Landgericht Hannover
Beschl. v. 14.12.2006, Az.: 58 a 5/06
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 14.12.2006
- Aktenzeichen
- 58 a 5/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 43288
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2006:1214.58A5.06.0A
In dem Verfahren auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung betreffend
...
hat die 4. Strafkammer unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht ..., der Richterin am Landgericht ... und des Richters am Landgericht ... am 14.12.2006
beschlossen:
Tenor:
Bis zur Entscheidung in dem Verfahren auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung wird der Verurteilte einstweilen untergebracht.
Gründe
I.
Der Verurteilte ist durch die Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 28.12.1993 nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 17.05.1994 wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Vergewaltigung, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit sexueller Nötigung, wegen sexueller Nötigung und Diebstahls in zwei Fällen (Tatzeit November/Dezember 1992) - unter Freisprechung im übrigen - zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden.
Folgende Einzelstrafen sind verhängt worden:
Wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Vergewaltigung 8 Jahre 1 Monat Freiheitsstrafe,
wegen schweren Raubes in Tateinheit mit sexueller Nötigung 7 Jahre 1 Monat Freiheitsstrafe,
wegen sexueller Nötigung 5 Jahre Freiheitsstrafe, wegen Diebstahls in zwei Fällen jeweils 1 Jahr Freiheitsstrafe.
Das Landgericht hat in seinem Urteil, ohne dass sich der Verurteilte eingelassen hätte, im wesentlichen folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt:
1. Am 12.11.1992 brach der Verurteilte in das Pfarrhaus der Gemeinde H... und entwendete dort ein Anschriftenverzeichnis der evangelisch-lutherischen Landeskirche.
2. Am nächsten Tag gegen 22.40 Uhr drang er in die Wohnung einer dort allein lebenden Pastorin in ... ein. Er war mit einer Wolfmütze mit Sehschlitzen und einem Mundschlitz maskiert, trug Wollhandschuhe und hatte in den Händen eine mitgebrachte kurze Eisenstange, die er drohend erhoben hatte. Zunächst forderte er von der Pastorin Geld und vergewaltigte die verängstigte Frau, nachdem er ihre Hände gefesselt hatte, in ihrem Wohnzimmer. Vor dem Samenerguss zog er jedoch seinen Penis wieder aus der Scheide und wischte ihn mit dem Schlüpfer des Tatopfers ab. Anschließend schnitt er mit einer Schere die zur Fesselung benutzten Mullbinden durch und steckte diese ein. Danach verließ er mit der Eisenstange das Haus.
3. In der Nacht vom 07.12.1992 schlug der Verurteilte ein Fenster des Pfarrhauses der evangelischen Kirchengemeinde in ... ein und gelangte so in das Pfarrhaus. Er betrat das Schlafzimmer des Tatopfers, einer Pastorin. Er war wieder mit einer wollenen Maske bekleidet, trug an den Händen Wollhandschuhe und führte einen länglichen eisernen Gegenstand bei sich. Zunächst durchsuchte der Verurteilte den Nachttisch seines Opfers, fand jedoch nichts Mitnehmenswertes. Danach zog er die Bettdecke, unter der das Opfer in seinem Bett in großer Angst lag, weg und nahm seine Maske ab. Er legte sich auf die Frau, die ihn jedoch wegstieß.
Das Opfer begann, auf den Verurteilten einzureden. Als sich das Opfer weiter wehrte, ließ der Verurteilte von ihr ab und zog die Maske wieder über das Gesicht. Danach zog er ihm das Nachthemd hoch und streichelte der Frau mit den Händen über die nackte Brust. Das Opfer redete weiter auf den Verurteilten ein. Dieser entschloss sich nunmehr, das Opfer nicht zu vergewaltigen.
4. In der Nacht des 08./09.12.1992 gegen 1.00 Uhr brach der Verurteilte die Kellertür des Pfarrhauses in ... auf und betrat kurze Zeit später das Schlafzimmer der dort allein lebenden Pastorin. Wieder trug der Verurteilte eine Maske mit Sehschlitzen und hielt in der linken Hand eine eiserne Brechstange. Zunächst verlangte er wieder Geld, das ihm das Opfer, das erhebliche Angst bekommen hatte, auch gab. Der Verurteilte sagte dann zu dem Tatopfer, welches sich auf das Bett gesetzt hatte, "so jetzt will ich Sie noch vergewaltigen". Anschließend legte er sich auf die Frau, fasste ihr an die Brust, wobei es dem Opfer gelang, den Verurteilten an den Unterarmen zu kratzen. Bei der weiteren körperlichen Auseinandersetzung gelang es der Frau, dem Verurteilten die wollene Gesichtsmaske vom Gesicht herunterzuziehen. Dieser sprang sofort auf und zog sich die Maske wieder über das Gesicht. In diesem Moment will sich der Verurteilte entschlossen haben, diese Frau nicht mehr zu vergewaltigen. Es entwickelte sich zwischen den beiden ein längeres Gespräch, das mehr als eine Stunde dauerte. Danach verließ der Verurteilte das Haus.
Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB hat das Landgericht entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft mit der Begründung verneint, bei den Taten habe sich weder ein durch die Anlage noch durch Übung erworbener Hang zu immer neuen Straftaten im Sinne eines eingeschliffenen Verhaltensmusters gezeigt. Aus psychiatrischer Sicht seien die Taten als Gelegenheits- oder Augenblickstaten zu würdigen. Für ihre Entscheidung hat sich die Kammer auf ein in der Hauptverhandlung erstattetes Gutachten des Sachverständigen Dr. ... gestützt, demgegenüber der Verurteilte keine Angaben zu den Taten gemacht hat. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht mit dem Rechtsmittel der Revision gegen die Ablehnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gewandt.
Der Verurteilte befindet sich seit dem 20.01.1993 in Untersuchungs- und Strafhaft. Das Ende der Strafhaft ist für den 15.12.2006 vorgesehen. Mit Verfügung vom 06.06.2006 hat die Staatsanwaltschaft die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b StGB beantragt. Die Kammer hat die Gutachten der Sachverständigen Dr. ... und Dr. ... eingeholt.
Nachdem die Kammer das Verfahren im Anschluss an die Hauptverhandlung vom 04.12.2006 mit Beschluss vom 05.12.2006 ausgesetzt hat, hat die Staatsanwaltschaft den Antrag vom 20.10.2006, einen Unterbringungsbefehl gemäß § 275 a Abs. 5 StPO zu erlassen, aufrechterhalten.
II.
Die Kammer geht nach dem derzeitigen Sachstand davon aus, dass dringende Gründe, also eine große Wahrscheinlichkeit, für die Annahme der nachträglichen Anordnung einer Sicherungsverwahrung vorliegen.
1. Die formellen Voraussetzungen für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1, 2 StGB sind bereits mit dem Urteil des Landgerichts ... vom 28.12.1993 erfüllt (s.o.); zudem ist der Verurteilte zuvor wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
a) Das Amtsgericht ... - Jugendschöffengericht - belegte den Verurteilten am 07.01.1963 wegen versuchten schweren Raubes mit einer unbestimmten Jugendstrafe von 1 Jahr bis zu 3 Jahren. Der Rest der Jugendstrafe wurde bis zum 30.06.1968 zur Bewährung ausgesetzt. Sodann wurde die Jugendstrafe in eine bestimmte Jugendstrafe von 2 Jahren 9 Monaten 28 Tagen umgewandelt. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Die Strafvollstreckung war erledigt am 01.01.1967.
b) Das Amtsgericht ... verurteilte den damaligen Angeklagten am 27.06.1966 wegen räuberischer Erpressung, versuchter räuberischer Erpressung, versuchter Notzucht und schweren Diebstahls zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten.
c) Das Amtsgericht ... verurteilte den damaligen Angeklagten am 20.02.1968 wegen gemeinschaftlichen Diebstahls, schweren Diebstahls, räuberischer Erpressung, versuchter Notzucht und Körperverletzung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 27.06.1966 zu einer Jugendstrafe von 5 Jahren. Der Rest der Jugendstrafe wurde zur Bewährung bis zum 30.06.1973 ausgesetzt. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde widerrufen. Der Rest der Jugendstrafe wurde abermals bis zum 29.01.1979 zur Bewährung ausgesetzt. Schließlich wurde die Verbüßung des Restes der Jugendstrafe erlassen.
d) Das Landgericht ... verurteilte den damaligen Angeklagten am 18.07.1972 wegen versuchter Notzucht in 5 Fällen und Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren. Der Strafrest wurde bis zum 30.05.1980 zur Bewährung ausgesetzt. Es erfolgte sodann eine Verlängerung der Bewährungszeit bis zum 30.05.1981. Die Strafaussetzung musste alsdann widerrufen werden. Die Strafvollstreckung war am 26.04.1983 erledigt.
e) Das Landgericht ... verurteilte den damaligen Angeklagten am 25.01.1979 wegen versuchter Vergewaltigung, schweren Raubes in Tateinheit mit Vergewaltigung und wegen versuchten Raubes in Tateinheit mit versuchter Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren. Ein Strafrest wurde bis zum 30.05.1980 zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit dann bis zum 30.05.1981 verlängert. Sodann erfolgte ein Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung. Die Strafvollstreckung war am 26.04.1983 erledigt.
f) Das Landgericht ... verurteilte den damaligen Angeklagten am 16.10.1981 wegen versuchter Vergewaltigung, versuchter räuberischer Erpressung und sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren. Außerdem wurde die Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Strafvollstreckung war am 13.11.1989 erledigt. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wurde zur Bewährung ausgesetzt und am 14.07.1995 für erledigt erklärt.
Der Verurteilte hat die Strafen aus den vorgenannten Verurteilungen entsprechend den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 StGB verbüßt.
2. Die Kammer geht davon aus, dass bei dem Verurteilten der Hang zur Begehung erheblicher Straftaten mit gravierenden Auswirkungen für die Opfer vorliegt und der Angeklagte als für die Allgemeinheit erheblich gefährlich einzustufen ist. Dies folgt aus den schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Dr. ... und Dr. ... vom 16.10. bzw. 22.11.2006. Beide Sachverständige gelangen im wesentlichen einhellig zu dem Schluss, dass bei dem Verurteilten eine gravierende Persönlichkeitsstörung vorliegt, und dass bei ihm als Hangtäter ein vergleichsweises hohes Rückfallrisiko für die Begehung ähnlicher Sexualstraftaten besteht. Zu diesem Ergebnis sind sie aufgrund ihrer Explorationen des Angeklagten, der Auswertung der Akten und Beiakten der früheren Verfahren mit den dort erstatteten Gutachten gekommen. Diese Einschätzung deckt sich überwiegend mit der Bewertung durch den zuvor im Strafvollstreckungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen ... in dessen Gutachten vom 05.03.2006, das Anlass für die Einleitung des Verfahrens gemäß § 275 a StPO war.
Der Sachverständige Dr. ... hat nach der Auswertung der Delinquenzgeschichte, der Systematik des ICD 10 folgend, einen zweifellos vorhandenen Sadismus bei dem Verurteilten diagnostiziert, der einen Hang begründet. Das heißt: Die sexuellen Handlungen des Verurteilten waren in der Weise mit Erniedrigungen verknüpft, dass das psychische Leiden der Opfer für den Täter sexuell erregend war.
In seiner Gefährlichkeitsprognose geht der Sachverständige Dr. ... Berücksichtigung der statistischen Prognoseinstrumente und der konkreten Bestimmung des Rückfallrisikos davon aus, dass das Rückfallrisiko vergleichbar hoch sein wird wie nach der letzten Haftentlassung, nach der es, wie bekannt, sehr schnell zum erneuten Einstieg in Straftaten gekommen sei. Dieses Risiko wäre durch das Alter des Verurteilten allenfalls mäßig reduziert.
Der Sachverständige Dr. ... hat nach seiner abschließenden Beurteilung bei dem Verurteilten eine Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, abgängigen, aber auch dissozialen Aspekten diagnostiziert und zudem eine sadistische Paraphilie. Die Taten stellen seiner Ansicht nach keine Gelegenheitstaten dar, sondern resultieren aus den devianten sexuellen Impulsen des Verurteilten. Somit erweist sich der Verurteilte unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Vorgeschichte als Hangtäter. Der Sachverständige Dr. ... bezeichnet den Verurteilten unter Berücksichtigung seiner Person, seiner Taten sowie nach seiner Verurteilung bekannt gewordener, prognostisch relevanter Fakten als für die Allgemeinheit in erheblichem Maße gefährlich. Von ihm seien für den Fall seiner Entlassung in die Freiheit sogar recht kurzfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit Rückfalldelikte zu erwarten, durch die seine Opfer seelisch und körperlich schwer geschädigt werden.
3. Die Kammer geht auch von der großen Wahrscheinlichkeit des Vorliegens "neuer Tatsachen" im Sinne des § 66 b StGB aus. Unter welchen Voraussetzungen diese angenommen werden können, ergibt sich aus folgendem:
a) Die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gehört zu der schwersten Unrechtsfolge des Strafrechts (BVerGE 109, 190, 211 ff), weil sie eine zeitlich unbefristete Unterbringung ermöglicht. Dieser Eingriff in die Freiheitsrechte und den Vertrauensschutz eines Verurteilten ist unter Abwägung mit dem Erfordernis einer nachhaltigen Gefahrenabwehr und dem Schutz vor Verletzungen wichtiger Rechtsgüter durch gefährliche Wiederholungstäter nur dann verfassungsrechtlich hinnehmbar, wenn die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nach dem Willen des Gesetzgebers restriktiv gehandhabt werden (BT-Drucksache 15, 2887 S. 20; BVerGE 19, 190, 236; BVerfG Beschluss vom 23.08.2006 - 2 BvR 226/06; BGH NStZ 2005, 561, 562 [BGH 11.05.2005 - 1 StR 37/05]; Beschluss vom 19.01.2006 - 4 StR 222/05; Beschluss vom 22.02.2006 - 5 StR 585/05). Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Verfahren über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht dafür geschaffen worden ist, rechtsfehlerhafte frühere Entscheidungen, zu korrigieren (d.h. strikter Vorrang des Erkenntnisverfahrens, in dem die Anordnung einer Sicherungsverwahrung hätte erfolgen können) kommen als neue Tatsachen im Sinne des § 66 b StGB nur solche in Betracht, die aus Sicht des Gerichts schon für sich gesehen von besonderem prognoserelevanten Gewicht sind und im symptomatischen Zusammenhang mit der Anlassverurteilung stehen (BGH Beschluss vom 22.02.2006 a.a.O., m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass Umstände, die für den früheren Tatrichter im Sinne von § 244 Abs. 2 StPO erkennbar waren, als "neue Tatsachen" ebenso ausscheiden, wie bloße neue (abweichende) Bewertungen von bereits bei der Anlassverurteilung bekannten oder erkennbaren Tatsachen. Dazu zählt auch eine abweichende psychiatrische Diagnose auf bekannter Tatsachengrundlage (BGH, StV 2006, 66, 67 [BGH 09.11.2005 - 4 StR 483/05]).
b) Im vorliegenden Fall hat die Zeit nach der Anlassverurteilung vom 28.12.1993 aus rein vollzuglicher Sicht keine relevanten neuen Tatsachen hervorgebracht.
Neu ist indes, dass sich der Verurteilte insbesondere gegenüber dem Sachverständigen ... - später auch gegenüber den Sachverständigen Dres. ... und ... - erstmals im Laufe des Strafvollzugs anlässlich der Begutachtung zur Frage einer vorzeitigen Entlassung zu den in der Anlassverurteilung zugrunde liegenden Taten und deren näheren Umständen geäußert hat. Hierbei hat er sich nach Darlegungen des Sachverständigen ... dahin erklärt, er sei vor den Delikten, die der Anlassverurteilung zugrunde gelegen haben, sehr angespannt und innerlich frustriert gewesen. Schon der Gedanke, dass die zu überfallenden Frauen etwa aus Scham nicht so schnell zur Polizei gehen würden, hätten ihn erregt. Durch die Vorbereitung der Taten (u.a. Mitführen von Pudelmütze und Handschuhen) habe sich die Erregung weiter aufgebaut. Er habe sich dann den Ablauf der Taten vorgestellt und sei zunehmend erregt gewesen. Wenn er dann auf die Frauen getroffen sei und sie dabei an der Brust berührt habe, sei es bei ihm (wie früher in ähnlichen Szenen auch fast immer) schon zum Samenerguss gekommen. Wichtig sei für ihn gewesen, dass die Frauen nachgegeben haben und er sie habe berühren können. Dabei sei es ihm um Bemächtigung gegangen. Er habe der Beherrscher der Situation sein müssen. Hätten sich die Frauen vehement gewehrt, sei seine Erregung verschwunden. Auch gegenüber dem Sachverständigen Dr. ... hat sich der Verurteilte dahin geäußert, er habe während einer Autofahrt bereits Ausschau nach entsprechenden Häusern gehalten, sei dann zunächst nach Hause gefahren und dann jedoch den Impuls verspürt, wieder loszufahren (wodurch nach Auffassung des Sachverständigen Dr. ... das Dranghafte seiner Störung deutlich wird).
Diese erstmalig im Vollzug der gerade zu verbüßenden Freiheitsstrafe erfolgte Beschreibung der Gefühle, Befindlichkeiten und Empfindungen durch den Verurteilten sind unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die diagnostische Bewertung neue Anknüpfungstatsachen. Zwar hat der Verurteilte in der Vergangenheit eine Vielzahl ähnlicher Straftaten begangen, die im Tatbild vergleichbare Strukturen aufweisen. Eine eindeutige und gesicherte Diagnose hat sich aber, wie die diversen gutachterlichen Stellungnahmen in der Vergangenheit zeigen, nicht stellen lassen. So hat u.a. der Sachverständige Prof. Dr. ... in seinem Gutachten in dem Verfahren 13 KLs 78/82 vor dem Landgericht ... "eine echte sexuelle Perversion im Stile einer süchtigen Entwicklung" nicht feststellen können. Die angeordnete Sicherungsverwahrung ist 1995 für erledigt erklärt worden, nachdem der Sachverständige Dr. ... zuletzt eine Verbesserung der Einsichts- und Konfliktfähigkeit sowie Fortschritte in Richtung Nachreifung festgestellt hat. Alle Vorgutachten enthalten lediglich Mutmaßungen über die Motivation für die Taten. Die Sachverständige Dr. ... spricht auf S. 42 in ihrem in dem Verfahren 13 KLs 78/82 (Band III Bl. 127) erstatteten Gutachten davon, dass der Verurteilte ein Mann gewesen sei, dessen Sexualität "offenbar mit Gewalt- bzw. Mächtigkeitsphantasien (über die hier wenig in Erfahrung gebracht werden konnte) ... erlebt würde" (Hervorhebung durch die Kammer).
Durch die Erklärung des Verurteilten, insbesondere gegenüber dem Sachverständigen ..., liegen nunmehr Anknüpfungstatsachen vor, die den Beurteilungshorizont der psychiatrischen Sachverständigen entscheidend erweitern und - im Gegensatz zu früher - hinreichend gesicherte Diagnosen zulassen. Der Verurteilte hat damit erstmalig direkten Einblick in seine Motivationslage gegeben, die psychiatrisch neue Erkenntnisse über den Anlass der Taten und damit für die Bewertung des Verurteilten erbracht haben. Der Sachverständige Dr. ... führt in diesem Zusammenhang in seinem Gutachten an dessen Ende nämlich u.a. aus: "Jedenfalls hat Herr M. Jahre nach seiner letzten Verurteilung im Jahre 1993 seine dieser zugrunde liegenden einschlägigen Delikte geständig eingeräumt, erst damit im Gegensatz zu den gutachterlichen Ausführungen in seiner Hauptverhandlung die Feststellung ermöglicht, dass diese keine Gelegenheitstaten darstellen sondern aus seinen devianten sexuellen Impulsen resultieren, der somit, auch unter Berücksichtigung seiner einschlägigen Vorgeschichte ein Hangtäter ist. Es sind zudem anhand der standardisierten Prognoseparameter Aussagen zu seiner Prognose erfolgt, die bis dahin offenbar nicht bekannt waren und aus hiesiger, d.h. medizinischer Sicht belegen, dass er unter Berücksichtigung der Gesamtwürdigung seiner Person, seiner Taten, sowie nach seiner Verurteilung bekannt gewordener, prognostisch relevanter Fakten für die Allgemeinheit in erheblichem Maße gefährlich ist..." (Hervorhebung durch die Kammer).
Der Umstand, dass der Verurteilte, wie sein Verteidiger vorträgt, auf der einen Seite durch Offenheit, wie es erwartet wird, eine Prognoseverbesserung zu erreichen sucht, die nunmehr im Rahmen dieses Verfahrens zu seinem Nachteil gereichen sollen, mag problematisch sein. Zu einer anderen Entscheidung kann diese Situation indes nicht führen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielrichtungen des Strafvollzugsgesetzes und des vorliegenden Verfahrens verbietet sich eine vergleichende Betrachtung. Im übrigen würde man ansonsten die offenkundig gewordene Gefährlichkeit negieren.