Arbeitsgericht Oldenburg
Urt. v. 08.07.2015, Az.: 2 Ca 16/15
Prüfung des Bestehens einer abhängigen Beschäftigung bzw. selbstständigen Tätigkeit bei Arbeitseinsatz im Störungsdienst einer Firma; Anforderungen an das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit; Vorliegen eines mittelbaren Arbeitsverhältnisses
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Oldenburg
- Datum
- 08.07.2015
- Aktenzeichen
- 2 Ca 16/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 34644
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2015:0708.2CA16.15.0A
Rechtsgrundlagen
- § 194 BGB
- § 241 Abs. 1 BGB
- § 611 BGB
- § 84 HGB
Fundstelle
- EzA-SD 2/2016, 14
Amtlicher Leitsatz
Die formale Einstellung einiger Mitarbeiter stellt die Arbeitnehmereigenschaft dann nicht in Frage, wenn der Arbeitnehmer wie auch seine Mitarbeiter vollständig in die betrieblichen Abläufe und Organisationsstrukturen des Arbeitgebers eingebunden sind, ihre gesamte Arbeitskraft für diesen Arbeitgeber einsetzen und im Hinblick auf die konkrete Art und Ausführung der Leistungserbringung dessen Weisungen unterliegen. In diesem Fall ist nur von einem mittelbaren Arbeitsverhältnis auszugehen.
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2007 ein Arbeitsverhältnis besteht.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
- 3.
Der Streitwert wird auf 12.000,- € festgesetzt.
- 4.
Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers.
Der Kläger war von April 2003 bis Dezember 2006 bei einem Subunternehmer der Beklagten angestellt. Zum 01.01.2007 gründete er die Firma "S. T. GbR", die qualifizierte Analysen von Störungsfällen durchführte und die Sicherstellung bestehender Service-Level-Agreements und Operation-Level-Agreements sowie die Koordination und Bearbeitung von Service-Requests anbot. Die entsprechenden Dienstleistungen wurden ab diesen Zeitpunkt von der Beklagten abgerufen. Sie stellte dem Kläger in ihren eigenen Räumlichkeiten einen Büroraum mit Namensschild einschließlich zahlreicher Arbeitsmittel wie Diensthandy, Dienstlaptop, Pager, sowie einen Werkzeugkasten zur Verfügung. Gleichzeitig erhielt der Kläger die technische Ausrüstung für die Einrichtung eines Home-Office. Die Ausrüstung umfasste u. a. auch ein Videokonferenzsystem. Jeweils zu Beginn seiner Tätigkeit hatte der Kläger per Email bzw. telefonisch zu signalisieren, dass er einsatzbereit ist. In einer Liste wurde der Kläger sodann auf "grün" gesetzt. Die Bearbeitung der Aufträge erfolgte im Schichtdienst. Hierzu wurde der Kläger wie die anderen Mitarbeiter auch in entsprechende Listen eingeteilt. Zur Erfassung der Arbeitszeit führte er für sich und seine Arbeitnehmer Stundenzettel, die von einem Mitarbeiter der Beklagten abgezeichnet wurden.
Ab 2010 führte die Beklagte einen Bereitschaftsdienst ein, an dem auch der Kläger teilnahm. Die Namen der Eingeteilten wurden hierzu in einem entsprechenden Bereitschaftsplan eingetragen. Während des Bereitschaftsdienstes hatte der Kläger die von der Beklagten übertragenen Aufträge auszuführen. Der Kläger war zwecks Abstimmung mit den übrigen Mitarbeitern der Beklagten gehalten, an den regelmäßigen Team- und Standup-Runden teilzunehmen. Für den Kläger bestand hier eine Anwesenheitspflicht. Anfang 2013 wurde dem Kläger von der Beklagten vorgegeben, dass er seine Arbeitszeit abstempeln muss. Ihm wurde ein maximales monatliches Stundenkontingent vorgegeben. Fortan nahm der Kläger an der automatischen Zeiterfassung der Beklagten teil, wobei ihm jeweils eine halbe Stunde Pause in Abzug gebracht wurde. Daneben verfasste er Tätigkeitsberichte, die zur Abrechnung im E. Konzern oder mit externen Kunden dienten. Seinen Urlaub hatte der Kläger mit den anderen Mitarbeitern der Beklagten im Bereich Technik abzustimmen. Der Urlaub wurde in einer hierfür vorgesehenen Urlaubsliste vermerkt. Geführt wurde der Kläger durchgängig als Selbstständiger. Er erstellte Rechnungen für seine Leistungen, die von der Beklagten beglichen wurden.
Im Sommer 2013 fragte die Beklagte beim Kläger an, ob sich dieser eine Anstellung als Arbeitnehmer vorstellen könne. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger dies unter Hinweis auf finanzielle Interessen ablehnte. Anschließend bewarb sich der Kläger auf eine Teamleiterstelle bei der Beklagten. Der Personalleiter der Beklagten begrüßte die Bewerbung, da der Kläger mit seiner Erfahrung und Qualifikation der Stellenbeschreibung für die Stelle entspreche. Zu einer Einstellung kam es in der Folgezeit nicht. Die Zusammenarbeit mit dem Kläger wurde zum 31.07.2014 beendet.
Der Kläger ist der Ansicht, er sei seit dem 01.01.2007 als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig. Er habe sich wie andere Mitarbeiter auch - morgens im Intranet der Beklagten die Aufträge herausgesucht und sei dann zu den Kunden gefahren und habe die Störungen behoben. Bis 2008 habe er keinen anderen Auftraggeber als die Beklagte gehabt. Im Jahr 2011 habe die Beklagte ihm dann das Störungsmanagement einschließlich Auftragsbearbeitung übertragen. Er habe den Einsatz von Mitarbeitern bei Störungen koordiniert und entsprechende Aufträge erteilt. Auf Bitten bzw. Vorschläge der Beklagten habe er insgesamt vier Arbeitnehmer eingestellt. Die Weisungsbefugnis hinsichtlich der Mitarbeiter habe vollständig bei der Beklagten gelegen. Sie habe die Mitarbeiter wie ihre eigenen Arbeitnehmer eingesetzt und Vorgaben hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeiten gemacht. Ihm selbst sei ab 2007 vorgeschrieben worden, sich morgens jeweils zwischen 7.00 und 9.00 Uhr im Technikraum der Beklagten in der T.Straße in O. einzufinden. Im Falle einer Frühschicht habe er morgens um 7.00 Uhr die Arbeit aufnehmen müssen, während er bei einer Spätschicht seine Arbeit nicht vor 18.00 Uhr habe beenden dürfen. Sowohl im Schichtdienst als auch im Bereitschaftsdienst habe er nicht jemanden anderen schicken dürfen, sondern habe nur in Absprache mit der Beklagten einen Tausch vornehmen können. Es habe eine durchgängige Anwesenheitspflicht geherrscht. Ausnahmsweise habe er auch von zu Hause aus seine Tätigkeit erbringen können. Für einen solchen Fall habe die Beklagte aber darauf bestanden, dass er per Videokonferenz für die gesamte Dauer seiner Arbeitszeit stets zugeschaltet gewesen sei. Im Jahr 2012 habe die Beklagte ihm untersagt, länger als 8 Stunden pro Tag zu arbeiten. Sein Bereitschaftsdienst sei zur Kostensenkung auf andere Arbeitnehmer verteilt worden. Eine Änderung der Lage der Arbeitszeit sei seitens der Beklagten auf seine Nachfrage hin, abgelehnt worden. Der Teamleiter habe den Teammitgliedern konkrete Vorgaben im Hinblick auf die Arbeitsverteilung gemacht. Er habe seine Tätigkeit zusammen mit drei anderen Mitarbeitern der Beklagten im selben Büro ausgeübt und dort die an das Team gerichteten Aufträge gleichermaßen abgearbeitet wie die übrigen Teammitglieder. Dabei habe er seine Arbeitszeit nur der Beklagten zur Verfügung gestellt. Im September 2013 habe er mit dem Zeugen S. über eine Festanstellung bei der Beklagten gesprochen. Die Beklagte habe sich nicht abgeneigt gezeigt und ihm angeraten sich auf eine Teamleiterstelle zu bewerben. In der Folge habe er sich auf zwei entsprechende Stellen beworben. Im Rahmen des Bewerbungsgespräches habe ihm der Zeuge W. zugesichert, dass er in jedem Fall als Arbeitnehmer bei der Beklagten eingestellt werde. Im Anschluss sei er dann von Monat zu Monat vertröstet worden und habe seine Arbeit weiter erbracht.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2007 ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Eine Scheinselbstständigkeit liege nicht vor. Vielmehr sei die Einzelfirma des Klägers, die "S. T. GbR" von der Beklagten mit der Erbringung der Dienstleistungen beauftragt worden. Dabei sei der Kläger weder in den Betrieb integriert, noch seien ihm Arbeitszeiten bzw. Arbeitsorte vorgegeben worden. Der Kläger sei nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Er habe sich der Mitarbeit eigener Arbeitnehmer bedient, die er aus freiem Entschluss eingestellt habe. Ferner habe keine Verpflichtung bestanden, die Tätigkeiten in den Räumlichkeiten der Beklagten zu erbringen. Ebenso gut habe er die Arbeiten von seinem eigenen Büro zu Hause aus verrichten können. Eine entsprechende Ausrüstung sei ihm unstreitig zur Verfügung gestellt worden. Die überwiegende Anwesenheit des Klägers in den Räumlichkeiten der Beklagten beruhe auf einem eigenen Entschluss des Klägers. In der Gestaltung seiner Arbeitszeiten - im Rahmen der von ihm zu erbringenden Dienstleistungen - sei er frei gewesen. Er sei nicht einem Teamleiter unterstellt gewesen, sondern habe nur einen Ansprechpartner gehabt, der für die Koordination der Arbeiten des Klägers verantwortlich gewesen sei. Die vom Kläger und seinen Mitarbeitern durchzuführenden Aufgaben seien durch die von der Beklagten an die Firma des Klägers erteilten Aufträge jeweils beschrieben worden. In den Aufträgen sei die von der Firma des Klägers zu erbringende Gesamtstundenzahl aufgeführt worden. Zu keinem Zeitpunkt habe sie darauf bestanden, dass der Kläger per Videokonferenz stets zugeschaltet ist, wenn er seine Arbeit von zu Hause aus erbracht habe. Das System habe lediglich dazu gedient, dem Kläger die Kontaktaufnahme mit der Beklagten auch von zu Hause aus zu ermöglichen bzw. umgekehrt. In dem Gespräch mit dem Zeugen S. im September 2014 habe der Kläger eine Festanstellung mit dem Hinweis abgelehnt, dass seine Stellung als Selbstständiger lukrativer sei. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Der Feststellungsantrag des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) daran, dass das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses alsbald festgestellt wird. Für den Fall, dass ein Arbeitsverhältnis festgestellt würde, wären auf dieses Vertragsverhältnis der Parteien - unabhängig von den getroffenen Vereinbarungen - die zwingenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden, die ein Arbeitsverhältnis gestalten (st. Rspr. vgl. BAG v. 20.07.1994 - 5 AZR 169/93, AP Nr. 26 zu § 256 ZPO 1977), und zwar sofort, und nicht erst in ferner Zukunft.
2. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass er Arbeitnehmer der Beklagten ist. Aufgrund nicht bzw. nicht hinreichend bestrittener Indiztatsachen steht das Vorliegen eines Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zumindest seit dem 01.01.2007 fest.
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 HGB). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (st. Rspr., vgl. BAG 17.04.2013 - 10 AZR 272/12, NZA 2013, S. 903).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen. Die Tätigkeit des Klägers als Mitarbeiter im Bereich Störungsmanagement der Beklagten stellt sich aus Sicht der Kammer in der Gesamtschau als abhängige Beschäftigung dar.
Der Kläger war zeitlich und organisatorisch in den Zwei-Schichtbetrieb der Beklagten im Bereich des Störungsmanagements eingebunden. Die Beklagte verpflichtet sich gegenüber Kunden zur Betreuung, Programmierung und Reparatur von Telefonanlagen. Dabei erbringt sie die Leistungen durch eigene Mitarbeiter oder beauftragte Dritte im Rahmen eines Zwei-Schichtbetriebes. Hierzu wurde der Kläger, wie die anderen Mitarbeiter auch, in entsprechende Listen eingeteilt. Jeweils zu Beginn seiner Tätigkeit hatte der Kläger per Email bzw. telefonisch zu signalisieren, dass er einsatzbereit ist. In einer Liste wurde der Kläger sodann auf "grün" gesetzt. Die Zusammenarbeit war dahingehend ausgestaltet, dass der Kläger gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Beklagten in einem Team zusammenarbeitete. Ihm vorgesetzt war der Teamleiter, der konkrete Vorgaben hinsichtlich der Modalitäten der Auftragsannahme- und -durchführung machte. Ein Mitentscheidungsrecht des Klägers bestand in diesen Fragen nicht. Die Tätigkeiten selbst hatte der Kläger entweder in den ihm zur Verfügung gestellten Büroräumlichkeiten (mit Namensschild) in der Betriebsstätte der Beklagten oder in dem ihm eigens von der Beklagten eingerichteten Home-Office von zu Hause aus zu erbringen. Dabei wurden dem Kläger zahlreiche Arbeitsmittel wie ein Diensthandy, Dienstlaptop, Pager, sowie ein Werkzeugkasten überlassen. Die Ausrüstung für die Einrichtung des Home-Office umfasste u. a. auch ein Videokonferenzsystem, mit Hilfe dessen die Beklagte regelmäßig einen Kontakt zum Kläger herstellen konnte. Zwecks Abstimmung mit den übrigen Mitarbeitern war der Kläger gehalten an den regelmäßigen Team- und Standup-Runden teilzunehmen. Für den Kläger bestand hier eine Anwesenheitspflicht.
Die betriebliche Organisation und die damit einhergehenden Strukturen wurden dementsprechend vollständig von der Beklagten vorgegeben. Der Kläger war funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig und mit seiner Tätigkeit in den Betriebsablauf der Beklagten planmäßig eingebunden. In der zeitlichen Gestaltung seiner Arbeitszeit war der Kläger nicht frei, sondern an die Schichtpläne und die in diesen Zeitraum gelegten Termine gebunden. Die jeweiligen Arbeitszeiten standen daher jeweils bei Aufnahme der Tätigkeit fest und konnten nicht eigenmächtig geändert werden. Ein Wechsel der Schicht war nur im Rahmen eines Tausches möglich, der einer Abstimmung bedurfte. Die Arbeitszeit wurde sowohl durch eine detaillierte Stundenaufstellung als auch durch eine vom Auftraggeber ausgehändigte Stempelkarte erfasst. Daneben hatte der Kläger Bereitschaftsdienste abzuleisten, zu denen er in einem regelmäßigen Turnus von der Beklagten eingeteilt wurde. Ein tatsächlicher Entscheidungsspielraum bei der Einteilung der täglichen Arbeitszeit, wie bei einem Selbstständigen, bestand damit im Ergebnis nicht. Vielmehr unterlag der Kläger dem Weisungsrecht der Beklagten. Dies zeigt sich auch an der Ausgestaltung der Urlaubsgewährung im Betrieb der Beklagten. Seinen Urlaub hatte der Kläger mit den anderen Mitarbeitern der Beklagten im Bereich Technik stets abzustimmen. Der Urlaub wurde in einer hierfür vorgesehenen Urlaubsliste vermerkt. Die betrieblichen Abläufe wurden folglich auch insoweit von der Beklagten vorgegeben.
Während seiner Tätigkeit bei der Beklagten trat der Kläger gegenüber Kunden zudem als Mitarbeiter der Beklagten, nicht dagegen als Selbstständiger in Erscheinung. Der Kläger war mit seiner Arbeitskraft insgesamt Bestandteil der von der Beklagten durchgeführten Betriebsorganisation. Dabei trug er kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, zitiert nach ). Der Kläger erhielt eine Vergütung nach Arbeitsstunden. Zwar lässt sich dieser Umstand nicht unmittelbar den zur Akte gereichten "Quartalsbestellungen" entnehmen, wo bestimmte Tätigkeiten ("Einrichten, Änderung, Schalten") mit einer vorgegebenen Menge abgebildet werden, indes räumt die Beklagte selbst ein, dass dem Kläger ein monatliches Stundenkontingent vorgegeben wurde. Zur Einhaltung dieses Stundenkontingentes hatte der Kläger seine Arbeitszeit über eine ausgegebene Stempelkarte elektronisch zu erfassen. Die Grundlage für die Vergütung bildete damit die zeitlich vorgegebene Tätigkeit des Klägers und nicht die Erstellung eines bestimmten Werkes. Im Hinblick auf seine Tätigkeit verfügte der Kläger weder über eine eigene Betriebsstätte noch über Betriebsmittel. Die für die Ausstattung der Büros und seiner Tätigkeiten als solchen notwendigen Arbeitsmittel wurden ihm von der Beklagten gestellt. Eigene Anschaffungen hatte der Kläger nicht zu tätigen. Ein unternehmerisches Risiko als Kennzeichnung einer selbständigen Tätigkeit bestand nicht. Die Ausführungen der Beklagten zu einer vom Kläger begründeten GbR führen in diesem Zusammenhang ebenso wenig weiter, wie der Umstand, dass der Kläger der Beklagten für die monatlich geleisteten Tätigkeiten formale Rechnungen ausstellte. Für die Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von einer selbständigen Tätigkeit sind die Umstände von Bedeutung, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, und nicht die Modalitäten der Zahlung oder die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung (vgl. BAG v. 04.12.2002 - 5 AZR 667/01, AP Nr. 115 zu § 611 BGB). Die Art der Vergütung spielt schon deshalb keine nennenswerte Rolle, weil entscheidend die Eigenart der Dienstleistung ist, nicht aber die Abwicklung der Entgeltzahlung (vgl. BAG v. 30.10.1991 - 7 ABR 19/91, AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Folgerichtig können auch die Anmeldung einer gewerblichen, selbstständigen Tätigkeit, soweit man sie vorliegend als wahr unterstellt, wie auch die Rechnungsstellung durch den Kläger keine aussagekräftigen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit darstellen. Entgegen der Auffassung der Beklagten vermag auch die formale Einstellung einiger Mitarbeiter durch den Kläger nicht dessen Arbeitnehmereigenschaft in Frage stellen. Zwar ist das Innehaben einer Arbeitgeberstellung grundsätzlich ein starkes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Jedoch ist im Streitfall zu berücksichtigen, dass der Kläger mangels gegenteiliger Anhaltspunkte seine gesamte Arbeitskraft für die Beklagte einzusetzen hatte und seine Mitarbeiter unstreitig gleichermaßen in die betriebliche Abläufe und die vorgegebene Organisation unter Leitung eines Teamleiters eingebunden waren, wie er selbst. Damit lag die Weisungsbefugnis zumindest im Hinblick auf die konkrete Art und Ausführung der Leistungserbringung zwangsläufig bei der Beklagten. Es wurde folglich nur ein mittelbares Arbeitsverhältnis begründet, wo ein Mittelsmann, der selbst Arbeitnehmer eines Dritten ist, im eigenen Namen Hilfskräfte einstellt, die mit Wissen des Dritten unmittelbar für diesen Arbeitsleistungen erbringen (vgl. BAG 08.08.1958 - 4 AZR 173/55, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Mittelbares Arbeitsverhältnis, siehe auch BAG 20.07.1982 - 3 AZR 446/80, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mittelbares Arbeitsverhältnis). Dies zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass die Mitarbeiter des Klägers in von diesem abweichenden Arbeitsbereichen eingesetzt wurden und nicht gemeinsam mit dem Kläger ein einzelnes Projekt betreuten. Wie der Kläger hatten sie an der elektronischen Zeiterfassung der Beklagten teilzunehmen und mussten ihren Urlaub mit den übrigen Mitarbeitern durch Eintragung in die vorgegebene Urlaubsliste abstimmen.
In der Gesamtschau der Indizien war daher von einer Scheinselbstständigkeit des Klägers auszugehen.
Sofern sich die Beklagte im Hinblick auf den Zeitraum vor 2012 auf die Einrede der Verjährung beruft, dringt sie hiermit nicht durch. Richtet sich eine Klage auf die Feststellung von Leistungspflichten aus einem Schuldverhältnis (§ 241 Abs. 1 BGB), so muss sie abgewiesen werden, wenn die in Betracht kommenden Ansprüche nach materiellem Recht verjährt sind. Von der Feststellung einer Leistungspflicht ist jedoch die Feststellung eines anderweitigen Rechtsverhältnisses oder einer Rechtslage zu unterscheiden. Sie beruht nicht auf einem Anspruch gemäß § 194 Abs. 1 BGB; denn der Beklagte schuldet insoweit kein Tun oder Unterlassen, sondern hat eine sonstige Beurteilung gegen sich gelten zu lassen. Dieser Feststellungsanspruch verjährt nicht. Hiervon ist auch der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegangen (Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd. I, 1988, S. 291). Die Unverjährbarkeit des Feststellungsanspruchs, der keine Leistungspflicht zum Inhalt hat, erfasst auch den Klagantrag, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, feststellen zu lassen.
Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Schriftsatznachlasses lagen nicht vor. Der Schriftsatz vom 23.06.2015 enthielt keinen wesentlichen neuen Sachvortrag, zu dem die Beklagte außer Stande gewesen wäre sich im Termin zu äußern.
II.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß der § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i. V. m. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen.
III.
Der Streitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Dabei wurde seitens des Gerichts für den Feststellungsantrag die dreifache Bruttomonatsvergütung zugrunde gelegt.
IV.
Ein Grund zur Zulassung der Berufung gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG ist nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien betrifft und das Arbeitsgericht auch nicht von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht.