Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 11.03.1983, Az.: 4 U 25/82
Zustimmungsbedürftigkeit einerTeilungsversteigerung nach § 1365 BGB; Fortgelten des § 1365 BGB nach erfolgter Scheidung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 11.03.1983
- Aktenzeichen
- 4 U 25/82
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 12834
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1983:0311.4U25.82.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 26.11.1982 - AZ: 8 O 102/81
Prozessführer
des XXX
Prozessgegner
die Hausfrau YYY
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 1983
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 26. November 1982 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung - wegen der Kosten - durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM abwenden. Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank erfolgen.
Die Beschwer der Klägerin durch diese Entscheidung beträgt 125.000,00 DM.
Tatbestand
Die Parteien waren miteinander bis zu ihrer am 18. Februar 1982 rechtskräftig gewordenen Scheidung verheiratet. Sie sind Miteigentümer des 2-Familien-Hausgrundstücks ... Auf Antrag des Beklagten ordnete das Amtsgericht Göttingen am 26. Februar 1981 die Zwangsversteigerung des Grundstücks zwecks Aufhebung der Eigentümergemeinschaft an.
Hiergegen hat sich die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit gewendet und vorgetragen, das Betreiben der Teilungsauseinandersetzung könne der Beklagte ohne ihre Zustimmung nicht vornehmen, weil sein Miteigentumsanteil am Grundstück praktisch sein Gesamtvermögen darstelle.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 15. Dezember 1981 der Klage stattgegeben und die Teilungsversteigerung für unzulässig erklärt. Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen.
Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und auch auf die zwischenzeitlich erfolgte rechtskräftige Ehescheidung verwiesen.
Da die Klägerin im ersten Senatstermin nicht vertreten war, ist gegen sie am 26. November 1982 ein Versäumnisurteil ergangen; auf dieses wird zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen.
Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Einspruch eingelegt. Sie beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Versäumnisurteil war aufrechtzuerhalten.
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß mit der rechtskräftigen Ehescheidung die Zustimmungsbedürftigkeit zu der vom Beklagten beantragten Teilungsversteigerung gemäß § 1365 BGB entfallen ist, mit der Folge, daß die von der Klägerin erhobene Klage unbegründet - geworden - ist und (mangels einer Erledigungserklärung der Klägerin) abgewiesen werden muß.
1.
Allerdings bleibt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein nach § 1365 BGB zustimmungsbedürftiges Geschäft grundsätzlich auch nach der Ehescheidung zustimmungsbedürftig (BGH JZ 1968, 401 = FamRZ 1978, 396). Für eine beantragte Teilungsversteigerung gilt dieser Grundsatz jedoch nach Auffassung des Senats (entgegen BayObLG FamRZ 1981, 46) nicht.
2.
Ausgangspunkt für die Beurteilung ist, daß der (frühere) Ehegatte nach der Scheidung über sein Vermögen grundsätzlich "wieder ohne Zustimmung des anderen verfügen, also auch das zunächst schwebend unwirksame Geschäft neu vornehmen könnte. Denn § 1365 BGB gilt nur unter Ehegatten während bestehender Ehe. In ganz besonders gelagerten Ausnahme fällen mag ein geschiedener Ehegatte allerdings aus Treu und Glauben (§ 242) einer nach der Ehescheidung von dem anderen betriebenen Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Bruchteilsgemeinschaft an einem Grundstück widersprechen können und berechtigt sein, die Übertragung der Grundstückshälfte des anderen an sich zu verlangen (BGHZ 68, 299; 82, 227 [BGH 26.11.1981 - IX ZR 91/80]; vgl. auch LG Essen FamRZ 1981, 457). In dieser Richtung war das Begehren der Klägerin, die lediglich eine Zustimmungsbedürftigkeit nach § 1365 BGB geltend gemacht hat, jedoch bisher nicht zu verstehen. In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie zwar anwaltlich erklären lassen, sie mache auch einen Übernahmeanspruch gestützt auf § 242 BGB geltend; konkrete Tatsachen zur Ausfüllung eines dahingehenden Begehrens hat sie jedoch nicht vorgebracht.
Von dem genannten Ausgangspunkt her liefe es jedoch - wie der Senat bereits in dem Versäumnisurteil ausgesprochen hat - auf bloßen Formalismus hinaus, wenn der die Teilungsversteigerung betreibende Miteigentümer - unter Hinweis auf einen Fortbestand der Zustimmungsbedürftigkeit des gestellten Antrags - nur zu einem neuen Versteigerungsantrag veranlaßt würde, ohne daß die Möglichkeiten des geschiedenen Ehegatten, seinen etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch durchsetzen zu können, wesentlich berührt wären. Der Bundesgerichtshof hat seine Auffassung, daß ein nach § 1365 BGB zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft grundsätzlich auch nach der Ehescheidung zustimmungsbedürftig bleibe, maßgeblich darauf gestützt, daß für den ausgleichsberechtigten Ehegatten wenigstens die Möglichkeit bestehen müsse, nach Beendigung des gesetzlichen Güterstandes seinen Ausgleichsanspruch durchzusetzen. Diese Möglichkeit sei ihm indessen dann genommen, wenn mit der Scheidung die Zustimmungsbedürftigkeit entfalle, da dann die Entstehung des Ausgleichsanspruchs und das Wirksamwerden der Vermögensverfügung unmittelbar zusammenfielen (FamRZ 1978, 396, 397). Von einem unmittelbaren Zusammenfallen des Entstehens des Ausgleichsanspruchs des einen und des Wirksamwerdens der Verfügung des anderen (geschiedenen) Ehegatten kann jedoch bei einer vor der Ehescheidung beantragten und nach der Ehescheidung fortgesetzten Teilungsversteigerung keine Rede sein. Der Antrag des Miteigentümers auf Anordnung der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft ist - unbeschadet dessen, daß auf ihn § 1365 BGB entsprechend anzuwenden ist (OLG Celle Rpfl. 1981, 69; weitere Nachweise bei Palandt/Diederichsen BGB 42. Aufl. § 1365 Anm. 2) - nur eine Verfahrensvoraussetzung; die eigentliche Verfügung über den Miteigentumsanteil erfolgt erst im Laufe der weiteren Durchführung des Versteigerungsverfahrens durch den Zuschlag. Bis dahin hat der geschiedene Ehegatte, der sich einen Zugewinnausgleichsanspruch ausrechnet, durchaus Möglichkeiten, diesen Anspruch zu sichern (etwa durch einen Zugriff auf den anteiligen Versteigerungserlös im Wege des Arrestes). Seine Möglichkeiten sind insbesondere auch wegen der Lange derartiger Versteigerungsverfahren jedenfalls grundsätzlich dieselben, gleich ob der ursprüngliche Versteigerungsantrag - unter Wegfall der Zustimmungsbedürftigkeit - weitergilt oder ob nach der Ehescheidung ein neuer Versteigerungsantrag für erforderlich gehalten und alsbald gestellt wird; das gilt auch für das hier von dem Beklagten betriebene Teilungsversteigerungsverfahren, das eingestellt war und zumindest bis zum Erlaß des Versäumnisurteils des Senats nicht weiter betrieben werden konnte.
Anders als bei der der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Fallgestaltung wird also bezogen auf eine in Gang gesetzte Teilungsversteigerung die Rechtsstellung des ausgleichsberechtigten Ehegatten dadurch, daß mit der Ehescheidung die Zustimmungsbedürftigkeit entfällt, praktisch nicht berührt; der Schutzzweck des § 1365 erfordert es danach nicht, auch bezogen auf dieses Verfahren einen Fortbestand der Zustimmungsbedürftigkeit anzunehmen.
3.
Da die Zustimmungsbedürftigkeit nach § 1365 BGB hier nicht mehr gegeben ist, gehen die weiteren Ausführungen der Klägerin in ihrer Einspruchsschrift dazu, daß eine konkrete Gefährdung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs gegeben sei, ins Leere; sie beruft sich insoweit auch zu Unrecht auf entsprechende Ausführungen in dem erwähnten Beschluß des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1978, 396, 398). Auf sie könnte es allenfalls ankommen, wenn die Zustimmungsbedürftigkeit an sich gegeben wäre und in Frage stünde, ob die Zustimmung berechtigterweise oder unberechtigterweise verweigert werde (eine Frage, die dann ohnehin nicht in den vorliegenden Prozeß, sondern in das Verfahren betreffend die Ersetzung der Zustimmung gemäß § 1365 Abs. 2 BGB gehörte).
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 546 ZPO.