Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.04.2002, Az.: 3 A 148/02

Bemessung eines Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung eines Sparguthabens

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
05.04.2002
Aktenzeichen
3 A 148/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 32782
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2002:0405.3A148.02.0A

Verfahrensgegenstand

Sozialhilfe (Eingliederungshilfe)

Hinweis

Hinweis: Verbundenes Verfahren

Verbundverfahren:
VG Oldenburg - 05.04.2002 - AZ: 3 B 149/02

In den Verwaltungsrechtssachen
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 3. Kammer -
am 5. April 2002
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag ist gemäß §§ 166 VwGO i.V.m. 114 ff. ZPO abzulehnen, weil der Kläger/Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung selbst aufbringen kann (§ 114 ZPO).

2

Gemäß § 115 ZPO hat die Partei nicht nur ihr Einkommen (§ 115 Abs. 1 ZPO), sondern - soweit dies zumutbar ist - auch ihr Vermögen einzusetzen (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Insoweit gilt § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) entsprechend.

3

Zwar verfügt der Kläger/Antragsteller selbst nurüber ein Bankguthaben in Höhe von 2.134,48 EUR, von dem ihm (zumindest) nach Abzug des höchsten nach § 88 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 BSHG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Betracht kommenden (wegen der gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 ZPO nur "entsprechenden" Anwendbarkeit des § 88 BSHG allerdings nicht - was hier aber dahingestellt bleiben kann - notwendigerweise geltenden) Schonbetrages in Höhe von 4.091,00 EUR (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 b der Verordnung) zur Bestreitung der Kosten der Verfahren nichts verbliebe. Jedoch steht dem Kläger/Antragsteller ein aus §§ 1360 a Abs. 4, 1610 Abs. 2 BGB abzuleitender - vermögenswerter - Anspruch auf einen die voraussichtlichen Kosten beider Verfahren deckenden Prozesskostenvorschuss gegen seine Eltern zu, weil den Eltern, müssten sie selbst den Rechtsstreit führen, ihrerseits keine Prozesskostenhilfe zu gewähren wäre und sie deshalb insoweit als leistungsfähig im Sinne der genannten Vorschriften zu gelten haben (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Mai 1991 - 16 WF 66/91 -, FamRZ 1992, 77 f.; OLG München, Beschluss vom 12. November 1992 - 12 WF 1066/92 -, FamRZ 1993, 714 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juli 1993 - 3 WF 124/93 -, FamRZ 1993, 1474 f.; zur Geltung dieser Grundsätze auch für volljährige Kinder gegenüber ihren Eltern ferner: OVG Münster, Beschluss vom 26. November 1998 - 19 E 612/98 -, FamRZ 2000, 21 und OLG Köln, Beschluss vom 9. Februar 1994 - 5 W 2/94 -, FamRZ 1994, 1409 f.).

4

Die Eltern des Klägers/Antragstellers verfügen ausweislich der von ihnen unterschriebenen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zeit über ein Sparguthaben bei der LzO in Höhe von 11.449,00 EUR. Dieses Guthaben kann zunächst nicht etwa gemäß §§ 115 Abs. 2 ZPO i.V.m. 88 BSHG deshalb unberücksichtigt bleiben, weil die Eltern demgegenüber gegenwärtig noch mit einem Betrag von etwa 75.030,00 EUR verschuldet sind (rund 74.530,00 EUR Restschuld aus Hauskauf, rund 500,00 EUR EWE-Darlehen). Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese Schulden aus rechtlichen oder zwingenden wirtschaftlichen Gründen aus dem Sparguthaben getilgt werden müssten (vgl. hierzu BSHG, Lehr- und Praxiskommentar, 5. Auflage, § 88 Rn. 10, m.w.N.). Vielmehr deutet auf das Gegenteil der Umstand hin, dass sowohl die für den Hauskauf aufgenommenen Hypothekendarlehen wie auch das EWE-Darlehen offenbar aufgrund von (in solchen Fällen üblichen) Zins- und Rückzahlungsvereinbarungen durch festgelegte monatliche Ratenzahlungen (928,81 EUR für das Haus, 56,39 EUR für das EWE-Darlehen) aus den laufenden Einkünften, d.h. ohne Inanspruchnahme des Sparguthabens, abgetragen werden. Eine ggf. andere, das Guthaben einbeziehende Zahlungsweise wäre aber jedenfalls rechtlich nicht zwingend. Das Sparguthaben der Eltern stellt somit ein grundsätzlich einzusetzendes Vermögen im Sinne des§ 115 Abs. 2 ZPO dar. Hiervon verbleibt den Eltern des Klägers/Antragstellers nach Abzug des - wiederum höchstmöglichen - Schonbetrages gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG von 4.961,00 EUR (4.091,00 EUR + 614,00 EUR + 256,00 EUR) ein Restguthaben in Höhe von 6.488,00 EUR. Dieser Vermögensbetrag reicht aus, die voraussichtlichen Kosten beider Verfahren, als welche wegen der Regelung des § 188 Satz 2 VwGO und des dem Gericht bekannten grundsätzlichen Verzichts des Beklagten/Antragsgegners auf die Geltendmachung außergerichtlicher Kosten in sozialhilferechtlichen Verwaltungsstreitverfahren ausschließlich die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers/Antragstellers in Betracht zu ziehen sind, vollständig zu decken. Denn diese Kosten belaufen sich, soweit derzeit absehbar, auf einen Gesamtbetrag von 2.510,64 EUR (bei einem Gegenstandswert für das Klageverfahren in Höhe von 10.684,80 EUR, errechnet aus einem Abrechnungsstundensatz von 43,60 DM zuzüglich Fahrtkosten pro Betreuungsstunde von 6,50 DM = insgesamt 50,10 DM× 8 Stunden wöchentlich = 400,80 DM wöchentlich × 4,345 = 1.741,47 DM pro Monat = 890,40 EUR pro Monat × 12 Monate = 10.684,80 EUR: eine Prozess-, eine Verhandlungs- und eine Beweisgebühr von je 526,00 EUR zuzüglich Auslagen von 20,00 EUR = 1.598,00 EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer = 1.853,68 EUR; bei einem Gegenstandswert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren von 4.006,80 EUR, errechnet aus einem Kostenbetrag pro Betreuungsstunde von wiederum 50,10 DM × 6 Stunden wöchentlich =300,60 DM wöchentlich × 4,345 = 1.306,10 DM pro Monat = 667,80 EUR pro Monat × 6 Monate = 4.006,80 EUR: eine Prozess- und eine Beweisgebühr von je 273,00 EUR zuzüglich Auslagen in Höhe von 20,00 EUR = 566,00 EUR zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer = 656,96 EUR). Den Eltern des Klägers/Antragstellers stünde danachüber den Schonbetrag von 4.961,00 EUR hinaus nach Abzug der voraussichtlichen Prozesskosten noch ein weiterer Betrag aus dem Sparguthaben in Höhe von 3.977,36 EUR (insgesamt also ein Betrag von noch 8.938,36 EUR) zur Verfügung. Unter diesen Umständen und weil hierfür auch keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, stellt sich der Vermögenseinsatz auch nicht als eine unbillige Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG dar.

5

Auf die Frage, inwieweit ggf. der Vater des Klägers/Antragstellers darüber hinaus auch noch Teile seines Einkommens von (einschließlich des Kindergeldes) brutto 3.602,53 EUR gemäß § 115 Abs. 1 ZPO mit der Folge eines sich womöglich auch daraus ergebenden Prozesskostenvorschussanspruchs des Klägers/Antragstellers einzusetzen hätte, muss nach alledem nicht mehr eingegangen werden.