Sozialgericht Osnabrück
v. 15.12.2022, Az.: S 28 R 390/21

Unzulässigkeit einer Anfechtungsklage wegen nicht zuvor durchgeführter Prüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
15.12.2022
Aktenzeichen
S 28 R 390/21
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2022, 70774
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOSNAB:2022:1215.28R390.21.00

In dem Rechtsstreit
C.,
C-Straße, C-Stadt
- Kläger -
gegen
Deutsche Rentenversicherung A.,
vertreten durch die Geschäftsführung,
B., X.
- Beklagte -
hat die 28. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück am 15. Dezember 2022 gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Richter am Sozialgericht L. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vorliegend die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der 1966 geborene Kläger erwarb - soweit nach Aktenlage bekannt - den Hauptschulabschluss und absolvierte eine Ausbildung zum Straßenbauer. Sein Lebenslauf ist durch häufige Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie wiederholter Haftstrafen seit 1992 geprägt. Im Jahr 2003 nahm der Kläger an einer sechsmonatigen Alkoholentziehungsmaßnahme teil. In den Jahren bis 2012 übte der Kläger verschiedene meist eher kurzfristige Beschäftigungen als Produktionshelfer bei wechselnden Arbeitgebern aus. Daneben war er auch selbstständig im Bereich Schreib- und Büroservice tätig. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand für diese Tätigkeit nicht. Von Februar 2014 bis April 2015 verbüßte der Kläger eine Haftstrafe. Am 11. Juli 2015 erlitt er einen Schlaganfall. Vom 24. Juli bis zum 21. August 2015 absolvierte er sodann eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im D. Neurozentrum E. in F.. Aus dieser wurde er nach Einschätzung der Ärzte der Reha-Klinik mit einem Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten in einem Umfang von sechs Stunden und mehr täglich entlassen.

Am 7. Januar 2016 beantragte der Kläger wegen des erlittenen Hirninfarkts die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 2016 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass in dem Zeitraum vom 7. Januar 2011 bis 6. Januar 2016 nur 19 Monate mit Pflichtbeiträgen enthalten seien. Damit seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Es liege auch kein Fall der vorzeitigen Wartezeiterfüllung nach § 43 Abs. 5 SGB VI vor. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2016 als unbegründet zurück. Der Kläger erhob gegen die Entscheidung am 22. Juli 2016 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Osnabrück (Az. S 47 R 387/16), die mit Gerichtsbescheid vom 25. November 2016 wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen zurückgewiesen wurde. Die Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 20. September 2017 (Az. L 2 R 617/16) zurück. Weder zum Zeitpunkt des Hirninfarktes im Juli 2015 noch bei Antragstellung im Januar 2016 seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt.

Vom 27. September 2016 an war der Kläger erneut inhaftiert. Während der damaligen Haftzeit beantragte er im Januar 2018 unter Darlegung eines chronischen Alkoholabusus die Gewährung einer Entwöhnungsbehandlung. Die behandelnde Anstaltsärztin gab in ihrem Bericht vom 24. Januar 2018 als Diagnose eine Alkoholabhängigkeit an und dass beim Kläger seit dem 30. Lebensjahr ein vermehrter, zunächst wöchentlicher und später täglicher Alkoholkonsum bis hin zum Kontrollverlust festzustellen sei.

Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Entwöhnungsmaßnahme. Diese wurde jedoch nicht durchgeführt, da die zunächst dafür vorgesehene vorzeitige Entlassung des Klägers sich seinerzeit nach Auskunft der Justizvollzugsanstalt nicht realisieren ließ.

Nach Verbüßung der Haftstrafe beantragte der Kläger im März 2019 die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Schreiben vom 13. März 2019 bat die Beklagte den Kläger um Übersendung eines Berichtes seines behandelnden Arztes und um Mitteilung, ob er sich noch in Haft befände. Nachdem die Beklagte den Kläger mehrfach erinnert hatte, teilte der Kläger am 20. Juni 2019 mit, dass der Arztbericht der Hausärztin mangels Krankenversicherungsschutzes nicht erstellt werden könne. Die Beklagte forderte daraufhin den Arztbericht direkt bei der vom Kläger benannten Ärztin an.

Der Kläger beantragte bereits am 19. Juni 2019 vor dem SG Osnabrück einstweiligen Rechtsschutz (Az. S 28 R 204/19 ER) und begehrte insbesondere die Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung sowie eines Zuschusses für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B/BE/C/CE. Den Antrag lehnte das SG Osnabrück mit Beschluss vom 15. Juli 2019 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das LSG Niedersachsen-Bremen (Az. L 1 R 271/19 B ER) mit Beschluss vom 26. August 2019 zurück.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers sodann mit Bescheid vom 18. September 2019 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger insbesondere mit seiner Schwerbehinderung. Zudem begab er sich in die Behandlung bei seiner Hausärztin G..

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2019 zurück. Unter Berücksichtigung seiner Gesundheitsstörungen in Form eines Zustandes nach Schlaganfall unklarer Herkunft am 11. Juli 2015 mit Sprach- und Bewegungsstörungen und bestehender Gesichtsfeldlähmung rechts sowie einer Schilddrüsenunterfunktion bei Zustand nach Schilddrüsenentfernung im Jahr 2013 könne der Kläger noch mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhte Anforderungen an die Sprachfähigkeit verrichten. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht notwendig. Die dagegen erhobene Klage (Az. S 28 R 389/19) wies das SG Osnabrück mit Gerichtsbescheid vom 27. April 2020 zurück, da dem Gericht weitere medizinische Ermittlung von Amts wegen mangels Übersendung der vom Kläger angeforderten Schweigepflichtentbindung nicht möglich waren.

Auf die dagegen eingelegte Berufung änderte das LSG Niedersachsen-Bremen (Az. L 2 R 129/20) mit Urteil vom 4. November 2020 den Gerichtsbescheid des SG Osnabrück vom 27. April 2020 ab, hob den Bescheid der Beklagten vom 18. September 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2019 auf und verpflichtete die Beklagte, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wies das LSG Niedersachsen-Bremen die Berufung zurück und die Klage ab.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2020 bewilligte die Beklagte dem Kläger in Umsetzung des Urteils des LSG Niedersachsen-Bremen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Mit einem weiteren Bescheid vom 7. Januar 2021 gewährte sie ihm eine Abklärung der beruflichen Eignung und Arbeitserprobung in der Einrichtung H. gGmbH. Mit Schreiben vom 20. April 2021 bot die Beklagte weitere Leistungen zu Integration an. Darüber hinaus stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 2021 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht und erklärte sich im Grundsatz bereit, einen Eingliederungszuschuss an einen zukünftigen Arbeitgeber zu leisten.

Der Kläger wandte sich wiederholt insbesondere auch mit Aufsichtsbeschwerden an die Beklagte, um diese zur Beauftragung eines/r anderen Rehabilitationsberaters bzw. -beraterin zu bewegen. Der Kläger begehrte außerdem von der Beklagten eine Kostenzusage für die Beschaffung eines Fahrzeugs sowie eine Kostenzusage für den Erwerb einer Fahrerlaubnis (unter Einschluss einer Fahrerlaubnis für Lastkraftwagen).

Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 26. Mai 2021 ab. Der Kläger sei nicht aus behinderungsbedingten Gründen auf ein Kraftfahrzeug angewiesen, um einen Arbeitsplatz zu erreichen. Eine Einschränkung der Gehfähigkeit sei in den medizinischen Unterlagen nicht dokumentiert. Auch sei in diesen keine Einschränkung der Fähigkeit zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ausgewiesen. Die Kosten einer Fahrerlaubnis seien den Kosten der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen und könnten daher nicht von der Rentenversicherung übernommen werden. Zudem sei dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen worden. Auch die Kosten der Wiedererlangung könnten nicht übernommen werden. Unabhängig davon finde sich in den medizinischen Unterlagen kardiologisch eine Belastbarkeit von 100 W in der Ergometrie. Dies entspreche einer Belastbarkeit für leichte und mittelschwere Arbeiten und dürfte einer Tätigkeit als Lkw-Fahrer entgegenstehen.

Der Kläger beantragte bereits am 29. April 2021 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor dem SG Osnabrück (Az. S 15 R 138/21 ER). Am 2. Juli 2021 stellte er einen weiteren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Az. S 15 R 180/21 ER). Nachdem das SG Osnabrück die Verfahren verbunden hatte, lehnte es die Anträge mit Beschluss vom 3. Juni 2021 ab. Mit der dagegen vor dem LSG Niedersachsen-Bremen (Az. L 2 R 148/21 B ER) eingelegten Beschwerde verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Zudem beantragte er am 4. Juni 2021 beim SG Osnabrück (Az. S 28 R 183/21 ER) erneut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und machte die Übernahme der Kosten für eine Fahrerlaubnis geltend. Diesen Antrag lehnte das SG Osnabrück mit Beschluss vom 10. Juni 2021 ab. Auch dagegen erhob der Kläger Beschwerde vor dem LSG Niedersachsen Bremen (Az. L 2 R 154/21 B ER).

Mit Beschluss vom 26. Juni 2021 verband das LSG Niedersachsen Bremen die Verfahren L 2 R 148/21 B ER und L 2 R 154/21 B ER und wies die Beschwerden des Klägers zurück. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes käme die Übernahme der Kosten für eine Fahrerlaubnis durch den Träger der beruflichen Rehabilitation nicht in Betracht. Auch für den begehrten Kfz-Zuschuss sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund ersichtlich.

Den gegen den Bescheid vom 26. Mai 2021 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2021 zurück. Unter Berücksichtigung seiner Gesundheitsstörungen könne der Klägerin noch mittelschwere Arbeiten ohne erhöhte Anforderungen an die Sprachfähigkeit, ohne Gefährdung durch reizende Gase, Stäube, Raucher, starke Gerüche, ohne klettern oder steigen sowie ohne Absturzgefahr sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Gesundheitsstörungen des Klägers würden nicht die Gewährung einer Leistung nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erfordern. Aufgrund seines Gesundheitszustandes liege eine wesentliche Einschränkung seiner zumutbaren Gehstrecke nicht vor. Trotz seiner Behinderung könne er grundsätzlich öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Die Ablehnung der Kostenübernahme für den Erwerb der Fahrerlaubnis C/CE (Lkw) sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Kläger erhob am 20. Juni 2021 Klage vor dem SG Osnabrück (Az. S 28 R 202/21) und verfolgte sein Begehren weiter. Die Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 16. November 2022 abgewiesen, nachdem der Kläger sich zuvor nicht bereiterklärt hatte, sich einer Begutachtung durch den vom Gericht benannten Sachverständigen und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. I. zu unterziehen. Die dagegen eingelegte Berufung wird beim LSG Niedersachsen-Bremen unter dem Aktenzeichen L 9 R 310/22 geführt.

Am 3. August 2021 beantragte der Kläger die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im Selbsteinschätzungsbogen gab er als Grund die Folgen seines Schlaganfalls an. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 1. November 2021 wegen fehlender Mitwirkung ab, da der Kläger trotz mehrmaliger Aufforderung und Hinweis auf die Folgen fehlender Mitwirkung den erbetenen Formantrag nicht eingereicht habe. Dagegen erhob der Kläger am 5. November 2021 Widerspruch und am 9. November 2021 Klage vor dem SG Osnabrück. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 28 R 356/21 geführt. Den Widerspruch hat die Beklagte zwischenzeitlich mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2021 zurückgewiesen.

Am 2. September 2021 erhob der Kläger vor dem SG Osnabrück zudem eine Untätigkeitsklage mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag auf Übernahme der Kosten zu Erlangung der Fahrerlaubnis vom 3. Juni 2019 zu entscheiden sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu zahlen.

Der Kläger beantragte am 22. November 2021 erneut bei der Beklagten Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Dezember 2021 ab und wies darauf hin, dass der Bescheid nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Klageverfahrens auf Kraftfahrzeughilfe und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geworden sei. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 7. Dezember 2021 bei der Beklagten Widerspruch.

Zudem hat der Kläger bereits am 10. Dezember 2021 Klage vor dem SG Osnabrück erhoben.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.)

    den Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2021 aufzuheben,

  2. 2.)

    die Beklagte zu verurteilen, ab dem 3. August 2021 rückwirkend Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Über den Widerspruch hat die Beklagte bisher nicht entschieden, sondern vorgetragen, dass der Bescheid vom 2. Dezember 2021 Gegenstand des Klageverfahrens S 28 R 202/21 geworden sei.

Der Kläger hat zudem mit seinem Schreiben vom 15. Dezember 2021 im Verfahren S 28 R 356/21 einstweiligen Rechtsschutz beantragt und diesen Antrag mit Schreiben vom 23., 29. und 30. Dezember 2021 (eingereicht zum Verfahren S 28 R 365/21) wiederholt. Der Kläger hat in dem Verfahren S 28 R 399/21 ER weiterhin die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund seiner Leistungsschwäche sowie die Verpflichtung der Beklagten begehrt, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen. Das Gericht hat den Antrag mit Beschluss vom 4. Januar 2022 abgelehnt. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das LSG Niedersachsen-Bremen mit Beschluss vom 20. Januar 2022 (Az. L 9 R 10/22 B ER) zurückgewiesen

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem sowie in den oben genannten Verfahren und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vor Erlass ordnungsgemäß angehört wurden.

Die Klage ist unzulässig. Vor Erhebung einer Anfechtungsklage sind gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Eines Vorverfahrens bedarf es gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG nur dann nicht, wenn 1. ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt oder 2. der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder 3. ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier soweit ersichtlich nicht vor. Für die Verpflichtungsklage gilt gemäß § 78 Abs. 3 SGG der Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Zwar hat der Kläger am 7. Dezember 2021 Widerspruch erhoben, über diesen hat die Beklagte bisher jedoch nicht entschieden. Allerdings besteht im vorliegenden Verfahren kein Anlass für eine Aussetzung des Klageverfahrens bis zur Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch des Klägers. Der vom Kläger mit Widerspruch angefochtene Bescheid vom 2. Dezember 2021 ist gemäß § 96 Satz 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens S 28 R 202/21 geworden. Danach wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. August 2017 (Az. B 5 R 248/16 B) handelt es sich bei dem Bescheid vom 2. Dezember 2021 um eine die bisherige Ablehnung ersetzende Neuregelung, die in Folge dessen Gegenstand des Klageverfahrens S 28 R 202/21 geworden ist. Auf den Gerichtsbescheid vom 16. November 2022 in dem Verfahren S 28 R 202/21 wird verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.