Sozialgericht Osnabrück
v. 22.06.2022, Az.: S 46 KR 59/22

Festsetzung der Belastungsgrenze i.R. der gesetzlichen Krankenversicherung

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
22.06.2022
Aktenzeichen
S 46 KR 59/22
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2022, 67804
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOSNAB:2022:0622.46KR59.22.00

In dem Rechtsstreit
A.,
A-Straße, A-Stadt
vertreten durch
C. ,
C-Straße, C-Stadt
- Klägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin B.,
B-Straße, B-Stadt
gegen
DAK - Gesundheit,
- Beklagte -
hat die 46. Kammer des Sozialgerichts Osnabrück am 22. Juni 2022 gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Richter am Sozialgericht M. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der Belastungsgrenze für das Jahr 2022.

Die am B.. C..1938 geborene Klägerin lebt in einem Pflegeheim in A-Stadt und erhält eine Altersrente. Die von der Klägerin nicht gedeckten Heimkosten werden nach dem Bescheid vom 07.07.2021 unter Berücksichtigung eines Barbetrages von monatlich 120,42 € sowie einer Bekleidungspauschale von monatlich 23,50 € bei der Festsetzung des Eigenanteils durch den SGB XII Träger übernommen.

Am 19.10.2021 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Festsetzung der Belastungsgrenze für das Jahr 2022. Die Beklagte legt mit Bescheid vom 01.12.2021 die Belastungsgrenze von 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen auf 132,04 € fest.

Die Klägerin legt am 06.12.2021 Widerspruch ein. Dieser wurde am 27.01.2022 von ihrer Prozessbevollmächtigten damit begründet, dass die Klägerin Sozialhilfeleistungen erhalte und in einem Heim untergebracht sei, somit seien die Bruttoeinnahmen nach dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 festzusetzen.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.03.2022 zurückgewiesen. Die Widerspruchsführerin erhalte lediglich Hilfe zur Pflege nach dem siebten Kapitel des SGB XII. Dabei handele es sich um keine Kosten für die Unterbringung in einem Heim i. S. d. § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V, diese umfassten die Kosten für die Unterkunft und Verpflegung.

Die Klägerin hat am 29.03.2022 Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass bei der Berechnung der Belastungsgrenze als Bruttoeinnahme der Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 und nicht die Altersrente maßgeblich sei. Das ergebe sich aus § 62 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 SGB V, der als Voraussetzungen nur regele, dass eine Heimunterbringung vorliege und die Kosten der Unterkunft vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Zudem erhalte die Klägerin Leistungen nach § 27b Abs. 2 und 4 SGB XII.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 01.12.2021 i. G. d. Widerspruchsbescheides vom 14.03.2022 zu verpflichten, die Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung unter Berücksichtigung der Bruttoeinnahmen nach dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf die angefochtenen Bescheide.

Die Kammer hat die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten angehört wurden (§ 105 SGG).

Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 01.12.2021 i. G. d. Widerspruchsbescheides vom 14.03.2022 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung unter Berücksichtigung der Bruttoeinnahmen nach dem Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 statt ihrer tatsächlichen Bruttoeinnahmen festgesetzt wird.

Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind. Die Belastungsgrenze beträgt 2 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 vom Hundert der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin eine chronische Erkrankung, so dass die Belastungsgrenze sich aus 1 % der jährlichen Bruttoeinnahmen berechnet.

Die Ausnahme aus § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V greift hingegen nicht.

Gemäß § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V ist bei Versicherten,

1. die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, das dieses für anwendbar erklärt, erhalten,

2. bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden

sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des SGB XII maßgeblich.

Die beiden geregelten Ausnahmefälle liegen jedoch in der Person der Klägerin nicht vor.

Die Klägerin bezieht keine Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz. Die Klägerin bezieht dem gegenüber Hilfe zur Pflege nach dem siebten Kapitel des SGB XII.

Auch liegt kein Fall des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V vor, da die Kosten für die Unterbringung in einem Heim - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht vom Sozialhilfeträger übernommen werden. Zwar bezieht die Klägerin nach dem Bescheid vom 07.07.2021 und den vorgelegten Bescheinigungen Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII, die als Teil der Heimkosten und somit missverständlich formuliert übernommen werden. Dabei werden auch ein Barbetrag von monatlich 120,42 € sowie einer Bekleidungspauschale von monatlich 23,50 € bei der Festsetzung des Eigenanteils berücksichtigt. Jedoch handelt es sich dabei um keine Kostenübernahme im Sinne der Ausnahmevorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V. Eine Kostenübernahme i. S. d. Unterbringung in einem Heim setzt die Kostenübernahme für Unterkunft und Verpflegung voraus, die nach dem dritten Kapitel des SGB II (§§ 27 ff SGB XII) erfolgt. Eine solche Leistungsgewährung liegt bei der Klägerin unstreitig nicht vor.

Die Kostenentscheidung ergeht aus § 193 SGG.

Die nach § 144 Abs. 1 SGG zulassungsbedürftige Berufung war nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen.