Oberlandesgericht Celle
v. 14.05.1997, Az.: 13 U 81/96 + 13 U 139/96

Einbeziehungsvereinbarung für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bei Verträgen zwischen Kaufleuten ungeachtet der nicht anwendbaren Regelung in § 2 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG); Zahlungsanspruch wegen unberechtigter Weitergabe von Bildern nach einer Vertragsstrafenbestimmung in (AGB)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.05.1997
Aktenzeichen
13 U 81/96 + 13 U 139/96
Entscheidungsform
Teilurteil
Referenz
WKRS 1997, 25517
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1997:0514.13U81.96.13U139.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 16.07.1996 - AZ: 18 O 308/95

Fundstellen

  • CR 1997, 735-736 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 1998, 13-14

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 22.04.1997
unter Mitwirkung
seiner Mitglieder ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Auf die wechselseitigen Rechtsmittel der Parteien werden das Teilurteil des Landgerichts Hannover vom 03.03.1996 sowie das Schlußurteil desselben Gerichts vom 16.07.1996 - 18 O 308/95 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt,

    1. a)

      an den Kläger 10.000 DM zzgl. 4 % Zinsen seit dem 23.11.1995 zu zahlen;

    2. b)

      es bei Meidung von Ordnungsgeld von bis zu 30.000 DM zu unterlassen, die folgenden 11 Lichtbildwerke des Klägers selbst zu nutzen oder Dritten zur Nutzung zu überlassen, ohne zuvor die Genehmigung des Klägers zur Nutzung eingeholt zu haben:

      Abbildung der Lichtbildwerke

    3. c)

      dem Kläger Auskunft zu erteilen, wie und in welchem Umfang sie die vorstehend wiedergegebenen Lichtbildwerke des Klägers - über die Verwendung im Buch "Die 1000 besten Ärzte" sowie auf einer vom ...-Verlag auf der Cebit 1995 präsentierten Demo-CD hinaus - genutzt hat;

    4. d)

      dem Kläger über den Umfang einer solchen Nutzung unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses mit der Angabe der einzelnen Nutzung sowie Nennung des erzielten Gewinns Rechnung zu legen.

  2. 2.

    Die weitergehenden Rechtsmittel der Parteien werden mit Ausnahme des Antrags des Klägers zu 3 c) aus seiner Anschlußberufung vom 19.03.1997 gegen das landgerichtliche Schlußurteil (Antrag auf Versicherung der Richtigkeit der Rechnungslegung an Eides statt) zurückgewiesen.

  3. 3.

    Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

  4. 4.

    Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

1

A.

Zulässigkeit

2

Die wechselseitigen Rechtsmittel der Parteien gegen das Teilurteil des Landgerichts Hannover vom 05.03.1996 sowie das Schlußurteil vom 16.07.1995 sind zulässig. Zwar erreicht die Berufung der Beklagten gegen den im Schlußurteil des Landgerichts dem Kläger zugesprochenen Auskunftsanspruch nicht die notwendige Beschwer in Höhe von mehr als 1.500 DM, da maßgeblich insoweit nur der Aufwand der Beklagten für die Erteilung der geforderten Auskunft ist (vgl. BGH JZ 1995, Seite 681 [BGH 24.11.1994 - GSZ - 1/94]) und der Senat diesen in seinem vom Beklagten nicht beanstandeten Streitwertbeschluß vom 21.03.1997 mit lediglich 600 DM angenommen hat. Die Berufung der Beklagten ist jedoch aufgrund der Verbindung beider Rechtsmittelverfahren durch den Senatsbeschluß vom gleichen Tag als (unselbständige) Anschlußberufung zulässig. Die auf Rechtskrafterwägungen abstellenden Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 18.01.1977 (NJW 1977, Seite 1152 [BGH 18.01.1977 - VI ZR 82/76]) stehen dem nicht entgegen, da im gegebenen Fall weder das Teil- noch das angefochtene Schlußurteil des Landgerichts Hannover rechtskräftig geworden sind.

3

Damit stehen die landgerichtlichen Entscheidungen insgesamt zur Überprüfung des Senats.

4

B.

Begründetheit

5

I.

Zahlungsanspruch

6

Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen der nicht genehmigten Verwertung von zumindst vier Lichtbildern auf einer vom ...-Verlag auf der Cebit-Messe 1995 in Hannover präsentierten Demo-CD Zahlungsansprüche in Höhe von insgesamt 12.000 DM gemäß C, 10. Absatz seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

7

1.

Unstreitig hat die Beklagte ohne Genehmigung des Klägers vier der Bilder, die sie bei der vorausgegangenen Veröffentlichung ihrer Serie "Die 500 besten Ärzte" im Focus Magazin vom Beklagten zur dortigen Veröffentlichung erworben hatte, an den ...-Verlag weitergegeben.

8

2.

Aufgrund dieser nicht genehmigten Verwertung ist die Beklagte entsprechend den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe des fünffachen des üblichen Nutzungshonorars verpflichtet.

9

a)

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers Vertragsinhalt geworden. Richtig ist zwar, daß die Einbeziehungsvereinbarung, der es ungeachtet der nicht anwendbaren Regelung in § 2 des AGB-Gesetzes auch bei Verträgen zwischen Kaufleuten bedarf (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, 6. Aufl., Rn 79 m.w.N.) nicht bereits dadurch zustande gekommen ist, daß der Kläger bei der zuvor vereinbarten Übersendung einer Auswahl von Bildern auf Lieferschein und Rechnung auf seine dort jeweils rückseitig aufgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen hat. Dies allein wäre unzureichend (vgl. BGHZ 61, Seite 282, 285). Die für die Nutzung und Verwertung der Bilder hier maßgebliche Vertragsbeziehung der Parteien ist jedoch nicht bereits durch die Zusendung einer Auswahl von Bildern, sondern erst dadurch zustandegekommen, daß die Beklagte aus der ihr übermittelten, sehr viel größeren Anzahl von Bildern sodann insgesamt elf Stück ausgewählt und so in Kenntnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers dessen Angebot zur Veröffentlichung angenommen hat. Damit sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers, jedenfalls soweit es die Verwertung seiner Bilder anbetrifft, Vertragsinhalt geworden.

10

Dieser Beurteilung steht der Vortrag der Beklagten, bereits vor Zusendung der Auswahlsendung an Bildern sei zwischen den Parteien Einigkeit über den Vertrag im einzelnen erzielt worden, nicht entgegen. Vor dem Hintergrund des weiteren Vortrags der Beklagten bezieht sich deren diesbezügliches - wohl ohnehin unsubstantiiertes - Vorbringen offensichtlich auf die die Zusendung von Auswahlmaterial betreffenden vertraglichen Einzelheiten.

11

b)

Aufgrund der Einbeziehung seiner Allgemeinen Geschäftsbeziehungen in den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Nutzung von Bildern steht dem Kläger gegenüber der Beklagten wegen der unberechtigten Weitergabe der Bilder an den ...-Verlag ein Zahlungsanspruch in Höhe des fünffachen des üblichen Nutzungsentgelts zu. Dies ergibt sich aus C. 10. Absatz seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen es heißt:

"Bei unberechtigter Verwendung oder Weitergabe unseres Bildmaterials wird vorbehaltlich weiterer Schadensersatzansprüche ein Mindesthonorar in Höhe des fünffachen Nutzunghonorar fällig."

12

Bei dieser AGB-Bestimmung handelt es sich der Sache nach um eine Vertragsstrafenbestimmung. Zwar könnte auf erste Sicht die Formulierung "vorbehaltlich weiterer Schadensersatzansprüche" auf eine - wegen Verstoßes gegen den Gedanken des § 11 Nr. 5 AGB dann unzulässige - Schadenspauschalierung hindeuten. Einer solchen Auslegung steht jedoch bereits entgegen, daß die Bestimmung systematisch in Zusammenhang mit der Festlegung von Honoraren steht und ausdrücklich auch als Honoraranspruch bezeichnet ist. Als Schadenspauschalierung wäre die Regelung daher nur dann anzusehen, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Beweiserleichterung dazu dienen sollte, als bestehend vorgegebene Ansprüche durchzusetzen, und wenn mit ihr der ernsthafte Versuch einer Schadensschätzung verbunden wäre, was jedoch nicht anzunehmen ist. Vielmehr soll die Bestimmung durch die Festlegung eines Vielfachen des üblichen Nutzungsentgelts Schutz vor unberechtigter Nutzung oder Weitergabe von Bildern des Klägers gewährleisten (so für eine vergleichbare Klausel bereits BGH NJW 1976, Seite 1887 [BGH 30.06.1976 - VIII ZR 267/75]).

13

Als Vertragsstrafenbestimmung ist diese AGB-Klausel unbedenklich. § 11 Nr. 6 AGB-Gesetz ist weder nach seinem sachlichen noch persönlichen Anwendungsbereich einschlägig. Auch die Höhe der festgelegten Vertragsstrafe ist nicht zu beanstanden; eine Herabsetzung nach§ 343 BGB kommt wegen § 348 HGB ohnehin nicht in Betracht, da die Beklagte Vollkaufmann ist.

14

3.

Die von der Beklagten geschuldete Vertragsstrafe beläuft sich auf insgesamt 12.000 DM. Bei der Bemessung des je Bild zu verfünffachenden Nutzungshonorars ist gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers auf die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing für Industrie- und PR-Film, Video-Material ..., Stand- und Animationsbilder für Software, CD-I und CD-Rom abzustellen. Der Senat folgt zwar im Ansatz der Auffassung der Beklagten, daß grundsätzlich die Verwertung von Bildern zum Zweck der Werbung für eine die selben Bilder nutzende Veröffentlichung im üblichen Nutzungsentgelt enthalten ist. Dies führt im gegebenen Fall jedoch nicht zur Unentgeltlichkeit der Verwertung. Vielmehr ist anzunehmen, daß die unentgeltliche werbemäßige Nutzung der Bilder den vorausgehenden Abschluß eines entgeltlichen Verwertungsvertrages für die geplante Medizin-CD erfordert hätte. Dementsprechend orientiert sich das übliche Nutzungsentgelt unter Zugrundelegung der Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing an den Preisen für die Veröffentlichung von Bildern auf CD-Rom, die je Bild bei einer Einblendedauer von bis zu 5 Sekunden - etwas anderes ist dem Senat nicht dargetan - ein Honorar in Höhe von 600 DM je Bild vorsehen. Das geschuldete fünffache Entgelt für insgesamt vier Bilder beläuft sich damit auf 12.000 DM. Ein weiterer Aufschlag, wie er vom Kläger für kostenintensive Aufnahmen beansprucht wird, ist in den von ihm vorgelegten Honorarempfehlungen nicht vorgesehen. Unter Berücksichtigung der vorprozessual durch die Beklagte geleisteten Zahlung in Höhe von 2.000 DM verbleibt mithin ein restlicher Anspruch des Klägers in Höhe von 10.000 DM.

15

II.

Unterlassungsanspruch:

16

Die Anschlußberufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Teilurteil hat in beschränktem Maße Erfolg. Der sich aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG ergebende Unterlassungsanspruch des Klägers ist gegenständlich beschränkt auf die 11 Bilder, die die Beklagte vom Kläger für die Veröffentlichung in der Focus-Reihe "Die 500 besten Ärzte" erworben hat. Die Tatsache, daß die Beklagte ohne Genehmigung des Klägers diese Bilder sowohl in der ersten und zweiten Auflage des Focus Ratgebers "Die 1000 besten Ärzte" verwertet als auch dem ... Verlag für die geplante Medizin-CD überlassen hat, indiziert die Gefahr weiterer ungenehmigter Verwendungen, wobei - wie bereits der Wechsel der Veröffentlichung vom Buch zur CD zeigt - die Gefahr unberechtigter Nutzung auch in anderen Medien, etwa im Internet, nicht auszuschließen ist. Die bestehende Wiederholungsgefahr hat die Beklagte nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt.

17

Die Gefahr der unberechtigten Nutzung weiterer Bilder des Klägers - in welcher Form auch immer - ist hingegen durch die nachgewiesenen Verstöße nicht indiziert. Dafür, daß die Beklagte überhaupt noch im Besitz von Lichtbildern des Klägers ist, ist ebensowenig dargetan wie für die Annahme, sie werde solche möglicherweise noch bei ihr vorhandenen Lichtbilder unberechtigt nutzen. Erst recht kann dies nicht für vom Kläger stammende Bilder angenommen werden, die der Beklagten von dritter Seite zur Verfügung gestellt sein könnten.

18

III.

Auskunftsanspruch:

19

(Nur) in dem dem Unterlassungsanspruch entsprechenden Umfang - also bezogen auf die im Tenor wiedergegebenen 11 Lichtbilder - ist die Beklagte zur Auskunft darüber verpflichtet, ob und in welchem Umfang sie diese Lichtbildwerke über die bereits bekannten Fälle hinaus selbst genutzt oder Dritten weitergegeben hat. Nur auf diese 11 Bilder bezieht sich ihre Verpflichtung zur Rechnungslegung. Die Pflicht zur Auskunftserteilung, auf die der Kläger zur Geltendmachung möglicher weiterer Honorar-, Vertragsstrafen- oder auch Schadensersatzansprüche angewiesen ist und die die Beklagte unschwer ohne erheblichen Aufwand erteilen kann, besteht, da die mehrfachen vorausgegangenen Verletzungshandlungen der Beklagten die Möglichkeit als gegeben erscheinen lassen, daß die Beklagte die ihr zur Nutzung überlassenen 11 Lichtbilder auch über die bislang bekanntgewordenen Fälle hinaus noch in anderer Weise genutzt oder verwertet hat. Demgegenüber ist keine in irgendeiner Weise konkretisierte Gefahr dargetan, die die Annahme rechtfertigen würde, daß es auch in Bezug auf andere Lichtbildwerke des Klägers zu unberechtigten Nutzungen durch die Beklagte gekommen ist.

20

IV.

Anspruch auf Versicherung der Rechnungslegung an Eides statt:

21

Soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte dahingehend zu verurteilen, sie möge die Richtigkeit der noch ausstehenden Auskunft sowie Rechnungslegung an Eides statt versichern, ist der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif.

22

V.

Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Über die Kosten des Verfahrens ist mit der Schlußentscheidung zu befinden. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.