräuchlichen vertraglichen Formen zu regeln, um auf diese Weise gegenüber dem Kläger auf eine klare Vereinbarung verweisen zu können, verständlich erscheinen. Auch ist der Standpunkt der Zeugin nachvollziehbar, dass der bereits erwachsene Kläger seine Arbeitskraft zur Bestreitung seines Lebensunterhalts - sei es bei Dritten oder bei seinen Eltern - einsetzen sollte. Dass dies der Zeugin auch mit Blick auf die Geschwister des Klägers aus Gründen der Gleichbehandlung geboten erschien, spricht für eine dementsprechende erzieherische Grundeinstellung, deren Bestehen durch keine gegenläufigen Umstände in Frage gestellt wird. Auch der Umstand, dass die Verselbständigung der Lebensverhältnisse des Klägers bereits zuvor in der Anmietung zweier getrennter Wohnungen Ausdruck gefunden hat, stimmt hiermit überein, wie auch die Schilderungen des Klägers bezüglich seiner Lebensführung diesen Verselbständigungsprozess bestätigen.

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Gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin spricht auch nicht der Umstand, dass die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Quittungen über Mietzahlungen sowie die Aufstellung über verrechnete Arbeitsstunden erst im Nachhinein gefertigt worden sind. Diesen Umstand hat die Zeugin von sich aus dargelegt und erläutert, einen Hinweis seitens des Beklagte so verstanden zu haben, dass es dieser Belege bedürfe. Hierzu hat die Zeugin ergänzend unter Bezugnahme auf ihre Erfahrungen aus der früheren Firma mit der Darlegung einer kontinuierlichen Einforderungen von Arbeitsleistungen (jedenfalls) entsprechend der Höhe des Mietentgelts eine tatsächlich geübte Verrechnungsweise dargelegt, die sowohl vor dem Hintergrund kleiner Gewerbebetriebe wie auch des familiären Hintergrunds plausibel ist. Ohne diesbezüglichen Vorhalt hat die Zeugin auch aus eigenem Antrieb geschildert, dass dem Kläger aufgrund der tatsächlich erbrachten Leistungen weitergehende Ansprüche zugestanden hätten, ihm diese Leistungen jedoch nicht vergütet worden seien. Vor dem Hintergrund der elterlichen Absicht, den Kläger zur (Erwerbs-)Tätigkeit anzuhalten und von ihm Arbeitsleistungen (jedenfalls) in Höhe der Mietaufwendungen zu erhalten, spricht dieser Umstand jedoch nicht durchgreifend gegen eine Verrechtlichung der Beziehungen. Insoweit ist bedeutsam, dass nach Überzeugung des Gerichts die entscheidende Initiative zur rechtlichen Gestaltung der Beziehungen von den Eltern des Klägers ausging, die ihren Hauserwerb sichern und das Verhalten des Klägers steuern wollten. Demgegenüber ist die Erklärung des Klägers, der seine eigene Interessenlage erläuternd herausgestellt hat, wenngleich den elterlichen Schilderungen nicht widerstreitend, aufgrund der gesamten Einlassungen des Klägers von seinem Sozialisationsprozess jedoch maßgeblich von dessen Selbstwahrnehmung geprägt. Der Kläger war, wie dies bei vielen Heranwachsenden und jungen Erwachsenen zu beobachten ist, nur begrenzt bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse aktiv und konzentrierte sich auf die von ihm geschilderte Art privater Lebensführung, wobei er die Umsetzung der getroffenen Abreden vertrauensvoll seiner Mutter überließ.

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Der Vater des Klägers hat die Einlassungen der Zeugin widerspruchsfrei bestätigt. Seine Schilderung des eigenen Unvermögens an den Ausbau- und Renovierungsarbeiten mitzuarbeiten sowie die Begründung der Notwendigkeit einer rechtlichen Ausgestaltung der Beziehungen zum Kläger in Form eines Mietvertrages sowie einer von diesem unabhängigen Vergütungs- und Verrechnungsabrede ergänzt die Ausführungen der Zeugin und bestätigen im Übrigen, dass dieser die tragende Rolle bei der Bewältigung aller Belange des Alltags zugefallen war.

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Mit den Bekundungen der Zeugen findet das für die vorliegende Entscheidung maßgebliche Vorbringen des Klägers Bestätigung, ohne dass dessen Vortrag im Übrigen in jeder Hinsicht glaubhaft wäre. Doch ergeben sich hieraus keine durchgreifenden Bedenken, die der Annahme eines Mietvertrages entgegen zu halten wären. Seine Darlegungen zu den nach Handwerkerart gefertigten Stundenzetteln dienten nach Einschätzung des Gerichts der von ihm für hilfreich erachteten Abrundung seines Sachvortrags, ohne jedoch auf einer tatsächlich geübten Praxis zu beruhen. Dass die von ihm angegebenen und erbrachten Leistungen die Höhe des Mietentgelts überstiegen ist dem Kläger erst nach mehrfacher Erläuterung seitens des Gerichts im Termin klar geworden. Dass ihm dieser Umstand nicht früher bekannt war, erklärt sich aus seiner bereits angesprochenen Lebensführung, bei der er die Erledigung derartiger Angelegenheiten seiner Mutter überließ. Sein anschließend zu Beginn der Vernehmung der Zeugin dieser gegenüber erhobene Vorwurf, ihm habe damals ja noch mehr zugestanden, illustriert familiäre Beziehungen, die den Wunsch der Zeugen nach einer rechtzeitigen rechtlichen Ausgestaltung der Verhältnisse, weil dies gerade unter Verwandten und Freunden geboten sei, erfahrbar machen.

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Aus dem Sachverhalt im Übrigen haben sich keine Umstände ergeben, die die Glaubhaftigkeit der Bekundungen durchgreifend entgegen stünden. Art und Umfang der Renovierungsarbeiten wie auch die Wohnverhältnisse sind anhand der beigezogenen Unterlagen nachvollziehbar dargelegt worden. Dass die Zeugen dem Kläger während der Zeit des Zivildienstes angesichts der erwarteten Nachzahlung der Mietbeihilfe trotz fehlender Zahlungen tatsächlich nicht kündigten, lässt nicht den tragfähigen Rückschluss zu, bereits bei Vertragsschluss habe kein Rechtsbindungswille bestanden, zumal dieser Umstand ausweislich der mit den Einlassungen im Übrigen stimmigen Angaben des Klägers zu einer Steigerung familiärer Spannungen geführt haben. Dem entspricht es, dass die Zeugin das Mietverhältnis mit dem Kläger nach Ablauf des Zivildienstes zugunsten einer anderweitigen Vermietung beendet und diesen bis zu seinem Umzug an seinen Studienort behelfsmäßig untergebracht hat. Aus den eine Haushaltszugehörigkeit des Klägers vorgebenden Angaben der Zeugen im Rahmen der Finanzierung des Hauserwerbs lässt sich ebenso wenig ein durchgreifendes Argument wider die Rechtsposition des Klägers gewinnen, wie andererseits der Umstand nicht ausschlaggebend für ihn streitet, dass der Zeugin die Mieteinnahmen seitens des Sozialamts angerechnet wurden. So wie erstgenannte Angaben unrichtig sein konnten, stellte sich letztere Verfahrensweise als Konsequenz des seitens des Klägers wie der Zeugen vertretenen Auffassung dar, so dass sie jedenfalls insoweit nicht der Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens trifft.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Berufungszulassungsgrund i.S.d. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist nicht gegeben.