Verwaltungsgericht Hannover
v. 30.04.2002, Az.: 6 A 4482/01
Gleichbehandlungsgrundsatz; Hochschulrecht; personenbezogene Merkmale; Seniorenstudium; Studienentgelt; unechte Rückwirkung; Äquivalenzprinzip
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 30.04.2002
- Aktenzeichen
- 6 A 4482/01
- Entscheidungsform
- Gerichtsbescheid
- Referenz
- WKRS 2002, 42339
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 81 Abs 1 HSchulG ND
- Art 3 Abs 1 GG
- Art 3 Abs 3 GG
- Art 2 Abs 1 GG
- Art 12 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine Anhebung des Studienentgelts auf 250 Euro pro Semester begründet keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Entgelterhebung für Studierende, die das 60. Lebensjahr vollendet haben (sog. Seniorenstudium).
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich als Studentin gegen die Entgelterhebung der beklagten Universität für Studierende, die das 60. Lebensjahr vollendet haben.
Die am ...1937 geborene Klägerin ist seit dem Wintersemester 1997/1998 bei der Beklagten immatrikuliert und studiert dort im gegenwärtig laufenden Wintersemester 2001/2002 im 9. Fachsemester Sozialpsychologie und Philosophie sowie im 6. Fachsemester Religionswissenschaften.
Die auf Grundlage des § 81 Abs. 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) beschlossene Entgeltordnung der Beklagten vom 08.02.1995 in der Fassung des Beschlusses des Senats der Beklagten vom 19.04.2000 (veröffentlicht im Verkündungsblatt der Beklagten vom 05.07.2000, Seite 41 f.) sieht in Nr. 4 Satz 1 vor, dass Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und sich im grundständigen Studium einschreiben, zusätzlich zu den von allen Studierenden zu entrichtenden Beiträgen pro Semester ein Entgelt von 500,00 DM - ab dem 01.10.2001: 250,00 Euro - entrichten.
Mit Bescheid vom 04.10.2000 erhob die Beklagte von der Klägerin für das Wintersemester 2000/2001 ein Studienentgelt in Höhe von 500,00 DM. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 24.10.2000 Widerspruch. In diesem Zusammenhang wandte sich Rechtsanwältin X., Hannover, mit Schreiben vom 22.01.2001 im Auftrag der Klägerin an die Beklagte und erhob grundsätzliche Einwendungen gegen die Erhebung eines besonderen Entgeltes von Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 09.03.2001 und wies den Widerspruch der Klägerin vom 24.10.2000 mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2001, dieser der Klägerin zugestellt am 19.09.2001, als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 17.10.2001 Klage erhoben.
Mit Bescheid vom 27.11.2001 erhob die Beklagte von der Klägerin auch für das Sommersemester 2001 ein Studienentgelt in Höhe von 500,00 DM. Dieser Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch bei der Beklagten eingelegt werden könne. Darüber hinaus erhob die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 03.01.2002 auch für das laufende Wintersemester 2001/2002 ein Studienentgelt von der Klägerin, und zwar in Höhe von nunmehr 250,00 Euro. Gegen diese beiden Bescheide erhob die Klägerin mit Schreiben vom 14.01.2002 Widerspruch und beantragte bezüglich des Widerspruches gegen den Entgeltbescheid vom 27.11.2001 für das Sommersemester 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Beklagte wies diese Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 04.03.2002 zurück. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.11.2001 für das Sommersemester 2001 sei verspätet erhoben worden und deshalb unzulässig. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme insoweit nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Widerspruchsfrist einzuhalten. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.01.2002 für das Wintersemester 2001/2002 sei demgegenüber unbegründet.
Die Klägerin, die sich mit ihrer Klage zunächst nur gegen den Bescheid vom 04.10.2000 für das Wintersemester 2000/2001 in der Gestalt des diesbezüglichen Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.09.2001 gewandt hatte, hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 15.03.2002 auf die vorgenannten Bescheide und Widerspruchsbescheide der Beklagten hinsichtlich der Entgelterhebung für das Sommersemester 2001 und das Wintersemester 2001/2002 erweitert. Die Beklagte hat sich dazu in der Sache eingelassen.
Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, § 81 NHG sei verfassungswidrig und deshalb unwirksam. Es gebe keinen sachlichen Grund, gerade von den Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, ein besonderes Entgelt zu verlangen. Insbesondere sei es unzulässig, falls dies dazu dienen solle, ältere Studierende von den Hochschulen fernzuhalten. Auch sei das Entgelt mit 500,00 DM bzw. 250,00 Euro unangemessen hoch. Dass die Kosten eines Studienplatzes höher seien, werde bestritten. Das Äquivalenzprinzip sei jedenfalls verletzt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten über die Entgelterhebung für das Wintersemester 2000/2001 vom 04.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.09.2001 aufzuheben,
den Bescheid der Beklagten über die Entgelterhebung für das Sommersemester 2001 vom 27.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.03.2002 aufzuheben und dem diesbezüglichen Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "stattzugeben",
den Bescheid der Beklagten über die Entgelterhebung für das Wintersemester 2001/2002 vom 03.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.03.2002 aufzuheben sowie
die Beklagte unter Aufhebung ihrer genannten Bescheide in der Gestalt ihrer jeweiligen Widerspruchsbescheide zu verpflichten, die Klägerin hinsichtlich der Entgelterhebung für das Wintersemester 2000/2001, das Sommersemester 2001 und das Wintersemester 2001/2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht die Beklagte geltend, § 81 NHG und ihre darauf beruhende Entgeltordnung seien verfassungsgemäß und auch im Übrigen rechtmäßig und wirksam. Die Höhe des Entgeltes sei mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar, weil die tatsächlichen Kosten eines Studienplatzes, wie ihn die Klägerin belege, wesentlich höher seien als das erhobene Entgelt. Hierzu verweist die Beklagte auf eine Untersuchung zur Ermittlung der Kosten eines Studienplatzes aus dem Jahr 1993. Danach betrügen die Kosten für einen Studienplatz im Magisterstudiengang Sozialpsychologie ohne Gemeinkosten- und -flächenanteil 2.412,00 DM.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung ergeht nach Anhörung der Beteiligten mit deren ausdrücklich erklärtem Einverständnis durch Gerichtsbescheid gem. § 84 VwGO.
Die Kammer legt die Anträge der Klägerin nach ihrem erkennbaren Rechtsschutzbegehren gem. § 88 VwGO i.V.m. § 133 BGB dahingehend aus, dass sie die Aufhebung der drei Leistungsbescheide und der jeweiligen Widerspruchsbescheide der Beklagten im Wege von drei miteinander verbundenen Anfechtungsklagen im Sinne von § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO und dabei jeweils mit dem Hauptantrag die vollständige Aufhebung und mit einem Hilfsantrag die teilweise Aufhebung hinsichtlich der Höhe des Entgeltes in einem sich aus der Rechtsauffassung des Gerichts ergebenden Umfang begehrt. Eine Verpflichtungsklage i.S.v. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO, wie sie der Wortlaut des Klageantrages zu 2. in dem Schriftsatz der Klägerin vom 15.03.2002 nahe legen könnte, nimmt die Kammer demgegenüber nicht an. Denn aus dem Vorbringen der Klägerin ist eindeutig zu erkennen, dass sie sich zum einen bereits dem Grunde nach gegen die Entgelterhebung wendet, weil sie diese schon als solche für unzulässig hält, zum anderen jedenfalls die Höhe des Entgeltes als unangemessen ansieht, also zumindest eine Verringerung des erhobenen Entgeltes verlangt. Diesem Begehren trägt die dargelegte Auslegung in vollem Umfang Rechnung. Ein sinnvolles Interesse der Klägerin an einer Neubescheidung nach Aufhebung der bisherigen Bescheide, die sie mit einer Verpflichtungsklage erreichen könnte, ist demgegenüber nicht erkennbar.
Die gemeinsame Verfolgung dieser drei Klagebegehren in einer Klage im Wege einer sog. objektiven Klagenhäufung ist als solche nach § 44 VwGO zulässig. Auch ist die durch den Schriftsatz der Klägerin vom 15.03.2002 vorgenommene Klageänderung (Klageerweiterung) als solche nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da sich die Beklagte auch auf die erweiterte Klage ohne Rüge der Unzulässigkeit zur Sache eingelassen und damit in die Klageänderung eingewilligt hat; diese ist im Übrigen jedenfalls auch sachdienlich.
Die Klage ist jedoch unzulässig und deshalb abzuweisen, soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 27.11.2001 für das Sommersemester 2001 und des diesbezüglichen Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.03.2002 beantragt. Denn insoweit hat die Klägerin den nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor Klageerhebung zwingend erforderlichen Widerspruch offensichtlich und unstreitig nicht innerhalb der nach § 70 Abs. 1 VwGO vorgeschriebenen Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides der Beklagten vom 27.11.2001 (vgl. § 41 Abs. 2 VwVfG), sondern erst mit Schreiben vom 14.01.2002 erhoben. Diese Widerspruchsfrist wurde durch die ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung zu dem Bescheid der Beklagten vom 27.11. 2001 wirksam in Lauf gesetzt (§ 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO).
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 70 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 bis 4 VwGO hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 04.03.2002 schließlich auch zu Recht abgelehnt. Denn eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darf gem. § 60 Abs. 1 VwGO nur gewährt werden, wenn der Betroffene ohne Verschulden gehindert war, die fragliche Frist einzuhalten. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Klägerin war nämlich auf Grund der Rechtsbehelfsbelehrung zu dem Bescheid der Beklagten vom 27.11.2001 durchaus in die Lage versetzt worden, zu erkennen, dass auch gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch einzulegen war. Allein die rechtsirrige Annahme der Klägerin, dies sei wegen der Klageerhebung gegen den Entgeltbescheid für das Wintersemester 2000/2001 nicht erforderlich, lässt die Nichteinhaltung der Widerspruchsfrist nicht als unverschuldet erscheinen. Mangelnde Rechtskenntnis kann eine Fristversäumnis nämlich in aller Regel nicht entschuldigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.09.1998 - 8 B 154/98 - NVwZ-RR 1999, 538).
Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber in vollem Umfang unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17.09.2001 und der Bescheid der Beklagten vom 03.01.2002 in der Gestalt des diesbezüglichen Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 04.03.2002 sind sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erhebung der streitgegenständlichen Entgelte ist § 81 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der Fassung vom 24.03.1998 (Nds. GVBl. S. 300), zuletzt geändert durch Artikel 2 und 3 des Gesetzes vom 15.12.2000 (Nds. GVBl. S. 378) in Verbindung mit Nr. 4 Satz 1 der Entgeltordnung der Beklagten vom 08.02.1995 in der Fassung des Beschlusses des Senats der Beklagten vom 19.04.2000 (veröffentlicht im Verkündungsblatt der Beklagten vom 05.07.2000, Seite 41 f.).
Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 NHG soll die Hochschule u.a. von Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, Gebühren oder Entgelte erheben. Bei der Festsetzung sind gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 NHG neben dem Aufwand der Hochschule das wirtschaftliche Interesse der Betroffenen sowie deren finanzielle Situation zu berücksichtigen. Hierzu hat die Hochschule gem. § 81 Abs. 1 Satz 3 NHG eine Ordnung zu erlassen. Dies hat die Beklagte mit ihrer o.g. Entgeltordnung getan.
Dass diese Rechtsgrundlage dem Grunde nach verfassungsgemäß und auch im Übrigen rechtmäßig und wirksam ist, hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bereits mit Urteil vom 17.11.1998 - 10 L 5099/98 - (Nds. VBl. 1999, 142) grundsätzlich geklärt und entschieden. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat dort u.a. ausgeführt:
"Die Entgeltordnung ist formell wirksam. (...) Die Entgeltordnung beruht wiederum auf der Ermächtigungsgrundlage des § 81 NHG. (...) Danach hält sich die Entgeltordnung der Beklagten an die Vorgaben des § 81 NHG. (...) § 81 NHG ist schließlich verfassungsgemäß. Er verletzt weder das Verbot der unechten Rückwirkung noch den Gleichbehandlungsgrundsatz noch etwa einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf entgeltfreies Studieren.
Der Gesetzgeber des NHG hat das Grundgesetz nicht dadurch verletzt, dass er in den Anwendungsbereich der Entgeltregelung auch solche Personen einbezogen - bzw. nicht ausgeschlossen - hat, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bereits eine Ausbildung aufgenommen hatten. Zwar hat der Gesetzgeber damit auf den noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt des Studiums und seiner Finanzierung für die Zukunft zum Nachteil der Betroffenen eingewirkt. Jedoch sind Regelungen, die eine solche unechte Rückwirkung herbeiführen, verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Einschränkungen können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Das ist dann der Fall, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, Beschluss vom 14.10.1997 - 1 BvL 5/93 -, NJW 1998, 973, 974 m.w.N.).
Die Einbeziehung aller Studierenden über 60 Jahre in die Neuregelung war geeignet und erforderlich, die angestrebten Ziele zu erreichen. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers war es für die Hochschulen bisher weniger reizvoll, sich mit bestimmten Studienangeboten an besondere Gruppen von Interessenten zu wenden. Insbesondere der Bereich des Weiterbildungsstudiums wird als stark entwicklungsfähig angesehen. Aus diesem Grund ist in § 77a NHG (jetzt: § 81 NHG) die Möglichkeit geschaffen worden, in den dort bezeichneten Fällen Gebühren oder Entgelte zu erheben, deren Ertrag den Hochschulen zugute kommt (Landtagsdrucksache 12/3810 vom 18.9.1992, S. 116). § 81 NHG, der für besondere bildungspolitische Angebote die Rechtsgrundlage - und damit auch einen finanziellen Anreiz für die Hochschule - schafft, Gebühren oder Entgelte zu erheben, ist vom Gesetzgeber bewusst als Soll- Bestimmung gefasst worden, um zu verdeutlichen, dass es sich bei den besonderen Bildungsangeboten um Leistungen handelt, die über den originären und unentgeltlich wahrzunehmenden Auftrag insbesondere der grundständigen Ausbildung im Studium hinausgehen (Landtagsdrucksache, a.a.O., S. 206 f. zu § 77a NHG). Das Interesse der bereits Studierenden über 60 Jahre an einer Beibehaltung des bis dahin geltenden Rechtszustandes ist danach nicht höher zu bewerten als die Gründe, die den Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für eine sofortige Entgelterhebung nach Erlass einer entsprechenden Entgeltordnung der Hochschule bewogen haben. Die in § 81 NHG geschaffene Rechtsgrundlage für Entgeltregelungen dient vor allem auch dazu, dass bereits eingerichtete Weiterbildungs- oder Altersstudiengänge von der Hochschule mangels finanzieller Mittel oder eines sonstigen Anreizes nicht einfach aufgegeben, sondern fortgeführt werden, was auch dem Kläger nutzt.
Die Studierenden konnten jedenfalls darauf vertrauen, dass ihnen auch im Fall einer gesetzlichen Neukonzeption des Studiums hinsichtlich einer - teilweisen - Gebührenpflichtigkeit eine Beendigung des Studiums ohne wesentlichen finanziellen Aufwand möglich blieb. Das 5. Hochschuländerungsgesetz vom 8. Dezember 1993 (Nds. GVBl. S. 618) ist nach Art. V Abs. 1 am 1. Januar 1994 in Kraft getreten. (...) Die Entgeltordnung der Beklagten ist wiederum erst ab Sommersemester 1995 wirksam geworden, (...). Außerdem gestattet es die Entgeltordnung der Beklagten, auf eventuelle finanzielle Schwierigkeiten bei den Studierenden durch Halbierung der Entgelte oder völligen Verzicht in Härtefällen angemessen zu reagieren.
Der Gesetzgeber war nicht durch den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichtet, anstelle einer Entgeltpflichtigkeit bestimmter Gruppen von Studierenden alle Studierenden zu Studienentgelten heranzuziehen. Diese durch § 81 NHG geschaffene Verschiedenbehandlung ist, gemessen am Willkürverbot, wonach ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden kann, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfG, NJW 1993, 1517), nicht zu beanstanden. Vielmehr liegt die (...) Unterschiedlichkeit der Lebenssachverhalte, ob jemand als junger Mensch durch ein Studium einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht oder als über 60 Jahre alter Mensch (...) ein Studium als gewissermaßen nicht existenznotwendige Freizeitbeschäftigung betreibt, auf der Hand.
Ein strengerer Maßstab wäre anzulegen, wenn sich die Merkmale der unterschiedlichen Behandlung den personenbezogenen Merkmalen der in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern würden und dadurch die Gefahr größer wäre, dass eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung führt (vgl. BVerfG, a.a.O.). Das ist indessen nicht der Fall, weil das Lebensalter nach Art. 3 Abs. 3 GG nicht zu den personenbezogenen Merkmalen gehört.
Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind ferner um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, a.a.O.). Soweit hier Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht käme, kann sich der Kläger (...) hierauf nicht berufen, weil es ihm, soweit vorgetragen und ersichtlich, nicht um die Aufnahme einer Berufstätigkeit nach Abschluss seines Studiums (...), sondern um die Beanstandung einer vermeintlichen Diskriminierung älterer Menschen als Studierende geht.
Art. 2 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht berührt, da der Kläger in seinem Alter weiterhin (...) studieren kann. Dass er aus finanziellen Gründen dazu etwa nicht in der Lage sei, ist weder vorgetragen worden noch aus den Akten ersichtlich. Der VGH Mannheim hat sogar die Ausnahme der Studenten von der Studiengebührenbefreiung, die die Höchststudiendauer nach dem Honnefer Modell überschritten hatten, für mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG sowie mit dem Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG für vereinbar gehalten (Beschluss vom 18.01.1972 - IV 956/71 -, NJW 1972, 887).
Der Kläger hat auch keinen verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf entgelt- bzw. gebührenfreies Studieren. Seine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG wird nicht berührt, weil der Kläger grundsätzlich (...) weiterstudieren kann. Im übrigen handelt es sich bei dem zu zahlenden Entgelt nicht um eine Steuer, wie der Kläger irrtümlich meint, sondern um eine bloße Benutzungsgebühr (vgl. Sennekamp, Die neuen Immatrikulations- und Rückmeldegebühren - Verfassungsmäßigkeit der § 120a UG, § 80a FHG, § 86a KHG, § 85a PHG -, VBlBW 1997, 365, 366; VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 29.07.1998 - 9 S 1763/97 -, BA S. 12). Mangels bundesrechtlicher Regelung im HRG ist für die Regelung von Nutzungsgebühren der Landesgesetzgeber zuständig (Sennekamp, a.a.O.), der hiervon durch § 81 NHG Gebrauch gemacht hat. Da die Benutzungsgebühr in Form des Studienentgelts weder den mit der Zurverfügungstellung eines Studienplatzes verbundenen Aufwand deckt noch das wirtschaftliche Interesse des Studierenden an der Absolvierung des Studiengangs sowie die finanzielle Situation des einzelnen Studierenden unberücksichtigt lässt (§ 81 NHG und Nr. 1.1.3 der Entgeltordnung der Beklagten), ist ihre Erhebung als solche ebenfalls rechtmäßig, zumal an ihre Nichtzahlung als Rechtsfolge nicht die - verfassungsrechtlich bedenkliche - sofortige Exmatrikulation (vgl. hierzu: Sennekamp, a.a.O., S. 368 ff.) geknüpft ist."
Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, von dieser grundsätzlichen Beurteilung abzuweichen. Ergänzend verweist die Kammer dazu auf die Entscheidung des BVerwG vom 25.07.2001 - 6 C 8/00 - (DVBl. 2002, 60), in der die grundlegenden Erwägungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu der Frage der Zulässigkeit von Studiengebühren - allerdings dort bezogen auf Studiengebühren für sog. Langzeitstudenten - im Wesentlichen bestätigt werden.
Darüber hinaus bestehen für die Kammer keine Zweifel, dass auch die Höhe des Entgeltes von nunmehr 500,00 DM bzw. 250,00 Euro pro Semester immer noch innerhalb des zulässigen Rahmens liegt und insbesondere nicht gegen das Äquivalenzprinzip verstößt.
Soweit die Klägerin anzweifelt, dass die tatsächlichen Aufwendungen der Hochschule, die gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 NHG bei der Festsetzung der Höhe des Entgeltes mit zu berücksichtigen sind, geringer sind als das Entgelt von 500,00 DM bzw. 250,00 Euro pro Semester, folgt ihr die Kammer nicht und sieht auch keine Veranlassung zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, zumal das BVerwG in seiner zitierten Entscheidung (a.a.O., S. 65) festgestellt hat, dass selbst eine Studiengebühr von 1.000,00 DM pro Semester "gemessen an den [für das Studium] erbrachten staatlichen Aufwendungen (...) offensichtlich innerhalb der dem Gesetzgeber durch das Äquivalenzprinzip gesetzten Grenzen" liegt. Der Spielraum zwischen den von der Beklagten geltend gemachten Aufwendungen und dem von ihr erhobenen Entgelt ist jedenfalls so groß, dass die Kammer es nicht für geboten hält, den im Übrigen auch nicht substantiiert vorgetragenen Zweifeln der Klägerin weiter nachzugehen.
Auch berücksichtigt die Entgeltordnung der Beklagten entsprechend § 81 Abs. 1 Satz 2 NHG die finanzielle Situation der Betroffenen in ausreichendem Maße, indem in Nr. 4 Satz 2 vorgesehen ist, dass das Entgelt auf Antrag auf die Hälfte reduziert sowie in Härtefällen auf Antrag ganz auf das Entgelt verzichtet werden kann.
Schließlich bestehen für die Kammer auch keine durchgreifenden Zweifel daran, dass auch ein Entgelt von 500,00 DM bzw. 250,00 Euro pro Semester das wirtschaftliche Interesse der Studierenden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, noch ausreichend berücksichtigt, wie es § 81 Abs. 1 Satz 2 NHG verlangt. Zwar hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (a.a.O.) bereits darauf hingewiesen, dass das wirtschaftliche Interesse dieser Personengruppe an dem Studium verhältnismäßig gering sein dürfte, weil diese Personen das Studium in aller Regel nicht zur Vorbereitung einer entsprechenden Berufsausübung oder einer sonstigen erwerbswirtschaftlichen Betätigung, sondern als allgemeine Bildungsmaßnahme, also mehr oder weniger als "Freizeitbeschäftigung" betreiben. Nichtsdestotrotz hält sich die pauschale Erhebung eines Entgeltes in Höhe von 500,00 DM bzw. 250,00 Euro pro Semester von diesen Personen nach Auffassung der Kammer nach wie vor innerhalb des im Gesetz angelegten weiten Ermessensspielraumes der Beklagten.