Landgericht Hannover
Urt. v. 08.02.2006, Az.: 39 a 29/05

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
08.02.2006
Aktenzeichen
39 a 29/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 43282
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2006:0208.39A29.05.0A

In der Strafsache gegen

..

wegen Totschlags u.a.

hat die 13. große Strafkammer - Schwurgericht - des Landgerichts Hannover in der Sitzung vom 7. und 8.2.2006, an der teilgenommen haben:

...

Am 8.2.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Der Angeklagte wird wegen Totschlags in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.

    Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der der Nebenklägerin xxx entstandenen notwendigen Auslagen. Angewendete Vorschriften: §§ 212, 21, 49 Abs. 1, 53 StGB; § 52 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG

Gründe

1

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

2

I.

Der am 30.10. ... geborene Angeklagte ist in Hannover bei seiner Mutter und seinem Stiefvater aufgewachsen. Er hat 2 Geschwister und 2 Stiefgeschwister.

3

Der Angeklagte hat zunächst die Grundschule, dann die Orientierungsstufe und danach die Hauptschule besucht. Danach wollte er den Realschulabschluss auf der Volkshochschule nachholen, hat diesen jedoch nicht erreicht. Er begann sodann eine Lehre als Dachdecker, die er aber nach 1/2 Jahr abbrach. In der Folgezeit verrichtete er verschieden Arbeiten; u.a. arbeitete er bei der Firma Tengelmann im Lager. Nachdem der Angeklagte einige Haftstrafen verbüßt hatte, fand er einen Arbeitsplatz bei der Reifenfirma L..., den er ca. 10 Jahre innehatte. Im Jahre 1999 machte er sich selbständig mit einem Betrieb für Kfz-Reparaturen und Kleinreparaturen am Bau. Dort erzielte er durchschnittliches Einkommen von ca. 1400,00 € monatlich.

4

Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder.

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Der Angeklagte ist strafrechtlich bereits in Erscheinung getreten, und zwar im einzelnen wie folgt:

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1. Am 29.7.1982 wurde er vom Amtsgericht Hannover (47 Js 28087/82) wegen Diebstahls im besonders schweren Fall mit einer richterlichen Weisung belegt.

7

2. Am 22.12.1982 wurden gegen ihn vom Amtsgericht Hannover (43 Js 50961/82) wegen Diebstahls im besonders schweren Fall 2 Wochen Jugendarrest verhängt.

8

3. Am 19.9.1984 wurden gegen ihn vom Amtsgericht Hannover (48 Js 23509/84) wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in 2 Fällen sowie wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall 3 Wochen Jugendarrest verhängt.

9

4. Am 8.3.1985 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Hannover (42 Js 65062/84): wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in 3 Fällen, davon in 2 Fällen fortgesetzt handelnd, zu einer Jugendstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

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5. Am 25.8.1986 wurde er vom Amtsgericht Hannover (42 Js 9040/86) wegen gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in 12 Fällen und versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls im erschwerten Fall in 3 Fällen unter Einbeziehung der Entscheidung vom 8.3.1985 zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr 9 Monaten verurteilt. Nachdem er einen Teil der Strafe verbüßt hatte, wurde die Vollstreckung des Restes zur Bewährung ausgesetzt bis 31.8.1989. Nach Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung hat der Angeklagte die Strafe bis zum 22.3.1991 verbüßt.

11

6. Am 13.10.1989 wurde er vom Amtsgericht Hildesheim (11 Js 9708/89) wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in 3 Fällen und versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren 3 Monaten verurteilt. Nachdem er einen Teil der Strafe verbüßt hatte, wurde die Vollstreckung des Restes zur Bewährung ausgesetzt bis 19.8.1994. Nach Verlängerung der Bewährungszeit ist der Strafrest mit Wirkung vom 21.8.1995 erlassen worden.

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7. Am 15.7.1993 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Bremen (12 Js 36910/92) wegen gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50,00 DM verurteilt.

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8. Am 24.5.2004 wurde er vom Amtsgericht Hannover (2051 Js 12106/04) wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40,00 € verurteilt.

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9. Am 24.11.2004 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Hildesheim (21 Js 8577/03) wegen Begünstigung in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,00 € verurteilt. Aus dieser Strafe und der am 24.5.2004 verhängten wurde am 27.1.2005 eine Gesamtgeldstrafe von 110 Tagessätzen zu je 35,00 € gebildet.

15

In dieser Sache wurde der Angeklagte am 11.9.2005 vorläufig festgenommen. Am 12.9.2005 wurde gegen ihn Haftbefehl erlassen, aufgrund dessen er sich in der Folgezeit in Untersuchungshaft befand. Seit 13.12.2005 - bis 24.2.2006 - ist die Untersuchungshaft unterbrochen zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe.

16

II.

Am 10.9.2005 arbeitete der Angeklagte zunächst in seiner Werkstatt. Am frühen Nachmittag ließ er sich von seinem Bruder zu Bekannten in den Garten im hannoverschen Stadtteil Mittelfeld fahren. Dort wurde im weiteren Verlauf des Tages gegrillt, Alkohol getrunken und Karten gespielt. Der Angeklagte tränk etwa 10 bis 15 Flaschen Bier a 0,5 Liter. Gegen 0.30 Uhr am 11.9.2006 brach der Angeklagte mit einem Fahrrad bei seinen Bekannten auf, um nach Hause zu fahren.

17

Auf seinem Wege nach Hemmingen fuhr der Angeklagte durch die Abelmannstraße und dann die Brückstraße, die nur sehr schlecht beleuchtet war. In der Brückstraße erhielt er plötzlich einen Stoß, so dass er vom Fahrrad fiel. Er hörte mehrere Stimmen, konnte aber keine Person erkennen. Als er am Boden lag, wurde er mehrfach in den Rippenbereich getreten, so dass er Prellungen davontrug, die ihm in den folgenden 3 Monaten noch Schmerzen bereiteten. Es gelang dem Angeklagten schließlich, aufzustehen, sich auf sein Fahrrad zu setzen und davonzufahren. Als er einige hundert Meter zurückgelegt hatte, hielt er an einer Bushaltestelle auf der Berliner Straße in Hemmingen an und rauchte eine Zigarette. Sodann setzte er seinen Weg nach Hause fort.

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Als er etwa 400 bis 500 Meter zurückgelegt hatte, traf er kurz vor der Kreuzung der Berliner Straße mit der B 3 auf eine Gruppe von drei Personen, nämlich die Zeugen ... und ... sowie den später Getöteten ... . Diese hatten gemeinsam mit dem Zeugen ... und ... den vorangegangenen Nachmittag und Abend im Ricklinger Biergarten verbracht. Nachdem der Biergarten geschlossen worden war, hatten die Zeugen und ... sich entschlossen, noch "einen Absacker" an der an der Ecke Berliner Straße/B 3 gelegenen Aral-Tankstelle zu nehmen. ..., ... hatten sich auf direktem Wege zum Tankstellengelände begeben, während ... zunächst noch ihre Fahrräder am Wohnhaus des ... abgestellt hatten und sich nunmehr auf dem Wege zur Tankstelle befanden, als der Angeklagte von hinten auf die Gruppe zufuhr.

19

Der Angeklagte führte während der Fahrt ein Telefongespräch. ... wurden auf die Stimme des Angeklagten aufmerksam, und zumindest einer von ihnen rief dem Angeklagten sinngemäß zu: "Ey!" In Erinnerung an die kurz zuvor erfolgten Misshandlungen fürchtete der Angeklagte, erneut vom Fahrrad gestoßen zu werden, wenn er an den drei Personen vorbeiführe. Er stellte deshalb in einer Entfernung von etwa 6 Metern von den Personen sein Fahrrad ab und begab sich zum Straßenrand. In diesem Moment kam bereits ... auf ihn zugelaufen bzw. zugesprungen. Als ... den Angeklagten erreicht hatte, sprang er mit gestreckten Beinen auf ihn zu, um ihm einen sog. Kickboxtritt ins Gesicht zu versetzen. Der Angeklagte wandte sich zur Seite und wurde von dem Tritt lediglich an der Wange gestreift.

20

Die Zeugen ... und ... folgten ihrem Freund sogleich, als sie bemerkten, dass er auf den Angeklagten zulief. Sie wollten eine tätliche Auseinandersetzung verhindern. Als ... erreicht hatte, hielt er ihn fest. ... stellte sich zwischen den Angeklagten und ... . Beide Zeugen wirkten beschwichtigend auf den Angeklagten ein und gaben ihm zu verstehen, dass sie keinen Streit wollten. Sie baten ihn, mit seinem Fahrrad nach Hause zu fahren. Dieser Bitte kam der Angeklagte nach.

21

Die Zeugen ... begaben sich sodann zur Aral-Tankstelle und trafen dort mit den Zeugen ... zusammen. ... brüstete sich damit, kurz zuvor einen Fahrradfahrer "fertig gemacht" oder "in seine Schranken verwiesen" zu haben. Dabei gestikulierte er und demonstrierte den Kickboxtritt. Seine Freunde äußerten sich dazu in dem Sinne, dass sie das Vorgehen gegen den Fahrradfahrer nicht billigten.

22

Der Angeklagte war wütend nach den beiden Angriffen, denen er sich binnen kurzer Zeit ausgesetzt gesehen hatte. In ihm setzte sich - auch auf der Grundlage der bei ihm bestehenden Alkoholisierung - der Gedanke fest, dass er die Angelegenheit nicht auf sich sitzen lassen wolle. Als er zu Hause angekommen war, öffnete er eine Flasche Bier und trank einige Schlucke. Sodann ging er ins Bad und wusch sich. Dabei sah er Schürfverletzungen im Bereich seiner linken Schläfe. Nachdem er sich gereinigt hatte, ging er ins Wohnzimmer und nahm eine Pistole 9mm Browning an sich, die er hinter einem Heizungsgitter versteckt aufbewahrte. Diese Waffe hatte er längere Zeit zuvor von einem Bekannten als Pfand für einen Geldbetrag erhalten, den er seinem Bekannten darlehensweise überlassen hatte. Der Angeklagte war nicht im Besitz der für die Pistole erforderlichen Erlaubnisse.

23

Der Angeklagte steckte die Waffe in seine Jackentasche und verließ seine Wohnung. Er wollte nach den drei Personen suchen, denen er zuletzt begegnet war, um diese zur Rede zu stellen. Da er fürchtete, dass die Personen nicht auf seinen Wunsch eingehen würden, nahm er die Pistole mit, um seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Er fuhr mit seinem Fahrrad in Richtung der B 3 und passierte das Gelände der Aral-Tankstelle, auf dem die Zeugen ..., ... sowie ... sich neben dem Tankstellengebäude aufhielten. Der Angeklagte bemerkte die Personengruppe nicht und fuhr an dem Tankstellengelände vorbei. Er überquerte die B 3, obwohl die Ampel für ihn Rotlicht zeigte. Dies beobachtete ... Er rief hinter dem Angeklagten her: "Ey, du bist bei rot gefahren!" Sogleich skandierten eine oder mehrere Personen aus der Gruppe: "Rotlichtfahrer, Rotlichtfahrer!" Der Angeklagte wurde auf diese Rufe aufmerksam, kehrte um und fuhr auf das Tankstellengelände.

24

Auf dem Tankstellengelände hielt der Angeklagte vor den auf einem Bordstein sitzenden Zeugen sowie dem entweder ebenfalls dort sitzenden oder neben der Gruppe stehenden ... an. Er erkannte nicht die Personen, mit denen er zuvor die Auseinandersetzung gehabt hatte. Deshalb sagte er, er suche drei junge Männer. Da der Angeklagte erneut den Eindruck hatte, nicht ernst genommen zu werden, zog er seine Waffe, lud sie durch und schwenkte sie vor den auf dem Bordstein sitzenden Personen hin und her. Dabei äußerte er sinngemäß, dass es sich um eine scharfe 9mm-Waffe handele, und dass dies kein Spaß sei. Durch dieses Verhalten des Angeklagten wurden insbesondere die Zeugin ... und der Zeuge ... in Angst und Schrecken versetzt. ... sah nur noch zu Boden und wagte nicht mehr aufzublicken. ... ging hingegen - aus Sicht des Angeklagten gesehen von links - einige Schritte auf diesen zu, ohne allerdings eine aggressive Haltung einzunehmen. Der Angeklagte nahm aus dem Augenwinkel wahr, dass von links eine Person auf ihn zukam. Er schwenkte die Waffe in diese Richtung und gab einen Schuss ab, der ... im Brustbereich traf. Der Angeklagte nahm bei der Schussabgabe zumindest billigend in Kauf, der auf ihn zukommenden Person eine tödliche Verletzung zuzufügen. ... taumelte und stürzte zu Boden. Er verstarb innerhalb kurzer Zeit an Herz-Kreislaufversagen durch den infolge der Schussverletzung eingetretenen Funktionsverlust des Herzens mit Verbluten nach innen und nach außen.

25

Nachdem der Angeklagte den Schuss abgegeben hatte, setzte er sich auf sein Fahrrad und fuhr davon. Der Zeuge ... folgte ihm und erreichte ihn anfangs nahezu. Es gelang dem Angeklagten dann jedoch, den Abstand zu dem ihn weiter verfolgenden ... zu vergrößern. Um endgültig zu entkommen, wandte der Angeklagte sich schließlich um und gab einen weiteren Schuss in Richtung des Zeugen ... . Dieser gab daraufhin die Verfolgung auf.

26

Der Angeklagte fuhr nach Hause. Unterwegs warf er sein Fahrrad fort und legte die verbleibende Wegstrecke zu Fuß zurück. In seiner Wohnung entlud er die Waffe und legte sie auf dem Badewannenrand ab. Sie rutschte von dort in das noch in der Wanne befindliche restliche Badewasser. Der Angeklagte nahm die Waffe aus der Badewanne, steckte sie in eine Tüte und legte sie im Bad ab. Nach einer Weile bemerkte er im Hof des Hauses Polizei. Da er der Meinung war, dass der Einsatz ihm gelte, ging er hinaus und stellte sich den Beamten. Dabei äußerte er, dass er die Tat begangen habe; außerdem nannte er den Ort, an dem er die Pistole abgelegt hatte.

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Dem Angeklagten wurden am 11.9.2006 um 3.14 Uhr und um 3.45 Uhr Blutproben entnommen, die einen Mittelwert von 1,42 bzw. 1,34 g %o ergäben. Zum Zeitpunkt der Tat um 1.05 Uhr betrug die Blutalkoholkonzentration maximal 2,05 g %o. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich beeinträchtigt war infolge der bei ihm bestehenden Alkoholintoxikation in Verbindung mit der affektiven Belastung, die durch die der Tat vorangegangen Geschehnisse verursacht worden war.

28

Der Sachverständige ... nahm am 11.9.2005 ab 9.15 Uhr die Obduktion der Leiche des ... vor und traf dabei u.a. folgende Feststellungen:

29

- Einschussdefekt im Bereich der Brust zwischen 3. und 4. Rippe, 6 cm rechts der Mittellinie,

30

- Durchsetzung oberer innerer Anteile des rechten Lungenmittellappens,

31

- durchgehender Substanzdefekt im Bereich der Muskulatur des Herzens auf Vorhofebene,

32

- Durchsetzung der großen Körperschlagader im aufsteigenden Teil,

33

- Zerreißung der Anfangsteile aller Herzkranzgefäße,

34

- Durchsetzung des linken Lungenunter- und -oberlappens,

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- . Durchsetzung der 7. Rippe seitlich hinten,

36

- Ausschussverletzung im Bereich der hinteren Achsellinie links unterhalb des Schulterblatts,

37

- Bluteinatmungsbezirke in beiden Lungen,

38

- reichlich blutiger Inhalt in den Lungenluftleitern,

39

- mehr als 2 Liter flüssiges und locker geronnenes Blut in beiden Brusthöhlen,

40

- Schockorgane,

41

- Hirndruckzeichen,

42

- ausgeblutete innere Organe.

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III.

Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte sich wegen Totschlags gemäß § 212 StGB in Tateinheit mit Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG strafbar gemacht. Er hat mit bedingtem Tötungsvorsatz mit einer Pistole 9mm Browning, für die er nicht die erforderlichen waffenrechtlichen Erlaubnisse besaß, einen Schuss auf ... abgegeben. Dieser ist infolgedessen an Herz-Kreislaufversagen mit Verbluten nach innen und nach außen verstorben. Feststellungen zum Vorliegen von Mordmerkmalen haben sich nicht treffen lassen.

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Der Angeklagte hat rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass seine Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt war infolge der bei ihm bestehenden Alkoholintoxikation in Verbindung mit der aufgrund der vorangegangenen Geschehnisse bestehenden affektiven Belastung.

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IV.

Für die Tat des Angeklagten ist die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren tat- und schuldangemessen. Der Strafrahmen beträgt gemäß § 212 StGB in Verbindung mit §§ 21, 49 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis zu 11 Jahren 3 Monaten, Ein minder schwerer Fall des Totschlags liegt nicht vor. Zwar ist der Angeklagte vor der Tat von ... im Sinne des § 213 StGB misshandelt worden. Er ist jedoch nicht durch diese Misshandlung zum Zorn gereizt und zur Tat hingerissen worden. Vielmehr hat er bei der Schussabgabe in ... nicht denjenigen erkannt, der ihn zuvor misshandelt hatte. Auch sonst weicht die Tat -selbst unter Berücksichtigung der für den Angeklagten sprechenden Umstände - nicht so positiv von anderen vergleichbaren Taten ab, dass der Regelstrafrahmen unangemessen hoch wäre. Die Kammer hat aber keine Veranlassung, von der nach § 21 StGB eröffneten Milderungsmöglichkeit gemäß § 49 Abs. 1 StGB keinen Gebrauch zu machen.

46

Bei der Bemessung der Strafe ist zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, der Polizei ... haben. Er hat den Sachverhalt zwar nicht in vollem Umfang eingestanden, sondern erklärt, er habe in die Luft schießen wollen und habe vorzeitig geschossen, als er die Hand mit der Waffe noch nach oben bewegt habe und die Waffe im Verlaufe dieser Bewegung unglücklicherweise gerade auf ... gerichtet gewesen sei. Der Angeklagte hat aber glaubhaft zum Ausdruck gebracht dass er sein Verhalten bereut. Ferner wirkt sich strafmildernd aus, dass ... durch sein Verhalten eine Ursache für die Tat gesetzt hat, indem er den Angeklagten zuvor mit einem Kickboxtritt angesprungen hat. Zwar war dem Angeklagten nicht bewußt, dass derjenige zuvor gegen ihn vorgegangen war, auf den er später die Waffe gerichtet hat. Das Verhalten des Getöteten war aber objektiv ursächlich dafür, dass der Angeklagte mit der Waffe seine Wohnung nochmals verlassen hat, um die "drei Angreifer" zur Rede zu stellen und seinem Anliegen mit der Waffe Nachdruck zu verleihen. Überdies ist der Angeklagte erst durch die von ... begonnen Rufe "Du bist bei rot gefahren" auf die Personengruppe aufmerksam geworden und zum Tankstellengelände zurückgekehrt, nachdem er dieses bereits passiert hatte.

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Andererseits ist erheblich strafschärfend zu berücksichtigen, dass der Angeklagte den Schuss auf eine Person abgegeben hat, die aus seiner Sicht nicht nur einen nichtigen, sondern sogar keinerlei Anlass für ein gewalttätiges Vorgehen gegeben hatte. Dieser Umstand zeigt, dass zumindest in der Tatnacht eine außerordentlich hohe Gewaltbereitschaft bei dem Angeklagten: bestand. Durch die der Schussabgabe vorangegangene Bedrohung mit der Pistole sind überdies zumindest die Zeugen ... in Angst und Schrecken versetzt worden. Gegen den Angeklagten spricht ferner, dass er nach der Tat noch einen weiteren Schuss in Richtung des ihn verfolgenden Zeugen ... abgegeben hat. Darüber hinaus hat er tateinheitlich zu dem Tötungsdelikt einen Verstoß gegen das Waffengesetz begangen. Ferner ist zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er bereits in erheblichem Maße bestraft worden ist und auch schon Freiheitsstrafe verbüßt hat. Zwar handelte es sich bei den Taten, die der Angeklagte früher begangen hat und die im wesentlichen auch schon längere Zeit zurückliegen, nicht um Gewaltdelikte. Mit dieser Einschränkung muss es sich gleichwohl strafschärfend auswirken, dass der Angeklagte bereits bestraft worden ist. Bei Abwägung den genannten Umstände ist die Verhängung der über dem mittleren Bereich des Strafrahmens liegenden Freiheitsstrafe von 8 Jahren einerseits unbedingt erforderlich, andererseits aber auch ausreichend. Bei der Bemessung dieser Strafe hat die Kammer auch bedacht, dass der Angeklagte nach ihrer Verbüßung Gelegenheit haben muss, ein straffreies Leben in Freiheit zu führen.

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V.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 465, 472 StPO.