Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 30.09.2009, Az.: 2 A 144/08
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 30.09.2009
- Aktenzeichen
- 2 A 144/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 44121
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2009:0930.2A144.08.0A
Rechtsgrundlagen
- 10 II 1 MOG
- Art. 24 I VO (EG) 1782/2003
- Art. 44 VO (EG) 1782/2003
- Art. 45 VO (EG) 1782/2003
- Art. 8I VO (EG) 795/2004
- Art. 73a VO (EG) 796/2004
Amtlicher Leitsatz
Zahlungsansprüche werden nur dann im Sinne von Art. 44 und 45 der VO (EG) Nr. 1782/2003 genutzt, wenn die Auszahlung einer Betriebsprämie beantragt wird.
Tatbestand:
Der Kläger war bis 2005 aktiver Landwirt mit Betriebssitz in E.F.. Etwa ab 2005 legte er die Ackerflächen still und nahm Leistungen nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit -FELEG- (BGBl I 1989, 233) in Anspruch.
Mit Bescheid vom 7. April 2006 wies die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Zahlungsansprüche nach der Betriebsprämienregelung im Umfang von 50,37 ha im Wert von 255,12 Euro/ha zu. In seinen Sammelanträgen Agrarförderung der Jahre 2005 bis 2007 führte er seine sämtlichen Flächen als stillgelegte bzw. FELEG-Flächen auf und kreuzte jeweils an, dass für sie keine Zahlungsansprüche aktiviert würden. Folglich erfolgten Zahlungen von Betriebsprämien -jedenfalls im Ergebnis- in den genannten Jahren nicht. Der Kläger wählte diesen Weg, um sich die Zahlungsansprüche für den im Jahre 2009 eingetretenen Fall der Verpachtung seiner Betriebsflächen zu erhalten.
Nach vorheriger Anhörung und zahlreichen Gesprächen mit dem Kläger widerrief die Beklagte ihren Bescheid vom 7. April 2006 mit Bescheid vom 26. Mai 2008 und zog die betroffenen Zahlungsansprüche gleichzeitig zu Gunsten der nationalen Reserve ein. Sie tat dies rückwirkend ab dem Antragsstichtag für den Sammelantrag des Jahres 2007 (15. Mai 2007). Rechtsgrundlage hierfür sein § 10 Abs. 2 MOG. Eine wesentliche, mit der Zuweisung verbundene Verpflichtung bzw. Voraussetzung habe der Kläger nicht erfüllt. Er habe die ihm zugewiesenen Zahlungsansprüche nicht mindestens einmal innerhalb von drei Jahren genutzt. Unter Nutzung oder Aktivierung verstehe man gemäß § 44 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Anmeldung von Zahlungsansprüchen in Verbindung mit einer entsprechenden Anzahl beihilfefähiger Flächen durch einen Betriebsinhaber mit dem Ziel der Zahlung eines Prämienbetrages, der dem Wert der Zahlungsansprüche entspreche. Da eine solche Nutzung nicht stattgefunden habe, seien die Ansprüche gemäß § 45 der VO (EG) Nr. 1782/2003 der nationalen Reserve zuzuschlagen. Ein Fall höherer Gewalt, bei dem ausnahmsweise von der Einziehung abgesehen werden könne liege nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 13. Juni 2008 Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, die auf den streitbefangenen, unstreitig beihilfefähigen, Flächen liegenden Zahlungsansprüche dadurch genutzt zu haben, dass er die Flächen in seinen Sammelanträgen auf Agrarförderung aufgeführt habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten müsse sehr wohl zwischen Nutzung und Aktivierung der Ansprüche unterschieden werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem klägerischen Vorbringen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid entgegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die das Gericht im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 ohne mündliche Verhandlung entscheidet ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2008 ist rechtmäßig, so dass der Kläger durch ihn nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der angefochtene Bescheid der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in § 10 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen -MOG-, i.d.F. des Gesetzes ur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik vom 21. Juli 2004 (BGBl 2004, 1763, 1770 ff.). Gemäß § 1 Abs. 1a MOG erstreckt sich der Anwendungsbereich des Gesetzes auf so genannte Direktzahlungen, zu welchen auch die einheitliche Betriebsprämie nach Titel III der VO (EG) Nr. 1782/2003 gehört, wie sich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik vom 20. Februar 2004 (vgl. BT-Drs. 15/2553, S. 29) zweifelsfrei ergibt. Die dem Kläger zugeteilten und mit Bescheid vom 26. Mai 2008 entzogenen Zahlungsansprüche sind Teil der Betriebsprämienregelungen nach Titel III der VO (EG) Nr. 1782/2003. Sie unterfallen als Direktzahlungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 MOG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes.
Da das EG-Recht für den (indirekten) Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch nationale Behörden keine allgemeinen Regelungen zu Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten kennt, ist - sofern keine speziellen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bestehen - grundsätzlich nationales Recht anwendbar (vgl. EuGH, Urteil vom 21.9.1983 - Rs 205 bis 215/82 -, NJW 1984, 2024 [EuGH 21.09.1983 - 205/82]; BVerwGE 74, 357 [BVerwG 14.08.1986 - BVerwG 3 C 9.85] [360]; 88, 278 [282]; 95, 213 [222]). Im Regelfall sind daher §§ 48, 49 VwVfG maßgebend, wenn und soweit keine spezielleren Regelungen des Bundesrechts eingreifen. Als solche Regelung ist § 10 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz MOG anzusehen, wonach rechtmäßige begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8 MOG auch dann zu widerrufen sind, wenn sie unanfechtbar geworden sind, soweit eine Voraussetzung für den Erlass des Bescheides nachträglich entfallen oder nicht eingehalten worden ist, insbesondere die gewährte Vergünstigung nicht oder nicht mehr nach Maßgabe des Bescheides verwendet wird. Vorliegend ist eine Voraussetzung für den Erlass des Bescheides vom 7. April 2006 über die Zuteilung von Zahlungsansprüchen nach der Betriebsprämienregelung vom Kläger nicht eingehalten worden. Er hat die Zahlungsansprüche nicht während drei aufeinander folgenden Kalenderjahren genutzt.
Für diesen Fall sieht Art. 45 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 vom 29. September 2003 (ABl. EG L 270/1) vor, dass alle Zahlungsansprüche der nationalen Reserve zugeschlagen werden. Hiervon sieht Absatz 2 der Vorschrift für den - hier ersichtlich nicht gegebenen - Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände eine Ausnahme vor.
Was unter "Nutzung von Zahlungsansprüchen" zu verstehen ist, ist zwar nicht kraft gesetzlicher Definition, wohl aber im Wege der Auslegung einschlägiger europarechtlicher Vorschriften zu erkennen. Hierunter fällt nicht lediglich die Anmeldung bestimmter landwirtschaftlicher Parzellen im Sammelantrag Agrarförderung, sondern erst die mit dieser Anmeldung verbundene Beantragung einer Prämienauszahlung. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Art. 44 der VO (EG) Nr. 1782/2003 ist mit "Nutzung der Zahlungsansprüche" überschrieben, ohne dass die Vorschrift eine ausdrücklich Bestimmung darüber trifft, was denn nun die Nutzung eines Zahlungsanspruchs ist. Immerhin kann § 44 Abs. 1 die Regelung entnommen werden, dass jeder Zahlungsanspruch zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Fläche Anspruch auf Zahlung des mit dem Zahlungsanspruch festgesetzten Betrages gibt. Der europäische Gesetzgeber geht danach offenbar davon aus, dass die Nutzung der Zahlungsansprüche in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages, nämlich des sich aus der Hektarzahl × festgesetztem Zahlungsanspruch ergebenden Betrages, steht. Weitere Auslegungshilfen gibt die VO (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 (ABl. L 141 S. 1).
Art. 24 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt unter der Überschrift "Anmeldung und Nutzung von Zahlungsansprüchen", dass die Zahlungsansprüche nur einmal jährlich von dem Betriebsinhaber angemeldet werden können, dem sie an dem Endtermin für die Antragstellung auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung gehören. Die Vorschrift unterscheidet ihrem Wortlaut nach deutlich zwischen der "Anmeldung" und dem Antrag auf Teilnahme an der Betriebsprämienregelung. Sie widerstreitet danach der Rechtsauffassung des Klägers, dass "Anmeldung" und "Nutzung" synonym zu verwendende Begriffe seien. Deutlicher wird dieses Verständnis von der Anspruchsnutzung in Art. 8 Abs. 1 Satz 2 der VO (EG) Nr. 795/2004. Danach bedeutet für die Anwendung dieses Artikels "nicht genutzt", dass während des Zeitraums nach Satz 1 der Bestimmung - und hierzu gehört der Dreijahreszeitraum des § 45 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1782/2003 - für den betreffenden Zahlungsanspruch keine Zahlung gewährt wurde. Nutzung bedeutet danach Zahlungsgewährung. So ergibt es sich auch aus dem Erwägungsgrund (7) dieser Verordnung, der für die Auslegung dieser europarechtlichen Vorschrift mit heranzuziehen ist. Danach wird die nationale Reserve nach der VO (EG) Nr. 1782/2003 u.a. durch nicht in Anspruch genommene Zahlungsansprüche gespeist. Ein Zahlungsanspruch muss also in Anspruch genommen sein, soll er nicht der nationalen Reserve anheim fallen. Einen Anspruch in Anspruch zu nehme heißt allerdings nach dem allgemeinen wie auch nach dem juristischen Sprachgebrauch, eine Auszahlung herbeizuführen. Dies hat der Kläger in den Jahren 2005 bis 2007 nicht getan.
Für seinen Klaganspruch kann sich der Kläger schließlich nicht auf Art. 8 Abs. 1 Satz 3 der VO (EG) Nr. 795/2004 berufen. Danach gelten Zahlungsansprüche, für die ein Antrag gestellt wird und die sich auf eine ermittelte Fläche im Sinne von Art. 2 Nr. 22 der VO (EG) Nr. 796/2004 beziehen als genutzt. Zum einen verstärkt diese Ausnahme zunächst die Regel, dass eine Nutzung eine Auszahlung einer Prämie voraussetzt; andernfalls wäre sie für den Fall einer Antragstellung für ermittelte Flächen nicht nötig. Auf diese Ausnahmeregelung kann sich der Kläger indes nicht berufen. Zwar mag es sich bei den vom Kläger stillgelegten Flächen um "ermittelte Flächen" in diesem Sinne handeln. Denn sie genügen allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen und stehen im Zusammenhang mit entsprechenden Zahlungsansprüchen (Art. 2 Abs. 22 VO (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Erhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. EG 141, S. 18). Indes fehlt es für diese Zahlungsansprüche an einem Antrag im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 795/2004. Denn wie sich aus Art. 2 Abs. 11 der VO (EG) 796/2004 als Definition für den vom Kläger verwendeten "Sammelantrag" ergibt, liegt ein solcher nur vor, wenn Direktzahlungen im Rahmen der Betriebsprämienregelung beantragt, das heißt eine Zahlung begehrt wird. Mit der Beklagten ist das Gericht der Ansicht, dass sich Art. 8 Abs. 1 Satz 3 VO (EG) Nr. 795/2004 nur auf die Fälle der Sanktionen und Bagatellgrenzen bezieht, in denen trotz eines Auszahlungsantrags eine Auszahlung nicht erfolgt. Diese Vorschrift korrespondiert mit Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004, der eine ähnliche Regelung im Rahmen der Ermittlung der Zahlungsansprüche nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 trifft. Hierzu hat die erkennende Kammer im Urteil vom 19. September 2008 (2 A 24/08) ausgeführt:
"Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des Klägers, das mit Zahlungen im Sinne von Art. 37 Abs. 1 VO (EG) 1782/2003, die ein Betriebsinhaber im Referenzzeitraum bezogen hat, nicht allein die tatsächlich bezogenen Zahlungen gemeint sind (a.A. VGH München, Beschluss vom 17.07.2008 -19 BV 07.2399-, zitiert nach juris). Dies ergibt sich aus Art. 2e dieser Verordnung. Danach sind Zahlungen im Bezugszeitraum die für das betreffende Jahr/die betreffenden Jahre gewährten oder zu gewährenden Zahlungen, einschließlich aller Zahlungen für andere Zeiträume, die in dem betreffenden Kalenderjahr/den betreffenden Kalenderjahren beginnen. Die nähere Definition des Begriffes "zu gewährende Zahlungen" findet sich in Art. 3a VO (EG) Nr. 795/2004 (eingefügt durch die Verordnung (EG) Nr. 1974/2004 vom 29. Oktober 2004 (ABl. L 345/85). Nach dieser Regelung ist unbeschadet der Anwendung von Anhang VII der VO (EG) Nr. 1782/2003 die für die Festsetzung des Referenzbetrages nach Art. 37 Abs. 1 der genannten Verordnung zugrunde zu legende Zahl von Hektar oder Tieren, für die im Bezugszeitraum eine Direktzahlung gewährt wurde oder hätte gewährt werden müssen, die Zahl von Hektar oder Tieren, die im Sinne von Art. 2 r) und s) der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 für jede der in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 genannten Direktzahlungen ermittelt wurde.
Der Sinn dieser Vorschrift ergibt sich aus den Erwägungsgründen in Ziffer 5 Satz 3 der Präambel der Verordnung (EG) Nr. 1974/2004. Danach ist "der Klarheit wegen daher zu spezifizieren, dass für die in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 genannten Direktzahlungen die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vorgenommenen Kürzungen und Ausschlüsse nicht zu berücksichtigt werden sollen, damit sich die im Bezugszeitraum vorgenommenen Kürzungen und Ausschlüsse nicht fortsetzen." Mit "zu gewährenden Zahlungen" bzw. "Zahlungen, die hätten gewährt werden müssen" sind daher Zahlungen in dem Umfang gemeint, den sie ohne die vorgenommenen Kürzungen und Ausschlüsse nach der benannten Verordnung gehabt hätten. Da die Festsetzung der Zahlungsansprüche als Grundlage für die Bewilligung der Betriebsprämie für mehrere Jahre von Bedeutung ist, wollte der Verordnungsgeber bei der Ermittlung des Wertes der Zahlungsansprüche nicht im relevanten Bezugszeitraum vorgenommene Kürzungen oder gar Ausschlüsse von Beihilfen in die Berechnung der Zahlungsansprüche einfließen lassen, damit diese nicht eine weitergehende Sanktionswirkung entfalten als vom Verordnungsgeber im Rahmen der einzelnen Beihilfen zum damaligen Zeitpunkt beabsichtigt war."
Hier wie dort geht es lediglich darum, einzelfallbezogenen Kürzungen und Ausschlüssen keine weiter tragenden langfristigen Auswirkungen zukommen zu lassen.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger gegenüber dem Widerruf des Bescheides vom 7. April 2006 nicht berufen. Vertrauensschutzgesichtspunkte kommen hier nicht zum Tragen. Die VO (EG) Nr. 796/2004 unterscheidet zwischen der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge (Art. 73 VO (EG) Nr. 796/2004) und der Wiedereinziehung zu Unrecht zugewiesener Ansprüche (Art. 73a VO (EG) Nr. 796/2004). Eine Gewährung von Vertrauensschutz ist nur in Art. 73 Abs. 4 VO (EG) Nr. 796/2004 bezüglich bereits ausgezahlter Beträge, nicht aber in Art. 73a VO (EG) Nr. 796/2004 hinsichtlich lediglich zugewiesener, aber noch nicht zur Auszahlung gelangter Ansprüche vorgesehen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der systematischen Stellung beider Vorschriften und entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des EuGH zur Gewährung von Vertrauensschutz bei der Rückforderung zu Unrecht gewährter Leistungen (vgl. EuGHE 1983, 2633 - "Deutsche Milchkontor" - RdNrn. 17 ff.; EuGHE 1998, I-4767 - "Ölmühle" - RdNrn. 23 ff.; siehe zum Ganzen auch Rennert, DVBl 2007, 400 [402 f.]). Bei noch nicht ausgezahlten Ansprüchen muss ein Vertrauen, etwas behalten zu dürfen, nicht überwunden werden. Treffen nationale Behörden über Gemeinschaftsmittel Verfügungen, die im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehen, so streitet, sofern nicht Erwägungen des Vertrauensschutzes Platz greifen (vgl. EuGHE 1980, 617 - "Ferwerda" - RdNr. 21), das finanzielle Interesse der Gemeinschaft grundsätzlich für eine Rückforderung (vgl. EuGHE 1983, 2633 - "Deutsche Milchkontor" - RdNrn. 17, 18, 22; EuGHE 1998, I-4767 - "Ölmühle" - RdNr. 23). Letzteres gilt namentlich dann, wenn lediglich Ansprüche zuerkannt, nicht aber Beträge ausgezahlt und verbraucht oder zumindest entsprechende Vermögensdispositionen getroffen wurden. Jede andere Sichtweise wäre mit dem gerade im Agrarrecht geltenden gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz unvereinbar (vgl. EuGHE 1983, 2633 - "Deutsche Milchkontor" - RdNrn. 17, 18, 22).
Schließlich liegt ein Ermessenfehler der Beklagten nicht vor, weil sie im Rahmen der Anwendung von § 10 Abs. 2 MOG Ermessen nicht auszuüben hatte. Die Vorschrift verlangt von der Behörde eine gebundene Entscheidung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.