Landgericht Aurich
Urt. v. 20.09.2019, Az.: 11 KLs 510 Js 27177/18 (5/19)

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
20.09.2019
Aktenzeichen
11 KLs 510 Js 27177/18 (5/19)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 70205
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Angeklagten sind des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffens von Betäubungsmitteln sowie der Angeklagte C. in Tatmehrheit des Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffens von Betäubungsmitteln schuldig.

Der Angeklagte B. wird unter Einbeziehung der nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts Aurich vom 22.05.2019 (Az.: 12 Ns 66/18) verbliebenen Einzelstrafe zu Ziffer II. 2 aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 11.12.2018 (Az.: 91 Ls 14/18) unter Aufrechterhaltung der weiteren Gesamtstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Aurich vom 22.05.2019 (Az.: 12 Ns 66/18) zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten

verurteilt.

Der Angeklagte C. wird unter Auflösung der Gesamtstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) und 17.07.2019 (Az. 91 Ls 4/19) und unter Einbeziehung der Einzelstrafen zu den Taten zu den Ziffern II 1 und 2 sowie 4 bis 8 aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (Az.: 91 Ls 4/19) zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten

verurteilt.

Weiter wird der Angeklagte C. unter Einbeziehung der Einzelstrafe zu der Tat zu der Ziffer III. 3 aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (Az. 91 Ls 4/19) und den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) zu einer weiteren

Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten

verurteilt.

Die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.

Es wird ein Vorwegvollzug von einem Jahr und fünf Monaten hinsichtlich des Angeklagten C. angeordnet.

Die sichergestellten 86,34 g Amphetamin werden eingezogen.

Die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 270,- EUR aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (91 Ls 4/19) gegenüber dem Angeklagten C. bleibt aufrechterhalten.

Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahren.

Angewendete Vorschriften:

§§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1, 52, 53, 54, 55, 74 StGB

Gründe

I.

1. Der Angeklagte C. wurde am 22.02.1994 in Jever geboren. Er ist ledig und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Angeklagte hat zwei jüngere Geschwister im Alter von 18 und 22 Jahren. Die Eltern trennten sich als der Angeklagte sieben Jahre alt war. Zum Vater besteht enger Kontakt, zuletzt wohnte er auch mit dem Vater zusammen. Er hat den Realschulabschluss erlangt und beabsichtigte zunächst, das Abitur zu machen. Dies scheiterte, weil er im Jahr 2012 zunehmend begann mit Drogen in Kontakt zu kommen. Der Angeklagte hat keinen Beruf erlernt und bezog vor seiner Inhaftierung Arbeitslosengeld II, wobei die Miete übernommen worden ist und ihm 400,- EUR zum Leben blieben.

Bereits im Alter von 13 Jahren hatte der Angeklagte begonnen Alkohol zu konsumieren. Dies hatte ein solches Ausmaß, dass er in dieser Zeit mindestens einmal wegen des akuten übermäßigen Alkoholkonsums ins Krankenhaus eingewiesen worden ist. Mit ca. 16. Jahren begann der Angeklagte zudem auch regelmäßig Marihuana zu konsumieren. Bis er ca. 19 Jahre alt war, konsumierte der Angeklagte regelmäßig mehr als 2g Marihuana pro Tag. Daneben konsumierte er auch Ecstasy und Speed, wobei dies eher unregelmäßig war. Im Alter von ca. 18 Jahren konsumierte der Angeklagte auch Kokain und Heroin, wobei er dies aus den Niederlanden holte. Dies machte der Angeklagte um seinen eigenen Kokainkonsum zu finanzieren. Er hatte auch Heroin einmal probiert, dies aber nie regelmäßig. In Bezug auf Alkohol hat der Angeklagte auch bereits Entzugserscheinungen erlebt. Er hatte bereits drei Entgiftungsbehandlungen durchgeführt, eine Entgiftung schloss sich unmittelbar an den hiesigen Tatvorwurf am 16.10.2018 an.

Bei dem Angeklagten besteht eine schwere Form der Abhängigkeitserkrankung von multiplen Substanzen im Schwerpunkt Alkohol und Cannabis (ICD-10 F 19.2). Weiterhin besteht ein chronisches depressives Syndrom, in der Ausprägung einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F 32.1) sowie eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.31).

Der Angeklagte ist strafrechtlich bereits mehrfach Erscheinung getreten:

Nach dem die Staatsanwaltschaft Aurich am 12. Mai 2010 in einem Verfahren wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 45 Abs. 1 JGG sowie am 4. August 2011 Aurich in einem Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung nach § 45 Abs. 2 JGG von der Verfolgung jeweils abgesehen hatte, verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten am 23. Juli 2012 erstmals wegen Sachbeschädigung. Der Angeklagte wurde damals verwarnt und ihm wurde die Erbringung von Arbeitsleistungen auferlegt. Später wurde gegen ihn ein Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen die erteilte Arbeitsauflage verhängt.

Am 19. November 2012 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten sodann wegen Diebstahls. Gegen ihn wurden damals zwei Freizeitjugendarreste verhängt und er wurde verwarnt.

Am 9. April 2013 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Diebstahl in 2 Fällen in Tatmehrheit mit Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung sowie in Tatmehrheit mit Beleidigung in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in 30 Fällen sodann erstmals zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Zur Sache führte das Amtsgericht damals aus:

1. Am 15. August 2012 klingelten die beiden Angeklagten nach durchzechter Nacht gegen 6:50 Uhr an der Haustür des T. K. in der F. Straße in W.. Sie beabsichtigten, bei dem T. K. weiter zu feiern. Nachdem der Geschädigte K. die Haustür geöffnet hat, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Geschädigten und dem Mitangeklagten O.. Nunmehr fasste der Angeklagte O. den spontanen Tatentschluss, gewaltsam in die Wohnung einzudringen, um Stehlenswertes zu entwenden. Der Angeklagte O. stieß den Geschädigten K. unvermittelt mit voller Wucht mit beiden Händen gegen die Brust, sodass Herr K. stürzte und gegen eine Kommode prallte, wodurch er zahlreiche Schürfwunden erlitt. Der Angeklagte O. rannte sodann in den 1. Stock des Einfamilienhauses und nahm eine Playstation 2, an der 2 Controller angeschlossen waren und in deren Laufwerk noch eine „Resident Evil“ DVD lag, von T. K. an sich. Herr K., der dem Angeklagten nachgeeilt war, wollte dem Angeklagten O. die Konsole wieder entreißen. Der Angeklagte O. schlug Herrn K. daraufhin mehrmals mit der Faust gegen die rechte Schläfe, wodurch dieser Schmerzen und eine Rötung erlitt. Der Angeklagte C. stand während des gesamten Geschehens vor der Haustür Schmiere. Anschließend flohen beide Angeklagten mit der Beute. Der Angeklagte C. billigte die Tat des Angeklagten O. und gemeinsam versuchten sie, die entwendete Playstation 2 abzusetzen.

2. Am 14. September 2012 gegen 11:40 Uhr steckte der Angeklagte C. im Edeka Markt U. in W. Waren im Wert von 22 €, nämlich eine Schachtel Marlboro, 3 Schachteln Prinz in seine Hosentasche und passierte damit den Kassenbereich, ohne die Ware bezahlt zu haben.

3. Ebenfalls am 14. September 2012 gegen 18:55 Uhr steckte der Angeklagte im NP-Mark in der H. Straße in W. eine Flasche Wodka G. im Wert von 6,99 € ein, um sie mitzunehmen, ohne sie zu bezahlen.

4. Am 27. Oktober 2012 gegen 17:00 Uhr bezeichnete der Angeklagte C. den D. J. sowie B. J. vor deren Haus im A. M.weg in S. wissentlich und willentlich als „Arschlöcher“ und „Hurensöhne“, um ihnen gegenüber seiner Nichtachtung Ausdruck zu verleihen. Außerdem erklärte der Angeklagte gegenüber den Herren J., dass er vorbeikommen und sie töten werde.

5. Aufgrund des vorgenannten Vorfalls erschienen alsbald der Polizeikommissar K. vor Ort, die der Angeklagte wissentlich und willentlich fortwährend als „Hurensöhne“ bezeichnete. Zudem erklärte er den Beamten gegenüber, deren Mütter ficken zu wollen, um seiner Nichtachtung Ausdruck zu verleihen.

6. -20.

In dem Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. August 2012 fuhr der Angeklagte C. in mindestens 15 Fällen in unterschiedlichen zeitlichen Abständen nach G. (Niederlande) und erwarb dort jeweils mindestens 2 g Heroin zu einem Preis von 20 € pro Gramm sowie mindestens 3 g Kokain zu einem Preis von 35 €-40 € pro Gramm, welches er wissentlich unerlaubt aus den Niederlanden in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einführte.

21.-35

In der Zeit vom 1. September 2012 bis zum 31. Dezember 2012 erwarb der Angeklagte C. in regelmäßigen zeitlichen Abständen in mindestens 15 Fällen in G. mindestens 3 g Kokain, welches er wissentlich unerlaubt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einführte.“

Am 27. August 2013 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Diebstahls in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, wobei die Entscheidung vom 9. April 2013 dort einbezogen worden ist. Die Rechtskraft ist am 4. September 2013 eingetreten. Die Strafvollstreckung ist seit dem 7. Januar 2016 erledigt. Nach Verbüßung trat am 07.01.2016 bis zum 07.01.2019 Führungsaufsicht ein. Zur Sache stellte das Amtsgericht damals fest:

„1. Der Angeklagte betrat am 17. Mai 2013 gegen 0:40 Uhr durch die nicht verschlossene Seiteneingangstür das Wohnhaus G.straße in W. der Eheleute R. und C. A., ohne dass diese eine Erlaubnis hierzu erteilt hatten, was dem Angeklagten auch bewusst war. Anschließend entnahm er aus dem Kühlschrank einen Pudding, eine Bifi und eine Actimel und stellte diese Lebensmittel auf der Arbeitsfläche zum Abtransport bereit. Weiterhin füllt er eine Plastiktüte mit 2 Bier, 2 Radler und 2 Capri-Sonnen. Anschließend entnahm er aus einem Glasgefäß einen Schlüssel und steckte ihn in die Hosentasche. Er beabsichtigte, diese Gegenstände für sich zu behalten. Während des ganzen Tatgeschehens führte der Angeklagte eine Bastelschere in einem Socken bei sich, was dem Angeklagten auch bewusst war.

2. Der R. A. bemerkte Geräusche in der Küche. Daraufhin begab er sich in die Küche und entdeckte den Angeklagten. Der R. Ad. sprach den Angeklagten an, worauf der Angeklagte beabsichtigte, zu flüchten. Der R. A. hielt den Angeklagten daraufhin fest. Der Angeklagte versuchte sich loszureißen und schlug um sich. Hierbei traf er den R.A., wodurch dieser einen Nagelriss am linken Ringfinger und eine Verletzung in Höhe der Schläfe erlitt, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm. Der Angeklagte konnte durch den Zeugen R. A. überwältigt werden und der kurz darauf eintreffenden Polizeistreife übergeben werden. Der Angeklagte stand bei der Tatbegehung unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln.“

Am 15. Dezember 2016 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, deren Vollstreckung für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Rechtskraft ist am 23. Dezember 2016 eingetreten. Die Strafaussetzung wurde widerrufen und die Strafvollstreckung ist seit dem 6. Juli 2018 erledigt. Zur Sache stellte das Amtsgericht damals fest:

Im Frühjahr 2016 führte der Angeklagte mit der K. N. S. eine Beziehung, die er nach einigen Wochen wieder beendete. Frau S. bat den Angeklagten um eine Aussprache und traf sich mit ihm am 9. Juli 2016 mittags am Bahnhof in W.. Bereits nach kurzer Zeit kam es zu einem Streit und einer verbalen Auseinandersetzung. Der Angeklagte versuchte, Frau S. mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen, diese konnte den Schlag jedoch mit den Armen abwehren. Außerdem versetzte der Angeklagte dem Opfer mehrere Tritte gegen den Rücken und das Gesäß. Dabei trug er Turnschuhe.

Am 3. September 2018 verurteilte das Amtsgericht Wittmund (Az. 9 Ds 45/18) den Angeklagten wegen Diebstahls und Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Rechtskraft ist am 03.09.2018 eingetreten. Zur Sache stellte das Amtsgericht fest:

Am 24. November 2017 gegen 21:10 Uhr betrat der alkoholisierte Angeklagte den Verkaufsraum der Aral Tankstelle in der J.straße in W.. Dort beging er folgende Straftaten:

Der Angeklagte steckte sich 2 Flaschen Wodka in den Bund seiner Jogginghose, um die Spirituosen zu entwenden. Außerdem nahm er ein 6er Pack Bier aus dem Verkaufsregal. Als die Verkäuferin, die Zeugin F., ihn ansprach, erklärte er, er habe seine Geldbörse vergessen und wollte diese nun holen. Sodann verließ er den Verkaufsraum unter Mitnahme der Flaschen. Die Zeugin F. folgte ihm nach draußen und forderte ihn auf, die Waren zurückzugeben. Der Angeklagte entfernte sich jedoch mit dem Diebesgut und bezeichnete die Zeugin F. in ehrkränkender Weise als „Fotze“.

Zur Strafzumessung führte das Amtsgericht aus:

Da der Angeklagte zuvor bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, war zur Einwirkung auf ihn die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe erforderlich und unerlässlich. Für beide Taten erschien jeweils eine Freiheitsstrafe von 2 Monaten erforderlich, aber auch ausreichend. Aus diesen Einzelstrafen ist unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Monaten gebildet worden.

Die Vollstreckung der Strafe konnte gem. § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, da erwartet werden kann, dass sich der Angeklagte auch ohne den Vollzug der Freiheitsstrafe künftig straffrei führen wird. Er hat erklärt, dass er seit der Entlassung aus der Haft im Juli 2018 keinen Alkohol mehr trinke. Dies deckt sich mit dem Eindruck, den das Gericht in der Hauptverhandlung von dem Angeklagten gewonnen hat. Wenn es dem Angeklagten gelingt, sich dauerhaft vom Alkohol fernzuhalten, dürfte die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten verhältnismäßig gering sein. Aufgrund der positiven Entwicklung seit Verbüßung der letzten Haftstrafe erschien es gerechtfertigt, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.“

Die auferlegte Bewährungsauflage von 40 Arbeitsstunden hat der Angeklagte nicht begonnen.

Am 17.07.2019 verurteilte das Amtsgericht Wittmund (Az. 91 Ls 4/19) den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung, Diebstahls, Bedrohung und wegen des Verstoßes gegen Weisung während der Führungsaufsicht in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Weiterhin wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und ein Betrag als Wert des Erlangten in Höhe von 270,- EUR eingezogen. Die Rechtskraft ist am 25. Juli 2019 eingetreten. Zur Sache stellte das Amtsgericht seinerzeit fest:

„1. Der Angeklagte entwendete am 7. Dezember 2018 gegen 23:00 Uhr in der Berliner Straße 21 in 26409 W. dem Geschädigten L. M. 270,00 € aus seiner Geldbörse, und diese für sich zu verwenden.

2. Am 8. Dezember 2018 gegen 2:00 Uhr kam es zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten L. M. zu einer verbalen Auseinandersetzung wegen des vorgenannten Diebstahls, infolgedessen der Angeklagte den Geschädigten mit 2 unvermittelten Faustschlägen in das Gesicht niederschlug. Während der Geschädigte bereits am Boden lag, schlug und trat der Angeklagte mit dem beschuhten Fuß auf den Körper des Geschädigten ein. Darüber hinaus biss der Angeklagte den Geschädigten in den Hals. Der Geschädigte erlitt durch die Tat eine schmerzhafte Gesichtsprellung und Rötungen am linken Jochbein sowie eine Verletzung am Hinterkopf, was der Angeklagte beabsichtigt hatte.

3. Am 12. August 2018 zwischen 16:42 und 19:18 Uhr äußerte der Angeklagte per Audionachrichten über WhatsApp gegenüber dem A. M., dass er „ihm den Kopf abreiße, sollte dieser noch mal zu seinem Vater gehen. Hätte er davon etwas mitbekommen, wäre er runtergekommen und hätte ihm den Arm abgeschnitten.“ Die Äußerungen des Angeklagten nahm der A. M. ernst. Er fühlte sich durch diese bedroht, was der Angeklagte beabsichtigt hatte.

4. bis 6

Mit Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 27. August 2013 (94 Ls 23/13-110 Js 10986/13) wurde der Angeklagte zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Die nach Vollverbüßung eingetretene Führungsaufsicht wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hameln vom 6. Januar 2016 (13 VRJs 427/13) näher ausgestaltet. Mit Änderungsbeschluss vom 23. März 2018 wurde unter anderem die Weisung erteilt: Der Angeklagte darf keine vom Betäubungsmittelgesetz erfassten Substanzen zu sich nehmen. Zur Überprüfung der Abstinenz hat der Verurteilte sich bis zu sechsmal pro Kalenderjahr nach näherer zeitlicher Bestimmung der Untersuchungsstelle oder des Bewährungshelfers einer unangekündigten Urinprobe zur Feststellung von Drogenrückständen zu unterziehen.

In der Folge kam es zu folgenden wissentlichen und willentlichen Weisungsverstößen, welche den Zweck der Maßregel gefährdeten:

4. Drogenscreening vom 27.11.2018: Nachweis von Amphetaminen und Cannabinoiden;

5. Drogenscreening vom 18.12.2018: Nachweis von Cannabinoiden;

6. Drogenscreening vom 15.01.2019: Nachweis von Cannabinoiden.

7. An einem nicht näher bestimmbaren Tag im September 2018 „rammte“ der Angeklagte dem Zeugen D.l D. in der Wohnung der J. M. in der F.straße in W. sein Knie in die Rippen. Der Zeuge erlitt dadurch erhebliche Schmerzen, was von dem Angeklagten auch beabsichtigt war.

8. Am 14. Oktober 2018 gegen 20:30 Uhr hielt sich der Angeklagte gemeinsam mit dem Zeugen D. D. in der Wohnung der Zeugin H. in der W.straße in W. auf. Als der Angeklagte durch die Zeugin H. von einer zuvor stattgefundenen verbalen Auseinandersetzung zwischen der Zeugin H. und dem Zeugen D. erfuhr, nahm er dies zum Anlass, um auf den im Schlafzimmer auf dem Boden liegenden D. D. einzuschlagen. Hierbei schlug er wiederholt auf den Kopf- und Gesichtsbereich des Zeugen ein, bevor er mittels eines Messers eine Schnittverletzung am Hals des Opfers verursacht. Zudem drohte er, den Geschädigten zu töten, spukte ihm ins Gesicht und trat auf den am Boden liegenden Zeugen ein. D. D. erlitt durch die Tat eine Unterkieferfraktur rechts, die operativ versorgt werden musste, multiple Kopfverletzungen sowie eine Schnittverletzung am Hals, worauf es dem Angeklagten auch ankam.“

Zur Rechtsfolge führte das Amtsgericht aus:

Im Rahmen der Strafzumessung ist das Gericht bei dem Angeklagten zur Zeit der Begehung der Straftaten zu Ziffer 1.-3. und 7.-8. zugunsten des Angeklagten von verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB ausgegangen. Der Sachverständige Professor Dr. F. hat detailliert und nachvollziehbar ausgeführt, bei dem Angeklagten liege mit hoher Wahrscheinlichkeit eine langjährige Polytoxikomanie aufgrund des Alkohol- und Drogenmissbrauchs vor. Weiterhin bestehe eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Zwar könne er eine erhebliche Einschränkung oder gar Aufhebung der Einsichtsfähigkeit ausschließen, eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB könne er zwar nicht sicher feststellen, sei aber auch nicht sicher ausschließbar. Das Gericht hat deshalb den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen folgend zugunsten des Angeklagten eine verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB zugrunde gelegt und ist bei den betroffenen Straftaten gemäß § 49 Abs. 1 StGB von dem gemilderten Strafrahmen ausgegangen.

Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat das Gericht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er den Sachverhalt, soweit er sich erinnern konnte, in vollem Umfange geständig einräumte. Zulasten des Angeklagten musste sich bezüglich aller Straftaten auswirken, dass der Angeklagte bereits ganz erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und auch freiheitsentziehende Maßnahmen erlitten hat, ohne dass diese offenbar den notwendigen Eindruck bei ihm hinterlassen haben. Bezüglich der Diebstahlstat war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte ein Vertrauensverhältnis ausnutzte. Hinsichtlich der Körperverletzungsdelikte musste sich in besonderem Maße strafschärfend die abscheuliche Tatbegehung auswirken. Die Tatbegehung ist gekennzeichnet durch ein das Opfer erniedrigende, menschenverachtende Verhalten des Angeklagten und durch eine besonders brutale Vorgehensweise. Der Angeklagte hat insbesondere den Geschädigten D. über einen langen Zeitraum hinweg gequält und nahezu gefoltert. Dabei hat er den Geschädigten beleidigt, erniedrigt, in Todesangst versetzt und sich letztlich, indem er die Tat per Video festhielt und dieses noch verschickte, noch anderen gegenüber mit dieser Tat gebrüstet. Offensichtlich empfindet der Angeklagte Freude am Quälen der Geschädigten. Nachteilig musste sich auch auswirken, dass der Angeklagte bei seinen Opfern aus nichtigem Anlass erhebliche Verletzungfolgen verursacht. Vorstehende Ausführungen ergeben sich bereits aus der Tat zulasten des Geschädigten M., dem der Angeklagte, nachdem er ihn brutal zusammengeschlagen hat, auch noch vorangekündigt in den Hals biss. Aus den drei abzuurteilenden Körperverletzungsdelikten sowie den Ausführungen des Sachverständigen Professor Dr. F. ergibt sich, dass der Angeklagte eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte hielt das Schöffengericht für die Straftat zu Ziffer 8. eine Einzelstrafe von 2 Jahren und 2 Monaten Freiheitsstrafe, für die Straftat zu Ziffer 2. eine Einzelstrafe von 9 Monaten Freiheitsstrafe und für die Straftaten zu Ziffer 1. und 3.-7. jeweils eine Einzelstrafe von 3 Monaten Freiheitsstrafe als tat-und schuldangemessen. Aus vorgenannten Einzelstrafen war gemäß §§ 53, 54 StGB unter angemessener Erhöhung der Einsatzstrafe für die Straftat zu Ziffer 8. von zwei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei (3) Jahren und drei (3) Monaten zu bilden, die erforderlich und ausreichend erschien, um hinreichend auf den Angeklagten einzuwirken.

Darüber hinaus war gemäß § 64 StGB die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Der Sachverständige Professor Dr. F. hat im Rahmen seiner Begutachtung ausgeführt, dass der Angeklagte die Straftaten bei nicht ausschließbarer verminderter Steuerungsfähigkeit beging, die Straftaten des Angeklagten mithin auf seinem Hang, Alkohol und Drogen im Übermaß zu konsumieren, zurückzuführen seien. Der Sachverständige stellt fest, dass die Gefahr weiterer erheblicher Straftaten, insbesondere auch von Körperverletzungsdelikten, ohne eine Behandlung zu bejahen sei. Das Prognoseparameter VRAG zeige ein deutliches Signal hinsichtlich einer erheblichen Gefährdungsstufe auch für weitere Gewaltsstraftaten. Nachdem der Angeklagte in der Hauptverhandlung seine Bereitschaft zu einer Therapiemaßnahme erklärte, sehe er auch eine ausreichende Aussicht auf Erfolg. Er sehe deshalb die Voraussetzung für eine Unterbringung im Maßregelvollzug gemäß § 64 StGB für gegeben an und würde es begrüßen, wenn der Angeklagte in den Maßregelvollzug gehe. Erforderlich sei eine Entzugstherapie gegen Drogen- und Alkoholmissbrauch, in deren Rahmen auch das Aggressionspotenzial des Angeklagten bearbeitet werde. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen des Sachverständigen Professor Dr. F. unterhält eine Therapiemaßnahme für aussichtsreich und erfolgsversprechend, weswegen eine Unterbringung gemäß § 64 anzuordnen war.“

Der Angeklagte befindet sich zur Zeit in Vollstreckungshaft in der JVA B., dort wird die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 vollstreckt.

2. Der Angeklagte B. wurde am 27. xx 19xx in W. geboren, wo er auch aufwuchs. Er ist ledig und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Angeklagte ist regulär zur Grundschule gegangen, hat jedoch die Grundschule nach dem 1. Schuljahr wegen Verhaltensauffälligkeiten wechseln müssen und ist nach B. gewechselt. Anschließend durchlief der Angeklagte regulär die Grundschule und die Orientierungsstufe. Im Anschluss besuchte der Angeklagte die Hauptschule, die er nach der 8. Klasse abgebrochen hat. Einen Beruf hat er nicht erlernt. Aus einer früheren Beziehung hat er eine elfjährige Tochter. Vor seiner Inhaftierung lebte der Angeklagte von Arbeitslosengeld II.

Der Angeklagte B. hat bereits mit ca. 11 Jahren begonnen Cannabis zu konsumieren und Alkohol zu konsumieren. Er ist seit vielen Jahren drogenabhängig, wobei der Schwerpunkt seiner Abhängigkeit bei Heroin und Kokain liegt.

Er ist bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten. Zuletzt wurde er wie folgt verurteilt:

Am 25. März 2008 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung in 2 weiteren Fällen unter Einbeziehung des Urteils vom 23. August 2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Rechtskraft des Urteils ist am 25. März 2008 eingetreten. Die Bewährungszeit wurde bis zum 24. März 2013 verlängert, schließlich wurde die Strafaussetzung widerrufen, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe jedoch bis zum 15. August 2014 zurückgestellt, die Zurückstellung der Vollstreckung erneut widerrufen, anschließend wurde die Vollstreckung der Freiheitsstrafe erneut bis zum 29. April 2015 zurückgestellt, die Strafe wurde anschließend bis zum 9. Dezember 2016 zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit wurde anschließend bis zum 9. Dezember 2010 verlängert und die Strafaussetzung schließlich widerrufen. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde erneut zurückgestellt bis zum 21. November 2018 und erneut zur Bewährung ausgesetzt bis zum 6. März 2021. Die Bewährungszeit wurde anschließend bis zum 6. März 2022 verlängert und die Strafaussetzung erneut widerrufen.

Am 23. April 2009 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, die für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Rechtskraft ist am 23. April 2009 eingetreten. Die Strafaussetzung ist widerrufen worden, die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe ist bis zum 15. August 2014 zurückgestellt worden, die Zurückstellung der Vollstreckung wurde widerrufen und die Strafvollstreckung ist seit dem 17. Dezember 2012 erledigt.

Am 11. Januar 2011 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten, wobei die Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden ist. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde bis zum 29. April 2015 zurückgestellt und die Strafe ist bis zum 9. Dezember 2016 zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Bewährungszeit ist dann bis zum 9. Dezember 2017 verlängert worden, schließlich wurde die Strafaussetzung widerrufen, wobei die Vollstreckung der Freiheitsstrafe erneut bis zum 20. November 2018 zurückgestellt worden ist und die Strafe erneut zur Bewährung bis zum 6. März 2021 zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die Bewährungszeit wurde dann erneut bis zum 6. März 2022 verlängert und die Strafaussetzung schließlich widerrufen. Die Rechtskraft ist am 26. Oktober 2012 eingetreten.

Am 29. August 2011 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen unerlaubter Veräußerung von Betäubungsmitteln in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde bis zum 29. April 2015 zurückgestellt und die Strafe bis zum 28. November 2016 zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde bis zum 28. November 2017 verlängert und die Strafaussetzung schließlich widerrufen. Die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe ist dann erneut bis zum 20. November 2018 zurückgestellt worden und der Strafrest erneut bis zum 6. März 2021 zur Bewährung ausgesetzt worden, die Bewährungszeit wurde bis zum 6. März 2022 verlängert und die Strafaussetzung ist schließlich widerrufen worden.

Am 25. Oktober 2011 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, wobei die Tat aufgrund Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden ist. Die Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe wurde bis zum 15. August 2014 zurückgestellt, die Zurückstellung der Vollstreckung wurde widerrufen, die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe wurde erneut bis zum 29. April 2015 zurückgestellt, der Strafrest wurde bis zum 9. Dezember 2016 zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit bis zum 9. Dezember 2017 verlängert und die Strafaussetzung schließlich widerrufen. Die Strafvollstreckung ist seit dem 16. September 2016 erledigt. Die Rechtskraft ist am 25. Oktober 2011 eingetreten. Zur Sache stellte das Amtsgericht damals fest:

Am 27. August 2014 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15 €. Die Rechtskraft ist am 12. September 2014 eingetreten, die Tat war am 7. Januar 2014.

Am 11. August 2015 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen in 5 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 €. Die Rechtskraft ist am 9. September 2015 eingetreten.

Am 29. August 2016 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 5 €. Die Tat war am 24. Februar 2016 und die Rechtskraft ist am 16. September 2016 eingetreten.

Am 11. Januar 2017 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Betruges in 4 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 €. Die Rechtskraft ist am 11. Februar 2017 eingetreten.

Am 15. Mai 2017 bildete das Amtsgericht Wittmund aus den Entscheidungen vom 11. August 2015 und 11. Januar 2017 eine nachträgliche Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 15 €. Die Rechtskraft ist am 25. Mai 2017 eingetreten.

Am 30. Oktober 2017 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen Beleidigung in Tatmehrheit mit Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, die für 4 Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Die Rechtskraft ist am 30. Oktober 2017 eingetreten. Die Strafaussetzung wurde inzwischen, also nach der hier verfahrensgegenständlichen Tat widerrufen.

Am 11. Dezember 2018 verurteilte das Amtsgericht Wittmund den Angeklagten wegen räuberischen Diebstahls in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten. Die Rechtskraft ist am 11. Dezember 2018 eingetreten. Zur Sache stellte das Amtsgericht damals fest:

1. Am 10.08.2017 gegen 17:45 Uhr hielt sich der Angeklagte im Krankenhaus W. auf. Dort begab er sich in das Dienstzimmer der Station 6 und versuchte zunächst auf den Inhalt des sich im Medikamentenschrank befindlichen Tresors zu gelangen. Als der Angeklagte dabei von der Zeugin A.-K. H. überrascht wurde, griff er sich stattdessen 2 Medikamentenpackungen im Wert von 50 €, um diese für sich zu behalten. Als die Zeugin A.-K. H. ihm diese wegnehmen wollte, stieß er sie mit dem ausgestreckten Arm gegen den Brustkorb, um sich den Besitz der entwendeten Medikamente zu erhalten. Die Zeugin erlitt dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm.

2. Am 9. Juli 2018 gegen 18:55 Uhr führte der Angeklagte in der D.straße in W. 2,76 g Amphetamin mit sich, obwohl er-wie er wusste - nicht im Besitz irgendwelcher Dokumente war, die ihn den Erwerb oder den Besitz der Drogen gestattet hätten. Die Betäubungsmittel konnten bei einer Kontrolle seiner Person im Rahmen einer Sachverhaltsaufnahme in anderer Sache durch die eingesetzten Polizeibeamten aufgefunden und sichergestellt werden.

Zur Rechtsfolge führte das Gericht seinerzeit aus:

„Aufgrund der glaubhaften Einlassung des Angeklagten, er habe zur Zeit der Tatbegehung unter dem Einfluss verschiedener Betäubungsmittel gestanden und habe zuvor eine Flasche Korn getrunken gehabt, geht das Gericht zugunsten des Angeklagten davon aus, dass bei ihm zur Zeit der Begehung der Straftaten die Voraussetzungen der verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB vorlag. Bei dem räuberischen Diebstahl ist das Gericht deshalb von den geminderten Strafrahmen gemäß §§ 21,49 Abs. 1 StGB von 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe ausgegangen.

Im Rahmen der Strafzumessung musste sich zugunsten des Angeklagten auswirken, dass dieser den Sachverhalt in der Hauptverhandlung in vollem Umfange geständig einräumte und sich hinsichtlich seiner Suchtproblematik einsichtig zeigte. Zulasten des Angeklagten musste sich auswirken, dass dieser bereits ganz erheblich und einschlägig in Erscheinung getreten ist und insbesondere, dass er zur Zeit der Begehung der Straftaten unter Bewährung stand. Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte erschien für die Tat zu Ziffer 1. eine Einzelstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten Freiheitsstrafe und für die Straftat zu Ziffer 2. eine Einzelstrafe von 2 Monaten Freiheitsstrafe als tat-und schuldangemessen.

Aus den vorgenannten Einzelstrafen war gemäß § 53,54 StGB unter angemessener Erhöhung der Einsatzstrafe für die 1. Straftat von 1 Jahr und 2 Monaten Freiheitsstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem (1) Jahr und drei (3) Monaten zu bilden, die erforderlich und ausreichend erschien, um hinreichend auf den Angeklagten einzuwirken.

Die gegen den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe konnte nicht gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, da weder besondere Gesichtspunkte vorhanden sind noch Anhaltspunkte für eine günstige Sozialprognose. Der Angeklagte stand zur Zeit der Begehung der Straftaten unter Bewährung. Durch die Begehung der nunmehr abzuurteilenden Taten hat sich der Angeklagte wieder einmal als Bewährungsversager erwiesen. Bei dem Angeklagten ist seit Jahren ein Drogen- und Alkoholproblem vorhanden. Er hat bereits Entziehungskuren absolviert. Solange die Drogenproblematik bei dem Angeklagten nicht aufgearbeitet ist, sind Rückfälle vorprogrammiert und es besteht deshalb die erhebliche Gefahr, dass der Angeklagte unter Alkohol- bzw. Drogeneinfluss erneut straffällig wird. Eine Strafaussetzung zur Bewährung kommt deshalb nicht mehr in Betracht. Das Strafmaß gibt dem Angeklagten die Chance, aus den Vorzug heraus, eine stationäre Drogenentzugstherapie durchzuführen.

Am 22.05.2019 verurteilte das Landgericht Aurich den Angeklagten im Rahmen eines Berufungsverfahrens gegen das Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 31.05.2018 wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung, versuchter Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung unter Einbeziehung der Verurteilung des Amtsgerichts Wittmund vom 30.10.2017 und unter Auflösung der mit Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 11.12.2018 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe sowie Einbeziehung der in dem Urteil vom 11.12.2018 wegen räuberischen Diebstahls ausgesprochenen Einzelfreiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten. Die weiterhin im amtsgerichtlichen Urteil vom 11.12.2018 verhängte Einzelfreiheitsstrafe von 2 Monaten ließ das Landgericht gesondert bestehen. Die Rechtskraft ist am 30.05.2019 eingetreten. Weiterhin wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Zur Sache stellte das Landgericht fest:

Am 24.10.2017 gegen 23:45 Uhr wurde die Polizei W. zu einem lautstarken Streit vor dem Mehrfamilienhaus Friesenstraße 9 in W. gerufen. Vor Ort trafen die eingesetzten Polizeibeamten PK L. und PK’in T., die als erste am Einsatzort erschienen, auf den Angeklagten. Der Angeklagte schien sich zunächst von den Polizeibeamten entfernen zu wollen, trat dann aber in drohender Haltung wieder auf diese zu. Die drohende Haltung zeigte sich an seinem Gesichtsausdruck und seiner Körperhaltung. Der Zeuge L.musste daraufhin bezüglich des polizeibekannten Angeklagten von einem körperlichen Angriff ausgehen, sodass er den Angeklagten zu Boden brachte. Mit Unterstützung der zwischenzeitlich hinzugetretenen Polizeibeamten PKA A. und PK’in G. gelang es, dem Angeklagten Handfesseln anzulegen, welche aufgrund der starken Gegenwehr des Angeklagten allerdings nicht arretiert werden konnten. Im Zuge dieses Vorganges trat der Angeklagte gezielt in Richtung des Oberkörpers des Zeugen L., um diesen zu verletzen. Dies gelang dem Angeklagten indes nicht, da es aufgrund einer ausreichend Bewegung des Zeugen lediglich zu einer leichten Berührung kam. Der Angeklagte beschimpfte die anwesenden Polizeibeamten u.a. als „Miststück, Hurensohn, Juden“ und erklärte, alle zu „ficken“. Dabei war ihm bewusst, dass diese Äußerungen geeignet waren, die Polizeibeamten in ihrer Ehre zu kränken. Strafanträge wurden durch die Polizeibeamten am 25.10.2017 gestellt. Als der Angeklagte zum Funkstreifenwagen verbracht wurde, versuchte er, dem Zeugen L. eine Kopfnuss zu versetzen, verfehlte diesen jedoch. Außerdem drohte er dem Polizeibeamten Licht im Zuge des Geschehens, dass er ihn umbringen werde. Es gelang L., den Angeklagten in den Funkstreifenwagen zu verbringen. Dort leistete er weitere Gegenwehr und trat unter anderem so kräftig gegen den Fensterrahmen des Streifenwagens, dass dieser sich verzog und später in einer Fahrzeugwerkstatt gerichtet werden musste. Diese Beschädigung des Fahrzeuges nahm der Angeklagte bei dem Fußtritt jedenfalls billigend in Kauf. Der Angeklagte spukte im Streifenwagen um sich und verunreinigte den Fahrzeuginnenraum. Gegen den Angeklagten musste daher innerhalb des Fahrzeuges Pfefferspray eingesetzt werden, woraufhin dieser sich zeitweise beruhigte und zur Polizeiwache verbracht werden konnte. Der Angeklagte stand zum Vorfallszeitpunkt unter dem Einfluss von Alkohol und Betäubungsmitteln. Die Atemalkoholkonzentration des Angeklagten betrug um 0:56 Uhr 1,71 Promille. Eine Blutprobe konnte dem Angeklagten wegen dessen Gegenwehr nicht abgenommen werden.

II.

Am 15. Oktober 2018 hatten die beiden Angeklagten in der Wohnung einer Bekannten mit dieser und weiteren Personen in der W.straße in W. gefeiert und Alkohol und Drogen konsumiert. Der Angeklagte B. konsumierte über den Tag eine halbe Flasche Whisky, Benzodiazepine und ca. 1 g Kokain. Der Angeklagte C. hatte ebenfalls Benzodiazepine und eine geringere Menge Alkohol konsumiert. Darüber hinaus hatte er sich mindestens eine halbe Ampulle Adrenalin injiziert, die eine der weiteren Personen zuvor aus dem Krankenhaus in W. entwendet hatte.

Gegen 19:30 Uhr des 15. Oktober 2018 begaben sich die beiden Angeklagten zur Wohnung des gesondert verfolgten K. S. in der W.straße in W., in der sich auch der Zeuge S. aufhielt. Den Angeklagten war bekannt, dass dort Amphetamine gelagert wurden. Von dieser Menge wollten sie zunächst einen Teil im Wert von ca. 10,- EUR zum Eigenkonsum erwerben. Auf das Klopfen der Angeklagte öffnete der Zeuge S. die Tür einen Spalt. Zunächst fragte der Angeklagte B. an, ob der Zeuge S. „Pep“, also Amphetamin hätte, was er käuflich erwerben könne. Dies wurde durch den Zeugen S. an der Tür mit der Begründung verneint, dass sie keine Drogen hätten. Er hatte Angst von den ihm als gewalttätig bekannten Angeklagten „abgezogen“ zu werden.

Aus Verärgerung über die Ablehnung und um an die Drogen zu kommen, drückte der Angeklagte C. die Wohnungstür auf und beide Angeklagte betraten gegen den erkennbaren Willen des Zeugen S. die nur aus Küche, Bad, Wohnzimmer, Flur und Schlafzimmer bestehende Wohnung. Die Angeklagten fingen unter Wortführung des Angeklagten C. umgehend an, die Zeugen zur Herausgabe der Drogen aufzufordern. Da die Zeugen S. und S. dies nach wie vor mit der wahrheitswidrigen Behauptung, sie hätten keine Drogen, verweigerten, kamen die beiden Angeklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt konkludent überein, die deutlich jüngeren und ihnen körperlich eindeutig unterlegenen Zeugen S. und S. soweit einzuschüchtern, dass sie ihnen die Drogen entweder freiwillig herausgeben würden oder die Wegnahme zumindest ohne Gegenwehr dulden würden. Sie fingen an, die Wohnung gemeinsam und wechselseitig zu durchsuchen. Dabei äußerte der sehr aggressiv auftretende Angeklagte C. wiederholt, dass er die Zeugen verprügeln und umbringen werde, wenn sie ihm die Drogen nicht aushändigen würden. Der Angeklagte B. bekräftigte dies mehrfach, u.a. mit den Worten „Hört auf ihn, der macht das wirklich.“. Wie von ihnen beabsichtigt, nahmen die Zeugen die Drohungen ernst.

Nachdem sie die Drogen zunächst nicht auffinden konnten, begab sich der Angeklagte C. direkt zu den auf dem Wohnzimmersofa sitzenden Zeugen S. und S.. Er forderte von ihnen, dass sie ihnen zukünftig jeweils ein „Schutzgeld“ von 200,- EUR pro Woche zahlen müssten und kündigte an, dass er sie umbringen würde, wenn dies nicht gezahlt würde. Zum Schein ließ sich der Zeuge S. darauf ein. Der Angeklagte C. ließ sich danach – unter weiteren Todesdrohungen, die der Angeklagte B. wie zuvor bestätigte, und die auf die Herausgabe von Bargeld gerichtet waren – von den Zeugen ihre Portemonnaies aushändigen, durchsuchte diese, entnahm daraus jeweils Münzgeld und forderte weiterhin vergeblich die Herausgabe des Amphetamins.

Der Angeklagte C., der aus Ärger über das Verhalten der Zeugen zunehmend wütender wurde, ergriff sodann eine kleine Kuchengabel, mit der er zur Durchsetzung der Forderung nach dem Amphetamin und zur Verstärkung seiner bislang nur verbalen Drohungen eine Stichbewegung gegen den Oberkörper des Zeugen S. andeutete. Der Angeklagte, der dabei sinngemäß äußerte, dass er den Zeugen abstechen werde, stoppte mit der Gabel erst kurz vor dem Hals-/Brustbereich des Zeugen S.. Direkt danach führte er mit der flachen Hand einen Schlag gegen die Wange des Zeugen aus und spuckte diesem in das Gesicht. Der Angeklagte B., der ebenfalls im Raum war, kündigte derweil gegenüber dem Zeugen S. an, dass er ihm „ein Brandloch in seinen Finger machen“ könne, wenn sie das „Pep“ nicht herausgeben würden. Dabei hielt er ein Feuerzeug in der Hand und zündelte damit, um der Forderung das Versteck des Amphetamins preiszugeben, Nachdruck zu verleihen. Spätestens jetzt hatten die Angeklagten ihren Tatplan dahingehend erweitert auch Gegenstände zur Bekräftigung der Drohung einzusetzen.

Beide Zeugen kamen den Forderungen trotzdem nicht nach. Um die Situation etwas zu beruhigen, schlugen sie den Angeklagten stattdessen vor, gemeinsam einen Joint zu rauchen, worauf sich die Angeklagten zunächst einließen. Kurz nachdem der Zeuge S. angefangen hatte, den Joint zu drehen, hatte der Angeklagte C. das Gefühl angelogen und ausgetrickst zu werden und geriet erneut in Rage. Er begann wieder die Herausgabe des Amphetamins zu fordern und beide Angeklagten fingen erneut an das Wohnzimmer zu durchsuchen. Dabei schoben sie auch das Sofa auseinander, da sie dort die Drogen vermuteten.

Die Angeklagten unterbrachen die Suche zunächst, da eine weibliche Bekannte des Angeklagten C. und kurz darauf auch der Zeuge M. J., der sich bereits einige Stunden zuvor mit dem Zeugen S. für den Abend verabredet hatte und dem das Amphetamin gehörte, Einlass in die Wohnung begehrten. Alle Personen nahmen im Wohnzimmer Platz. Der Zeuge J. setzte sich auf einen Stuhl, der an der Wand im Wohnzimmer stand. Der Angeklagte C. fragte den Zeugen J. nun, ob er „Gras“ dabeihabe. Der Zeuge J. bejahte dies. Da der Zeuge J. das Marihuana in seinem Portemonnaie hatte, holte er das Portemonnaie aus seiner Jacke heraus. Daraufhin entschloss sich der Angeklagte C. spontan auf Grund eines neuen Tatentschlusses dem Zeugen J. das Marihuana und etwaiges mitgeführtes Geld wegzunehmen. Er forderte den Zeugen J. unvermittelt auf, sein Portemonnaie herauszugeben, ohne dass der Angeklagte B. hieran in irgendeiner Weise mitwirkte. Dabei drückte er den Zeugen J., der nach wie vor auf dem Stuhl saß, zur Überwindung eines etwaigen Widerstandes zunächst mit beiden Händen gegen den Hals-/Brustbereich des Zeugen, sodass dieser Schwierigkeiten beim Atmen bekam und gegen die Wand gedrückt wurde. Unmittelbar darauf nahm der Angeklagte C. eine kleine Tüte mit einigen Gramm Marihuana aus dem nach wie vor von dem Zeugen J. festgehaltenen Portemonnaie, um es für sich zu verwenden. Dabei wusste er, dass der Zeuge dies nur wegen der vorigen Gewalteinwirkung zuließ. Weiter versuchte der Angeklagte C., an das Scheinfach zu gelangen. Da er den Zeugen J. aber losgelassen hatte, konnte sich dieser befreien, sprang auf, riss ein Fenster auf und warf sein Portemonnaie aus dem Fenster, bevor er aus dem Wohnzimmer flüchtete. Im Flur der Wohnung holte der Angeklagte C. ihn jedoch wieder ein, packte ihn, drückte ihn abermals an die Wand und kündigte an, ihn abzustechen. Der Zeuge J. konnte sich allerdings abermals losreißen und durch die Wohnungstür durch das Treppenhaus auf die Straße flüchten, von wo aus er die Polizei alarmierte. Der Angeklagte C. folgte dem Zeugen J. bis vor die Haustür, kam dann aber zurück in die Wohnung.

Etwa zeitgleich zu dem Vorfall im Wohnungsflur und im Treppenhaus entschied sich der Angeklagte B., abschließend noch den Kühlschrank der Wohnung abzusuchen. Dort fand er einen dort gelagerten Beutel mit 86,34 g Amphetamin, getrocknet, 64,05g, mit einem Wirkstoffgehalt von 16,6%, was einer Wirkstoffmenge von 10,63 g Amphetaminsulfat und damit 7,8 g Amphetaminbase entspricht. In dem Bewusstsein, dass seine und die Drohungen des Angeklagten C. gegenüber den Zeugen S. und S. auf Grund des engen zeitlich-räumlichen Zusammenhangs noch fortwirkten, nahm der Angeklagte B. den Beutel mit dem Amphetamin aufgrund des fortbestehenden Tatplans an sich. Dann floh er mit dem in die Wohnung zurückgekehrten Angeklagten C. aus der Wohnung, wobei er ihn zwecks späterer Beuteteilung über den Fund des Amphetamins in Kenntnis setzte. Die beiden Angeklagten, die sich ca. eine Stunde in der Wohnung aufgehalten hatten, flüchteten in Richtung einer nahegelegenen Araltankstelle. Als die durch den Zeugen J. informierte Polizei auf die Angeklagten zukam, warfen der Angeklagte B. das Amphetamin und der Angeklagte C. das Marihuana weg. Während das Amphetamin von der Polizei sichergestellt wurde, wurde das Marihuana nicht gefunden.

Bei beiden Angeklagten war während des gesamten Geschehens die Fähigkeit, das Unrecht ihres Tuns zu erkennen, vollständig erhalten. Eine erhebliche Einschränkung der Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, konnte die Kammer allerdings bei beiden Angeklagten nicht ausschließen.

III.

Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben der Angeklagten, den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H., den verlesenen Auszügen aus dem Bundeszentralregister sowie den oben genannten verlesenen Urteilen.

Die Feststellungen zur Sache hat die Kammer hinsichtlich der Tatbeiträge des Angeklagte C. zunächst auf seine geständige Einlassung gestützt, die auch durch die weiteren Zeugen und die verlesenen Urkunden bestätigt wird. Hinsichtlich des Angeklagten B. hat die Kammer die Feststellungen zur Sache im Wesentlichen auf die glaubhaften Angaben der Zeugen S. und S. gestützt.

Der Angeklagte B. hat sich dahingehend eingelassen, dass es zutreffe, dass sie in der Wohnung Drogen kaufen wollten, dass er das Amphetamin im Kühlschrank gefunden und an sich genommen habe sowie dass er den Angeklagten C. hierüber in Kenntnis gesetzt habe. Die Zeugen hätten sich nicht widersetzt. Das alles sei schon kurz nach dem Betreten der Wohnung passiert. Von Drohungen oder ähnlichem habe er nichts mitbekommen, es sei vielmehr eine gute Stimmung gewesen. Einen gemeinsamen Plan mit dem Angeklagten C. habe es dementsprechend nicht gegeben, er habe auch sonst nichts gemacht. Sie hätten noch einen Joint geraucht und seien dann gegangen.

Diese Einlassung ist – soweit sie mit den unter Punkt II. getroffenen Feststellungen in Widerspruch steht – widerlegt. Während der Angeklagte B. seinen Konsum am Tattag noch gut beschreiben konnte, konnte er die Nachfrage, warum die Zeugen die Mitnahme der Drogen ohne vorherige Bezahlung/Einschüchterung widerstandslos hingenommen haben, nicht schlüssig beantworten. Er gab schließlich an, sich eigentlich nicht gar mehr an das Geschehen in der Wohnung erinnern zu können, weil er – was, wie der Sachverständige Dr. H. nachvollziehbar ausführte, tatsächlich eine häufige Begleiterscheinung des Konsums dieser Droge ist – aufgrund des Benzodiazepinkonsums massive Erinnerungslücken habe. Die Kammer hätte die Einlassung des Angeklagten B. daher bzgl. des Geschehens in der Wohnung selbst dann nicht zugrunde legen können, wenn keine weiteren Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten. Zum anderen haben die Zeugen S. und S. wie auch der Angeklagte C. das massive und sich nach ihren Angaben auch über etwa eine Stunde hinziehende Geschehen mitsamt der Drohungen und Forderungen im Wesentlichen übereinstimmend geschildert. Abweichungen gab es insofern nur bzgl. der Tatbeiträge des Angeklagten B., nicht aber in Bezug auf das Ausmaß der Drohungen, der Forderungsinhalte, sowie der aggressiven Vorgehensweise des Angeklagten C. sowie den Zeitpunkt der Entwendung des Amphetamins.

Der Angeklagte C., der sich im Gegensatz zu dem Angeklagten B. noch gut an das Geschehen erinnern konnte, hat sich dabei betreffend der Einleitung des Geschehens, seiner eigenen Tatbeiträge, seiner subjektiven Vorstellungen und der Inkenntnissetzung durch den Angeklagten B. so wie festgestellt geständig eingelassen. Die Kammer hat sein sichtlich von Reue und Verantwortungsübernahme getragenes Geständnis insoweit auch für glaubhaft erachtet, zumal er Nachfragen nach seinem persönlichen Verhalten erkennbar nach bestem Wissen spontan beantwortet hat. Seine Einlassung wurde insofern auch durch die glaubhaften und übereinstimmenden Angaben der Zeugen J., S. und S. bestätigt, die sein Auftreten und sein Verhalten – soweit sie es beobachtet hatten – übereinstimmend beschrieben.

Der Angeklagte C. hat ebenfalls bestätigt, dass der Angeklagte B. das Amphetamin mitgenommen habe, er habe das zwar nicht beobachtet, da er zu diesem Zeitpunkt mit dem Zeugen J. draußen gewesen sei. Der Angeklagte B. habe ihn hierüber aber umgehend nach seiner zwischenzeitlichen Rückkehr in Kenntnis gesetzt.

Soweit es um weitergehende Tatbeiträge des Angeklagten B. und einen gemeinsamen Tatplan ging, hat der Angeklagte C. sie pauschal in Abrede gestellt; insbesondere habe der Angeklagte B. nicht gedroht oder ihn anderweitig unterstützt. Die Kammer ist ihm aber insofern nur bzgl. des Geschehens bzgl. des Zeugen J. gefolgt. Dieser bekundete nämlich glaubhaft, dass sich der Angeklagte B. während des Aufenthalts im Wohnzimmer völlig passiv verhalten habe.

Die Aussage des Zeugen J. zeichnete sich dabei durch eine sehr hohe Qualität aus. Der Zeuge konnte sich noch gut an den Sachverhalt erinnern und auch durchweg nachvollziehbar schildern. Er schilderte dabei auch die ihn belastenden Momente ohne Vorbehalt und trotz seines bereits abgeschlossenen Verfahrens in einer bemerkenswerten Genauigkeit, wie sie bei Zeugen aus dem Betäubungsmittelmilieu nur sehr selten anzutreffen sind. Hinzu tritt, dass er stets sicher in der Lage war, im Handlungsgeschehen zu wechseln und dazu auch seine emotionalen Empfindungen und Gedanken wiederzugeben, die jeweils auch situativ passend gewesen sind. Es gibt daher keine Zweifel daran, dass der Angeklagte C. bezüglich des Raubes des Marihuanas von dem Zeugen J. entsprechend seiner Einlassung spontan als Einzeltäter agierte.

Hinsichtlich des vorangegangenen Geschehens in der Wohnung ist die Kammer dagegen in Bezug auf die Mitwirkungshandlungen des Angeklagten B. und sich daraus ableitenden gemeinsamen Tatplan den durchweg glaubhaften Angaben der Zeugen S. und S. gefolgt. Diese haben übereinstimmend bekundet, dass der Angeklagte B. die unter Punkt II. beschriebenen Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat - mit Ausnahme der Situation mit dem Feuerzeug, die ausschließlich auf den Angaben des Zeugen S. beruht (s.u.). Insbesondere haben beide Zeugen bekundet, dass die Angeklagten bis zu dem Geschehen bzgl. des Zeugen J. dergestalt zusammengewirkt haben, dass der Angeklagte C. sehr aggressiv als Wortführer und Hauptakteur auftrat, der Angeklagte B. dessen Drohungen von vorneherein und mehrfach durch Worte wie „Er macht das wirklich“ bekräftigte und die Angeklagten gemeinsam und wechselseitig die Wohnung absuchten.

Die Zeugen S. und S. konnten sich dabei an das von ihnen Bekundete im Wesentlichen noch sicher erinnern und es besteht kein Zweifel daran, dass sie das von ihnen Geschilderte, soweit es in ihr Wissen gestellt ist, zutreffend wahrgenommen und wahrheitsgemäß wiedergegeben haben. Wenn die Zeugen S. und S. etwas nicht mehr wussten, haben sie dies entsprechend kenntlich gemacht. Dass sie sich an einzelne Umstände nicht mehr erinnern konnten und teils Vorhalte benötigten, spricht dabei keineswegs gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Zum einen ist dies gerade in einer längeren, massiven Bedrohungslage, in der die Aufmerksamkeit eines Opfers in der Regel darauf gerichtet ist, möglichst unbeschadet aus der Situation herauszukommen, ohne weiteres durch ein Nacherschließen und damit zu erklären, dass Gedächtnisinhalte nicht immer vollständig zu jeder beliebigen Zeit abrufbar sind; zum anderen war ein irgendwie gearteter Belastungseifer bezüglich der Angeklagten bei keinem der beiden Zeugen erkennbar. Bei dem Zeugen S. war die Bereitschaft, die belastenden Details des Geschehens zu nennen, sogar sehr eingeschränkt. Es wurde vielmehr deutlich, dass er mit der Situation einfach nur abschließen wollte.

Eine Abweichung gab es bei den Aussagen der beiden Zeugen im Wesentlichen nur dahingehend, dass der Zeuge S. bekundete, nicht mitbekommen zu haben, ob der Angeklagte B. den Zeugen S. mit einem Feuerzeug oder auch nur sinngemäß durch entsprechende Worte bzgl. eines „Loch-in-den-Finger-Brennens“ bedroht habe. In Anbetracht des Umstands, dass der Zeuge S. in dieser Situation aber selbst in massiver Weise durch den Angeklagten C. mit der Gabel bedroht und darüber hinaus auch geschlagen und angespuckt wurde, folgt hieraus trotz der beengten räumlichen Verhältnisse jedoch nicht, dass es die Drohung des Angeklagten B. gegenüber dem Zeugen S. nicht gab. Der Zeuge S., der erkennbar unter dem Eindruck des Geschehens stand, hat diese markante Äußerung des Angeklagten B. vielmehr sowohl bei der Polizei, wie der Zeuge Gerdes glaubhaft bekundete, als auch in der Hauptverhandlung im unmittelbaren Zusammenhang mit der Drohung mit der Gabel und den Schlägen des Angeklagten C. gegenüber dem Zeugen S. beschrieben. Er war sich in der Hauptverhandlung zwar unsicher, ob der Angeklagte dabei ein Feuerzeug in der Hand hielt, hatte dieses aber im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung ausdrücklich erwähnt. Die Feststellung, dass der Angeklagte B. zum Zeitpunkt der Drohung mit einem Feuerzeug in der Hand zündelte, hat die Kammer daher auf die gemäß § 253 Abs. 1 StPO verlesene polizeiliche Aussage des Zeugen S. gestützt. Maßgeblich war insofern, dass diese Vernehmung am 16.10.2018, also direkt nach der Tat stattfand, und dass der Zeuge S. – wie schon erwähnt – in keiner Weise den Eindruck machte, die Angeklagten übermäßig belasten zu wollen. Zudem war zu berücksichtigen, dass der Vorfall zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits fast ein Jahr zurücklag, der Zeuge S. emotional durch die sich längere hinziehende, massive Gesamtbedrohungssituation stark belastet gewesen ist und durch die abwechselnden Forderungen eine ungeordnete Situation bestand, in der der Angeklagte C. durch seine hohe Aggression überdies immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, sodass es nicht ungewöhnlich erscheint, dass er ein solches Detail in der Hauptverhandlung nicht mehr erinnerte.

Da es auch innerhalb der Aussagen der Zeugen S. und S. keine wesentlichen Widersprüche gab, hat die Kammer ihre Angaben nicht nur zu Grunde gelegt, soweit sie sich mit den Angaben des Angeklagten C. bzgl. dessen Tatbeiträge nahtlos decken, sondern auch in Bezug auf das Verhalten des Angeklagten B..

Nach einer Gesamtwürdigung des Verhaltens und der Äußerungen der Angeklagten folgt für die Kammer daraus nicht nur, dass sie jeweils in dem Bewusstsein handelten, die Zeugen S. und S. mit Drohungen mit Gewalt und dem Tode soweit einzuschüchtern, dass sie die Drogen entweder freiwillig herausgeben würden oder die Wegnahme zumindest ohne Gegenwehr dulden würden, sondern auch, dass sie dies ab dem Scheitern des käuflichen Erwerbs der Drogen und der vergeblichen Aufforderung zur Herausgabe der Drogen auf Grund eines konkludent geschlossenen Tatplanes taten. Dieser Tatplan schloss dabei auch die Verwendung von Gegenständen zur Verstärkung der Drohungen ein. Abgesehen davon, dass dies in einer solchen Situation keineswegs fernliegt, war für die Kammer bei dieser Würdigung vor allem maßgeblich, dass die Angeklagten beide jeweils nahezu zeitgleich ein Werkzeug zur Verstärkung von Drohungen einsetzten.

Die Feststellungen zur Amphetamin-Menge und dem Wirkstoffgehalt beruhen im Übrigen auf den verlesenen Sicherstellungsprotokollen und dem verlesen Wirkstoffgutachten.

IV.

1. Die Angeklagten haben sich nach alledem des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffens von Betäubungsmitteln gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 52 StGB, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht, soweit es die Drohung mit Gabel und Feuerzeug und die Wegnahme des Amphetamins betrifft.

Dabei haben beide Angeklagte jeweils ein gefährliches Werkzeug zur Drohung verwendet. Bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB muss es sich um objektiv gefährliche Gegenstände handeln, wobei sich nach der Rechtsprechung die objektive Gefährlichkeit sowohl aus der generellen Gefährlichkeit (dann kommt es auf die konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen nicht an, vgl. BGH NStZ 2011, 158) als auch aus der konkreten Art und Weise der Verwendung im Einzelfall ergeben kann (vgl. BeckOK StGB/Wittig, 43. Ed. 1.8.2019, StGB § 250 Rn. 12 m.w.N.).

Verwenden liegt nach nicht nur vor bei Einsatz des Tatmittels als Verletzungs- oder Gefährdungsmittel, sondern auch als Mittel zur Drohung mit Gewalt (BGHSt 45, 92 (94 f.) = NJW 1999, 2198; BGH NStZ 1998, 511; 1999, 301 (302); 2002, 31 (33); NJW 2004, 3437; NStZ 2011, 158; 2011, 211 [BGH 05.08.2010 - 3 StR 190/10]; Küper/Zopfs Rn. 796 mwN), sofern die Drohung infolge Realisierbarkeit als latent gefährlich und damit als realisierbar eingestuft werden muss (BGH NStZ 2002, 31 (33) [BGH 19.09.2001 - 2 StR 240/01]; NStZ-RR 2002, 9). Das Drohungsmittel muss vom Bedrohten wahrgenommen werden und eine Zwangslage auslösen (BGH NStZ 2005, 41 [BGH 01.09.2004 - 2 StR 313/04]). Außerdem muss der Einsatz als Nötigungsmittel zumindest konkludent angedroht werden, ein bloßes – auch offenes – Beisichführen reicht dafür nicht aus (BGH NStZ-RR 2004, 169 [BGH 11.11.2003 - 3 StR 345/03]).

Diese Voraussetzungen liegen sowohl hinsichtlich der Stoßbewegung mit der Gabel durch den Angeklagten C. als auch durch das Zündeln mit dem Feuerzeug durch den Angeklagten B. vor. Beide Angeklagte haben für sich jeweils mit einem gefährlichen Werkzeug gedroht. Die Küchengabel und das Feuerzeug sind in der jeweils angedrohten konkreten Verwendung als objektive gefährlich anzusehen. Auch wenn keine ausdrückliche Absprache zwischen den Angeklagten erfolgte, so liegt hier ein stillschweigender gemeinsamer Tatplan der Angeklagten vor.

2. Hinsichtlich des weggenommenen Marihuanas hat sich der Angeklagte C. zudem auf Grund eines neuen Tatentschlusses eines weiteren Raubes in Tateinheit mit Sichverschaffens von Betäubungsmitteln gemäß §§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, 249 Abs. 1, 52 StGB schuldig gemacht. Dieser steht in Bezug auf den gemeinsam verwirklichten besonders schweren Raub in Tatmehrheit, § 53 StGB.

3. Bzgl. der weiteren in Betracht kommenden Delikte des Hausfriedensbruchs und der Beleidigung fehlte es dagegen an einem Strafantrag. Bzgl. der Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen S. hatte die Staatsanwaltschaft bereits mit der Anklageerhebung von der Verfolgung gemäß § 154a Abs. 1 StPO abgesehen. Soweit auch ein versuchter Erwerb von Betäubungsmitteln für die Angeklagten in Betracht kam, wurde im Übrigen in der Hauptverhandlung von § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht.

V.

Die Strafen entnahm die Kammer jeweils dem gemäß § 21, 49 Abs. 1 StGB einfach gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB und des § 249 Abs. 1 StGB.

1. Ein minderschwerer Fall nach § 249 Abs. 2 bzw. § 250 Abs. 3 StGB war nach den allgemeinen Strafzumessungsgründen jeweils nicht gegeben.

Ein minderschwerer Fall liegt vor, wenn das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit bei Gesamtbetrachtung aller wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle in so erheblichem Maße abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint (BGHSt 29, 319, 321). Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung sind nicht nur diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die der Tat vorausgehen oder sie begleiten, sondern auch diejenigen, die ihr nachfolgen (vgl. BGH, NJW 1988, 2749). Entscheidend ist, dass der Fall, nicht die Tat insgesamt minderschwer wiegt (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl. 2017, Rn. 1108).

Diese Voraussetzungen sind bei beiden Angeklagten hinsichtlich des besonders schweren Raubes und hinsichtlich des Angeklagten C. auch bezüglich des weiteren Raubs nicht gegeben:

Zu Gunsten beider Angeklagter sprach dabei zunächst, dass sie die Tat(en) auf Grund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangen haben, dass sie durch die konsumierten Rauschmittel jeweils enthemmt gewesen sind sowie dass die Beute bzgl. des besonders schweren Raubes (Münzgeld/Amphetamine) nur gering war und die Amphetamine sichergestellt werden konnten.

Gegen die Angeklagten sprach aber jeweils, dass sie bzgl. des besonders schweren Raubes zwei Delikte tateinheitlich verwirklichten. Im Rahmen der Bewertung der Tatmodalitäten wirkt insofern schwer, dass der besonders schwere Raub über einen längeren Zeitraum in der Wohnung eines der Opfer ausgeführt worden ist.

a) Hinsichtlich des Angeklagten C. waren darüber hinaus die folgenden Erwägungen maßgeblich:

aa) Für ihn sprach, dass er die Taten im Rahmen der Hauptverhandlung vollumfänglich eingeräumt hat und dass er reuig war. Bzgl. des Raubes zum Nachteil des Zeugen J. tritt hinzu, dass die Beute hier äußerst gering war und sich die Tat zudem nur auf eine „weiche“ Droge, nämlich Marihuana bezog.

Zu seinen Lasten musste allerdings bei beiden Fällen berücksichtigt werden, dass er bereits erheblich und auch einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Weiterhin stand der Angeklagte während der Taten unter laufender Bewährung und unter Führungsaufsicht. Dabei ist er in Anbetracht des Umstands, dass er erst am 03.09.2018 durch das Amtsgericht Wittmund verurteilt worden war, auch sehr schnell wieder rückfällig geworden. Auch bei dem Raub zum Nachteil des Zeugen J. wirkt sich die tateinheitliche Verwirklichung von zwei Straftatbeständen zu Lasten des Angeklagten aus. Bei der Bewertung der konkreten Tatmodalitäten des besonders schweren Raubes wirkt ferner strafschärfend, dass der Angeklagte C. derjenige war, der bei den Bedrohungen gegenüber den Zeugen S. und S. als Rädelsführer im Vordergrund stand.

bb) An der Einschätzung, dass nach den allgemeinen Strafzumessungsgründen ein minderschwerer Fall jeweils nicht gegeben ist, ändert sich auch dann nichts, wenn man zusätzlich zu den allgemeinen Strafmilderungsgründen berücksichtigt, dass das Unrecht der Taten dadurch verringert ist, dass zu Gunsten des Angeklagten C. jeweils der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB hinzutritt.

(1) Die Kammer hat sich insofern durch den Sachverständigen Dr. H. beraten lassen:

Dieser hat zunächst ausgeführt, dass bei dem Angeklagten ein chronisches depressives Syndrom, in der Ausprägung einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10 F 32.1) vorliege. Dieses habe sich aber auf die Taten in keiner Weise ausgewirkt. Es sei weder geeignet die Einsichtsfähigkeit zu beeinträchtigen, noch habe es Auswirkungen auf die Steuerungsfähigkeit gehabt. Eine Depression wirke im Allgemeinen antriebsvermindernd. Eine forensische Bedeutung habe sie nur im Bereich von Unterlassungsdelikten.

Weiter führte der Sachverständige aus, dass bei dem Angeklagten seit langem eine Alkohol- und Drogenabhängigkeit bestehe (ICD-10 F 19.2), die aber noch nicht mit einer Persönlichkeitsdepravation einhergegangen sei. Darüber hinaus liege bei dem Angeklagten eine Impulskontrollstörung als Ausprägung einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.31) vor. Diese sei aber noch nicht so schwerwiegend, dass sie bereits für sich genommen eine andere schwere seelische Abartigkeit darstelle.

Sowohl die Alkohol- und Drogenabhängigkeit als auch die Impulskontrollstörung hätten auf die Frage der Einsichtsfähigkeit keine Auswirkungen. Daran ändere auch die akute Intoxikation zum Tatzeitpunkt nichts. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Fähigkeit des Angeklagten, nach seiner bestehenden Unrechtseinsicht zu handeln, aufgrund dadurch im Sinne einer krankhaften seelischen Störung in erheblichem Maße beeinträchtigt war.

Der Sachverständige führte als Begründung hierfür zunächst den vom Angeklagten eingeräumten Drogen- und Alkoholkonsum am Tattag an. Dieser reiche für sich genommen zwar nicht aus, um eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit als im konkreten Fall denkbar erscheinen zu lassen; hinzu trete aber der Konsum des Adrenalins, das „aufputsche“, unruhig und aggressiv mache. Dies wiederum sei für die Frage der Steuerungsfähigkeit bei einem gesunden Menschen ohne nennenswerte Auswirkungen; bei dem Angeklagten könne es wegen der bestehenden Impulskontrolle aber dazu führen könne, dass er nicht im gleichen Maße dazu fähig sei, sich zu beherrschen. Aus dem Zusammenwirken des Drogen- und Alkoholkonsums auf der einen und dem vor dem Hintergrund der Impulskontrollstörung ungünstigen Konsum des Adrenalins auf der anderen Seite, sei daher aus seiner Sicht nicht auszuschließen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten - vom Schweregrad vergleichbar mit einer Psychose - erheblich vermindert war. Sicher feststellen lassen sich diese vor dem Hintergrund des zielgerichteten, komplexen Geschehens aber nicht; eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit komme auf keinen Fall in Betracht.

Die Kammer ist nach eigenständiger Überprüfung des durchweg nachvollziehbaren und von großer Sachkenntnis getragenen Gutachtens auf Grund eigener Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass zum Zeitpunkt des Tatgeschehens die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der begangenen Taten einzusehen, weder aufgehoben war, noch erheblich eingeschränkt gewesen ist, jedoch konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, erheblich vermindert gewesen ist. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Abhängigkeit von Alkohol oder Betäubungsmitteln nach der ständigen Rechtsprechung des BGH für sich genommen noch keine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nach sich sieht. Diese Folge ist auch bei einem Rauschgiftsüchtigen ausnahmsweise nur dann gegeben, wenn entweder langjähriger Betäubungsmittelgenuss zu schweren Persönlichkeitsveränderungen geführt hat, das Delikt in einem aktuellen Rauschzustand verübt worden ist, der Täter unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat und durch diese dazu getrieben worden ist, sich mittels Straftaten Drogen zu verschaffen oder infolge der Angst des Täters vor Entzugserscheinungen, die er früher schon einmal als äußerst unangenehm erlebt hat, was insbesondere bei Heroin-, und Alkoholabhängigkeit in Betracht kommen kann, seine Hemmschwelle davor herabgesetzt ist, sich mittels Straftaten Drogen zu verschaffen. Da auch für die Kammer erkennbar keine Persönlichkeitsdepravation vorlag und auch die Impulskontrollstörung für sich genommen noch nicht den Schweregrad einer anderen schweren seelischen Abartigkeit hatte, kam als Eingangskriterium im Sinne von §§ 20, 21 StGB nur eine krankhafte seelische Störung aufgrund akuter Intoxikation in Betracht. Dass die Impulskontrollstörung aufgrund des zusätzlichen Konsums von Adrenalin mithineinwirkte, ist aus Sicht der Kammer absolut plausibel. Es passt auch in das Bild, dass die Zeugen S. und S., aber auch der Angeklagte selbst übereinstimmen schilderten, dass er sich zwischendurch immer wieder beruhigte, jedoch bereits kurz darauf erneut wieder ohne äußerlich nachvollziehbaren Anlass hochaggressiv wurde. Unter Berücksichtigung des komplexen äußeren Geschehens konnte die Kammer daher das Vorliegen einer erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit bei dem Angeklagten C. zum jeweiligen Tatzeitpunkt nicht ausschließen.

(2) In einem zweiten Schritt hat die Kammer dann geprüft, ob eine Strafmilderung wegen des vertypten Milderungsgrunds überhaupt in Betracht kommt (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl. 2017, Rn. 934). Dies war zu aufgrund einer erneuten Gesamtwürdigung der Tatumstände im weitesten Sinne sowie der Persönlichkeit des Täters allerdings zu bejahen (BGHSt 35, 347; BGH NStZ 1995, 285; BGH StV 1985, 411; BGH StV 1986, 378 f.; BGH NStZ-RR 2003, 72; BGH NStZ 2004, 620; BGH NStZ-RR 2010, 305). Auf die obigen Ausführungen, die hier entsprechend gelten, wird in diesem Zusammenhang verwiesen. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass dem Angeklagten C. der Konsum von Alkohol und Drogen wegen seiner bestehenden Abhängigkeit nicht vorgeworfen werden kann.

Gleichwohl lässt auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB den Fall jeweils nicht in so erheblichem Maße vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle abweichen, dass die Anwendung der Grundstrafrahmen unangemessen erscheinen würden. Dies ergibt sich auf Grund einer abermaligen Gesamtbetrachtung, bei der alle – insbesondere die bereits dargestellten – Umstände und Aspekte herangezogen worden sind, die für die Wertung der Tat in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.

Der vertypte Strafmilderungsgrund führt daher lediglich zu der nach § 21 StGB möglichen Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB (s.o.). Weitere vertypte Strafmilderungsgründe greifen bereits tatbestandlich nicht ein.

b) Auch hinsichtlich des Angeklagten B. verbleibt es bei der Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB.

aa) Hier war – neben den oben schon erwähnten Aspekten – zunächst bei der Bewertung des Tatunrechts zu berücksichtigen, dass der Tatbeitrag des Angeklagten B. weniger schwer als der des Angeklagten C. war. Auch sein Teilgeständnis wirkt strafmildernd. Zu seinen Lasten mussten jedoch auch hier die erheblichen Vorstrafen sowie der Umstand berücksichtigt werden, dass der Angeklagte B. zur Tatzeit unter laufender Bewährung stand.

Ein minderschwerer Fall lag daher nach den allgemeinen Strafzumessungsgründen nicht vor. Dies gilt auch soweit die Voraussetzungen des § 21 StGB auch bei dem Angeklagten B. gegeben sind.

bb) Die Kammer hat sich insofern ebenfalls von dem Sachverständigen Dr. H. beraten lassen.

Dieser attestierte dem Angeklagten eine schwere Form einer Abhängigkeitserkrankung von multiplen Substanzen im Schwerpunkt von Heroin und Kokain. Auch bei dem Angeklagten B. sei bislang keine Persönlichkeitsdepravation eingetreten. Der Sachverständige führte aus, dass bei dem Angeklagten B. - wie schon bei dem Angeklagten C. - eine Einschränkung oder gar Aufhebung der Einsichtsfähigkeit sowie eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit aufgrund des zielgerichteten Handelns des Angeklagten - etwa in Bezug auf den Fund der Betäubungsmittel - aus seiner Sicht nicht in Betracht komme. Jedoch sei trotz dieses Umstandes ein sich in erheblichem Maße auf die Steuerungsfähigkeit auswirkender akuter Rauschzustand des Angeklagten im Sinne einer krankhaften seelischen Störung nicht auszuschließen, da er der Angeklagte nicht nur in der Hauptverhandlung, sondern auch im Rahmen der Exploration ihm gegenüber von einer erheblichen Menge an Kokain und Benzodiazepinen gesprochen habe, die er vor der Tat konsumiert habe. Diese Angaben seien auch mengenmäßig glaubhaft gewesen. Die Kammer hat sich auch diesen Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Würdigung voll umfänglich angeschlossen.

Gründe, dem Angeklagten B. die Möglichkeit der Strafrahmenverschiebung nach § 21 StGB zu versagen, gab es letztlich nicht. Auch hier war wieder ausschlaggebend, dass dem Angeklagten der Konsum der Drogen aufgrund seiner Abhängigkeitserkrankung nicht vorgeworfen werden kann. Wie schon bei dem Angeklagten C. gab es allerdings aufgrund einer durchgeführten Gesamtwürdigung keine Veranlassung, unter Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgründe einen minder schweren Fall des § 250 Abs. 2 StGB zu bejahen. Der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB führt daher auch bei dem Angeklagten B. nur zu einer Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB (s.o.). Weitere vertypte Strafmilderungsgründe greifen bereits tatbestandlich nicht ein.

2. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung berücksichtigte die Kammer erneut die oben genannten Erwägungen und hielt als Einzelstrafen folgende Strafen für tat- und schuldangemessen:

a) Angeklagter C.

Besonders schwerer Raub: vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe

Raub: ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe

b) Angeklagter B.

Besonders schwerer Raub: drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe

3. Es waren jeweils nachträglich Gesamtstrafen zu bilden.

a) Die obigen Einzelstrafen bzgl. des Angeklagten C. sind gesamtstrafenfähig mit den Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (Az.: 91 Ls 4/19) für die dortigen Taten zu den Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8, da die hiesigen Taten mit den vorgenannten Taten bei der Entscheidung vom 17.07.2019 bereits zusammen hätten abgeurteilt werden können.

Hinsichtlich der Tat zu Ziff. 7 aus dem amtsgerichtlichen Urteil vom 17.07.2019 (Az. 91 Ls 4/19) hat die Kammer dabei zugunsten des Angeklagten angenommen, dass der dort genannte Tatzeitpunkt - nämlich ein nicht genau bestimmbarer Tag im September 2018 - nach dem 03.09.2018 und damit nach der Entscheidung des Amtsgerichts Wittmund in der Sache 9 Ds 45/18 lag, denn dadurch, dass die Einzelstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe für die Tat zu Ziff. 7 aus dem Urteil vom 17.07.2019 in die hiesige Gesamtstrafe einbezogen wird, fällt sie in Anbetracht der weiteren gesamtstrafenfähigen, teils deutlich höheren Einzelstrafen weit weniger ins Gewicht, als wenn sie wie die Tat 3 des amtsgerichtlichen Urteils vom 17.07.2019 zusammen mit den Einzelstrafen aus dem Urteil vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) Gegenstand einer weiteren Gesamtstrafe würde (s.u.).

Gemäß §§ 55 Abs. 1, 53, 54 StGB hat die Kammer unter Auflösung der in dem genannten Urteil gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der dortigen Einzelfreiheitsstrafen von fünfmal drei Monaten (Taten zu Ziff. 1, 4-7 des amtsgerichtlichen Urteils), neun Monaten (Tat zu Ziff. 2 des amtsgerichtlichen Urteils) und zwei Jahren und zwei Monaten (Tat zu Ziff. 8 des amtsgerichtlichen Urteils) nachträglich unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe eine

Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten

gebildet. Diese Gesamtstrafe wird dem Gesamtgewicht der begangenen Taten, ihrem Verhältnis zueinander und dem Ausmaß der Verfehlungen des Angeklagten gerecht, wobei nicht die Summe der Einzelstrafen im Vordergrund stand, sondern die Persönlichkeit des Angeklagten sowie die Auswirkungen der Strafe auf sein Leben maßgeblich waren. Bei der Bildung der Gesamtstrafe sind im Übrigen die oben im Einzelnen geschilderten Strafzumessungserwägungen, auf die verwiesen wird, sowie die Strafzumessungserwägungen des amtsgerichtlichen Urteils, auf die ebenfalls verwiesen wird, jeweils erneut berücksichtigt worden. Rechnung getragen wurde auch dem Umstand, dass die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe in der Regel niedriger auszufallen hat, wenn - wie vorliegend zwischen den hiesigen beiden Taten - ein sehr enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, der es gebietet, die Einzelstrafen näher zusammen zu ziehen. Dagegen stehen die Strafen zu den Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8 aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (Az.: 91 Ls 4/19) zwar in einem gewissen zeitlichen, aber in keinem engeren sachlichen Zusammenhang mit den hier zur Aburteilung gelangten Taten – dafür aber wiederum teilweise untereinander.

Die Strafe für die Tat zu Ziff. 3 des amtsgerichtlichen Urteils vom 17.07.2019 (Az.: 91 Ls 4/19) konnte hingegen nicht in die Gesamtstrafe miteinbezogen werden, da die hierfür seinerzeit ausgeurteilte Einzelstrafe nicht mit den hiesigen Strafen und den vorgenannten Strafen für die Taten zu den Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8 des Urteils vom 17.07.2019 gesamtstrafenfähig ist. Für die Tat zu Ziff. 3 des amtsgerichtlichen Urteils vom 17.07.2019 – Tatdatum: 12. August 2018 – entfaltete vielmehr das weitere Urteil des Amtsgerichts vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18), mit den Taten vom 24. November 2017 abgeurteilt wurden, Zäsurwirkung.

Die Gesamtstrafenbildung in dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 war mithin falsch; das Amtsgericht hätte seinerzeit eine Gesamtstrafe aus Taten zu den Ziffern 1 und 2 sowie 4 bis 8 seines Urteils und darüber hinaus eine weitere Gesamtstrafe unter Auflösung der mit Urteil vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) gebildeten Gesamtstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen bilden müssen.

Die Kammer hat daher zunächst erwogen, die nach der mit dem hiesigen Urteil erfolgten Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 verbleibende Strafe für die Tat zu Ziff. 3 jenes Urteils isoliert bestehen zu lassen, damit sie später im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 460 StPO durch das dafür dann fraglos gemäß § 462a Abs. 3 StPO zuständige Amtsgericht Wittmund zusammengeführt werden kann.

Es entspricht allerdings der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass für den Fall, dass nicht gesamtstrafenfähige Einzelstrafen fälschlich in eine frühere Gesamtstrafe miteinbezogen worden sind, die gebildete Gesamtstrafe aufzuheben ist, um entsprechend der materiellen Rechtslage zu entscheiden (vgl. BGH 24.3.1988 – 1 StR 83/88). Ferner ist das Verfahren nach § 460 StPO grundsätzlich gegenüber der Entscheidung im Urteilswege nachrangig (vgl. KK-StPO/Appl StPO § 460 Rn. 4-6a). Außerdem ist zu bedenken, dass die Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) und die Strafe für die Tat zu Ziff. 3 des Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 sowie die insofern zu erwartende Gesamtstrafe im bewährungsfähigen Bereich lagen – ohne dass bereits eine Bindung in der Frage der Strafaussetzung eingetreten wäre. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen hat die Kammer daher auf Grund ihrer Sachnähe die Entscheidung über die Bildung der Gesamtstrafe bzgl. der Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) und der Strafe für die Tat zu Ziff. 3 des Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 selbst getroffen. Sie hat deshalb unter Berücksichtigung der jeweiligen amtsgerichtlichen Strafzumessungserwägungen unter Auflösung der mit Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) gebildeten Gesamtstrafe aus den jeweils zwei Monate betragenden Einzelfreiheitsstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 (Az. 9 Ds 45/18) und der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten für die Tat zu Ziff. 3 des Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine weitere

Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten

festgesetzt, die dem Gesamtunrecht jener Taten gerecht wird. Da diese Gesamtfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden konnte (s.u.), hat die Kammer auch bedacht, dass dem Angeklagten auf diese Weise eine bereits gewährte Bewährung entzogen wird. Eine Anrechnung wegen der Bewährungsauflage bzgl. des Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 hatte dabei allerdings nicht zu erfolgen, da der Angeklagte diese – wie er selbst bestätigte - noch nicht begonnen hatte.

Eine Strafaussetzung der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten kam nicht in Betracht, denn eine positive Sozialprognose besteht nicht. Es war bereits nicht zu erwarten, dass der Angeklagte sich die Verhängung einer Freiheitstrafe zur Warnung diesen lässt und ohne die Vollstreckung der Freiheitsstrafe keine weiteren Straftaten mehr begeht. Der Angeklagte ist betäubungsmittelabhängig, hat die hiesigen Taten auf Grund seiner Abhängigkeit begangen und ist bislang nicht behandelt. Er hat zudem sowohl die hiesigen Taten als auch die Taten zu Ziff. 1-2 u. 4-8 des Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 unter laufender Bewährung begangen. Dabei ist er auch nach dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 03.09.2018 auch besonders schnell wieder rückfällig geworden.

b) Die obige Einzelstrafe hinsichtlich des Angeklagten B. ist gesamtstrafenfähig mit der nach Maßgabe des Urteils des Landgerichts Aurich vom 22.05.2019 (Az.: 12 Ns 66/18) verbliebenen Einzelstrafe zu Ziffer II. 2 aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 11.12.2018 (Az.: 91 Ls 14/18), da die hiesige und die dortige Tat bei der Entscheidung vom 11.12.2018 bereits zusammen hätten abgeurteilt werden können. Die andere Einzelstrafe aus dem Urteils des Amtsgerichts Wittmund vom 11.12.2018 hatte das Landgerichts Aurich bereits mit Urteil vom 22.05.2019 dort herausgelöst und einbezogen. Maßgeblicher Zäsurzeitpunkt für jene Tat war nämlich das Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 30.10.2017.

Unter nochmaliger Berücksichtigung der oben im Einzelnen geschilderten Strafzumessungserwägungen sowie der Zumessungserwägungen bzgl. der einzubeziehenden Strafe aus der Entscheidung des Amtsgerichts Wittmund vom 11.12.2018, denen jeweils auch bei der Bildung der Gesamtstrafe wesentliche Bedeutung zukommt und auf die verwiesen wird, hat die Kammer daher gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 2 StGB aus den beiden Einzelstrafen unter Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine

Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten

gebildet. Diese Gesamtstrafe wird dem Gesamtgewicht der begangenen Taten, ihrem Verhältnis zueinander und dem Ausmaß der Verfehlungen des Angeklagten gerecht.

5. Bzgl. beider Angeklagten war gem. § 64 StGB die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 62 StGB ist dabei jeweils gewahrt, da die Anlasstaten schwerwiegender Art sind und zumindest vergleichbare weitere Straftaten von den Angeklagten drohen.

a) Die Kammer hat sich zu dieser Frage ebenfalls durch den Sachverständigen Dr. H. beraten lassen und ist seiner Einschätzung nach eigener Überprüfung vollumfänglich gefolgt. Dieser führte aus, dass bei dem Angeklagten C. aufgrund des langjährigen Alkohol- und Drogenkonsums eine Politoxikomanie bestehe. Zwischen den hier verfahrensgegenständlichen Taten und dieser Abhängigkeit bestehe bei den Taten auch ein innerer Zusammenhang. Es sei auch davon auszugehen, dass der Angeklagte unbehandelt zukünftig zumindest vergleichbare Straftaten begehen werde, um seinen Bedarf an Geldmitteln zur Finanzierung seines Konsums sicherzustellen. Es bestehe eine hinreichende Therapieaussicht. Zwar spreche die emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Angeklagten gegen das Erreichen eines Therapieerfolges; in Anbetracht dessen, dass der Angeklagte noch jung sei, einen klaren Therapiewillen geäußert habe und sich bislang noch nicht in einer Maßregel des § 64 StGB befunden habe, würden aber die für einen Behandlungserfolg sprechenden Faktoren überwiegen.

Dass bei dem Angeklagten C. ein Hang im Sinne von § 64 StGB besteht, Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen und er künftig in Folge eines solchen Hanges erhebliche - vergleichbar mit den jetzt geahndeten - rechtswidrige Taten begehen wird, wobei berücksichtigt wurde, dass für die Annahme eines derartigen Hanges schon eine in einer intensiven Neigung zu übermäßigem Konsum von Betäubungsmitteln zum Ausdruck kommende psychische Abhängigkeit ausreicht, steht für die Kammer daher außer Frage. Diese Prognoseentscheidung ist aufgrund der Grundlage einer sorgfältigen Gesamtwürdigung des Istzustandes des Angeklagten getroffen worden - unter Berücksichtigung seiner Person, seines bisherigen Lebensweges, seiner Lebensbedingungen, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Taten. Die Hauptverhandlung hat gezeigt, dass die Lebens- und Arbeitsfähigkeit des Angeklagten C. durch seinen Betäubungsmittelkonsum erheblich beeinträchtigt ist und dass er aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet und gefährlich erscheint. Der Angeklagte ist zur Überzeugung der Kammer insgesamt nicht mehr in der Lage, kontrolliert mit seinem Betäubungsmittel-, und Alkoholkonsum umzugehen, und es steht zur Überzeugung der Kammer auch fest, dass der Angeklagte die obigen Taten auf Grund seiner Alkohol- und Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, denn sie wurden unter Alkohol- und Betäubungsmitteleinfluss begangen und dienten zudem dazu, sich weitere Betäubungsmittel oder Barmittel für den Kauf von Alkohol und Drogen zu verschaffen. Es steht daher zu erwarten, dass der Angeklagte zukünftig weiter gleichgelagerte Taten und Drogen- und Alkoholeinfluss begehen wird. Insbesondere ist damit zu rechnen, dass er wieder Diebstähle und Raubdelikte begehen und dass es unter Drogeneinfluss zu weiteren Gewalttaten kommen wird. Es besteht indes die begründete Aussicht, den Angeklagte durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt mindestens für eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung weiterer erheblicher rechtswidriger auf seinen Hang zurückgehender Taten abzuhalten. Diese Erwartung stützt sich maßgeblich darauf, dass der Angeklagte C. krankheitseinsichtig und therapiewillig ist.

Nach § 67 Abs. 2 S. 2 StGB war hinsichtlich des Angeklagten C. ein Vorwegvollzug von einem Jahr und fünf Monaten anzuordnen, da aufgrund des Alters des Angeklagten und seiner langjährigen Betäubungsmittelabhängigkeit nach der Prognose des Sachverständigen, die die Kammer teilt, davon auszugehen ist, dass bei ihm die Therapie bis zur Erreichung des Behandlungserfolges zwei Jahre dauern wird.

b) Bei dem Angeklagten B. war ebenfalls gem. § 64 StGB die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen. Auch hier hat sich die Kammer durch den Sachverständigen Dr. H. beraten lassen. Dessen Ausführungen bezüglich des Angeklagten C. gelten – abgesehen von den Ausführungen zur emotional instabilen Persönlichkeitsstörung – hier entsprechend.

Bei dem Angeklagten B. besteht demnach fraglos ein Hang im Sinne von § 64 StGB, Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass er unbehandelt künftig in Folge des Hanges wieder erhebliche - vergleichbar mit den jetzt geahndeten - rechtswidrige Taten begehen wird, zumal seine Lebens- und Arbeitsfähigkeit durch seinen Betäubungsmittelkonsum bereits in erheblichem Maße in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit ist er sozial gefährdet und zugleich gefährlich; auch wurde die hiesige Tat auf Grund der Betäubungsmittelabhängigkeit begangen. Bei dem Angeklagten B. besteht aber ebenfalls die begründete Aussicht, dass die Behandlung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt ihn für eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung ähnlicher Taten abhalten wird. Auch der Angeklagte B. ist krankheitseinsichtig und therapiewillig; er hat insbesondere selbst davon gesprochen, die Unterbringung als letzte Chance für sich zu sehen.

Ein Vorwegvollzug musste bei dem Angeklagten B. nicht ausgesprochen werden, da auch bei ihm nach den Ausführungen des Sachverständigen von einer Therapiedauer von zwei Jahren auszugehen ist.

6. Die sichergestellten 86,34g Amphetamin waren gemäß § 74 StGB einzuziehen.

Von der Einziehung des Wertes des Erlangten war in Bezug auf das Münzgeld schon in der Hauptverhandlung abgesehen worden. Nach § 55 Abs. 2 StGB war jedoch die Einziehungsentscheidung aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 17.07.2019 (91 Ls 4/19) über einen Betrag in Höhe von 270,- EUR aufrechtzuerhalten, da diese – im Gegensatz zur Unterbringungsentscheidung – nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos geworden war.

VI.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 465 StPO.