Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.04.2014, Az.: 5 B 58/14

Durchführung der Versammlung "Reisefreiheit für Fussballfans" mit zeitlichen und örtlichen Beschränkungen wegen Gefahren für die öffentliche Sicherheit

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
04.04.2014
Aktenzeichen
5 B 58/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 17629
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2014:0404.5B58.14.0A

In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn A.,
Antragstellers,
Proz.-Bev.:
Rechtsanwalt Dias,
Georgstraße 48, 30159 Hannover, - B. -
Rechtsanwalt Lange,
Georgstraße 36, 30159 Hannover,
g e g en
die Stadt Braunschweig - Rechtsreferat -, vertreten durch den Oberbürgermeister, Bohlweg 30, 38100 Braunschweig,
Antragsgegnerin,
Streitgegenstand: Versammlungsrecht
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 5. Kammer - am 4. April 2014
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes dagegen, dass die Antragsgegnerin zu einer von ihm angezeigten Versammlung zeitliche und örtliche Beschränkungen verfügt hat.

Der Antragsteller zeigte am 28. März 2014 bei der Antragsgegnerin an, dass er beabsichtige, am 6. April 2014 in der Zeit von 12.00 bis 14.00 Uhr eine Versammlung zu dem Thema "Reisefreiheit für Fußballfans" durchzuführen. In der Anzeige gab er an, mit circa 500 Teilnehmern zu rechnen. Die Versammlung solle als Aufzug unter Einsatz von Schallverstärkungsmitteln durch die Innenstadt von Braunschweig geführt werden und folgenden Verlauf nehmen: Viewegsgarten, Bertramstraße, Leonhardstraße, Magnitorwall, Theaterwall, Fallersleber-Tor-Wall, Pockelsstraße, Geysosstraße, Taubenstraße, Mittelweg, Guntherstraße, Polizeikommissariat Nord. Von einem Hinweis auf die Versammlung auf der Homepage der Antragsgegnerin sah der Antragsteller ab.

Die Antragsgegnerin holte daraufhin Gefährdungseinschätzungen der Polizeidirektion Braunschweig sowie der Berufsfeuerwehr Braunschweig ein, die sich insbesondere damit auseinandersetzen, dass am 6. April 2014 um 15.30 Uhr die - als besonders konfliktträchtig bewertete - Begegnung der 1. Fußball-Bundesliga zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 stattfindet.

Die Polizeidirektion kam in ihren Gefährdungseinschätzungen vom 31. März 2014 bzw. 1. April 2014 dazu, dass die öffentliche Sicherheit in der Stadt Braunschweig bei Durchführung eines Aufzugs auf der angezeigten Strecke, aber auch auf allen sonstigen Strecken, die durch die Braunschweiger Innenstadt führen, nicht gewährleistet werden könne. Der Schutz könne allenfalls für eine stationäre Kundgebung, abgesetzt vom unmittelbaren Bereich der Innenstadt und den Sammel-/Treffpunkten der Heimfanszene geleistet werden. Sie empfahl zugleich, den Zeitraum einer solchen stationären Versammlung auf den Zeitraum von 15.00 bis 17.00 Uhr zu verlegen, weil sich die Gefahr gewalttätiger Übergriffe dadurch signifikant entschärfen lasse. Die Berufsfeuerwehr wies mit Schreiben vom 1. April 2014 darauf hin, dass der Mittelweg sowie die Guntherstraße als Rettungswege an Spieltagen von Eintracht Braunschweig vorgesehen und zwingend freizuhalten seien. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahmen der Polizeidirektion (Bl. 8 ff. sowie Bl. 17 ff. der Beiakte A) sowie der Berufsfeuerwehr (Bl. 14 der Beiakte A) verwiesen.

Unter dem 1. April 2014 teilte der Antragsteller mit, dass sich die voraussichtliche Teilnehmerzahl auf 700 erhöhe.

Am 2. April 2014 fand ein Kooperationsgespräch statt. Hierin teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtige, aus Gründen der Gefahrenabwehr keinen Aufzug zuzulassen, sondern nur eine stationäre Kundgebung im Bereich des Hauptbahnhofs. Außerdem solle die Veranstaltung zeitlich nach hinten verlegt werden. Hiermit zeigte sich der Antragsteller nicht einverstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Kooperationsgesprächs verwiesen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 2. April 2014, dem Antragsteller noch am selben Abend per E-Mail vorab bekanntgegeben, ordnete die Antragsgegnerin Beschränkungen zur Durchführung der Versammlung an. Sie untersagte die Durchführung eines Aufzugs, bestimmte den - in einer Anlage zum Bescheid näher bezeichneten - Parkplatz nordöstlich des Braunschweiger Hauptbahnhofs zum Versammlungsort und legte als Zeitraum für die Durchführung der Versammlung die Zeit von 14:00 bis 16:00 Uhr am Sonntag, den 6. April 2014 fest. Die Antragsgegnerin ordnete die sofortige Vollziehung der Beschränkungen an.

Sie begründete die Maßnahmen im Wesentlichen wie folgt:

Nach § 8 Abs. 1 NVersG könne sie eine Versammlung unter freiem Himmel beschränken, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Aus der Durchführung der Versammlung in der vom Antragsteller anzeigten Weise resultierten unmittelbare schwerwiegende Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Die ausgesprochenen Beschränkungen seien erforderlich und angemessen, um diese Gefahren abzuwehren.

In ihrer Gefahrenprognose habe sie berücksichtigt, dass zwischen den Fanszenen der Fußballvereine Eintracht Braunschweig und Hannover 96 traditionell seit Jahrzehnten ein äußerst feindschaftliches Verhältnis bestehe und sich über die Jahre hinweg ein extremer gegenseitiger Hass entwickelt habe. Es sei in der Vergangenheit wiederholt -auch an Spieltagen ohne direktes Aufeinandertreffen - zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Die Konfrontation werde von beiden gezielt gesucht; hierbei würden wie anlässlich des Überfalls auf einen Regionalzug der Deutschen Bahn AG im Jahr 2009 unbeteiligte Dritte in Mitleidenschaft gezogen. Bei direkten Aufeinandertreffen der Vereine, zuletzt anlässlich des Bundesligaspiels am 8. November 2013 in Hannover, sei es in der Vergangenheit zu schweren bis schwersten Ausschreitungen gekommen, die Gewalttaten gegenüber der gegnerischen Szene als auch gegenüber Polizeibeamten eingeschlossen hätten.

Es sei - auf der Grundlage der polizeilichen Gefahreneinschätzung - davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Teilnehmer der Versammlung der gewaltbereiten oder gewaltsuchenden Fanszene von Hannover 96 zuzurechnen sei. Die Aufrufe zur Versammlungsteilnahme richteten sich sowohl nach ihrer Aufmachung und ihrem Inhalt nach als auch dem Ort ihrer Publikation (bspw. auf der Homepage: www.ultras-hannover.de) explizit an die Ultra-Fanszene in Hannover. Der Antragsteller gehöre selbst der Ultraszene in Hannover an und trete als Organisator der gesamten Szene in Erscheinung. Es sei deswegen zu erwarten, dass sich der Teilnehmerkreis hieraus rekrutiere und - trotz des allgemeiner gehaltenen Versammlungsthemas - Außenstehende nicht in größerem Umfang teilnehmen werden. Die Ultra-Szene in Hannover setze sich zwar aus mehreren Gruppierungen zusammen. Es sei jedoch - gerade im Hinblick auf das Risikospiel gegen Eintracht Braunschweig - eine Solidarisierung zu erwarten. Zuletzt sei dies anlässlich der Begegnung gegen SV Werder Bremen zu beobachten gewesen; dieses Spiel habe auch einen Derby-Charakter. Dort sei es teilweise zu massiver Gewaltanwendung seitens der Hannoveraner Ultra-Szene gekommen, die versucht habe, polizeiliche Absperrungen zu durchbrechen, um die unmittelbare Auseinandersetzung mit gegnerischen Fangruppen zu ermöglichen. Anlässlich der Begegnung zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig im November 2013 seien von der gewaltbereiten hannoverschen Szene u.a. Versuche unternommen worden, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen und das Stadion zu stürmen. Die Polizeibeamten hätten dies nur durch den Einsatz von körperlicher Gewalt und von Pfefferspray abwenden können. Auch während und nach Ende des Spiels sei es zu Sachbeschädigungen und Gewalttaten rund um das Stadion und in der Innenstadt von Hannover gekommen. Zeit, Ort und Aufzugsroute seien so gewählt, dass sie in unmittelbarer Nähe zu der Bundesligabegegnung zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 am 6. April 2014 in Braunschweig lägen. Dies lasse erkennen, dass ein Zusammentreffen der verfeindeten Fanszenen nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern offenbar geradezu erwünscht sei. Dies spreche insbesondere auch gewaltbereite Teile der Ultra-Szene an. Es sei deswegen in hohem Maße wahrscheinlich, dass bei der vom Antragsteller gewählten Aufzugsroute und des gewählten Zeitraums aus der Versammlung heraus Straftaten begangen würden.

Unabhängig hiervon gebe es in der Braunschweiger Szene ebenfalls eine erhebliche Anzahl gewaltbereiter Personen. Es sei nach polizeilichen Erkenntnissen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Szenen zu gegenseitigen Provokationen bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen führen würde. Ein Aufeinandertreffen müsse deswegen zum Schutz der Allgemeinheit aber auch der Versammlungsteilnehmer verhindert werden.

Dies sei auf der gewählten Aufzugsroute nach polizeilicher Gefahreneinschätzung nicht hinreichend sicher möglich. Die Sicherheit eines Aufzugs durch das Innenstadtgebiet von Braunschweig könne deswegen nicht gewährleistet werden, weil ein Einsickern von Störern auf zahlreichen Wegen, bspw. über Hinterhöfe und Schleichwege leicht möglich und durch polizeiliche Kontrolle nicht hinreichend kontrollierbar sei. In dem Zeitraum wenige Stunden vor Spielbeginn komme erschwerend hinzu, dass sich dann ohnehin viele Zuschauer auf dem Weg zum Stadion befinden und die Sicherheitslage dann so angespannt sein wird, dass ein Demonstrationsaufzug gegnerischer Fans nicht hinreichend zu sichern wäre.

Schließlich würde der Aufzug auf der vom Antragsteller gewählten Route nach Einschätzung der Berufsfeuerwehr Braunschweig die Hauptanfahrtswege (Mittelweg und Guntherstraße), die an Spieltagen von Eintracht Braunschweig unbedingt befahrbar bleiben müssen, blockieren. Gerade bei Massenveranstaltungen sei ein Freihalten dieser Rettungswege unverzichtbar.

Diese Gefahreneinschätzung gelte in vergleichbarer Weise auch für denkbare Alternativrouten, zumal der Antragsteller deutlich gemacht habe, dass es ihm darauf ankomme zum Polizeikommissariat Nord in der Guntherstraße 2 und somit in unmittelbare Nähe des Fußballstadions zu gelangen.

Obwohl der Veranstalter einer Versammlung grundsätzlich über Zeit, Ort, Inhalt und Art der Veranstaltung selbst bestimmen dürfe, und unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des Grundgesetzes, sei es angesichts dieser Gefahrenlage verhältnismäßig und erforderlich, den Aufzug zu untersagen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.

Der - in der Anlage zum Bescheid näher gekennzeichnete - Platz in der Nähe des Hauptbahnhofs sei zur stationären Durchführung der Versammlung geeignet und angemessen. Er sei für die Versammlungsteilnehmer - die nach polizeilicher Einschätzung überwiegend mit der Bahn aus Hannover kommend anreisen werden - gut erreichbar und schließe durch seine Lage nicht aus, die Öffentlichkeit für das Anliegen der Versammlung zu erreichen. Die Sicherheit einer stationären Versammlung an diesem Ort könne - zumal in der vorgegebenen Zeit von 14:00 bis 16:00 Uhr - durch die Polizei hinreichend gewährleistet werden. Die Nähe zum Hauptbahnhof sei auch deshalb erforderlich, weil dies - angesichts der Anreise der meisten Versammlungsteilnehmer mit der Bahn - es ermögliche, eine direkte Konfrontation verfeindeter Fanströme zu minimieren.

In dem vom Antragsteller angezeigten Zeitraum von 12:00 bis 14:00 Uhr sei die Versammlung auch stationär an dem zugewiesenen Platz im Bereich des Hauptbahnhofs nicht hinreichend sicher durchzuführen. Es handele sich hierbei um die Hauptanreisezeit der Braunschweiger Anhänger. Es sei deswegen zu erwarten, dass in dem gewählten Zeitraum Konfrontation der verfeindeten Lager auch im Bereich des zugewiesenen Platzes nicht verhindert werden könnten, zumal nach polizeilicher Gefahreneinschätzung Durchbruchsversuche von Anhängern beider Seiten zu befürchten seien. In dem zugewiesenen Zeitraum von 14:00 bis 16:00 Uhr sei die Gefahr einer direkten Konfrontation deutlich reduziert, weil sich ein Großteil der Braunschweiger Fanszene dann im oder im Umfeld des Stadions aufhalte. Die Beschränkung auf den Zeitraum von 14:00 bis 16:00 Uhr sei deswegen erforderlich, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Es sei hiermit kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers und der Versammlungsteilnehmer verbunden. Insbesondere rechtfertige es das Anliegen des Antragstellers, Versammlungsteilnehmern nach Ab-schluss der Versammlung den Besuch des Fußballspiels zu ermöglichen bzw. das Fußballspiel zu Hause oder in Lokalen verfolgen zu können, angesichts der beschriebenen Gefahrenlage nicht, diese in dem angezeigten Zeitraum zu ermöglichen. Sie seien bereits nicht hinreichend schwerwiegend um die beschriebenen Gefahren aufzuwiegen, zumal es angesichts der Ticketvergabe für Hannoveraner Anhänger nach dem sog. "holländischen Modell" bereits fraglich sei, ob mehr als nur wenige einzelne Versammlungsteilnehmer überhaupt Eintrittskarten für das Fußballspiel hätten.

Sie habe die sofortige Vollziehung dieser Beschränkungen angeordnet, weil eine Durchführung der Versammlung ohne die Beschränkungen zu derart massiven Gefahren für die öffentliche Sicherheit führen würde, dass das öffentliche Interesse, diese Gefahrenlage abzuwehren gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einer Durchführung der Versammlung ohne die Beschränkungen deutlich überwiege.

Am 4. April 2014 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 2. April 2014 erhoben und außerdem einen Eilantrag gestellt. Er begründet diesen im Wesentlichen wie folgt:

Die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin sei fehlerhaft. Sie beruhe nicht auf belastbaren Tatsachen, sondern sei spekulativ. Es sei nicht davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der Versammlungsteilnehmer der gewaltbereiten Szene zugerechnet werden könne. Die Antragsgegnerin vermenge insoweit die Begriffe der Hooligans und der Ultra-Fans. Es sei vielmehr zu erwarten, dass sich jedenfalls der Großteil der Versammlungsteilnehmer friedlich verhalten werde. Sofern sich einige wenige Störer hierunter befinden sollten, könnten diese bereits bei der Anreise, spätestens aber vor Ort separiert werden. Die von ihm angezeigte Versammlung sei deswegen sog. "Nichtstörerin". Bevor Maßnahmen gegen Nichtstörer ausgesprochen würden, müsse vorrangig gegen Störer vorgegangen werden. Die Antragsgegnerin habe aber nicht dargelegt, dass ihr dies nicht möglich sei. Dies sei ihr angesichts des großen Polizeiaufgebots vielmehr möglich, zumal Vertreter der Polizei gegenüber der Presse geäußert hätten, dass sie die Situation am 6. April 2014 unter Kontrolle halten könnten. Die Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung sei zudem unverhältnismäßig und der zugewiesene Ort am Bahnhof weise keine hinreichende Öffentlichkeitswirkung auf, zumal er circa 5 Kilometer von dem angegebenen Ziel in der Nähe des Stadions liege. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Eilantrags wird auf die Antragsschrift (Bl. 19 ff. der Gerichtsakte) verwiesen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

  1. 1.

    die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen,

  2. 2.

    hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm eine Aufzugsroute von dem Hauptbahnhof Braunschweig zum Polizeikommissariat Mitte und zum Hauptbahnhof zurück in der Zeit von 12:00 bis 14:00 Uhr zuzuweisen,

  3. 3.

    äußerst hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihm unter Änderung des Bescheids vom 2. April 2014 die Aufzugsroute vom Hauptbahnhof Braunschweig über die Kurt-Schumacher-Straße, Bertramstraße, Leonhardstraße zum Löwenwall und zurück über die Kurt-Schumacher-Straße zum Hauptbahnhof in der Zeit von 12:00 bis 14:00 Uhr zuzuweisen,

  4. 4.

    ganz äußerst hilfsweise, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Hilfsanträgen zu 2. bis 4. in der Zeit von 14:00 bis 16:00 Uhr stattzugeben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und begründet dies in Ergänzung der Ausführungen in dem Bescheid vom 2. April 2014 im Wesentlichen wie folgt: Der Bescheid vom 2. April 2014 sei rechtmäßig. Ihre Gefahrenprognose sei zutreffend. Sie berücksichtige das extreme Konfliktpotenzial der verfeindeten Fanszenen, das sich an zahlreichen auch gewalttätigen Vorfällen in der Vergangenheit gezeigt habe. Die Polizeidirektion Braunschweig habe nachvollziehbar dargelegt, dass ein Aufzug durch die Innenstadt sowohl von gewaltbereiten Teilen der Fanszene aus Hannover und Braunschweig zum Anlass für Ausschreitungen genommen würde. Die verfügten Beschränkungen seien verhältnismäßig; insbesondere würden sie in ihren Auswirkungen nicht einem Totalverbot der Versammlung nahekommen, weil die vom Antragsteller angezeigte Aufzugsroute und der gewünschte Zeitrahmen von 12:00 bis 14:00 Uhr unlösbar mit dem Anliegen der Veranstaltung verbunden seien, sondern dieses auch unter Beachtung der von ihr verfügten Beschränkungen noch effektiv wahrgenommen werden könne. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Schreiben vom 4. April 2014 Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO zulässig. Insbesondere ist er -trotz der auf eine Verpflichtung der Antragsgegnerin abzielenden Formulierungen -nicht im Sinne einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auszulegen. Nach § 123 Abs. 5 VwGO vorrangig ist vielmehr der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Dieser ist einschlägig, weil sich der Antragsteller gegen die sofortige Vollziehbarkeit eines ihn belastenden Verwaltungsakts wehrt und sein Rechtsschutzziel erreichen kann, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage, ggf. teilweise, wiederhergestellt wird, bzw. das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO Auflagen erlässt.

Der Eilantrag ist aber nicht begründet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Die Antragsgegnerin hat in ausreichender Weise schriftlich begründet, warum sie das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Sie hat dargelegt, dass sie die Durchführung der Versammlung in der vom Antragsteller angezeigten Weise als so gefährlich erachtet, dass es nicht hingenommen werden könne, dass die von ihr erlassenen Beschränkungen im Fall der Klageerhebung bei Durchführung der Versammlung nicht durchgesetzt werden könnten. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass die von ihr erkannten Gefahren für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit in der Abwägung gegenüber den Rechten des Antragstellers und der Versammlungsteilnehmer auf eine unbeschränkte Durchführung der Versammlung deutlich überwiegen. Sie hat damit in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der in zeitlicher Hinsicht und bzgl. ihrer Gefährdungseinschätzung besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar erachtet.

Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO ist aus materiell-rechtlichen Gründen erfolgreich, wenn das Interesse des Antragstellers, den Vollzug eines Verwaltungsaktes vor einer abschließenden gerichtlichen Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit im Klageverfahren zunächst zu verhindern, gegenüber dem Interesse der Behörde oder sonstiger Dritter an einem sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, müssen die Verwaltungsgerichte schon im Eilverfahren durch eine möglichst umfangreiche Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen versammlungsrechtlichen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu prüfen; im Übrigen kommt es auf eine sorgsame Interessenabwägung an (vgl. Nds. OVG, B. v. 01.06.2011 - 11 ME 164/11 -, [...] Rn. 13 m.w.N.). Nach diesem Maßstab überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit der dem Antragsteller mit dem Bescheid vom 2. April 2014 aufgegeben Beschränkungen der Versammlung gegenüber dem Suspensivinteresse des Antragstellers. Die mit dem Bescheid vom 2. April 2014 ausgesprochenen Beschränkungen erweisen sich nach der im gerichtlichen Eilverfahren möglichen summarischen Überprüfung aller Voraussicht nach als rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Beschränkungen ist § 8 Abs. 1 NVersG. Hiernach kann die zuständige Behörde Beschränkungen zu einer angezeigten Versammlung verfügen, um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Wegen des durch Art. 8 GG bewirkten Schutzes von Versammlungen und der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit für die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung gerade auch im Hinblick auf den Schutz von Minderheiten darf eine Versammlung nur ausnahmsweise verboten oder beschränkt werden. Das Ermessen der Versammlungsbehörde ist grundrechtlich gebunden. Die Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Abwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechts ergibt, dass dies zum Schutz anderer, mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Die behördliche Eingriffsbefugnis setzt eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung der Versammlung in der vom Antragsteller beantragten Form voraus. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung müssen deshalb Umstände vorliegen, die eine Gefährdung von der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgütern der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Die behördliche Gefahrenprognose muss sich auf nachweisbare Tatsachen stützen; bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. VG Braunschweig, U. v. 26.09.2012 - 5 A 96/11 -, [...] Rn. 23 m.w.N). Beschränkungen nach § 8 Abs. 1 NVersG sind in örtlicher Hinsicht (durch Verlegung der angezeigten Route eines Aufzugs oder ggf. durch die Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung) sowie in zeitlicher Hinsicht denkbar. Zwar umfasst die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters, über Gegenstand, Zeitpunkt und Ort der Versammlung zu entscheiden. Kommt es jedoch zur Rechtsgüterkollision, kann das Selbstbestimmungsrecht durch Rechte anderer beschränkt sein. In diesem Fall ist für die wechselseitige Zuordnung der Rechtsgüter mit dem Ziel ihres jeweils größtmöglichen Schutzes zu sorgen. Wird den gegenläufigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit bei der Planung der angemeldeten Versammlung nicht hinreichend Rechnung getragen, kann die praktische Konkordanz zwischen den Rechtsgütern durch versammlungsbehördliche Beschränkungen hergestellt werden. Dem Veranstalter steht hierbei kein Bestimmungsrecht darüber zu, mit welchem Gewicht die Rechtsgüter in die Abwägung einzubringen sind und wie die Interessenkollision rechtlich bewältigt werden kann. Die Abwägung, ob und wie weit gegenläufige Interessen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit rechtfertigen, obliegt vielmehr der Versammlungsbehörde (vgl. VG Braunschweig, U. v. 26.09.2012 - 5 A 96/11 -, [...] Rn. 27 m.w.N.).

Nach diesem Maßstab hat die Antragsgegnerin aller Voraussicht nach zu Recht die örtliche und zeitliche Beschränkung der vom Antragsteller angezeigten Versammlung verfügt.

Insbesondere ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass die Durchführung der Versammlung - wie vom Antragsteller ursprünglich angezeigt und mit den Hilfsanträgen zu 2. und 3.beantragt - in Form eines Aufzugs durch die Braunschweiger Innenstadt mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblich schwerwiegende Gefahren für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit begründet.

Die dahingehenden Gefährdungseinschätzungen der Polizeidirektion Braunschweig vom 31. März 2014 und vom 1. April 2014 sowie die hierauf basierende Prognose der Antragsgegnerin, auf die das Gericht in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO zunächst Bezug nimmt, sind für das Gericht plausibel und nachvollziehbar.

Der Gefährdungsprognose liegt nach Einschätzung des Gerichts zunächst zutreffend zugrunde, dass sich der Teilnehmerkreis der Versammlung jedenfalls zu einem ganz überwiegenden Teil aus der Anhängerschaft von Hannover 96 rekrutieren wird. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass der Antragsteller selbst in der Hannoveraner Fanszene aktiv und organisiert ist, sondern zur Versammlungsteilnahme über Kommunikationskanäle der Fanszene (z.B. www.Ultras-Hannover.de) aufgerufen wird. Dass sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen aus Anhängern von Hannover 96 zusammensetzt, wird vom Antragsteller - soweit ersichtlich - nicht in Abrede gestellt. Vielmehr hat er in der Anzeige der Versammlung angegeben, dass diese für die "Fanszene Hannover" erfolge.

Die Gefahrenprognose berücksichtigt des Weiteren zu Recht, dass zwischen Teilen der Anhängerschaft von Eintracht Braunschweig und Hannover 96 eine langjährige und extrem stark ausgeprägte Feindschaft besteht. Auch dies wird - soweit ersichtlich - vom Antragsteller nicht in Abrede gestellt. Diese Feindschaft hat in der Vergangenheit bereits zu zahlreichen, teilweise extrem gewalttätigen und kriminellen Vorfällen geführt. Wegen der Einzelheiten verweist das Gericht insoweit auf die Darstellungen in den Gefährdungseinschätzungen der Polizeidirektion Braunschweig vom 31. März 2014 sowie vom 1. und 2. April 2014. Hier ist dargelegt, dass bereits unabhängig von direkten Aufeinandertreffen der Vereine schwerwiegende Vorfälle wie bspw. der Angriff auf einen Regionalzug der Deutschen Bahn AG im Jahr 2009 stattgefunden haben, die zur Gefährdung bzw. Verletzung auch unbeteiligter Dritte geführt haben. Aus den Gefährdungseinschätzungen ergibt sich auch, dass direkte Aufeinandertreffen der Vereine in besonderem Maße zur Folge haben, dass die Anhängerschaft beider Vereine nahezu vollzählig mobilisiert wird und dies die gewaltbereiten Teile der Anhängerschaft einschließt. Darüber hinaus belegen die Berichte, bspw. über die massiven Ausschreitungen bei der Bundesliga-Begegnung der Vereine in Hannover im November 2013, dass der Derby-Charakter dieser Begegnungen zu einer besonders hitzigen Atmosphäre führt, die das Risiko gewalttätiger Ausschreitungen zusätzlich erhöht. Die Prognose der Polizeidirektion Braunschweig, dass sich am 6. April 2014 bis zu circa 2.000 gewaltbereite Personen (aus den Lagern beider Vereine) in Braunschweig aufhalten werden und jedenfalls zu einem erheblichen Teil gezielt die Auseinandersetzung mit dem verfeindeten Lager suchen werden, ist deswegen für das Gericht nachvollziehbar.

Schließlich teilt das Gericht die Einschätzung der Gefährdungsprognose, dass der vom Antragsteller gewünschte Aufmarsch einer großen Gruppe der Hannoveraner Anhängerschaft durch das Innenstadtgebiet von Braunschweig jedenfalls vonseiten der Braunschweiger Anhängerschaft als schwerwiegende Provokation empfunden würde und deswegen mit massiven Stör- und Gegenaktionen gerechnet werden muss. Die Polizeidirektion Braunschweig hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit bereits weniger provokante Aktionen zu Gegenmaßnahmen der gegnerischen Anhängerschaft geführt haben. Die Antragsgegnerin hat auf der Grundlage der polizeilichen Gefährdungseinschätzung für das Gericht nachvollziehbar dargelegt, dass ein solcher Aufzug in den Bereich der Innenstadt von Braunschweig nicht hinreichend gesichert werden könnte, ohne dass jedenfalls schwerwiegende Gefährdungen nicht nur der Versammlungsteilnehmer selbst, sondern auch der eingesetzten Polizeibeamten und sonstiger Dritter verhindert werden könnten.

Angesichts der besonderen Provokationswirkung eines solchen Aufzugs ist für das Gericht einerseits die beschriebene Gefahr, dass aufseiten der Braunschweiger Anhängerschaft insbesondere auch gewaltbereite Teile der Anhängerschaft ggf. gewalttätige Störaktionen unternehmen, nachvollziehbar. Andererseits ist für das Gericht die Prognose plausibel, dass sich auch gewaltbereite Teile der Hannoveraner Anhängerschaft einem Versammlungsaufzug anschließen und diesen zu ggf. gewalttätigen Maßnahmen nutzen würde. Der Antragsteller dringt deswegen nicht mit seinem Einwand durch, der Aufruf seiner Versammlung richte sich nur an Teile der Fanszene, die nicht gewaltbereit seien. Die Polizeidirektion Braunschweig hat nachvollziehbar dargelegt, dass gerade solche Aufzüge größerer Menschengruppen bevorzugt zu auch gewalttätigen Aktionen genutzt würden, weil die Gruppe größere Anonymität bietet und das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung reduziert, der Einzelne aus einem vermeintlich sicheren Umfeld heraus agiert und außerdem Bewegungskräfte mobilisiert werden können, die es - wie beispielsweise anlässlich der Begegnung im November 2013 in Hannover -sogar ermöglicht, (polizeiliche) Absperrungen zu überwinden.

Dies zugrunde gelegt hat die Antragsgegnerin zu Recht angenommen, dass ein Aufmarsch durch die Innenstadt von Braunschweig - sowohl auf der ursprünglich angezeigten Aufzugsroute als auch auf den Alternativrouten der Hilfsanträge zu 2. und 3 -am 6. April 2014 polizeilich nicht hinreichend sicherbar ist bzw. selbst bei massiver polizeilicher Absicherung der Aufzugsstrecke mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Eskalation der Lage befürchten lässt, die schwerwiegende Gefahren auch für unbeteiligte Dritte erwarten lässt. Sie hat hierbei zu Recht berücksichtigt, dass bei einem Aufmarsch durch das Gebiet der Innenstadt ein Aufeinandertreffen der Versammlungsteilnehmer mit der Anhängerschaft von Braunschweig unvermeidlich ist, dies von breiten Teilen der - auch nach polizeilicher Gefahreneinschätzung unproblematischen - Anhängerschaft als Provokation empfunden würde und dies wahrscheinlich vonseiten der gewaltbereiten Teile der Anhänger zu Störaktionen ausgenützt würde. Die Antragsgegnerin hat hierbei zutreffend berücksichtigt, dass der Bereich der Innenstadt viele Gelegenheiten eröffnet, einen Aufzug zu behindern, weil angesichts der Parkflächen, vieler Seitenstraßen und Haus- und Nebeneingänge ein Einsickern von Störern ermöglicht sowie gute Rückzugsmöglichkeiten bietet. Hinzukommt, dass die Innenstadt aufgrund des Fußballspiels an diesem Sonntagmittag ohnehin stark frequentiert sein wird und sich die Zuschauerströme Richtung Stadion bewegen. Hierdurch sind nicht nur Rechtsgüter der Versammlungsteilnehmer gefährdet, sondern neben den eingesetzten Polizeibeamten insbesondere auch unbeteiligte Dritte gefährdet. Angesichts des unkalkulierbaren Verlaufs einer solchen Eskalation schließt dies eine Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit unbeteiligter Dritter ein.

Diese Gefahrenlage ergibt sich unabhängig davon, ob der Aufzug des Antragstellers, wie es die Ausführungen der Antragsgegnerin auf Seite 2 des angefochtenen Bescheids nahelegen, darauf angelegt und es Konzept des Aufzugs ist, die Konfrontation mit dem verfeindeten Lager zu suchen. Denn jedenfalls ist dies die faktische Folge eines Aufzugs durch die Innenstadt von Braunschweig.

Schon angesichts dieser Gefährdungslage hat die Antragsgegnerin es dem Antragsteller zu Recht mit der Beschränkung zu 1. untersagt, seine Versammlung in Form eines Aufzugs durch das Innenstadtgebiet von Braunschweig zu führen, und ihm mit der Beschränkung zu 2. als Ort einer stationären Versammlung den Parkplatz nordöstlich des Braunschweiger Hauptbahnhofs zugewiesen. Die beschriebene Gefahrenlage wird durch diese Maßnahmen abgemildert und polizeilich beherrschbar. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass eine Trennung der verfeindeten Anhängerschaften so viel zuverlässiger gewährleistet werden kann und dies insbesondere auch für unbeteiligte Dritte die Gefahr, in eskalierende gewalttätige Störaktionen einbezogen und hierdurch gefährdet zu werden, maßgeblich reduziert. Der Antragsteller wird hierdurch weder rechtswidrig als Nichtstörer herangezogen noch in unverhältnismäßiger Weise belastet. Wie bereits dargelegt, obliegt es der Versammlungsbehörde jedenfalls dann, wenn wie vorliegend die Rechte unbeteiligter Dritter betroffen und durch eine Versammlung gefährdet sind, die betroffenen Rechtsgüter und gegenläufigen Interessen mit dem Ziel ihres jeweils größtmöglichen Schutzes gegeneinander abzuwägen. Nach diesem Maßstab ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Versammlung des Antragstellers auf eine stationäre Kundgebung in der Nähe des Hauptbahnhofs beschränkt hat. Wie zuvor dargelegt besteht bei Durchführung des Aufzugs die konkrete Gefahr ggf. schwerwiegender Ausschreitungen, die zu möglicherweise schwerwiegenden Folgen für die körperliche Unversehrtheit unbeteiligter Dritte führen können. Der Schutz dieser Personengruppe überwiegt im vorliegenden Fall gegenüber dem nach Art. 8 des Grundgesetzes geschützten Belangen des Antragstellers und der Versammlungsteilnehmer. Hierbei wirkt sich zum einen aus, dass der Antragsteller kein spezifisches gewichtiges Interesse dargelegt hat und ein solches auch nicht ersichtlich ist, seine Versammlung unbedingt an dem angezeigten Ort und dem angezeigten Zeitpunkt durchzuführen, und das Anliegen der Versammlung bei einer stationären Versammlung in der Nähe des Hauptbahnhofs nicht ins Leere liefe. Das Versammlungsthema "Reisefreiheit für Fußballfans" ist sehr allgemein gehalten und gibt einen solchen Bezug nicht her. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Anlass für die Versammlung jedenfalls auch sein dürfte, dass hinsichtlich der Ticketvergabe für Hannoveraner Anhänger das sog. "Holländische Modell" umgesetzt wird bzw. werden soll. Auch wenn hierdurch ein Bezug zu der Begegnung zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 hergestellt wird, begründet dies kein gewichtiges Interesse daran, in Form eines Aufzugs durch die Braunschweiger Innenstadt bzw. in die Nähe des Eintracht-Stadions zu gelangen, zumal das "Holländische Modell" im Wesentlichen von Hannoveraner Behörden bzw. Institutionen (u.a. dem Verein Hannover 96 sowie dem Niedersächsischen Innenministerium) konzipiert wurde. Die aufseiten unbeteiligter Dritter gefährdeten Rechtsgüter wiegen andererseits nach ihrer Art und dem Ausmaß ihrer Gefährdung schwer und überwiegen deswegen gegenüber dem Interesse des Antragstellers und der Versammlungsteilnehmer auf unbeschränkte Ausübung des Versammlungsrechts. Der der Versammlung zugewiesene Ort in der Nähe des Hauptbahnhofs erfüllt die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 5.9.2003 - 1 BvQ 32/03 -, NVwZ 2004, 90) zur Geeignetheit eines Kundgebungsortes aufgestellten Kriterien. Er ist für die Versammlungsteilnehmer gut erreichbar und schließt durch seine Lage nicht aus, öffentliche Aufmerksamkeit für das Anliegen des Antragstellers zu erreichen (vgl auch Nds. OVG, B. v. 01.06.2011 - 11 ME 164/11 -, [...] Rn. 30).

Die Antragsgegnerin hat es dem Antragsteller nach alldem zu Recht untersagt, seine Versammlung als Aufzug in den Innenstadtbereich von Braunschweig zu führen. Aus diesem Grund ist der Eilantrag sowohl im Haupt- , als auch in den Hilfsanträgen zu 2. und 3. abzulehnen, ohne dass es entscheidend darauf ankommt, dass die ursprünglich angezeigte Aufzugsroute durch die Nähe zum Eintracht-Stadion und durch die zu befürchtende Blockade der Rettungswege der Feuerwehr zusätzliche Gefahren begründet.

Der Eilantrag hat auch keinen Erfolg, soweit sich der Antragsteller (mit dem Hauptantrag) auch die gegen die zeitliche Beschränkung der Nr. 3 des Bescheids vom 2. April 2014 wendet. Auch insoweit ist der angefochtene Bescheid aller Voraussicht nach rechtmäßig. Insbesondere ist die zeitliche Beschränkung auch unter Berücksichtigung der Bedeutung von Art. 8 GG verhältnismäßig.

Die Antragsgegnerin führt zu Recht an, dass der vom Antragsteller angezeigte Zeitraum von 12:00 bis 14:00 Uhr die Gefahrenlage zusätzlich verschärft, weil dies die Hauptanreisezeit der Braunschweiger Anhängerschaft ist. Dadurch erhöht sich in diesem Zeitraum die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Aufeinandertreffen der verfeindeten Lager kommt, erheblich gegenüber dem mit dem Bescheid vom 2. April 2014 zugewiesenen Zeitraum. Die Beschränkung der Versammlung auf den Zeitraum von 14:00 bis 16:00 Uhr verringert die Gefahrensituation - hierauf weist die Antragsgegnerin zu Recht hin - zusätzlich dadurch, dass sich ein Großteil der Braunschweiger Anhängerschaft während dieses Zeitraums in der Nähe des Stadions aufhalten werden ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Lager unwahrscheinlicher macht. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers, die Versammlung in dem angezeigten Zeitraum durchzuführen, ist nicht ersichtlich. Auch insoweit fehlt ein gewichtiger spezifischer Bezug zu dem Anlass und dem Thema der Versammlung. Dass nach Einlassung des Antragstellers zahlreiche Versammlungsteilnehmer beabsichtigen, das Fußballspiel anzuschauen, macht die zeitliche Beschränkung nicht unverhältnismäßig. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die zeitliche Beschränkung dies verhindert, zumal auf einem aktuellen Aufruf zur Versammlungsteilnahme (vgl. www.Ultras-Hannover.de), in dem unter Bezugnahme auf das erst seit wenigen Stunden anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren mitgeteilt wird, dass eine Möglichkeit organisiert werde, das Spiel gemeinsam zu sehen. Unabhängig hiervon wiegt das Interesse, das Fußballspiel trotz einer Teilnahme an der Versammlung anschauen zu können, als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht hinreichend schwer, um in der Abwägung gegenüber der beschriebenen Gefährdung auch unbeteiligter Dritter, die aus der unbeschränkten Durchführung der Versammlung resultiert, zu überwiegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an der Empfehlung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ 2004, 1327 ff., hier: II. Nr. 45.4). Die Kammer hat Streitwert wegen der Vorwegnahme der Hauptsache durch das Eilverfahren nicht reduziert (vgl. hierzu II. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs).

Röllig
Brölsch
Giesel