Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 14.11.2014, Az.: 4 A 123/13

Anspruch eines eingebürgerten Iraners auf Änderung seines Nachnamens

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
14.11.2014
Aktenzeichen
4 A 123/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 33739
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2014:1114.4A123.13.0A

Fundstelle

  • InfAuslR 2015, 85-87

Redaktioneller Leitsatz

1.

Ist eine angestrebte Namensänderung von vornherein nicht geeignet, den vom Antragsteller gewünschten Zweck zu erfüllen – hier eine gefürchtete Gefahr zu verringern oder gar zu beseitigen -, kann für sie insofern auch kein "wichtiger Grund" im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliegen.

2.

Auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den sogenannten Scheidungshalbwaisen ist der Anwendungsbereich des § 1618 BGB von vornherein auf Kinder, die der elterlichen Sorge unterstehen, und damit auf Minderjährige beschränkt.

3.

Allein aus der Tatsache, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, kann ein wichtiger Grund für eine Namensänderung regelmäßig nicht abgeleitet werden.

In der Verwaltungsrechtssache
XXX
Klägers,
Proz.-Bev.: XXX
gegen
XXX
Beklagte,
Streitgegenstand: Namensänderung (Bescheidungsklage)
hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 4. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2014 durch die Richterin am Verwaltungsgericht J. als Einzelrichterin
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Änderung seines Nachnamens.

Der Kläger ist sowohl deutscher als auch iranischer Staatsangehöriger. Er wurde am XX.XX.XXXX in Teheran geboren. Sein Vater K. B. wurde im Jahr XXXX aufgrund seines Engagements in der politischen Opposition im Iran zum Tode verurteilt und hingerichtet. Im Herbst 1990 reiste der Kläger gemeinsam mit seiner Mutter L. M. nach Deutschland ein. 1998 wurde er in den deutschen Staatsverband eingebürgert.

Unter dem 11. Juni 2012 beantragte der Kläger die Änderung seines Familiennamens in M.. Zur Begründung führte er an: Mit Ausnahme seiner Mutter lebe seine gesamte Familie weiterhin im Iran. Seit seiner Ausreise im Jahr 1990 sei er nicht mehr dort gewesen. Er würde gerne wieder in den Iran reisen, um seine Familienangehörigen wiederzusehen und Land, Menschen und Kultur neu kennenzulernen. Aufgrund seines Nachnamens fürchte er jedoch bei einer Einreise in den Iran um Leib und Leben. Denn sein Name sei den Herrschenden im Iran immer noch als Name eines "Staatsfeindes" geläufig. Bei einer Einreise in den Iran müsste er aufgrund seines aktuellen Familiennamens mit Sanktionen, Drangsalierungen bis hin zu einer willkürlichen Verhaftung oder sogar Folter rechnen. Allein der Umstand, dass seit der Hinrichtung des Vaters mittlerweile 28 Jahre verstrichen seien, ändere an der Gefährdungslage nichts. Da der Kläger noch nie im Besitz eines iranischen Passes gewesen sei, wäre es im Falle einer Namensänderung möglich, für die Einreise in den Iran einen auf den Namen M. ausgestellten Pass zu erhalten. Damit wäre eine unmittelbare Verbindung zu dem im Iran vorbelasteten Namen B. nicht mehr gegeben. Zudem sei sein Vater nur zwei Monate nach der Geburt des Klägers hingerichtet worden. Daher sei die Mutter des Klägers für diesen die einzige familiäre Bezugsperson gewesen. Er würde gerne ihren Namen tragen. Ferner werde der Name B. im Alltag oft mit einer arabischen Herkunft assoziiert. Hierauf werde der Kläger häufig angesprochen. Es sei sehr müßig, immer wieder auf ein Neues die Fragen zu seiner Herkunft zu beantworten und den Sachverhalt zu erläutern und darzustellen. Da der Kläger den Familiennamen seiner Mutter annehmen wolle, sei auch die gesetzliche Wertung des § 1618 BGB zu berücksichtigen. Zwar habe der Kläger trotz seiner Einbürgerung in den deutschen Staatsverband seine iranische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Die deutsche Rechtsordnung missbillige aber grundsätzlich das Auseinanderfallen der Namen nach deutschem und ausländischem Recht nicht. Daher werde eine im Ausland vollzogene Namensänderung auch regelmäßig nicht als wichtiger Grund für eine Namensangleichung in Deutschland anerkannt.

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens holte die Beklagte eine Auskunft des Auswärtigen Amtes zu der Frage ein, ob aus dortiger Sicht die beantragte Namensänderung geeignet sei, um eine dem Kläger möglicherweise im Iran drohende Gefährdung zu verhindern. Mit E-Mail vom 24. März 2013 teilte das Auswärtige Amt mit, dass der Kläger aufgrund einer Namensänderung im Iran Probleme erhalten könne. Denn für eine Einreise in den Iran müsste er entweder einen iranischen Pass mit dem Namen M. oder aber unter Vorlage des neuen deutschen Passes ein Visum beantragen. Im letzteren Fall würde wegen des iranisch klingenden Namens M. aber wahrscheinlich die Vorlage weiterer Dokumente verlangt werden. Falls ein Visum ausgestellt würde, könnten vom Kläger auch bei der Einreise in den Iran weitere Dokumente verlangt werden. Dies könnte zu größeren Problemen führen. Denn nach iranischem Recht würde das Verhalten des Klägers ein Verschleiern von Tatsachen, nämlich der iranischen Staatsangehörigkeit und des wahren Namens, darstellen. Außerdem könnte der Kläger durch eine Namensänderung versuchen, den Einzug zum Militärdienst zu umgehen.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 lehnte die Beklagte die Namensänderung ab. Zur Begründung führte sie aus, ein fremdsprachiger Ursprung des Namens sei kein wichtiger Grund für eine Namensänderung. Es sei nicht erkennbar, dass der Name zu einer nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung des Klägers führe. Ohnehin lasse auch der begehrte Familienname M. auf eine ausländische Herkunft schließen. Der Kläger würde als sog. Doppelstaater von den iranischen Behörden ausschließlich als iranischer Staatsangehöriger behandelt werden. Zudem sei der Kläger im Iran verpflichtet, einen aktiven Wehrdienst von 24 Monaten zu leisten. Deshalb würde auch eine Änderung des Familiennamens eine Einreise in den Iran nicht erleichtern, zumal der Familienname M. sowie der Geburtsort des Klägers auf eine iranische Herkunft hinweisen würden.

Hiergegen hat der Kläger am 12. Juli 2013 Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor: Die von der Beklagten angeführte Gefahr, zum Wehrdienst verpflichtet zu werden, bestehe in seinem Fall aus verschiedenen Gründen nicht. Ohnehin sei es nicht Sinn des Namensänderungsgesetzes vor Risiken zu schützen, die der Betroffene selbst für überschaubar halte und die er bereit sei, in Kauf zu nehmen. Zudem sei die Wertung der §§ 1767 Abs. 2, 1757 BGB zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 10. Juni 2013 zu verpflichten, den Antrag des Klägers auf Namensänderung Erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihren Bescheid und hält die vom Kläger behauptete Gefährdung im Iran im Übrigen für nicht hinreichend dargelegt. Die Ausführungen zum Wunsch einer einheitlichen Namensführung gemeinsam mit seiner Mutter seien nicht zielführend, weil der Kläger bereits volljährig sei. Die Erklärungen des Klägers hinsichtlich seiner Möglichkeiten, den Wehrdienst im Iran nicht ableisten zu müssen, seien unverständlich.

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Namensänderung (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Namensänderung sind die §§ 1, 3 NamÄndG. Danach kann der Name eines Deutschen oder Staatenlosen mit Wohnsitz im Bundesgebiet geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Der Anwendbarkeit des Namensänderungsgesetztes steht zudem nicht entgegen, dass Art. 47 EGBGB eine Namensangleichung für Personen erlaubt, die einen Namen nach ausländischem Recht erworben haben und deren Namensführung sich fortan nach deutschem Recht richtet. Denn der Kläger will eine vollständige Änderung seines Nachnamens und nicht lediglich eine Anpassung an die deutschsprachige Form seines Namens erreichen. Diese Änderung ist nur nach dem Namensänderungsgesetz möglich (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 18. Februar 2011 - 24 K 1249/10 -t ).

Der "wichtige Grund" im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der uneingeschränkt gerichtlich nachprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 08. November 1968 - VII C 145.66 -, ). Er besteht nur dann, wenn das schutzwürdige Interesse des Antragsberechtigten an der Namensänderung die schutzwürdigen Belange Dritter sowie die Interessen der Altgemeinheit, die in der sozialen Ordnungsfunktion des Familiennamens und sicherheitspolitischen Belangen liegen und regelmäßig die Beibehaltung des bisherigen Namens fordern, unter Abwägung aller Umstände wesentlich überwiegt (vgl. m.w.N. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 18/01 -, ; Beschluss vom 27. September 1993 - 6 B 58.93 -, Buchholz 402.10 § 11 NamÄndG Nr. 4)j Zu berücksichtigen ist ferner, dass die öffentlich-rechtliche Namensänderung nach § 3 Abs. 1 NamÄndG nur Ausnahmecharakter hat, da das Namensrecht umfassend und weitestgehend abschließend im bürgerlichen Recht geregelt ist (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 12. März 2002 - Au 1 K 96.972 -, ).

Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass sein Interesse an einer Namensänderung das öffentliche Interesse an der Namenskontinuität überwiegt

1.

Ein wichtiger Grund für die Namensänderung ergibt sich insbesondere nicht aus der vom Kläger behaupteten Gefahr vor Verfolgung im Rahmen einer von ihm beabsichtigten Reise in den Iran. Die sich in diesem Zusammenhang grundsätzlich zu stellende Frage, ob ein Namensänderungsbegehren überhaupt auf Umstände gestützt werden kann, die außerhalb des Geltungsbereichs des Namenänderungsgesetzes liegen, braucht das Gericht hier nicht zu klären. Denn die angestrebte Namensänderung ist von vornherein nicht geeignet, die vom Kläger gefürchtete Gefahr im Iran zu verringern oder gar zu beseitigen. Denn bei einer Einreise in den Iran würde den iranischen Behörden die Identität des Klägers und dessen Abstammung auch dann bekannt werden, wenn er nach deutschem Recht den Namen M. trägt.

Der Kläger besitzt sowohl die deutsche als auch die iranische Staatsangehörigkeit. Als sog. Doppelstaater wird er beim Aufenthalt im Iran von den iranischen Behörden ausschließlich als iranischer Staatsangehöriger behandelt werden. Denn das iranische Recht kennt keine doppelte Staatsangehörigkeit. Dies bedeutet, dass der Kläger nur mit einem iranischen Reisepass, der bei der zuständigen iranischen Auslandsvertretung zu beantragen ist, in den Iran ein- und wieder ausreisen kann (vgl. Auswärtiges Amt: "Iran: Reise- und Sicherheitshinweise", Stand: 14.11.2014, abrufbar im Internet unter http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/lranSicherheit.html). Bei der Beantragung eines iranischen Reisepasses muss der Kläger dem entsprechenden Antragsformular u.a. seine Shenasname im Original beifügen (vgl. Internetpräsenz des Generalkonsulats der Islamischen Republik Iran in Frankfurt am Main). Dieses Dokument (auch "Kennkarte") stellt im Iran das wichtigste Ausweispapier dar. Es dient neben seiner Ausweisfunktion auch als eine Art Familienbuch, in welche sämtliche familienrechtlich relevanten Ereignisse eingetragen werden. Bei der Beantragung eines iranischen Passes beweist es die iranische Staatsangehörigkeit. Da in der Shenasname auch die Namen der Eltern eingetragen sind, ist es dem Kläger daher überhaupt nicht möglich, gegenüber den iranischen Behörden seine Abstammung zu verbergen. Eine Namensänderung nach deutschem Recht hilft ihm hierbei noch nicht einmal im Ansatz weiter. Da der Kläger nach iranischem Recht ausschließlich als iranischer Staatsangehöriger betrachtet wird, ist es für die iranischen Behörden ohnehin nicht von Interesse, welchen Namen der Kläger nach deutschem Recht trägt. In den iranischen Reisepass würde folglich der jetzige Name des Klägers eingetragen werden.

Dem Kläger wäre es auch nicht möglich, mit einem deutschen Reisepass (ausgestellte auf den Namen M.) und einem Touristenvisum unter gleichzeitiger Verheimlichung seiner iranischen Staatsangehörigkeit in den Iran einzureisen. Denn bei der Beantragung eines Einreisevisums müsste der Kläger dem Generalkonsulat des Iran seinen deutschen Reisepass vorlegen. Ein solcher enthält u.a. auch den Tag und Ort der Geburt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PassG). Es ist somit ausgeschlossen, dass der Kläger dem iranischen Generalkonsulat gegenüber seine iranische Herkunft und Staatsangehörigkeit verheimlichen kann. Auch daher helfen ihm die beantragte Namensänderung und ein auf dem Namen M. ausgestellter deutscher Reisepass nicht weiter.

2.

Der Kläger kann seinen geltend gemachten Anspruch auch nicht aus einem Vergleich mit den Fällen der sog. "Scheidungshalbwaisen" herleiten.

Die Konstellation eines Scheidungshalbwaisenfalls liegt vor, wenn die Angleichung des Nachnamens eines Kindes an den zurück in den Geburtsnamen geänderten Nachnamen der vom Vater geschiedenen und hiernach unverheiratet gebliebenen Mutter begehrt wird. Sie weist die Besonderheit auf, dass das bürgerliche Recht hierzu ausdrücklich keine Regelung hat treffen wollen. Ein diesbezüglicher Regierungsentwurf ist auf Empfehlung des Rechtsausschusses im Interesse der in Deutschland als besonders wichtig erachteten Namenskontinuitat nicht in das am 01. Juli 1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz aufgenommen worden (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 18/01 -, ; BGH Beschluss vom 14. Januar 2004 - XII ZB 30/02 -, ). Insbesondere § 1618 BGB kann daher nicht entsprechend auf Namensänderungen von sog. Scheidungshalbwaisen angewandt werden. Eine öffentlich-rechtliche Namensänderung auf Grundlage von § 3 NamÄndG ist in derartigen Fällen hierdurch indes nicht ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist insoweit der Maßstab des Stiefkinder betreffenden § 1618 Satz 4 BGB zu beachten: Hiernach kann die Einwilligung des anderen Elternteils in die Namensangleichung des Kindes mit dem neuen Ehepartner des wiederverheirateten Elternteils vom Gericht nur dann ersetzt werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Ein wichtiger Grund nach § 3 Abs. 1 NamÄndG für die Änderung des Geburtsnamens eines Kindes in den Namen des sorgeberechtigten Elternteils ist somit nur dann gegeben, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes nicht bloß förderlich, sondern für das Kindeswohl erforderlich ist, weil eine Beibehaltung des bisherigen Namens unzumutbar wäre (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 18/01 -, , Rn. 29 ff.T insbes. Rn. 42 und 44). Willigen der nicht sorgeberechtigte Elternteil und das Kind in die Namensänderung ein, so spricht eine widerlegliche Vermutung dafür, dass die Namensänderung dem Kindeswohl entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2002 - 6 C 10/01 -), Nach der gesetzgeberischen Wertung des § 1618 BGB sind bei der begehrten Namensänderung von sog. Stiefkindern oder sog. Scheidungshalbwaisen öffentliche Belange der Ordnungsfunktion des Namens grundsätzlich von allenfalls geringem abwägungserheblichen Belang, Denn der Zweck des Einwilligungserfordernisses ist ausschließlich der Schutz des Interesses des anderen Elternteils am Fortbestand des namentlichen Bandes zwischen ihm und dem Kind (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 22. März 2012 - 8 A 2232/11 -, ).

Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger schon bei Stellung des Antrags auf Änderung seines Geburtsnamens 28 Jahre alt und damit volljährig war. Dies hat zur Folge, dass es auf die dargelegte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den sog. Scheidungshalbwaisen hier nicht ankommen kann. Denn der Anwendungsbereich des § 1618 BGB ist - wie sich aus seinem Satz 1 ergibt - von vornherein auf Kinder, die der elterlichen Sorge unterstehen, und damit auf Minderjährige beschränkt. Auch spielt der vom Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von § 1618 BGB angeführte Gesichtspunkt, eine namensmäßige Integration bei im gemeinsamen Haushalt der Stiefeltern lebenden Kindern zu ermöglichen, bei volljährigen Kindern keine ausschlaggebende Rolle mehr, weil diese sich regelhaft aus einer häuslichen Gemeinschaft mit ihren Eltern lösen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002, a.a.O.).

Wegen der Volljährigkeit des Klägers kann das Kriterium des Kindeswohls auch im Übrigen nicht ohne weiteres auf sein aktuelles Begehren übertragen werden (vgl. auch VG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2008 -15 K 4034/07 -, ; VG Hamburg, Beschluss vom 12. Januar 2005 -11 K 2066/04-, ). Vielmehr muss bei der gebotenen Abwägung der Interessen im Rahmen von § 3 NamÄndG Berücksichtigung finden, dass hier ein mittlerweile Erwachsener eine Namensänderung anstrebt, der in aller Regel eines deutlich geringeren Schutzes bedarf als ein Kind oder Jugendlicher. Dafür hat das öffentliche Interesse an der Beibehaltung seines Nachnamens erheblich an Gewicht gewonnen. Denn ein bereits Erwachsener ist, anders als ein noch Minderjähriger, bei Außenstehenden unter seinem Nachnamen bekannt und er ist in der Regel auch unter diesem bereits im Rechtsverkehr aufgetreten, d.h. er hat Verträge geschlossen und Qualifikationen wie einen Schul- oder Berufsabschluss erworben (VG Hamburg, Beschluss vom 12. Januar 2005 - 11 K 2066/04 -, ). Gleichwohl hat die Rechtsprechung zur Namensänderung noch Minderjähriger insoweit Bedeutung, als bei Erwachsenen jedenfalls keine geringeren Anforderungen als bei Kindern gestellt werden dürfen. Das heißt, dass auch für bereits volljährig gewordene Abkömmlinge die Beibehaltung des alten Namens mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden oder die Namensänderung für den Betreffenden solche erheblichen Vorteile mit sich bringen muss, dass verständigerweise die Beibehaltung des alten Namens nicht zumutbar erscheint. Hingegen genügt es nicht, wenn sich die volljährig gewordenen Kinder dringend einen anderen Namen wünschen und sich mit diesem besser fühlen würden (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 15. Juli 2008 -15 K 4034/07 -, a.a.O; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2002 - 6 C 18/01 - .a.a.O.).

Diese besondere Erforderlichkeit einer Namensänderung ist hier nicht dargetan.

Es ist nicht erkennbar, dass dem Kläger durch die Beibehaltung seines bisherigen Namens schwerwiegende Nachteile drohen oder aber erhebliche Vorteile verloren gehen würden. Das Gericht erkennt insbesondere nicht, dass der Kläger aufgrund des bestehenden Namensbandes zu seinem hingerichteten Vater unter einem besonderen psychischen Druck stände und die begehrte Namensänderung dazu geeignet wäre, die Situation durchgreifend zu verbessern. Auch ist nicht erkennbar, dass das Namensänderungsbegehren des Klägers aus einer Lebenssituation herrührt, die nach wie vor für seine weitere Persönlichkeitsentwicklung von Einfluss ist. Solches wird insbesondere auch vom Kläger selbst nicht vorgetragen. Das Gericht kann zwar nach vollziehen, dass bei dem Kläger vor dem Hintergrund seiner besonderen Familiengeschichte der Wunsch besteht, den Namen seiner Mutter anzunehmen" zumal diese in Deutschland seine einzige familiäre Bezugsperson ist. Dieser verständliche Wunsch vermag jedoch in der konkreten Situation die durch das Namensrecht verfolgte Ordnungsfunktion des Familiennamens nicht aufzuwiegen.

3.

Auch aus einem Vergleich mit den Regelungen über die Adoption Volljähriger kann der Kläger keine Rechte für sich herleiten.

Es ist zwar richtig, dass auch ein Volljähriger im Falle seiner Adoption grundsätzlich den Familiennamen des Annehmenden als Geburtsnamen erhält (vgl §§ 1757,1767 Abs. 3 BGB). Allerdings berücksichtigen die genannten Vorschriften die erst im Erwachsenenalter eingetretene Änderung eines Personenstandes. Hingegen möchte der Kläger im Erwachsenenalter eine Namensverschiedenheit mit seiner Mutter beseitigen, die bereits seit seiner Geburt besteht, und die aller Wahrscheinlichkeit nach zu Zeiten seiner Minderjährigkeit hätte beseitigt werden können. Damit liegt eine mit einer Erwachsenenadoption nicht vergleichbare Ausgangssituation vor.

4.

Schließlich kann auch allein aus der Tatsache, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, ein wichtiger Grund für eine Namensänderung regelmäßig nicht abgeleitet werden (Nr. 37 NamÄndVwV). Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein wichtiger Grund zur Namensänderung vorliegen, wenn diese dem Namensträger die Eingliederung in das wirtschaftliche und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland erleichtert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1989, - 7 B 69.89 -, , m.w.N.). Allenfalls geringfügige mit der Namensführung verbundene Erschwernisse reichen hierzu jedoch nicht aus. Vielmehr müssen Schwierigkeiten in der Schreibweise oder bei der Aussprache eines Familiennamens zu einer nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung führen und dadurch die Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse behindern (BVerwG, a.a.O.; vgl. auch Nrn. 36 und 37 NamÄndVwV). Solche Erschwernisse sind im Falle des Klägers nicht erkennbar. Er hat diesbezüglich lediglich ausgeführt, aufgrund seines Namens zu seiner Herkunft befragt zu werden. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger wegen seines Namens einen spürbaren Nachteil erleidet bzw. in der Vergangenheit erlitten hat. Der Nachname des Klägers hebt diesen auch nicht aus der Mehrzahl der in Deutschland lebenden Menschen mit ausländischem Namen heraus. Weder ist die Schreibweise derart schwierig, dass nicht eine Angleichung gem. Art. 47 EGBGB ausreichend wäre, noch bietet der Name in anderer Weise - z.B. durch Wortspiele - Anlass für besondere Belastungen des Klägers. Dies wird von ihm selbst auch nicht geltend gemacht.

5.

Da der Kläger unterliegt, hat er gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO iV.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.