Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 30.06.2004, Az.: 4 W 117/04
Erforderlichkeit der Angabe eines Höchstzinssatzes bei der Grundbucheintragung einer Grundschuld zur Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes; Beschwerde einer Rechtsverletzung durch ein Gericht bei gleicher Entscheidung in der Sache bei Berücksichtigung der getätigten Verfahrensfehler; Erforderlichkeit der Angabe eines Höchstzinssatzes im Grundbuch wegen ständiger Änderung des Basiszinssatzes; Auswirkungen der gesetzlichen Festlegung des Basiszinssatzes im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.06.2004
- Aktenzeichen
- 4 W 117/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 16161
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2004:0630.4W117.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 07.06.2004 - AZ: 3 T 35/04
Rechtsgrundlagen
- § 78 GBO
- § 247 Abs. 1 BGB
Fundstellen
- DNotI-Report 2004, 202-203
- OLGReport Gerichtsort 2004, 476-477
Verfahrensgegenstand
Das Grundbuch von ####### Blatt 19005
Amtlicher Leitsatz
Bei der Grundbucheintragung einer Grundschuld ist die Angabe eines Höchstzinssatzes auch bei der Bezugnahme auf den jeweiligen Basiszinssatz erforderlich, um dem Bestimmtheitsgrundsatz zu genügen.
In der Grundbuchsache hat
der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ####### sowie
die Richter am Oberlandesgericht ####### und #######
am 30. Juni 2004
beschlossen:
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 22. Juni 2004 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 50.000 EUR
Gründe
Die gemäß § 78 GBO zulässige weitere Beschwerde, welche die Beschwerdeführerin formgerecht bei dem Landgericht eingereicht hat (§ 80 GBO) und über die der Senat gemäß §§ 79 Abs. 1, 81 GBO zu entscheiden hat, ist nicht begründet.
Gemäß § 78 Satz 1GBO wäre die weitere Beschwerde nur dann begründet, wenn die Entscheidung des Landgerichts als Beschwerdegericht auf einer Verletzung des Rechts beruht, die gemäß §§ 78 Satz 2 GBO, 546 ZPO nur dann vorliegt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Der Senat vermag jedoch eine derartige entscheidungserhebliche Rechtsverletzung nicht festzustellen. Er folgt dabei der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der in der Entscheidung des OLG Schleswig (vgl. DNotZ 2003, 354 [OLG Schleswig 12.12.2002 - 2 W 147/02]) vertretenen Rechtsauffassung zur Notwendigkeit der Angabe eines Höchstzinssatzes auch bei Zinsgleitklauseln, so dass die Voraussetzungen für die von der Antragstellerin angeregten Vorlage der Sache bei dem Bundesgerichtshof nicht vorliegen. Zulässig ist eine derartige Vorlage nämlich nur im Falle der beabsichtigten Abweichung von der obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Rechtsprechung, § 79 Abs. 2 GBO.
Die Entscheidung des Rechtspflegers beim Grundbuchamt in seinen Zwischenverfügungen vom 18. Dezember 2003 und 27. Januar 2004, mit der er die begehrte Eintragung einer Buchgrundschuld über 50.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %Punkten über Basiszinssatz jährlich wegen der fehlenden Angabe eines Höchstzinssatzes beanstandet hat, erweist sich aus den auch gegenüber dem Vorbringen der weiteren Beschwerde zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung als richtig.
Die gesetzliche Festlegung des Basiszinssatzes in § 247 Abs. 1 BGB und dessen Verbindlichkeit für die Regelung der Verzugsfolgen bei Geldschulden (§ 288 Abs. 1 BGB) führt im Hinblick auf den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz zu keiner maßgeblichen Änderung gegenüber der früheren Rechtslage. Das OLG Schleswig, dessen Entscheidung vom 12. Dezember 2002 (a. a. O.) zur Erforderlichkeit der Angabe eines Höchstzinssatzes bei Anträgen auf Eintragung einer Grundschuld der Senat erst kürzlich ausdrücklich gefolgt ist (vgl. Senat 4 W 194/03 - Beschluss vom 24. November 2003, S. 2), hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Definition des Basiszinssatzes - wie ehedem bei dem früheren Diskontsatz der Deutschen Bundesbank - lediglich zur Folge hat, dass der maßgebliche Zinssatz rückwirkend sicher bestimmt werden kann, jedoch die Bestimmtheit der Belastung für die Zukunft nicht gewährleistet ist. Dem gemäß hat der BGH die Eintragung einer automatischen Anpassung des Zinssatzes an den Bundesbankdiskontsatz, der ebenso wie der Basiszinssatz nach § 247 Abs. 2 BGB im Bundesanzeiger öffentlich bekannt gemacht wurde, nur mit der Maßgabe gebilligt, dass gleichzeitig der Höchstzinssatz und der Mindestzinssatz der Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden (vgl. BGH NJW 1975, 1314, 1315 [BGH 02.05.1975 - V ZR 131/73]; BGHZ 35, 22, 24, 25) [BGH 07.04.1961 - V ZB 2/61]. Für die gemäß §§ 1115, 1192 BGB notwendige Angabe des Zinssatzes der Grundschuld im Grundbuch gilt nämlich der das Sachenrecht und insbesondere das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz. Dieser Grundsatz bedeutet zwar nicht, dass auch der Umfang der tatsächlichen Belastung in einem bestimmten Zeitpunkt aus der Eintragung selbst oder in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung allein ohne weiteres ersichtlich sein muss. Vielmehr genügt es, wenn die tatsächliche Haftung des Grundstücks auf Grund jederzeit feststellbarer objektiver Umstände bestimmbar ist (vgl. BGHZ 22, 26 [BGH 11.10.1956 - II ZR 305/55]). Gleichwohl geht der Zweck der Angabe des Zinssatzes im Grundbuch dahin, den Umfang der Belastung des Grundstücks, insbesondere für nachfolgende Gläubiger, aus dem Grundbuchvermerk ersichtlich zu machen. Jeder Teilnehmer am Grundbuchverkehr soll in die Lage versetzt werden, aus dem Grundbuchvermerk selbst, also ohne Heranziehung der Eintragungsbewilligung, das größtmögliche Ausmaß der Zinsbelastung zu erkennen (vgl. BGH NJW 1975, 1314, 1315) [BGH 02.05.1975 - V ZR 131/73]. Dazu ist die Eintragung eines Höchstzinssatzes unabdingbar. Denn der Bestimmtheitsgrundsatz hat den Zweck, die eingetragenen Rechte voneinander abzugrenzen und ihr Rangverhältnis sicherzustellen. Jeder Interessent, der das Grundstück beleihen oder erwerben will, soll in der Lage sein, möglichst genau zu berechnen, für welche Beträge das Grundstück hypothekarisch haftet (vgl. BGH a. a. O). Bei der Angabe eines allein durch die Bezugnahme auf den Basiszinssatz bestimmten Zinssatzes im Grundbuch wäre indes wegen der in der Größenordnung nicht absehbaren Veränderlichkeit der Bezugsgröße der Umfang der Haftung nicht nach oben begrenzt und damit nicht hinreichend bestimmbar festgelegt. Hinzu kommt, dass auf längere Sicht nicht einmal absehbar ist, ob der Gesetzgeber an dem Basiszinssatz als Bezugsgröße festhält oder wieder auf andere Parameter zurückgreift. Die zahlreichen Änderungen des allgemeinen Teils des Schuldrechts in den letzten Jahren lassen eine derartige Entwicklung - gemessen an den auf langfristige Verlässlichkeit ausgerichteten Bedürfnissen des Grundbuchverkehrs - nicht als gänzlich fernliegend erscheinen. Das von der Antragstellerin geltend gemachte Bedürfnis nach einer dinglichen Sicherung auch der durch die Ankoppelung an den Basiszinssatz gekennzeichneten Verzugszinsforderungen tritt hinter dem vorrangigen Interesse der weiteren Gläubiger und der jeweiligen Eigentümer zurück, aus dem Grundbucheintrag verlässliche Informationen über das Höchstmaß der aus der Grundschuld resultierenden Belastung zu erhalten. Der von der Antragstellerin erstrebte Vorteil würde mithin zu Lasten anderer Teilnehmer am Grundbuchverkehr gehen. Zudem wird die Antragstellerin auch nicht unzumutbar belastet, wenn sie bei der notwendigen Angabe des Zinssatzes der Grundschuld einen Höchstzinssatz benennt, den sie unter Berücksichtigung der langjährigen Zinsentwicklung in der Vergangenheit entsprechend vorsichtig kalkulieren kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. KostO.
Streitwertbeschluss:
Beschwerdewert: 50.000 EUR