Landgericht Oldenburg
Urt. v. 10.10.2001, Az.: 2 S 649/01

Geltendmachung einer Mietminderung von 30 Prozent ; Erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit zum Mietgebrauch einer Wohnung auf Grund von Sturmschäden am Dach; Positive Vertragsverletzung des Mietvertrages bezüglich einer mietvertraglich vereinbarten Stromkostenpauschale; Erhebliche Überschreitung einer mietvertraglich vereinbarten Stromkostnepauschale; Gegenbeweis einer Mieterin, dass ein erhöhter Stromverbrauch ihr nicht zuzurechnen ist

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
10.10.2001
Aktenzeichen
2 S 649/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 26340
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2001:1010.2S649.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg - 23.05.2001 - AZ: E 5 C 5073/01 XXIII

Fundstelle

  • NZM 2002, 337-338

In dem Rechtsstreitverfahren
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2001
durch
die Richterin am Landgericht ... als Vorsitzende
und die Richterinnen am Landgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    ) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 23. Mai 2001 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen geändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.828,80 DM nebst 4% Zinsen seit dem 12. April 2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. 2.

    ) Von den in I. Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 15% und die Beklagte 85%.

    Von den in II. Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 15% und die Beklagte 85%.

    ...

Tatbestand

1

(Von einer Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen).

Entscheidungsgründe

2

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.

3

I.

Die Berufung der Beklagten ist begründet insoweit, als sie eine Mietminderung von 30% nicht erst seit Mitte Februar 2000 bis Juni 2000 geltend machen kann -wie vom Amtsgericht entschieden-, sondern bereits seit November 1998 die Miete um 30% mindern kann, also für weitere 15 1/2 Monate.

4

Die Beklagte hat mit Vertrag vom 5. Juli 1997 die fragliche 3-Zimmer-Wohnung zum Preis von 550,00 DM zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 70,00 DM pro Monat angemietet. Aufgrund der Sturmschäden am Dach des Hauses im Juni 1998 drang umfangreich Feuchtigkeit in die Wohnung der Beklagten ein. Abgesehen von feuchten Stellen in sämtlichen Räumen und Schimmelbildung führte der Wassereinbruch auch zu erheblichen optischen Beeinträchtigungen, die -wie auch die vom Sachverständigen am 2. September 1999 angefertigten Fotos zeigen- erheblich waren. Auch die Feststellungen des Amtsgerichts, welches zu dieser Frage Beweis erhoben hat, belegen anschaulich, daß die Beeinträchtigungen erheblich waren. In welchem Umfang diese Beeinträchtigungen die Tauglichkeit zum Mietgebrauch beeinträchtigten, ist jeweils eine Ermessensfrage; da sämtliche Räume von den Durchfeuchtungen betroffen waren und bei Extremwetterlagen immer wieder erneut Feuchtigkeit eindringen konnte, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß eine Mietminderung von 30% unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gerechtfertigt ist. Somit ist die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit abzuändern, als dieses der Klägerin Mietrückstände von 852,50 DM für den streitigen Zeitraum zugesprochen hat. In der er Zeit von November 1998 bis Mitte Februar 2000 (15 1/2 Monate) schuldet die Beklagte 10% pro Monat entsprechend 55,00 DM weniger als vom Amtsgericht entschieden, somit 852,50 DM weniger. Die übrigen Berechnungen des Amtsgerichts sind zutreffend, so daß eine Forderung der Klägerin von 4.828,80 DM verbleibt.

5

II.

Die darüber hinausgehende Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zutreffend ist das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von 4.828,80 DM zusteht (positive Vertragsverletzung des Mietvertrags in Verbindung mit § 242 BGB). Gemäß § 3 des Mietvertrags beträgt der Mietzins monatlich 550,00 DM. Weiter heißt es dort: "Die anteiligen Betriebskosten werden erhoben in Form ... einer monatlichen Pauschale von 620,00 DM". Handschriftlich daneben ist notiert 60,- Strom" und 10,- Wasser" sowie "Müll, Kanal". Dies führt zu der Auslegung, daß eine Stromkostenpauschale und eine Wasserkostenpauschale von 60,- bzw. 10,00 DM pro Monat vereinbart wurden. Abgesehen von einem eventuellen und jedenfalls unbeachtlichen Irrtum der Vermieterin dahin, daß dennoch jährlich über Strom und Wasser abgerechnet werden sollte, lag dieser Vereinbarung die gemeinsame Annahme zugrunde, daß diese monatlichen Zahlungen von 60,- bzw. 10,00 DM in etwa ausreichen würden und daß die Beklagte in etwa soviel Strom verbrauchen würde, wie es für eine 3-Zimmer-Wohnung üblich ist. Dies war hier jedoch in keiner Weise der Fall. Die vom Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme hat zu dem Ergebnis geführt, daß die Beklagte in der Zeit vom 1. Juni 1997 (abgelesener Zwischenzählerstand des vierstelligen Zählers in der Wohnung der Beklagten: 2.504 kWh) bis zum 5. April 2000 abgelesener Zwischenzählerstand in der Wohnung der Beklagten: 7.337 kWh) 24.833 kWh verbraucht hat (das Amtsgericht hat in den Entscheidungsgründen versehentlich 34.833 kWh genannt, bei der weiteren Berechnung jedoch die zutreffende Zahl von nur 24.833 kWh zugrundegelegt).

6

Die Klägerin hat anhand der vorgelegten Abrechnungen der EWE und aufgrund der Aussagen der vernommenen Zeugen den Beweis geführt, daß der Zwischenzähler in der Wohnung der Beklagten zweimal über "Null" gegangen sein muß. Nur so läßt sich das Ergebnis der Abrechnungen der EWE vom 12. Oktober 1998 für den Zeitraum 2. Oktober 1997 bis 2. Oktober 1998 und vom 3. November 1999 für den Zeitraum 3. Oktober 1998 bis 12. Oktober 1998 in Verbindung mit den

7

Ableseergebnissen der weiteren, an den Hauptzähler angeschlossenen Wohnungen ... erklären.

8

Zieht man von dem durch die EWE am 12. Oktober 1998 ermittelten Verbrauch von 11.837 kWh die verbrauchten kWh der Mitmieter ab, so verbleibt ein Verbrauch von 5.861 kWh, welcher der Beklagten für den Zeitraum bis 2. Oktober 1998 zuzurechnen ist. Zieht man von dem durch die EWE am 3. November 1999 ermittelten Verbrauch die verbrauchten kWh der Mitmieter ab, so verbleibt für die Beklagte für den Zeitraum bis 12. Oktober 1999 ein Verbrauch von sogar 11.385 kWh. In der Zeit vom 4. November 1999 bis 5. April 2000 hat die Beklagte weitere 7.537 kWh verbraucht, insgesamt also 24.833 kWh. Dies entspricht den bei der Beklagten abgelesenen Zählerständen, vorausgesetzt, daß der Zähler zweimal über "Null" gegangen ist.

9

Gewisse Differenzen bei den Aussagen der Zeugen zu ihrem eigenen Verbrauch oder die Möglichkeit, daß auch der Stromverbrauch eines weiteren Raumes über den Hauptzähler lief, ändern an dem angenommenen Verbrauch der Beklagten nichts, da dieser Verbrauch anhand des Zählerstands der Wohnung der Beklagten ermittelt wurde.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es auch rein rechnerisch möglich, über 10.000 kWh im Jahr zu verbrauchen. Legt man z. B. einen stündlichen Verbrauch von 3.000 Watt an 12 Stunden täglich und 364 Tagen im Jahr zugrunde, so ergibt sich ein Verbrauch von 13.104 kWh.

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Der ermittelte Verbrauch von 24.833 kWh verursacht bei einem durchschnittlichen Strompreis von 27,66 Pfennig pro kWh Kosten von 6.868,80 DM. Abzüglich geleisteter 2.040,00 DM schuldet die Beklagte noch 4.828,80 DM. Diese Stromkosten entstanden in etwas mehr als 33 Monaten, so daß die durchschnittlichen Stromkosten bei ca. 208,00 DM pro Monat lagen.

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Dieser Stromverbrauch liegt -wie das Amtsgericht zutreffend ausführt- so weit über dem angenommenen Durchschnittsverbrauch von 60,00 DM, daß die Beklagte sich wegen § 242 BGB nicht auf die vereinbarte Pauschale berufen kann oder die Klägerin auf § 2 des Miethöhengesetzes verweisen kann. Worauf dieser hohe Verbrauch zurückzuführen ist, kann nur vermutet werden. Offenbar hat die Beklagte die Wohnung zum Teil mit Hilfe eines elektrischen Heizgerätes beheizt und nicht nur über die vorhandene Heizung, deren Kosten vom Mieter mit dem Versorger unmittelbar abzurechnen waren. Die Beklagte hat eingeräumt, einen Heizlüfter benutzt zu haben, im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14. September 2001 bezweifelte sie allerdings die bis dahin unstreitige Leistung von 2000 Watt. Auch der Betrieb eines 500 Watt Halogenstrahlers mag zu dem hohen Stromverbrauch beigetragen haben. Hinzu kommt der übliche Verbrauch für Beleuchtung. Kochen usw. Auch das Landgericht sieht den Beweis für den hohen Stromverbrauch für erbracht an, obwohl keiner der Zeugen z. B. beobachtet hat, daß der Zwischenzähler in der Wohnung der Beklagten tatsächlich über Null gegangen ist. Die Beklagte hat der Klägerin nicht gestattet, den Zwischenzähler in ihrer Wohnung abzulesen. Als die Klägerin ablesen wollte, hat die Beklagte dies abgelehnt unter Hinweis auf die vereinbarte Strompauschale. Im Termin vom 14. September 2001 hat sie ergänzt, daß die Klägerin zu ungünstigen Zeitpunkten erschienen sei.

13

Die Beklagte hat den Gegenbeweis, daß nämlich der hohe Stromverbrauch nicht ihr zuzurechnen ist, nicht geführt. Eine weitere Beweiserhebung ist nicht erforderlich oder erfolgversprechend. Die Beklagte beruft sich auf das Zeugnis ihres Sohnes dafür, daß sie über keine besonderen stromfressenden Geräte bis auf die oben genannten Geräte verfügte und den elektrischen Heizkörper nicht permanent in Betrieb hatte, sondern nur im Winter an besonders kalten Tagen. Da aber der Sohn der Beklagten nur in der Anfangszeit bei ihr lebte und der Stromverbrauch mit dem Winter 1998/99 erst erheblich anstieg, ist davon auszugehen, daß der benannte Zeuge zum Heizverhalten der Beklagten usw. keine sachdienlichen Angaben machen kann. Zur Frage des Stromverbrauchs in einem normalen Haushalt ist ein Sachverständigengutachten nicht einzuholen, zumal hier feststeht, daß die Beklagte überdurchschnittlich viel Strom verbraucht hat und rein rechnerisch ein solcher Verbrauch anfallen kann.

14

Nach alledem ist die Berufung insoweit unbegründet.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1.