Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.07.2010, Az.: 3 K 215/09
Gewährung der Begünstigung des § 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) für treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile; Einordnung einer treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligung als inländisches Betriebsvermögen; Bestimmung des Begriffs des Betriebsvermögens in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG nach ertragsteuerlichen Grundsätzen; Ermächtigungsgrundlage für den "Treuhand-Erlass" der Finzanzverwaltung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.07.2010
- Aktenzeichen
- 3 K 215/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 23166
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2010:0728.3K215.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs. 5 ErbStG
- § 13a ErbStG
Fundstellen
- DStRE 2010, 1191-1194
- DStZ 2010, 778
- EFG 2010, 1805-1807
- ErbStB 2010, 329-330
- NWB 2010, 3093
- NWB direkt 2010, 1011
- UVR 2010, 331
Amtlicher Leitsatz
Die Begünstigung des § 13a ErbStG ist auch für treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile zu gewähren. Der sog. Treuhand-Erlass der Finanzverwaltung findet im Wortlaut des Gesetzes keine Grundlage.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit der Begünstigung des § 13a ErbStG auf zum Teil treuhänderisch gehaltene Kommanditanteile.
Die Kläger sind ausweislich des Testaments aus dem Jahre 1996 "je zur Hälfte" Erben ihres im Jahre 2007 verstorbenen Vaters. Das Testament enthielt keinerlei Verfügungen steuerrechtlichen Inhalts.
Zum Nachlass gehörten Anteile an vier Schiffsbeteiligungen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (im Folgenden:dieKommanditgesellschaften ). Der Kommanditanteil betrug je Gesellschaft 50.000 EUR. Jeweils 10% der Beteiligungen des Erblassers, also viermal 5.000 EUR, waren als Haftsumme des Erblassers in das Handelsregister eingetragen. Im Übrigen erfolgten die Beteiligungen an den Gesellschaften auf Grundlage eines Treuhand- und Verwaltungsvertrages (im Folgenden: derTreuhandvertrag ) mit der T GmbH als Treuhänderin (im Folgenden:dieTreuhänderin ).
Nach § 6 der für alle Kommanditgesellschaften gleichlautenden Gesellschaftsverträge konnten die Beteiligungen entweder durch unmittelbare Übernahme einer Kommanditeinlage oder mittelbar über die Treuhänderin erfolgen. § 4 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge bestimmt, dass die in das Handelsregister einzutragende Hafteinlage (mindestens) 10% der Pflichteinlage beträgt. Nach § 4 Abs. 3 Unterabsatz 5 der Gesellschaftsverträge ist jeder Anleger (Treugeber) jederzeit berechtigt, von der mittelbaren Beteiligung in die Stellung eines unmittelbar beteiligten Kommanditisten zu wechseln, vorausgesetzt dies geschieht gleichzeitig für alle Kommanditgesellschaften. § 5 Abs. 2 des Treuhandvertrages sieht für den Fall der Umwandlung des Treuhandverhältnisses eine aufschiebend bedingte Übertragung der entsprechenden Kommanditbeteiligung durch den Treuhänder auf den Treugeber vor.
Die Beteiligung an Gewinn und Verlust richtet sich nach dem Verhältnis der vereinbarten Kapitaleinlagen (§ 11 Abs. 2 der Gesellschaftsverträge). Entsprechendes gilt hinsichtlich eines evtl. Liquidationserlöses (§ 19 Abs. 2 der Gesellschaftsverträge). Bei Ausscheiden eines Kommanditisten steht diesem ein Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben zu, das aufgrund einer Auseinandersetzungsbilanz auf den letzten Bilanzstichtag vor dem Ausscheiden zu ermitteln ist und in der die stillen Reserven der Gesellschaft zu berücksichtigen sind (§ 18 Abs. 6 der Gesellschaftsverträge, § 11 Abs. 3 des Treuhandvertrages). Die Treuhänderin ist nach § 6 Abs. 3 des Treuhandvertrages verpflichtet, alles, was sie auf Grund des Treuhandverhältnisses und auf Grund ihrer Rechtsstellung als Treuhänderin des Anlegers erlangt, an diesen herauszugeben. Gleichzeitig hat die Treuhänderin nach § 7 Abs. 5 und § 9 Abs. 6 des Treuhandvertrages Anspruch darauf, durch den Anleger von allen Verbindlichkeiten freigestellt zu werden, die ihr im Zusammenhang mit dem Erwerb und der pflichtgemäßen treuhänderischen Verwaltung der Beteiligung des Anlegers entstehen.
In § 12 der Gesellschaftsverträge ist vorgesehen, dass die Kommanditgesellschaften über einen Beirat verfügen, der aus bis zu drei Personen besteht, von denen eine Person von der persönlich haftenden Gesellschafterin bestimmt und die übrigen von der Gesellschafterversammlung gewählt werden. Aufgabe des Beirates ist es u.a. die persönlich haftende Gesellschafterin in allen wichtigen Angelegenheiten zu beraten und die Durchführung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlungen zu überwachen. Beschlüsse des Beirates werden mit einfacher Mehrheit gefasst.
Die ordentlichen Gesellschafterversammlungen der Kommanditgesellschaften finden jährlich einmal innerhalb von zehn Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres statt. Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist einzuberufen, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin dies für zweckmäßig hält oder der Beirat oder Gesellschafter, deren Kapitalanteile mindestens 20% des gesamten Gesellschaftskapitals betragen, die Einberufung unter Angabe des Zweckes und der Tagesordnung schriftlich verlangen (§ 13 Abs. 2 der Gesellschaftsverträge). Das Protokoll über - außerordentliche wie ordentliche - Gesellschafterversammlungen ist allen Gesellschaftern zuzustellen und gilt als genehmigt, wenn der persönlich haftenden Gesellschafterin nicht innerhalb von vier Wochen ein schriftlicher Widerspruch zugegangen ist (§ 12 Abs. 8 der Gesellschaftsverträge). Die Gesellschaftsversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 50,01% des Gesellschaftskapitals vertreten sind (§ 12 Abs. 10 der Gesellschaftsverträge). Die Gesellschaft fasst ihre Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit, wobei je 1 EUR der gezeichneten Pflichteinlagen eine Stimme gewähren (§ 12 Abs. 11 und 13 der Gesellschaftsverträge). Nach § 7 des Treuhandvertrages werden die nach den Gesellschaftsverträgen dem Kommanditisten zustehenden Rechte, insbesondere Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht auf Gesellschaftsversammlungen von der Treuhänderin nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Wahrung der berechtigten Interessen der Anleger sowie unter Beachtung etwa erteilter Weisungen des Anlegers wahrgenommen. Entsprechendes gilt für Gesellschafterbeschlüsse, die außerhalb der Gesellschafterversammlung gefasst werden. Nach § 7 Abs. 2 des Treuhandvertrages ist der Treugeber berechtigt, der Treuhänderin Weisungen hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen zu erteilen, die diese grundsätzlich zu befolgen hat. Die Treugeber sind aber auch berechtigt, an Gesellschafterversammlungen persönlich teilzunehmen und die ihnen von der Treuhänderin überlassenen Rechte, insbesondere das Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht auszuüben (§ 13 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge).
Bei Beschlüssen, die keinen Aufschub dulden und bei denen die Einholung von Weisungen nicht rechtzeitig möglich ist, kann die Treuhänderin nach § 7 Abs. 3 des Treuhandvertrages nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen handeln, entscheiden und abstimmen, wobei sie insbesondere die Interessen aller Anleger in ihrer Gesamtheit zu beachten hat.
§ 15 der Gesellschaftsverträge sehen umfassende Informations- und Kontrollrechte der Kommanditisten gegenüber dem persönlich haftenden Gesellschafter vor. Nach Abs. 5 stehen diese Rechte auch jedem Treugeber der Treuhänderin zu.
Nach § 16 Abs. 1 der Gesellschaftsverträge und § 10 Abs. 1 des Treuhandvertrages kann jeder Gesellschafter seine Beteiligung jederzeit ganz oder teilweise mit Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafterin auf einen Dritten übertragen. Voraussetzung ist, dass er zum selben Zeitpunkt gleiche Anteile all seiner Beteiligungen an den Kommanditgesellschaften an denselben Erwerber überträgt, so dass die Kommanditgesellschaften auch nach Übertragung eine identische Gesellschafterstruktur haben.
Gründe, aus denen ein Gesellschafter aus den Kommanditgesellschaften ausscheidet (und nach denen entsprechend nach § 11 des Treuhandvertrages das Treuhandverhältnis endet) sind in § 18 Abs. 2 und 3 der Gesellschaftsverträge erfasst. Es sind dies u.a. Kündigung, Insolvenz und Pfändung des Kommanditanteils. Die Kündigung kann nach § 5 Abs. 2 der Gesellschaftsverträge mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende und nur zusammen für alle Kommanditgesellschaften erfolgen, und zwar erstmals zum 31.12.2023. Scheidet die Treuhänderin aus den Kommanditgesellschaften aus, so wird das Treuhandverhältnis mit einem durch den Treugeber neu gewählten Treuhänder fortgesetzt (§ 11 Abs. 5 des Treuhandvertrages). Beim Tod eines Kommanditisten sehen § 17 Abs. 1 der Gesellschaftsverträge und § 10 Abs. 2 der Treuhandverträge die Fortsetzung der Kommanditgesellschaften und der Treuhandverhältnisse mit seinen Erben vor.
Der Emissionsprospekt der Kommanditgesellschaften prognostizierte einen Gesamtmittelrückfluss (einschließlich Veräußerungserlösen) in Höhe von insgesamt 234,13% der Zeichnungssumme bezogen auf die geplante Laufzeit von 16,25 Jahren.
Am 15.12.2007 hatten die Beteiligungen des Erblassers laut einer Mitteilung der Treuhänderin vom 13.10.2008 einen "erbschaftsteuerlichen Wert" von 201.200 EUR. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dieser Wert auch dem gemeinen Wert entspricht.
Im Rahmen ihrer Erbschaftsteuererklärung beantragten die Kläger die Gewährung der Begünstigung nach § 13a des Erbschaftsteuergesetzes (im Folgenden: ErbStG ). Mit Bescheid vom 5.2.2009 wurden die Kläger zur Erbschaftsteuer veranlagt. Die Beteiligungen wurden darin mit dem erklärten Wert von 201.200 EUR angesetzt. Allerdings wurden nur 10% der Beteiligungen als begünstigtes Vermögen im Sinne des§ 13a ErbStG berücksichtigt. Der Beklagte begründete dies unter Verweis auf den koordinierten Ländererlass zur erbschaft- und schenkungsteuerlichen Behandlung der Übertragung treuhänderisch gehaltener Vermögensgegenstände damit, dass hinsichtlich der nicht in das Handelsregister eingetragenen Beteiligungen eine Treuhand bestehe und insoweit keine Beteiligungen an den Kommanditgesellschaften, sondern nur Herausgabeansprüche der Kläger gegen den Treuhänder vorlägen.
Mit Schreiben vom 23.2.2009 legten die Kläger hiergegen Einspruch ein und beantragten die Begünstigung des § 13a ErbStG für die gesamte Beteiligung. Mit Einspruchsbescheid vom 28.5.2009 wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Am 3.7.2009 haben die Kläger hiergegen Klage beim Finanzgericht erhoben.
Sie sind der Auffassung, dass Gegenstand des Erwerbes im Wege der Erbfolge nicht bloß ein Herausgabeanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder, sondern die gesamte Gesellschafterstellung sei. Die Aufspaltung der Kommanditbeteiligung in die nach außen kundbar gemachte Haftsumme und die im Innenverhältnis zu leistenden Einlagen sei unrichtig. Auch soweit der Erblasser ein Treuhandverhältnis begründet habe, hafte er im Innenverhältnis als Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Treugeber.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung der Bescheide der Beklagten vom 5.2.2009 betreffend den Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 28.5.2009 die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung des verminderten Wertansatzes und des jeweils hälftigen Freibetrages nach § 13a ErbStG auch hinsichtlich der treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen an den Kommanditgesellschaften festzusetzen.
Der Beklagte beantragt
die Klage abzuweisen.
Zur Entscheidung lag ein Band Erbschaftsteuerakten vor.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig und begründet.
1.
Die Klage ist zulässig, insbesondere konnten die Kläger nach § 59 der Finanzgerichtsordnung (im Folgenden: FGO ) in Verbindung mit § 59 der Zivilprozessordnung als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen, da sie als Erben ihres Vaters aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grunde berechtigt und verpflichtet sind (vgl. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung. Kommentar, 6. Auflage 2006, § 59 FGO Rz. 6).
2.
Die Klage ist begründet. Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz nach § 13a ErbStG sind zu gewähren, da sowohl die unmittelbar als auch die mittelbar gehaltene Kommanditbeteiligung als inländisches Betriebsvermögen im Sinne des § 12 Abs. 5 ErbStG zu qualifizieren sind und deshalb von § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG erfasst werden.
a.
Nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz u.a. für inländisches Betriebsvermögen.
Es ist umstritten, ob eine treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung als inländisches Betriebsvermögen einzuordnen ist:
(1)
Die Finanzverwaltung (z.B. Finanzministerium Bayern v. 14.6.2005, ZEV 2005, 341; Niedersächsisches Finanzministerium v. 30.6.2005, [...], im Folgenden: erster Treuhand-Erlass ) und ein Teil des Schrifttums ( Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuergesetz. Kommentar, § 3 ErbStG Rz. 325 [Stand: Oktober 2005]; Weinmann in Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 10 ErbStG Rz. 9 [Stand: März 2010]; Noll in Spindler/Tipke/Rödder, Steuerzentrierte Rechtsberatung. Festschrift für Harald Schaumburg zum 65. Geburtstag, Köln 2009, S. S. 1034) gehen davon aus, dass nicht ein Gesellschaftsanteil, sondern der zivilrechtliche Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder nach § 667 BGB auf Herausgabe des Kommanditanteils übergeht und deshalb kein begünstiges inländisches Betriebsvermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gegeben ist. Begründet wird dies damit, dass die wirtschaftliche Zuordnungsregelung des§ 39 Abs. 2 der Abgabenordnung (im Folgenden: AO ) im Erbschaftsteuerrecht keine Anwendung finde. Auch auf die ertragsteuerliche Zuordnung komme es nicht an. Vielmehr sei die zivilrechtliche Wertung maßgeblich, aufgrund deren es dem Erwerb bereits an der Betriebsvermögenseigenschaft fehle.
Etwas anderes soll nach einem neueren Erlass der Finanzverwaltung im dem - im Streitfall wegen § 17 Abs. 1 der Gesellschaftsverträge und § 10 Abs. 2 des Treuhandvertrages nicht gegebenen - Fall gelten, wenn die Treuhandschaft beim Tod des Treugebers endet und der Erbe unmittelbar in die Gesellschafterstellung des Treuhänders eintritt (OFD Rheinland und Münster v. 30.3.2005, ZEV 2007, 295; Niedersächsisches Finanzministerium v. 9.9.2008 - S 3806-63-35 1, [...]). Zuwendungsgegenstand sei dann die Gesellschaftsbeteiligung und somit Betriebsvermögen.
(2)
Die Gegenmeinung ( Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wachter, DStR 2005, 1844; Hübner, ZEV 2008, 255; von Oertzen ZEV 2005, 342 [LG Potsdam 03.06.2005 - 23 Qs 79/05]; Jülicher, DStR 2001, 2180; Wälzholz, ZEV 2007, 369; Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749, letztere jeweils zur Unterbeteiligung) vertritt die Auffassung, dass mit dem im Rahmen des Treuhandverhältnisses gehaltenen Kommanditanteil ein Mitunternehmeranteil und somit Betriebsvermögen im Sinne des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG übergehe. Der Begriff des Betriebsvermögens sei ertragsteuerlich zu bestimmen, da im Erbschaftsteuerrecht eine "verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz" gelte. Der Ausschluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Erbschaftsteuerrecht sei nur für den Bereich des Privatvermögens, nicht auch für den Bereich des Betriebsvermögens von Bedeutung.
Diese Auffassung wird auch von der Finanzverwaltung in R 51 Abs.1 und Abs. 3 Satz 2 ErbStR vertreten.
(3)
Eine vermittelnde Auffassung ( Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 13b ErbStG n.F. Rz. 74 [Stand: Februar 2010]) geht davon aus, dass mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung zwar nur ein Herausgabeanspruch des Treugebers gegen den Treuhänder übergehe. Bei diesem Herausgabeanspruch handele es sich aber um einen einseitigen Sachleistungsanspruch, der - entsprechend der Einordnung in R 92 Abs. 2 ErbStR - als betriebliches Vermögen zu qualifizieren sei.
(4)
Das Gericht folgt der Gegenmeinung, nach der der Begriff des Betriebsvermögens in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen ist. Hiernach stellen die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar.
(a)
Nach § 13 Abs. 4 Nr. 1 ErbStG gelten der Freibetrag und der verminderte Wertansatz u.a. für "inländisches Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) beim Erwerb (...) eines Anteils an einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes" (im Folgenden: EStG ).
Die Vorschrift verweist zur Bestimmung des Begriffs "inländisches Betriebsvermögen" nicht nur unmittelbar durch die Konkretisierung "im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG", sondern auch mittelbar über § 12 Abs. 5 ErbStG auf die ertragsteuerlichen Grundsätze (vgl. Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wälzholz, ZEV 2007, 369; Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749, letztere jeweils zur Unterbeteiligung). § 12 Abs. 5 ErbStG nimmt für die Bestimmung des "Betriebsvermögens" Bezug auf § 95 ff. des Bewertungsgesetzes (im Folgenden: BewG ). Nach § 95 Abs. 1 BewG umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG bilden einen Gewerbebetrieb insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die einer inländischen Gesellschaft im Sinne des§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehören. Auch § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG verweist somit ausdrücklich auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und damit auf den ertragsteuerlichen Mitunternehmerbegriff (vgl.Gürschnig/Stegner, Bewertungsgesetz. Kommentar, § 97 BewG Rn. 283 ff. [Stand: Oktober 2004]; Hannes/Otto, ZEV 2005, 464; Wachter, ZEV 2005, 1844), denn "Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG" ist nach dieser Norm insbesondere die Kommanditgesellschaft und eine andere Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist.
Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz des § 13a ErbStG sind damit aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift zu gewähren, wenn die Kläger im Hinblick auf die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren sind. Auf die zivilrechtliche Einordnung des Treuhandverhältnisses kommt es nicht an.
(b)
Im Streitfall sind die Treugeber als Mitunternehmer zu qualifizieren.
(aa)
Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr.2 EStG ist, wer aufgrund eines Gesellschaftsvertrages oder eines damit wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (BFH v. 25.6.1984 - GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 769, 770). Ob diese Merkmale vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (BFH v. 19.2.1981 - IV R 152/76, BStBl II 1981, 602). Beide Hauptmerkmale der Mitunternehmerschaft - Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko - müssen vorliegen, können aber im Einzelfall unterschiedlich stark ausgeprägt sein (BFH v. 25.6.1984 - GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Bei einem Treuhandverhältnis, dessen Gegenstand die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft ist, müssen die die Mitunternehmerstellung kennzeichnenden Merkmale in der Person des Treugebers vorliegen, damit dieser einkommensteuerrechtlich als Zurechnungssubjekt für Anteile am Gewinn oder Verlust der Personengesellschaft angesehen werden kann (BFH v. 25.6.1984 - GrS 4/82, BStBl II 1984, 751; v. 25.2.1991 - GrS 7/89, BStBl II 1991, 691; v. 21.4.1988 - IV R 47/85, BStBl II 1989, 722; vgl. dazu auch Haep in Hermann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz. Kommentar, § 15 EStG Anm. 422 ff. [Stand: März 2009]). Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist aber schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach demHandelsgesetzbuch (im Folgenden: HGB ) zustehen oder die den Kontrollrechten nach § 716 Abs.1 BGB entsprechen (BFH v. 25.6.1984 - GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Erforderlich ist ferner, dass die Teilhabe an einer von der Gesellschaft erstrebten Betriebsvermögensmehrung in der Form eines entnahmefähigen laufenden Gewinnes oder eines die Einlage übersteigenden Abfindungsguthabens oder einen Gewinns aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils zu erwarten ist (BFH v. 25.6.1984 - GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751; v. 10.12.1992 - XI R 45/88, BStBl. II 1993, 538).
(bb)
Die Treugeber tragen Mitunternehmerrisiko. Sie sind prozentual am Gewinn und Verlust (§ 11 Abs. 2 der Gesellschaftsverträge) sowie im Falle der Auseinandersetzung an den stillen Reserven des Anlagevermögens der Kommanditgesellschaften beteiligt (§ 18 Abs. 6 der Gesellschaftsverträge; § 6 Abs. 3 des Treuhandvertrages). Die Treuhänderin hat alles, was sie aufgrund des Treuhandverhältnisses und auf Grund ihrer Rechtsstellung als Treuhänderin des Treugebers erlangt, grundsätzlich an diesen herauszugeben (§ 6 Abs. 3 des Treuhandvertrages). Gleichzeitig ist der Treugeber verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen im Zusammenhang mit der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an der Gesellschaft freizuhalten bzw., soweit die Treuhänderin bereits geleistet hat, dieser den Gegenwert der Leistung auf erste Anforderung zu erstatten (§ 7 Abs. 5 und § 9 Abs. 6 des Treuhandvertrages).
(cc)
Die Treugeber entfalten Mitunternehmerinitiative. Ihre Stellung entspricht im Wesentlichen dem, was handelsrechtlich das Bild des Kommanditisten nach dem Regelstatut des HGB ausmacht. Die Treuhänderin übt die für die Mitunternehmerinitiative erforderlichen Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte zwar grundsätzlich im eigenen Namen, aber im Innenverhältnis pflichtgebunden für den Treugeber aus (vgl. auch BFH v. 16.5.1995 - VIII R 18/93, BStBl. II 1995, 714; v. 21.4.1988 - IV R 47/85, BStBl. II 1989, 722). Darüber hinaus haben die Treugeber jederzeit die Möglichkeit, ihre Gesellschafterrechte auch unmittelbar auszuüben.
Nach § 7 Abs. 1, 2 und 6 des Treuhandvertrages ist jeder einzelne Treugeber umfassend berechtigt, der Treuhänderin Weisungen hinsichtlich der Ausübung der Gesellschafterrechte zu erteilen, die diese entsprechend zu beachten hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Teilnahme-, Rede-, Antrags- und Stimmrecht auf Gesellschafterversammlungen und bei Gesellschafterbeschlüssen. Nach § 13 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge sind die Treugeber darüber hinaus berechtigt, an den Gesellschaftsversammlungen persönlich teilzunehmen und ihre Gesellschafterrechte auszuüben. Die Treugeber haben somit nicht nur die (ausreichende) mittelbare Möglichkeit, über ihre Weisungs- und Kontrollrechte die erforderliche Mitunternehmerinitiative zu ergreifen (vgl. BFH v. 10.12.1992 - XI R 45/88, BStBl. II 1993, 538), sondern können dies auch unmittelbar.
Die Treugeber haben darüber hinaus nach § 4 Abs. 3 Unterabsatz 5 der Gesellschaftsverträge (und § 3 Abs. 1 Satz 2 des Treuhandvertrages) jederzeit das Recht, von der mittelbaren Beteiligung in die Stellung eines unmittelbar beteiligten Kommanditisten zu wechseln. § 5 Abs. 2 des Treuhandvertrages sieht für diesen Fall bereits eine aufschiebend bedingte Übertragung der entsprechenden Kommanditbeteiligung vor. Die Treugeber haben damit stets die Möglichkeit, selbst die Verfügungsrechte über die Beteiligung auch in eigenem Namen wahrzunehmen und ihre Gesellschafterrechte auszuüben (anders als bei BFH v. 10.12.1992 - XI R 45/88, BStBl. II 1993, 538, wo aber auch ein "permanentes" Treuhandverhältnis nicht der Mitunternehmerinitiative entgegenstand).
Nach § 6 Abs. 4 und 5 des Treuhandvertrages hat die Treuhänderin den Treugeber umfassend und regelmäßig über die Verhältnisse der Gesellschaft und der Beteiligung zu informieren. Nach § 15 Abs. 5 der Gesellschaftsverträge stehen den Treugebern auch selbst alle Informations- und Kontrollrechte der Kommanditisten zu.
(dd)
Bei den Kommanditgesellschaften war auch insgesamt mit einem Gewinn im Sinne eines Totalgewinns und bei den einzelnen Treugebern mit einer Teilhabe an einer Betriebsvermögensmehrung der Gesellschaft zu rechnen. Der Emissionsprospekt der Beteiligungen prognostizierte - bezogen auf die geplante Laufzeit von 16,25 Jahren - einen Gesamtmittelrückfluss an die Gesellschafter (einschließlich der Veräußerungserlöse) in Höhe von insgesamt 234,13% der Zeichnungssumme.
(c)
Diesem Ergebnis steht auch nicht das von der Finanzverwaltung im ersten Treuhand-Erlass angeführte Urteil des BFH vom 25.1.2001 (II R 39/98, BFH/NV 2001, 1265) entgegen. Das Urteil behandelt ausschließlich die Frage, ob eine freigiebige Zuwendung unter Ehegatten nach§ 7 ErbStG vorliegt, wenn der andere Ehegatte zivilrechtlich zur Rückgewähr des Überlassenen verpflichtet ist. In diesem Fall soll ein möglicherweise abweichendes wirtschaftliches Eigentum aufgrund eines vermeintlichen Treuhandverhältnisses mangels Anwendbarkeit der wirtschaftlichen Zurechnung auf erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Vorgänge unbeachtlich sein. Das Urteil trifft aber keine Aussage gegen die Einordnung des Treugebers als Mitunternehmer nach ertragsteuerlichen Gesichtspunkten (vgl. Hannes/Otto, ZEV 2005, 464).
b.
Die übrigen Voraussetzungen des § 13a ErbStG sind erfüllt, insbesondere liegt ein Erwerb von Todes wegen nach§ 3 ErbStG vor.
c.
Der Freibetrag des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG in Höhe von 225.000 Euro steht den Klägern jeweils hälftig zu. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz ErbStG steht der Freibetrag, wenn der Erblasser keine Aufteilung verfügt hat und nur Erben Vermögen im Sinne des§ 13 Abs. 4 ErbStG erwerben, jedem Kläger entsprechend seinem Erbteil zu. Der Erblasser und seine Ehefrau haben die Kläger "je zur Hälfte" als Erben eingesetzt und keine besondere Verfügung im Hinblick auf den erbschaftsteuerlichen Freibetrag getroffen. Nur die Kläger, und somit nur Erben, haben die als Betriebsvermögen zu qualifizierenden (teilweise treuhänderisch gehaltenen) Kommanditbeteiligungen erworben. Die Aufteilung des Freibetrages richtet sich damit nach der Erbquote, so dass jedem Kläger der Freibetrag "je zur Hälfte" zusteht, also in Höhe von jeweils 112.500 Euro.
II.
Das Gericht kann die Berechnung nach § 100 Abs. 2 FGO auf den Beklagten übertragen, da die Ermittlung des festzusetzenden Betrages einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Die Frage der erbschaftsteuerlichen Behandlung treuhänderisch gehaltener Vermögenswerte und insbesondere die Anwendbarkeit des § 13a ErbStG wird in der Rechtspraxis kontrovers diskutiert und ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt worden.